Von der Kunst, geistvoll zu plaudern

[86] Da von so vielen Philosophen und andern großen Männern auf die Bedeutung des Schweigens hingewiesen wird, könnte man zu der Auffassung kommen, daß man am besten überhaupt nichts sagt und daß man sich mit dem großen Schweigen überall besonders beliebt macht. Das wäre natürlich glatter Unsinn. Ein Mensch, der über die schöne Gabe verfügt, nett und unterhaltsam zu plaudern, ist in Gemeinschaften immer gern gesehen. Wer beispielsweise große Reisen gemacht und viel Interessantes erlebt hat, wird in der Lage sein, fesselnde Berichte zu geben. Er kann es sich sogar leisten, die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer längere Zeit in Anspruch zu nehmen, denn man wird ihm nur dankbar sein.

Ausgesprochen geistvoll zu plaudern, ist ebenfalls eine besondere Gabe und macht den, der darüber verfügt, zu einem stets gern gesehenen Gesellschafter. Schlagfertigkeit und Geistesgegenwart, Geist, Witz und Humor wirken zusammen. Das alles muß im wesentlichen angeboren sein. Man kann davon aber viel lernen, wenn man stets schön aufmerksam ist und mittels eifriger Geistesschulung seine Ausdrucksweise zu veredeln trachtet.

Wortspiele bei Erwiderungen und harmlosen Plänkeleien sind beliebt und können sehr geistreich sein. Ihr Wesen ist, daß sie wie aus der Pistole geschossen herauskommen. Geistesblitze müssen es sein. Sobald nur ein weiterer Satz gesprochen oder eine Minute vergangen ist, kann man mit solchen Einfällen nicht mehr landen. So kleine geistvolle[86] Neckereien zwischen zwei Volksgenossen, die im freundschaftlichen Streit ihre geistigen Kräfte messen, können oft eine ganze Gesellschaft köstlich unterhalten.

Aber – es ist auch etwas Vorsicht geboten. Es sind da nämlich gewisse Grenzen, die Vernunft und Takt ziehen, die man nicht überschreiten sollte, um nicht zu stolpern und dadurch vielleicht einen anfänglichen Erfolg zunichte zu machen.

Klugheit und Vorsicht, Takt und Taktik gebieten, sich niemals in Wortduelle mit einem Gegner einzulassen, der einem bestimmt in dieser Kampfesart überlegen ist. Sonst schneidet man schlecht ab. Der andre wird bald die Lacher auf seiner Seite haben und: Lachen kann töten.

Nur ein Banause wird Geist vortäuschen wollen, der Kritiker ist immer und überall gern zur Stelle. Unter Umständen kann es dem geistreich sein wollenden Tischgenossen so gehen wie jenem Angeber, der hochfahrend erklärte: »Bei uns ist der Esprit zu Haus« – und dem daraufhin ein andrer über den Tisch zurief: »Können Sie ihn nicht mal gelegentlich mit bringen?« –

Quelle:
Volkland, Alfred: Überall gern gesehen. Mühlhausen i. Thüringen 1941, S. 86-87.
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