X.

Königsberg.

[127] In Königsberg hatten wir eine billige Wohnung von drei Stuben und notdürftigem Zubehör in der Tragheimer Kirchenstrasse No. 4 zwei Treppen hoch gefunden. Sie ermangelte jeden Komforts, war aber der Prökulser noch immer weit voraus. Unter uns wohnten zwei sehr liebenswürdige ältere Damen, Fräulein von Portatius, die sich unserer gütig annahmen, und namentlich unser Gretchen rasch ins Herz schlössen. Leider brachten wir unser Söhnchen schon krank in das neue Heim. Die Unruhe des Umzugs und die recht kalte Fahrt über das Haff hatten seine schwächliche Gesundheit noch mehr angegriffen. Alle Bemühungen des Arztes waren vergeblich; es starb im November 1863.

Mit meiner amtlichen Thätigkeit beim Stadtgericht konnte ich zufrieden sein. Ich übernahm eine der beiden Bagatellkommissionen. Freilich hatte man mir Angst gemacht, ich werde zu literarischer Thätigkeit hier kaum noch kommen können; mein Vorgänger habe stets bis in die Nächte hinein gearbeitet. Er war aber ein langsamer und umständlicher Herr gewesen. Ich überzeugte mich bald, dass ich nur nötig haben würde, an vier Tagen der Woche zu terminieren, an den beiden anderen erst um 12 Uhr aufs Gericht gehen durfte und die Nachmittage und Abende[128] meist bis auf wenige Stunden frei behalten könnte. Dazu den ganzen Sonntag! Es war damals für junge Juristen eine traurige Zeit; sie mussten lange auf eine Anstellung warten und indessen umsonst arbeiten. So habe ich in den nächsten Jahren mitunter drei Assessoren und eine noch grössere Zahl von Referendaren zu meiner Verfügung gehabt. Wurden sie richtig angestellt, so konnten sie mich selbst sehr erleichtern. Ich entwarf eine schriftliche, ganz praktisch gehaltene Anleitung, die dann von Hand zu Hand ging und mich des Schulmeisterns wesentlich überhob. Die Beschäftigung mit diesen kleinen Sachen, die mündlich verhandelt und bei geschickter Handhabung oft in einem einzigen Termine erledigt wurden, war mir auch hier lieb. Selbst die sonst recht unerfreulichen Injuriensachen liessen sich mit Humor behandeln. Das Lokal freilich war jämmerlich. In einem einzigen durch eine Barriere geteilten Zimmer mussten zu gleicher Zeit drei oder vier Termine abgehalten werden; einen Vorraum für Parteien und Zeugen gab es nicht, die Eide wurden in einer halbdunkelen Kammer abgenommen, die als Durchgang zum Bureau diente. Der Lärm war oft sehr betäubend, aber ich hatte zum Glück gute Nerven. Und was mir besonders gefiel: ich war ganz selbständig.

