Beilage 6.

Kurtzes Diarium

[244] Was auf des Hochgebohrnen Unsers gnädigsten Graffen und herrn hochgräfl. Gnaden nach Berlin vorgenommener hin- und herreyse, Insonderheit aber wegen der würcklichen investitur des dasigen Königl. Preussischen grossen Schwartzen Adler Ordens, wehrendem dero sejour in Berlin passiret ist.


Den 2. July abends um 10 uhr haben Unsers gnädigsten Graffens und Herrns Hochgräfl. Gnaden, nachdeme dieselbe dero bagage den 23. des vorigen monaths Juny bereiths vorauss geschickt gehabt, dero vorgehabte reiss nach Berlin in Gottes nahmen angetretten, und seind vermittelst gebrauchung der schnellen post, derer Sie sich so tag als nacht ohnaufhältlich und ohne etwas zu ruhen, bedient, den 6. ejusdem morgens um halb 8 uhr, Gott lob gantz gesund und glücklich in Berlin angelanget, allermassen vnterweges die geringste incommoditaet oder verhinderung nicht vorgefallen.

Nachdeme nun Ihro Hochgräfl. Gnaden Unser Gnädigster Graff und herr, dero Losament bey dem in der Bruderstrassen wohnenden frantzösischen Traitteur, nahmens Vincent, um dessentwillen nehmen lassen, dieweilen in diessem hausse gemeiniglich alle vornehme fremde hohe Standtspersonen zu logiren pflegen, und solches nicht weith von der Königl. hoffhaltung entfernet, man auch ratione des tractaments, gar honnest umb einen ziemlichen raisonablen preiss tractiret ist, So haben Sie sogleich dero ankunfft des Herrn Ober Cammerer Graffen von Wartenberg hochgräfl. Excellenz durch herrn hoff Junckern von Zülau notificiren lassen, auch sothanen vormittag noch die visite bey Ihnen abgeleget, von welchen Sie dann auf eine vngemeine obligeante weisse empfangen worden.

Den 7. July alss den darauf folgenden Montag Kamen Ihro Königl. Mayt. der König von Charlottenburg, alwo Sie sich die mehreste Zeith des Sommers aufzuhalten pflegen, auf etliche wenige stunde nach Berlin gefahren, da dann Ihro Hochgräfl. Gnaden durch interposition des herrn Ober Cämmerers Graffen von Wartenberg hochgräfl. Excellenz sogleich zur audientz, und zwar in der Königl. retirado, so etwas vngewöhnliches ist, und vor eine sonderbahre Königl. gnade geschätzet wird, admittiret, und auf das allergnädigste empfangen worden, Insonderheit beklagten Ihro Königl. Mayt. unter andern, dass Illustrissimus noster bey einer solchen warmen saison, eine solche weite penible reiss thun müssen, Sie hätten dieselbe gerne davon dispensiren mögen, wan Sie nicht erheblicher ursachen halben, allerdings wieder dero willen davon weren abgehalten worden. Nachmittags fuhren Ihro hochgräfl. Gnaden den Königlichen Marstall vnd rüst-Cammer zu besehen, so recht Königl. anzusehen war, allermassen in dem Marstall Kein ander pferdt alss hengst vorhanden, die Pfeiler hinter denen pferdten seind von Eissen und oben eine Königl. Cron, des abends fuhren Ihro hochgräfl. Gnaden mit des herrn Ober Cammerers Grafen von Warttenberg, und dero Frau Gemahlin[245] hochgräfl. Excell. Excell. in dero gantz nahe an Berlin gelegenen garten mon byjeu genannt, so zwar etwas Klein ist, aber alle requisita von einem schönen Garten hat, und speisseten des abends darinnen.

Den 8. July seind Unsers gnädigsten Herrns hochgräfl. Gnaden nachmittags zwischen 4 und 5 uhr durch eine Königl. mit 6 Pferdten bespanneten Kutschen, umb Ihro Mayt. der Königin allervnterthänigst aufzuwarten, abgelanget, und nach Charlottenburg (allwo sich höchstgedachte Ihro Königl. Mayt. dermahlen befinden) geführet worden; alss nun Ihro hochgräfl. Gnaden zu gedachtem Charlottenburg angelanget, führen eben Ihro Königl. Mayt. die Königin spatzieren, dahero nicht sogleich zur audientz zu gelangen war, und begaben sich darauf Illustrissimus ad interim in des herrn Ober Cammerer Grauen von Warttenberg hochgräfl. Excellenz draussen habendem Zimmer, allwo Sie beneben denen diesseithigen H. Cavalliers umb desentwillen die degen ablegten, dieweilen Kein eintzige frembde Standtes Persohn oder Ambassadeur, Ja Ihro Königl. Mayt. selbsten nicht, wan Sie zu der Königin in Charlottenburg gehen, Ihre degen anzuhaben pflegen, und nachdeme Sie sich eine Zeitlang mit des herrn Ober Marschallen, Graffen von Wittgenstein und des Jungeren herren Graffen von Solms Laubach hochgräfl. Gnd. gnd. eine zeitlang in discoursen entreteniret, giengen Ihro hochgräfl. Gnaden in den Königl. garten, allwo Ihro Königl. Mayt. mit dem fischfangen sich divertirten, und Ihro hochgräfl. Gnden die hohe gnade hatten, von denenselben angeredtet, vnd vnter anderen allergnädigsten discoursen befraget zu werden, ob Sie den Charlottenburger Königl. bau und garten gesehen und was Sie davon hielten, und wie Sie sich excusiret, dass Sie noch nicht alles in augenschein genommen, Jedoch unter anderen bereits einen blaffon remarquiret hetten, so ein vngemeines Kunststück seye, haben Sich Ihro Königl. Mayt. verwundert, dass Illustrissimus das bauwerk so verstünden, und befohlen, Sie möchten doch noch alles sehen, und denenselben dero sentiment von ein und dem anderen hiernechst wieder eröffnen. Ihro hochgräfl. Gnaden seindt damit nach beschehenem allervnterthänigstem reverence, nach Ihro Königl. Mayt. der Königin gemach zugegangen und haben Sich in der antichambre zufoderst ein wenig mit der frau Oberhoffmeisterin, der verwittibten reichsgräfin von Wittgenstein Vallender Excellenz abouchiret, biss höchstgedachte Ihro Königl. Mayt. selbsten und zwar in das Vorgemach gekommen, und gar gnädigste audientz gegeben haben. Nach beschehenen Curialien haben Ihro Königl. Mayt. haubtsächlichen nach dem neu erbauten Kesselstätter oder Philippsruher hauss gefraget, ob solches anjetzo fectig seye, den dassigen garten und das darinnen sich befindende schöne Obst, wie auch die dassige situation gelobet, Sie waren einmahl vorbey gefahren, und in dassiges landte gantz charmiret gewesen. Ihro hochgräfl. Gnaden haben wenig und nur dieses darauf geantwortet, dass Sie sich benebenst dero herrn Bruders hochgräfl. Gnden, so das bauwesen auch verstünden, vermittels zweyer baumeistern, bisshero befliessen, dieses Kleine ouvrage zum stand zu bringen, hätten auch dero meinung nach einigermassen damit reussiret, wie dan der haubtbau, beneben dem nechst angelegenen Garten, vollkommen stünde, mit denen meublement gienge es etwas langsam her, zumahlen da man bey Ihnen, nicht wie in der hiessigen grossen Königl. residentz allerhandt fabriquen hätte und dahero die meubles nach verlangen choisiren Könte, sondern dieselbe auss holland oder anderen entfernten örthern Kommen lassen müsste, worauf Ihro hochgräfl. gnaden den allerunterthänigsten abschiedsreverence nahmen, und gleich darauf zu Ihro Königl. Mayt. dem König in das sogenannte tabacks Collegium beruffen worden, und ob zwar Illustrissimi[246] nostri hochgräfl. gnaden sonsten Keinen taback rauchen, haben Sie doch eine pfeiffe sich anstecken lassen, und etliche wie wohlen gar wenige züge darauss gethan, und darauf einen trunck süss Engl. bier getruncken. Ihro Königl. Mayt. haben wehrenden diesem taback rauchen, sonderlich den hanauischen taback gelobet, und die gantze zeit über fast mit Illustrissimo allein gesprochen. Gegen 7 biss 1/28 uhr seind sie zu Ihro Mayt. der Königin taffel beruffen worden, und haben die mehreste discoursen allerdings auf dem beschehenen Königl. fischen rouliret, mithin haubtsächlichen ventiliret worden, ob man auch in dem monath Junio und Julio forellen mit wörm fangen Könte, des abends umb 9 uhr fuhren Illustrissimi nostri hochgräfl. Gndn wider nach Berlin.