Ich hatte nun auch wieder meine alten Freunde um mich, Heinrich Bohn, der sich in Königsberg als Arzt niedergelassen und kürzlich Pauline Schwinck, Tochter der verwitweten Frau Major Schwinck, einer Nichte Theodor von Schöns, geheiratet hatte, seine Schwester Emilie, jetzt die Frau des Dr. Rudolf Reicke, diesen selbst, den prächtigen, offenen, geraden Menschen, den leidenschaftlichen Kantianer. Wir beide verabredeten mit einander die Herausgabe einer Monatsschrift, die an die Stelle der zuletzt von Dr. Hasenkamp (Redakteur der Hartungschen Zeitung) herausgegebenen und kaum noch das Dasein fristenden Preussischen Provinzialblätter zu treten hätte. Sie sollte ein Archiv für alles[129] Wissenswürdige aus der Geschichte Altpreussens werden und eine vollständige altpreussische Bibliographie bringen, aber auch Abhandlungen aus anderen Gebieten von allgemeinerem Interesse aufnehmen, und sogar Belletristisches nicht ausschliessen. Wir hofften ihr so einen weiteren Abonnentenkreis schaffen zu können. Ein Prospekt wurde von mir entworfen, von Reicke gutgeheissen und nun in vielen Exemplaren verbreitet. Irgend eine finanzielle Unterlage hatte das Unternehmen nicht. Wir wollten selbst thätig sein und durften auf Mitarbeiter rechnen, die ihre nur für einen engeren Leserkreis bestimmten Arbeiten gern gedruckt sehen würden, ohne Honorar zu beanspruchen. Bonn war Arzt im Hause eines Buchdruckers Namens Rossbach. Er vermittelte unsere Bekanntschaft mit ihm. Rossbach liess sich darauf ein, als Verleger zu figurieren und schoss die Kosten für Papier und Druck vor. Mit seiner Hilfe und in seinem allerdings wenig einladenden Kontor besorgten wir selbst die Expedition des Probehefts der »Altpreussischen Monatsschrift« bereits anfangs des Jahres 1864 und gewannen daraufhin wenigstens so viel Abonnenten, dass die notwendigen Ausgaben als gedeckt gelten konnten. Dieses erste Heft brachte an der Spitze meine kleine Novelle »Am Strande«, eine Schilderung des höchst primitiven aber urgemütlichen Badelebens an unserem samländischen Nordstrande. Bald zeigte sich's, dass wir diese Rubrik aufgeben mussten, weil sich genügend leistungsfähige und zugleich anspruchslose Mitarbeiter nicht gewinnen Hessen, ein grosser Teil des übrigen Inhalts auch zu fachwissenschaftlich war, um Leser anlocken zu können, die eine leichte Unterhaltung suchten. Die Provinzialblätter machten noch eine Anstrengung, sich der lästigen Konkurrenz zu entledigen, jedoch ohne nachhaltigen Erfolg und verschmolzen in den nächsten Jahren mit unserer Monatsschrift. Sie ging später in den Verlag der Beyerschen Buchhandlung über, welche uns nun auch die Expedition abnahm. Das eigentliche[130] Redaktionsgeschäft lag bald gänzlich in den Händen Reickes. Beteiligt habe ich mich in den ersten Jahren allerdings noch mit kritischen Artikeln und einigen umfangreicheren Abhandlungen über die Bewegung des altpreussischen Handels seit 1856 und über die politischen Verhältnisse des alten Ordenslandes und späteren Herzogthums Preussen. Die Monatsschrift ist übrigens bis in die jüngste Zeit (meist in Vierteljahrsheften) regelmässig erschienen und weist jetzt eine sehr stattliche Reihe von Bänden auf, die in der That als Fundgrube für historische Erinnerungen aller Art gelten können und besonderen Wert durch die auf Kant bezüglichen Abhandlungen und Sammelarbeiten erhalten haben.

Im »literarischen Kränzchen« musste ich schon meinem alten Rudolf Reusch zu Liebe wieder thätig sein. Er hing an dieser seiner Schöpfung und widmete ihr alle seine freie Zeit, freilich mitunter in recht wunderlicher Weise. So stellte er verwickelte Organisationspläne auf und teilte nach Art gelehrter Akademien verschiedene Sektionen zur Bearbeitung besonderer Materien ab, schuf allerhand Ämter mit wunderlichen Namen und warb in den Reihen der blutigsten Dilettanten Mitglieder. So war das Kränzchen in Königsberg stark in Verruf gekommen, und ich hatte nur immer zu sorgen, dass es sich wenigstens öffentlich nicht allzu lächerlich machte. Übrigens waren die Kränzchen-Abende mitunter recht unterhaltend, was auch die Spötter anerkennen mussten, wenn sie sich einmal zum Besuch bewegen Hessen. Als Reusch nach einigen Jahren infolge einer Gehirnlähmung schwer erkrankte, gelang es mir die Auflösung zu bewirken.

Selbstverständlich knüpfte ich sofort auch mit dem Theater wieder an. Erster Regisseur war damals Reuter, zweiter Seydel, ein liebenswürdiger, kenntnissreicher, kluger und feiner Mensch, den ich bald liebgewann. Er gab mir, wenn ich ihm meine neuen Arbeiten vorlegte, mündlich und[131] brieflich die freundlichsten und sachkundigsten Winke und Ratschläge, immer in gefälliger Form, aber zugleich mit grosser Offenheit. Ich schrieb einen Lustspiel-Einakter, »Ihr Taufschein«, von welchem weiter unten die Rede sein soll, und im Herbst 1864 auch ein fünfaktiges Schauspiel, welches nach meiner ersten Absicht »Das Bannrecht« und später, weil dieser Titel zu abstrakt schien, »Mit Wind und Wasser« betitelt wurde. Das Stück spielt zu Anfang dieses Jahrhunderts, als nach dem unglücklichen Franzosenkriege alle Zwangs- und Bannrechte, darunter auch das Mühlenrecht, aufgehoben wurden. Ein Wassermüller, ein braver Patriot aber Starrkopf, hält die Aufhebung eines Privilegs, welches schon seit Jahrhunderten in seiner Familie ist, für rechtlich unmöglich und lässt sich dadurch und durch die Opposition seiner Kinder soweit in seinem Rechtsbegriff verwirren, dass er die Windmühle seines früheren Gesellen, der wider seinen Willen seine Tochter geheiratet hat, in Brand steckt. Sobald er zur Erkenntnis seiner That kommt, wirft er das Privileg zwischen die Mühlräder und stürzt sich selbst nach, seinem Leben ein Ende zu machen.

Im Frühjahr 1865 überreichte ich das Manuskript Woltersdorff. Er sprach sich im ganzen günstig über die Arbeit aus und gab das Stück seinen Regisseuren, die sich ebenfalls wohlwollend äusserten. Dann reiste er nach Berlin, um Michaelson dafür zu gewinnen, der aber viel daran auszusetzen fand, den Müller abstossend und überspannt nannte, auch den tragischen Ausgang nicht für gerechtfertigt erklärte. Woltersdorff kaufte damals in Berlin das Meyselsche Theater und beabsichtigte dort eine Volksbühne zu begründen, welche Seydel leiten sollte. Er behauptete, bereits die besten Kräfte gewonnen zu haben, und überredete mich ohne Mühe, ihm mein Schauspiel für sein neues Unternehmen zu überlassen. Allerdings war nun auch er selbst der Meinung, ein guter Ausgang werde wesentlich die Einführung beim Publikum erleichtern, und da dann auch Seydel zu einem[132] solchen Versuch riet, unternahm ich denselben wirklich, schrieb die letzten beiden Akte entsprechend um, und bat Seydel um nochmalige genaue Durchsicht. Es war nun ein an Theodor v. Schön erinnernder Regierungspräsident eingeführt, dem die Umstimmung des Müllers gelang. Im Herbst verhandelte Woltersdorff mit dem Schauspieler Davison wegen eines Gastspiels für Berlin und trug ihm die Rolle des Müllers an. Davison fand aber, dass sie sich wegen des väterlichen Elements darin für ihn nicht eigne. Es wurde dann Dr. Grunert aus Stuttgart für das nächste Frühjahr in Aussicht genommen. Im Januar 1866 erklärte dieser seine Bereitwilligkeit und ist dann im März auch wirklich in dem Stück aufgetreten. Von Berlin telegraphierte er mir »wir haben gesiegt« und schrieb mir dann, der Erfolg sei trotz sehr mangelhafter Besetzung ein entschieden guter gewesen. In ähnlicher Weise berichtete auch Richard Wüerst unter Beifügung einiger im Ganzen freundlicher Zeitungsreferate. In einem derselben hatte der Druckteufel den Titel in »Mit Wein und Wasser« umgetauft. Auf seine Zugkraft liess sich das Schauspiel nicht prüfen, da das Gastspiel nur sehr kurze Zeit dauerte.

In Königsberg lernte ich Grunert persönlich kennen und erfreute mich unserer Übereinstimmung in mancherlei das Theater betreffenden Fragen. So teilte er durchaus meine Abneigung gegen den erst kürzlich in Gebrauch gekommenen Zwischenakts Vorhang, durch welchen bei häufigem Szenenwechsel, namentlich in den klassischen Stücken, jeder Akt in eine Mehrzahl von Akten zerlegt wurde, was der Stimmung Eintrag that. Ich fand es abscheulich, dass man diese Einschnitte noch durch das Heranschleppen von allerhand Mobiliar verlängerte und auf Nebensächlichkeiten ganz unverständiges Gewicht legte. Jüngere Autoren würden durch diese neue Einrichtung veranlasst werden, Verwandlungen möglichst zu vermeiden, meinten wir, was sehr oft nur zum Schaden des Stückes und der Charakteristik[133] des Helden würde geschehen können. Um der Szenerie mehr Wahrscheinlichkeit zu geben, beeinträchtige man die Handlung.