Den 9. haben Unsers gnedigsten Herrns hochgräfl. Gnden bey Ihro Königl. Hoheit der Cron Princessin, so dan Ihro hoheit des Herrn Marggraffen Albrecht Friederich und dero frau gemahlin, so eine Princessin von Curland ist, Ihre aufwartung gethan, des Cron Prinzen Königl. hoheit waren damahlen nicht einheimisch, sonder zu Wüsterhaussen, dahero der nachmittag mit spatzieren fahren, sonderlich in dem schönen Krautischen garten, allwo der herr gheime Kriegsrath von Krauth etwas obst, ungarischen wein und Sect praesentirte, auch Illustrissimum nostrum gern bey dem abendessen behalten wollen, und darumb zum öffteren inständig gebetten, zugebracht worden.

Den 10ten morgens früh haben Ihro hochgräfl. Gnaden viele visiten, sonderlich von dem herrn Geheimen rath von Westen, herrn von Brion Obristen von der Königl. guarde und dem Ober Ceremonienmeister H. von Besser, gehabt, und weilen dieser letztere unter andern zu verstehen gegeben, dass vielleichten Ihro hochfürstl. Dchlcht. von Dillenburg, so mit dem Königl. Schwartzen Adlers Orden auch begnadiget worden, Jemanden von denen hiesigen Ordensrittern Commission auftragen, oder sonsten einen von den Ihrigen anhero schicken mögten, so in dero nahmen der bevorstehenden investitur zugleich mit beyzuwohnen hätten, infolglichen Unsers gndgsten herrens hochgräfl. Gnaden demselben alss dan den rang bey dem würcklichen Actu zu geben sich gefallen lassen würden, so haben Illustrissimus sich erkläret, dass wan hochbesagte Ihro hochfürstl. Dchlcht. nicht in Persohn selbsten anhero Kommen thäte, Sie Keinem, es mögte auch seyn wer es wolle, den pas umb so weniger lassen Könten, alss grössere hoffnung Sie hetten, dass man dieselbe bey dem vorseyenden Actu anderster nicht, alss wie mit reichsfürsten geschehen, tractiren würde, dero reichsständische dignitäten, wie auch lustre von dero alt gräfl. hauss seye verhoffentlich durchgehends bekand, und könten dahero zumahlen alss Director von dem hochgräfl. Wetterauischen collegio einem abgesandten von einem solchen neufürstlichen hauss hiervnter nichts nachgeben, und nahmen zugleich occasion, erwehnten herrn Ober Ceremonienmeister zu eröffnen, wie dass Ihnen in dem Königl. Statutenbuch die formula juramenti, so ein jeweiliger ritter abzuschwören hätte, etwas bedenkliches vorkäme, und Sie solche anderster nicht, alss so viel dieselbe dero wohlhergebrachten reichsständlichen dignitäten und Juribus nicht zuwider seye, abstatten könten, gedachter herr Ober Ceremonienmeister von Besserer nahme alles ad referendum ahn, mit dem blosen vermelten, dass Er gleichwohlen umb so weniger sehe, wie diese Formula juramenti zu ändern, alss solche von allen sowohl fürstl. als gräfl. reichs Ständen bisshero auf die uehmliche weisse praestiret worden.

Eodem nachmittags seind dieselbe wieder nach Charlottenburg gefahren, und die hohe Gnade gehabt, dass Ihro Königl. Mayt. denenselben fast alle[247] Zimmer und darinnen befindende raritaeten selbsten gewiessen, und des herrn Graffen von Wartensleben Excellenz befohlen, Ihnen den andern tag dass hiessige weit berühmte arcenal zu zeigen, und denenselben hiernechst dero sentiment darüber zu geben. Des abends haben Sie bey der Königinn zu nacht speissen sollen, Sie haben sich aber wegen einiger verspürender indisposition excusiret, und mit der frau Ober Cämmerin hochgräfl. Excellenz das abendmahl draussen eingenommen, und hernach wider anhero gefahren.

Den 11ten hat Illustrissimus das hiessige berühmte zeughauss gesehen, auch ist der Königl. Ober Ceremonien Meister herr von Besser wider gekommen, und die anzeige gethan, dass Ihro Königl. Mayt. resolviret hetten, auss besonderen vor Ihro hochgräfl. Gnaden habende allergnädigste considerationen denenselben künftigen montag die investitur allein und zwar obschon andere mit diesen Orden beehrte reichsgraffen nur auf dem Königl. lusthauss zu Charlottenburg bisshero eingekleitet worden, in hiesiger residentz und Schloss Capell angedeyhen zu lassen, und weilen der Königl. hoff von Charlottenburg nach Berlin kam, thaten Unser gndster Graff und herr sogleich dero aufwartung, und hatten zu gleicher zeit die avantage Ihro Königl. hoheit dem Cron Printzen den reverence zu machen. Den Mittag speisseten Unsers gndsten herrns hochgräfl. Gnden zu hauss, und bathen zwey auff der Königl. academie zu Berlin sich aufhaltende junge Printzen von Anhalt Bernburg Dhlt. Dhlt., sodan den herrn geheimen rath von Osten und herren von Briou, Obristen von der Königl. guarde zu Pferdt, zum Mittag Essen, welche von Hanau mitgebrachten Michelbacher wein sehr admirirten und sich solchen wohl schmecken liessen. Des nachmittags fuhren Illustrissimus wieder nach Charlottenburg umb Ihren cour bey Ihro Königl. Mayt. dem König zu machen, von denen Sie Jedes mahl mit sonderer distinction angesehen, und wieder in das tabacks collegium invitiret worden.

Den 12ten empfing Illustrissimus noster von des Herrn Ober-Marschallen Graffen von Wittgenstein und Herrn General Feldmarschallen Graffen von Wartensleben Excell. Excell. alss sich dieselbe bey Ihnen ansagen lassen, die Erstere visite, und weilen des Königs geburthstag war, fuhren Ihro hochgräfl. Gnden nach Hoff und legten dero gratulation bey Ihro Königl. Mayt, ab, so auff die allergnädigste weise angenommen worden. Zu Mittag wurde herrlich bei Hoff tractiret, und soviel die Königl. taffel, woran das Festin celebriret worden, betrifft, war sothane taffel lang, und sass Ihro Königl. Mayt. der König fast in der Mitten, ein guth spatium davon die Königin zu rechten des Königs, Jedoch gantz vnten an der taffel, der Cron Printz, Printz Philipp Wilhelm, Printz Albrecht Friedrich und Printz Christian Ludwig Königl. hoheiten Hoheiten etc. Auf der linken seithen der Königin sassen die Cron Prinzessin Königl. hoheit, und deren Hrn. Marggrafen frauen Gemahlinen Königl. Hoheiten, und wurde die sämbtliche Königl. hohe herrschafften beneben aufwartung der gantzen damahls bey hoff sich eingefundener noblesse, auch durch herrn Ober Marschallen Graffen von Wittgenstein und herrn Geheimen rath und Schlosshaubtmann von Printz, mit langen gantz silber vergüldeten Marschallsstäben bedienet, auf dem ersten Marschallsstaab war ein Adler, auf dem anderen aber ein guldener Knopff, Ihro Königl. Mayt. der König tranck balt der Königin gesundheit stehend, und liessen sich dabey die Paucken und trompeten vngemein hören, nachdeme der König das erste mahl also getruncken, tratten des herrn Ober Cammerers hochgräfl. Excellenz beneben Unsers gndgsten herrns hochgräfl. Gnden, dem Ober Marschall herrn Graffen von Wittgenstein und andern[248] vornehmen Königl. ministres, so die aufwartung nicht hatten, ab, und speisseten bey hocherwehnten des herrn Ober Cammerers hochgräfl. Excellenz zu Mittag; allermassen dieselbe bey hoff logiren, und auss der Königl. Küchen täglichen taffel halten. Herr Ober Stallmeister von Pflücksburg und Hr. von Zülau aber seind zur Königl. Marschallstaffel geführet worden. Wehrend der Taffel wurde eine schöne vocal und Instrumental Music gehalten, nach der taffel begleitete der König Ihro Mayt. die Königin nach dero Zimmer unter Paucken und trompeten Schall, da inzwischen Unser gnädigster Graff und herr nach hauss fuhren, blieben aber nicht lang zu hauss, sondern besahen balden darauff die Königl. in der Spree stehendte Jagdt, so in Holland gemacht worden, und sehr magnifique anzusehen ist, von da retournirten Sie wider nach hoff, weilen gegen 6 uhr die courstunde, sowohl vor die Dames, alss aussländische Herren Ministres und Cavalliers bestimet war und so lang anhielte, biss der König in das tabacks collegium gienge, da Ihro hochgräfl. Gnden sich retirirten, und mit zweyen Jungen Printzen von Anhalt Behrenburg Dhlt. Dhlt. noch ein spatzierfahrt thaten und des abends darauf mit des herrn Ober Cammerers von Warttenberg hochgräfl. Excellenz zu nacht speisseten.