Am 28. März fand die Aufführung in Königsberg statt. Das Haus war, wohl mehr Grunerts als meinetwegen, dicht besetzt. Ich selbst musste von 9 Uhr morgens bei einem Schwurgericht mitsitzen. Der Präsident tröstete mich, die Sitzung würde nicht lange in den Nachmittag hinein dauern, und zog zur Bekräftigung seines guten Glaubens Billets für sich und seine Frau aus der Tasche. Bald aber stellte sichs heraus, dass eine von auswärts vorgeladene Zeugin nicht erschienen war. Der Verteidiger stellte pflichtgemäss den Antrag, die polizeiliche Gestellung zu versuchen. Obgleich der Präsident dagegen war, da er ein günstiges Resultat für ganz unwahrscheinlich hielt, und einer der beisitzenden Richter ihm beistimmte, hielt ich es doch gerade in meiner Lage für geboten, mich für den Versuch auszusprechen, zumal die Unmöglichkeit des Gelingens keineswegs feststand und andernfalls die Untersuchungshaft der Angeklagten ohne weiteres um Monate verlängert wurde. Meine Stimme gab den Ausschlag. Der Versuch gelang und – es erfolgte Freisprechung. Nun hatte aber die Sitzung der langen Pause wegen doch bis acht Uhr gedauert. Ich eilte ins Theater, wo eben der dritte, recht wirksame Akt zu Ende ging. Mit Grunert wurde ich stürmisch gerufen und verneigte mich an seiner Hand noch wiederholt vor dem Publikum. Da war ich einmal wirklich unmittelbar vom Richtertisch vor die Lampen getreten, übrigens sehr beruhigt, auch im Schwurgerichtssaal meine Pflicht gethan zu haben.

Das Stück wurde nun auch von einigen anderen Bühnen aufgenommen, ohne sich doch besonders bemerkbar zu machen. Um so mehr that es mir nun leid, dass ich mich zur Änderung des Schlusses hatte bestimmen lassen. In Königsberg wenigstens wünschte ich einmal das ursprüngliche Trauerspiel zu sehen. Der sehr tüchtige Schauspieler Treuer[134] (später in Riga) unterstützte mich darin, und anfangs 1867 erfüllte sich wirklich mein Wunsch. Der Eindruck des fünften Aktes ging tief, ganz wie ich dies erwartet hatte. Auf einen Kassenerfolg war natürlich nicht zu rechnen gewesen. In Karlsruhe erzielte das Schauspiel im Oktober 1868 nach Eduard Devrients Bericht nur einen Achtungserfolg. Und dann verschwand es gänzlich von der Bühne. Zehn Jahre später benutzte ich den Stoff zu der Erzählung »Das Bannrecht«.