Den 13ten kam Herr Geheime rath von Ilgen, alss ordens secretarius gefahren, und hat auf alle weise getrachtet, Ihro hochgräfl. Gnden Unsern gndsten Graffen und herrn zu bewegen, dass Sie die gewöhnliche formulam Juramenti, bey der auf den andern tag bevorstehenden würcklichen investitur, abstatten mögten, zumahlen da es kein förmliches Jurament seye, und Illustrissimus im geringsten nichts nachzusprechen, sondern bloss dero handt auf das statutenbuch zu legen, und nach dem Exempel anderer reichs Ständten, so mit diesem Orden beehret worden, das wordt Ja zu sprechen hatten; es haben aber mehr hochbesagte Ihro hochgräfl. Gden bey Ihrer einmahl gefasten resolution fest bestanden, davon nicht abgehn wollen und verlanget, dass einmahl in sothane formul gesetzet und verlesen werden müsse, wie solches dero wohlhergebrachten reichsständlichen dignitaeten und Juribus allerdings ohne nachtheil seye, oder würden Sie gemüssiget werden, in ipso actu sothane reservation mündlich und öffentlich zu thun. Sie wolten sich und dero gräfl. hausse, wie auch anderen Reichsständen hiervnter einmahl umb so weniger, praejudiciren, alss Sie bloss Ihro Kayserl. Mayt. und dem reich, und sonsten Niemanden mit Pflichten beygethan seyen. Endlichen haben Sie den Vorschlag gethan, dass wan man bedenkens trüge, Ihre beschehene reservation der aydsformul einzuverleiben und offentlich zu verlessen, man Ihnen wenigstens schriftl. ertheilen mögte, dass es ohne abbruch dero bekanden wohlhergebrachten reichsimmedietäten seyn solte; erwehnter herr Geheime rath von Ilgen hat alles ad referendum angenommen; und ist selbigen tags noch capitulstag gehalten, mithin diese materie starck ventiliret worden, und ob zwar viel von dem capitul der Meinung gewesen, dass wider das kundbahre herkommen einmahl diessfalss nicht wilfahrt werden könne, So haben doch Ihro Königl. Mayt. dem herrn Ober Ceremonienmeister von Besser den befahl in diesen allergnädigsten terminis ertheilet, dass weilen sie gesonnen Unsers gndgsten herrns hochgräfl. Gnden auf alle Weise wehrendem Ihrem sejour in Berlin vergnüget zu wissen, So solte man die formulam Juramenti quaest. nach dero gefallen einrichten, und ist dahero der Geheime rath von Ilgen selbsten wider gekommen, und in Ihro hochgräfl. Gnden quartier der mehrerwehnten formul diese formalia einverleibet:

Jedoch alles ohne abbruch dero kundbahrlich wohlhergebrachten reichsimmedietäten, praerogativen und Hoheiten, so auch offentlich bey dem Actu[249] Investiturae solcher gestalten abgelessen worden, und weilen bey hoff diesen Sontag früh in der hoff Capell die gewöhnliche Königl. devotion gehalten wurde, So fanden sich Ihro hochgräfl. Gnden auch dabey ein, und placirten sich gleich ahn den Königl. stuhl neben des herrn Ober Cammerers und herrn Feldmarschallen hochgräfl. Excell. Excell. und speisseten diesen Mittag Sie abermahl in des herrn Ober Cammerers behaussung. Nun hat man zwar vermeint gehabt, es würden nunmehro alle difficultaeten vorbey seyn, und die würckliche investitur ohne einiges bedenken des andern tages angetretten werden können, nachdeme aber der herr Ober Ceremonienmeister herr von Besser praetendiret, dass Unsers gndgsten herrns hochgräfl. Gnden vor der investitur bey dero abhohlung sich nach dem Exempel anderer in diesen orden gekommener reichsgrafen, in eine vntere stube Ihres quartiers begeben und die Königl. Abgesande, welche der Jüngste Ritter und Er seyn würde, daselbsten Empfangen und Ihnen den rang in der Kutschen lassen mögten, So hat es abermahl zimliche starke contestationes mit diesem herrn Ober Ceremonienmeister umb so mehr gegeben, dieweilen Illustrissimus durchgehends denen in diesen orden eingekleideten reichsfürsten und anderen vornehmen reichs Ständten allerdings gleich gehalten werden wollen, und Sie solches niemahlen eingegangen haben, auch dero intention, weilen Sie fest darauf bestanden, wie auss der suite zu ersehen, erlanget, an sothanem abend aber wieder in des herrn Ober Cammerers hochgräfl. Excellenz schönen garten monbyjou gespeiset.

Den 14. ejusdem alss Montag geschache der ritterschlag und zwar folgender gestalten. Morgents früh umb 9 uhr kame der Jüngste ritter herr von Kamecke sambt dem Ober Ceremonien Meistern Hrn. von Besser in einer Königl. mit 6 Pferdten bespanten Kutschen, vorher ritten zwey mit weiss taffeten in guldenen borden gezierten Kleiteren und grossen herolds-Kappen, wie auch Stäben versehener Herolden, neben der Kutschen gienge eine grosse anzahl an Königl. Pages, Laquayen und anderen bedienten und hohleten Illustrissimum nostrum ab, führeten dieselbe in dero ordinari habit durch das Königl. grosse Schlossgebäu, allwo ein gantz Königl. regiment granadiren guarde mit gewehr und spiehl, wie auch 24 trompeter und vier Paucker stunden, und sich mit Ihren instrumenten hören liessen, in des herren Ober Cammerers von Warttenberg alss Orden Cantzlars bey hoff habenden Losament, allwo dieselbe eingekleidet, Ihnen die zwey älteste ritter zu parrains gegeben, und damit in die Königl. Antichambre geführet wurden. Balten tratten hierauf Ihro Mayt. der König auss dero Cabinet hervor, und giengen in die Königl. hoffcapell in Ihrem Ordens habit in nachstehender Ordnung:


1. Kamen die 2 Herolden mit Ihren silbernen stäben, diesen folgten

2. Zwey Paucker und 8 Trompeter.

3. Erschienen die sambtliche herren Ordensritter und giengen alss zwey und zwey, hierauf kamen

4. Unssers gndgsten hochgräfl. Gnden mit Ihren zwey ritterlichen parrains in der Mitten, welchen

5. die sämbtliche herrn Marggraffen, und der Cron Printz Königl. hoheiten hoheiten nachfolgeten.

6. tratten her Geheimerath von Ilgen alss ordens secretarius, sodan herrn von Stosch, alss Ober Schatzmeister und

7. des herrn Graffen von Warttenbergs, alss dieses Schwartzen Adler ordens Cantzlar hochgräfl. Excellenz hervor, der Erstere truge das statutenbuch, der letztere aber auff einem rothen Sameten Küssen das ordens Siegel, endlichen[250]

8. kamen Ihro Königl. Mayt. der König, und giengen nach der Königl. Capell, allwo sich Ihro Mayt. unter Paucken und Trompeten Schall, auf einen Thron setzten, der Cron Printz und die sambtlichen Hrn. Marggraffen Königl. hoheiten hoheiten etc. steleten sich dem König zur rechten, die übrigen ritter zur linken, Illustrissimus aber gerad gegen den König über in die Mitten, sambt denen beydten Herolden.