Im Frühjahr 1865 kam Friedrich Haase zu einem Gastspiel nach Königsberg. Damals berichtete die dortige Hartungsche Zeitung einer Ungeschicklichkeit wegen, die sich Woltersdorff gegen sie hatte zu schulden kommen lassen, schon längere Zeit über das Theater überhaupt nicht mehr. Dieser Umstand musste Haase natürlich sehr verdriesslich sein. Er meinte, die Angelegenheit könne leicht in gute Wege gelenkt werden, wenn eine Vorstellung für den damals von der Not schwer bedrängten Gutzkow veranstaltet würde, die dann der Zeitung Gelegenheit geben könnte, einzulenken. Da man den Redakteur Hasenkamp als sehr eigensinnig kannte, war es jedoch klar, dass es vorher noch eines formellen Ausgleichs bedurfte, zu welchem der Direktor die Hand zu bieten hätte. Ich übernahm die Vermittlerrolle und verhandelte zunächst mit Hasenkamp, der zu dieser Zeit gerade meine populären Artikel über die neue Prozessordnung veröffentlichte. Er sagte mir, dass er zum Frieden geneigt sei, aber zu einer öffentlichen Erklärung dahin autorisiert werden müsste, dass Woltersdorff ihn gewünscht habe. Mit dem sogleich festgestellten Entwurf ging ich zu diesem. Er fand ihn bis auf wenige Worte annehmbar. Seine Frau aber, die auch im Theater das Regiment führte, wollte von Versöhnung nichts wissen, ausser wenn gesagt würde, dass sie »auf gegenseitigen Wunsch« erfolge, und machte eine höchst peinliche Szene. Sie hätten von der Renitenz der Zeitung keinen Schaden gehabt und würden[135] ihn auch ferner nicht haben. Früher hätte die Kritik ihnen ewig etwas am Zeuge zu pflücken gehabt; jetzt schweige sie ganz und das sei für das Theater gerade das beste und angenehmste. Rationelle Gründe verfingen dagegen wenig. Um jeden Schein eines Druckes meinerseits zu vermeiden, liess ich Woltersdorff das Manuskript und stellte eine briefliche Antwort anheim. Sie erfolgte am anderen Tage zustimmend. Nun wurde aber auch von beiden Teilen das Ersuchen an mich gerichtet, selbst das Amt des Rezensenten zu übernehmen. Darauf ging ich, da mir eine engere Beziehung zum Theater und zur Presse wünschenswert schien, willig ein, freilich erst, nachdem Woltersdorff mir die feierliche Versicherung gegeben hatte, dass er meine kritische Unabhängigkeit respektieren wolle.

Ich habe dann drei Jahre lang in der Hartungschen Zeitung über das Theater wohlwollend aber zugleich nach bestem Wissen und Willen unparteiisch referiert. Es war damals bei den Zeitungen glücklicherweise noch nicht Sitte, die Besprechungen gleich am Morgen nach der Aufführung zu bringen; ich brauchte deshalb nicht nachts müde und abgespannt an die Arbeit zu gehen, mein Urteil zu übereilen, in wichtigeren Fällen behielt ich Zeit zu eingehenderen Ausführungen. Ich empfand den Zwang, das Theater häufiger besuchen zu müssen, als ich sonst wohl bei der starken Inanspruchnahme durch das Amt und meine sonstigen Arbeiten geneigt gewesen wäre, durchaus wohlthätig und gewann für meine eigene dramatische Produktion bessere Einsicht in die Bedingungen, von denen die Wirksamkeit eines Theaterstücks abhängt. Auch lernte ich bedeutende Schauspieler und Schauspielerinnen bei Gelegenheit ihrer Gastspiele nicht nur als Bühnengrössen, sondern ebenso im persönlichen Verkehr kennen, so ausser Friedrich Haase, der wiederholt nach Königsberg kam, Theodor Lobe, Bogumil Davison, Karl Sontag, Frau Niemann-Seebach, Frau Otto-Martineck, Charlotte Frohn, Fanny Janautscheck, Hermine[136] Delia, Anna Schramm. Mit mehreren von ihnen bin ich im angenehmsten Verkehr geblieben. Ich nahm meine Aufgabe dem Publikum gegenüber ernst, und das verdross Woltersdorff häufig und seine Frau gewiss noch viel mehr. Das Theater verschlechterte sich; sie glaubten auch mit schwächeren Kräften und ungenügenden Ausstattungen ihr Geschäft machen zu können und brachten die jämmerlichsten Possen, um nur Kassenerfolge zu erzielen. Da ich mich hierüber unwillig äusserte, vergass Woltersdorff sein Versprechen und suchte den neuen Chefredakteur, einen sehr unbedeutenden Leiter, zu beeinflussen, hinter meinem Rücken lobqualmende Artikel aufzunehmen. Es gelang ihm und ich trat nun sofort zurück.

Angeregt durch die praktische Beschäftigung mit dem Theater und allerlei Erfahrungen verwertend, verfasste ich die Novelle »Ein Komödiant« und (1869) den dreibändigen Roman »Hinter den Coulissen«. Er brachte mir manch freundliches Lob ein, das erfreulichste von dem Berliner Theaterdirektor Wallner, der dem ihm gänzlich unbekannten Autor von irgend einem Ort in Steiermark aus in einem langen und sehr liebenswürdigen Brief seinen Dank abstattete. Wäre sein Urteil massgebend gewesen, so hätte dieser Roman viele Auflagen erleben müssen. Bei Otto Janke brachte er es nur auf eine.