Soviel nun das bey diesem gantzen Actu vorgegangene Ceremoniel betrifft, so bestünde solches haubtsächlichen in dem hierbey liegenden und in offentlichen truck heraus gegangenem reglement, umb aber solches nur in etwas zu berühren, zumahlen da nicht alles ausstrücklichen und mit allen umbständten darinnen exprimiret worden, So ist zu wissen, dass sogleich bey angefangenem Actu zuforderst gesungen wurde, Nun bitten wir den heiligen Geist, nachgehends that der Königl. Bischoff herr von Bär eine oration und gebeth, so auf den orden gerichtet war, nach verrichtung dessen wurde musiciret, und zwar auss dem 84ten Psalm der 10te und 12te vers, nach geendigter music seind durch den Königl. herrn Geheimen rath von Ilgen, alss ordens secretarium die statuta abgelessen. Unsers gndsten herrns hochgräfl. Gnden durch den Ober Ceremonienmeister herrn von Besser unter Paucken und trompeten Schall abgelanget, und vor den Königl. Thron geführet worden. Nachdeme Sie nun auff einem rothen Sammeten Küssen vor sothanen Thron sich knieend niedergelassen und auss dem statutenbuch, so auf des Königs schoss lag, worauf Unser gndgster Graff und herr die rechte hand legeten, der ordens aydt abgelessen, und expresse darinnen gantz lauth abgelessen wurde, dass der Inhalt ohne abbruch Ihro hochgräfl. Gnden hergebrachten Reichs Immedietaeten und praerogativen seyn solte, und darüber von verschiedenen Ministres die Köpffe zusammen gestossen, wurde auch die ordens Kette so der Königl. hoffrath und geheimer Camerierer Hr. von Stosch alss Ober Schatzmeister Ihro Königl. Mayt. allerunterthänigst überreichete, von Ihro hochgräfl. Excellenz dem herrn Graffen von Warttenberg alss ordens Cantzlar aber abgenommen und nachgehends von dem König selbsten Illustrissimo unter Paucken und Trompeten Schall angethan worden, und alss hochbesagter Unser gndster Graff und herr den gewöhnlichen handt Kuss in aller vnterthänigkeit thun wolten, ergrieffen Ihro Mayt. der König Illustrissimum recht tendrement und gaben Ihnen einen Kuss auf die linke Wange, welches sonsten nur fürstl. standespersohnen bey dergleichen Actibus geschiehet. Hierauf tratten Ihro hochgräfl. Gnden unter Paucken und Trompeten Schall wieder ab, und wurden von dem Ober Ceremonienmeister herrn von Besser unter die ritter und zwar über alle diejenige placiret, welche a tempore Insinuationis des Königl. ritter decreti de Ao. 1704 erst nach Ihnen zu rittern denominiret, oder würcklichen geschlagen worden, da Sie dan zum erstenmahl Ihren Ordenshuth aufsetzten, allermassen die neue Ordensbrüder vor dem vollzogenen Actu solches nicht thun dörffen. Nach diesem sprach der Bischoff über Seine hochgräfl. Gnden einen schönen wunsch und Seegen, worauf das Chor das Amen und zugleich gar ahnnehmlich musicirte Du Herr bist der Schildt für mich, und der mich zu Ehren setzet, und mein haubt auffrichtet: aus dem 35. Psalm vers 4. Folgends that der Bischoff noch ein gebett abermahlen auff den orden gerichtet, das Vatter Unsser und der gewöhnliche Seegen gesprochen, schliesslichen wurde gesungen, Es ist das heil uns kommen her, die 2 letzte vers und annoch musiciret übet eine gute ritterschafft, habet Glauben und gut gewissen, kämpfet den guten Kampff, Jaget nach der gerechtigkeit gebet Jedwedem was Ihme gebühret oder suum cuique, welches[251] letztere des ordens symbolum ist; im aussgehen der Capellen wurde ein guldene becken an die thür gestellet und geschache darinnen von allen ordens Brüdtern die offrande. Ihro Königl. Mayt. legten einen von Sammet und gold gestickten beutel hinein, und giengen damit sambt allen ordens rittern unter Paucken und Trompeten Schall zurück nach dero Königl. cabinet. Kaum eine halbe stunde hernach wurde zur Taffel geschlagen und giengen zuforderst die sämbtliche herrn ritter nach Ihrem rang, so dan der Cron Printz, und die herrn Marggraffen Königl hoheiten hoheiten, wie auch Ihro Königl. Mayt. ahn die Taffel, in dem sogenannten ritter Saal. Höchstbesagte Ihro Königl. Mayt. speisseten gantz allein an einer langen Taffel, so etliche treppen höher; alss die Ritter taffel (woran von des Cron Printzen Königl. hoheit hoher persohn an alle übrige Ritter speisseten) stunde, wehrend der Taffel überschicket der König Illustrissimo sowohl etwas an Essspeissen alss Obst, so ein grosses aufsehen vervrsachte, sendete Ihnen auch ein glass wein durch einen Page, und liessen die gesundheit sagen, So sie trincken solten, welche beyläuffig alsso war: Treu und Glaub, wie auch hochhaltung des Preussischen ordens, welches glass dan herum musste getruncken werden. Nach der Taffel gienge ein Jeder nach hauss und kleidete sich auss. Eine gute stunde hernach kamen des herrn Ober Cammerers Graffen von Warttenberg hochgräfl. Excellenz und gaben Illustrissimo eine visite, Sie seind aber nicht dahin gefahren gekommen, sondern liessen sich dero gewohnheit nach in einer port de chaise bloss tragen, des abends speissete Illustrissimus zu hauss, den andern tag alss

Den 15ten wurden dieselbige durch 2 Königl. gespann, davon eines relée machte, auf einige Königl. Lusthäuser, alss Benicks, Potsdam und Born, worvnter Pozdam das vornehmste ist, auf Königl. allergnädigsten befehl geführet.

Den 16ten seind Sie abermahlen durch 2 Königl. gespann, wovon eines wieder relée machte, nach Oranienburg, Friedrichsthall und in die dabey nechst angelegene 2 schöne Thiergarten geführet worden. In einem von diesem thiergarten ist vngemein schönes Indianisirtes wilpret so sehr rare beflecket zu finden, auch ist das Oranienburger gestüde gar schön, remarquable ist auch, dass in denen 27 umb Berlin herumb situirten Königl. lusthäusser so vollkommen meublirt, in einem Jeden ein silbern service, auch was man sonsten nöthig hat, zu finden ist, die situation bey denen meisten häussern ist sehr angenehm, sonderlich Pozdam wegen der gantz nahe ahngelegenen wassern, alss wohin eben selbigen tags das sehr kostbahre holländ. Jagdtschiffe hingeführet, und weilen solche durch etl. und 20 brücken passiren müsten, wurden bey 50 Zimmerleuthen beordert, alle diese brücke biss die Jagdte durchgelassen abzubrechen. Selbigen abends speisseten Ihro hochgräfl. Gnden Unser gndster Herr In dem Berliner berühmbten posthauss, worinnen dieselbe benebenst des Hrn. Graffen von Warttenberg hochgräfl. Excellenz herrlich tractiret worden.

Den 17ten besahen Illustrissimi hochgräfl. Gnden die in Berlin seyende weltberühmte Kunst- und Metaillen Cammer, wovon zwar viel marquiret werden könte, diessmahlen aber der Kürtze halben mit stillschweigen vorbeygangen wirt.

Eodem wurden dieselbe von dem Engelischen Ambassadeur Millord Rabi zum Mittag Essen gebetten, so aber auss gewissen vrsachen depreciret worden.

Gegen abend thaten dieselbe eine promenade und speisseten zu nacht mit des Hrn. Ober Cämerers hochgräfl. Excellenz in dem genannten Monbyjou,[252] und gleichwie Unssers gndsten herrns hochgräfl. Gnden nach so glücklichen verrichtungen auf dero retour bedacht waren, also liessen Sie des herrn Ober Cämmerers hochgräfl. Excellenz ersuchen, ob es nicht möglich seye, durch dero Interposition bey Ihro Königl. Mayt. die allergndgste abschiedts und dancksagungs Audienz zu erlangen, welches anfänglich um so schwerer zu erhalten schiene, als sowohl Ihro Königl Mayt. wie auch der gantze hoff, Insonderheit aber des herrn Graffen von Warttenberg hochgräfl. Excellenz dieselbe alda noch lenger gern sehen mögen, gleichwohl wurde solches noch erlanget, und bekamen

Den 18ten ejusdem Unssers gndsten Herrns hochgräfl. Gnden noch selbigen Nachmittag sowohl bey Ihro Königl. Mayt. dem König, der Königin wie auch dem gantzen hoff, allergnädigste abschiedts Audienz und nahmen Selbigen abend zwischen 7 und 8 uhren In Gottes nahmen dero ruckreiss, und seind Innerhalb 3 tag und nacht, dem Grossen Gott seye dank, nehmlich den 21. mehr besagten Monaths July In dero Neu erbauten hauss Philippsruh genant, zu grösster freude aller dero treuer Diener und vnterthanen so glücklich alss gesund revertiret. Und dieses ist so Ich loco der mir gndst. auferlegten relation gantz gehorsambst kürtzlich referiren solle. Hanau den 2. Aug. 1710.


A.L. Rösler

Hochgräfl. Hanauischer Cabinet secretarius.

Quelle:
Stillfried-Alcántara, Rudolf von: Ceremonial-Buch für den Königlich Preußischen Hof I. - XII. Berlin 1877, S. 244-253.
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