Im Sommer 1866 erfolgte endlich nach den unseligen Konfliktsjahren in Folge der überraschenden grossen Siege unserer Armeen in Böhmen ein Umschwung der öffentlichen Meinung zu Gunsten der von König Wilhelm und Bismarck betriebenen Politik und eine patriotische Erwärmung aller Volkskreise, die man kurz vorher noch für unmöglich gehalten hätte. Aus dieser erregten Stimmung heraus ergab sich mir ganz von selbst das kleine Zeitbild »In Feindes Land«; in wenigen Tagen wurde es niedergeschrieben. Ein Unteroffizier der Landwehr und ein einjähriger Freiwilliger kommen spät am Abend in ein böhmisches Quartier. Die[137] Bewohner des Hauses empfangen sie sehr unfreundlich und in grosser Besorgnis für ihr Hab und Gut, überzeugen sich aber bald, dass sie es mit ganz menschlichen und sogar gemütlichen Feinden zu thun haben, werden zutraulicher und bringen Speise und Trank aus dem Versteck vor. Zuletzt spielt der Böhme mit dem Unteroffizier eine Partie Sechsundsechzig, worauf die müden Soldaten sich aufs Lager werfen und rasch einschlafen. Im Traume steigen nun vor ihnen die bekannten Reiterbilder des grossen Kurfürsten, des alten Fritz und Friedrich Wilhelm III. auf, eine Borussia nennt die Namen der siegreichen Schlachten aus drei Jahrhunderten preussischer Geschichte. Endlich schliesst, selbstverständlich bei bengalischer Beleuchtung, Borussia neben der lorbeerbekränzten Büste des Königs mit einer warmen Ansprache das kleine Stück. Bei der ersten Aufführung am 5: August wurde es mit so allgemeiner Begeisterung aufgenommen, dass ich stürmisch vorgerufen, eine patriotische Anrede an das Publikum halten und sie mit einem Hoch auf den König, die siegreiche Armee und das seiner Einigung einen weiteren Schritt entgegengeführte Vaterland ausklingen lassen konnte, in das alles jubelnd einfiel.

Noch in demselben Monat folgte die Aufführung in einem Berliner Theater nach, ebenfalls mit bestem Erfolg. Dann ist das Stück über die meisten norddeutschen Bühnen gegangen und auch in den folgenden Jahren an patriotischen Festtagen in den Theatern und Kasernen aufgeführt. Es war so beliebt geworden, dass nach den Siegen von 1870 der Wunsch an mich herantrat, ich möchte es den Verhältnissen des französischen Krieges anpassen. So verlegte ich denn den Schauplatz nach dem Elsass und gestaltete das Traumbild mehr im deutsch-patriotischen Sinne um, indem ich eine Germania über die Borussia setzte und zuletzt die Kaiserkrone zeigte. In dieser Form ist das kleine, übrigens in Versen geschriebene Festspiel dann noch längere Zeit viel gegeben worden und erscheint hier und dort immer noch[138] einmal abwechselnd mit dem kleinen Charakterbild »Das eiserne Kreuz«, das in dieser grossen Zeit entstand und vielleicht nicht zum wenigsten deshalb noch heute stark wirkt, weil der Patriotismus nicht aufdringlich ist. Ein zur Feier des Einzugs der deutschen Truppen in Paris bestimmtes Festspiel »Einer vom Yorkschen Korps«, worin ein alter Invalide sich in die Zeit seiner Jugend zurückträumt, als das Yorksche Korps, weil es zu abgerissen war, in Paris nicht einmarschieren durfte, gewann dagegen nicht die Bühnen, vielleicht weil der Einzug 1871 zu lange auf sich hatte warten lassen und dann auch nur unvollständig war, vielleicht weil jene etwas bittere Rückerinnerung die freudige Stimmung zu stören drohte.

Im Dezember 1866 reiste ich nach Berlin, um da mit Paul Heyse zusammenzutreffen, der zur Aufführung seiner »Maria Moroni« im königlichen Schauspielhause dorthin kam. Wir hatten schon längst mit einander Briefe gewechselt; ich sah ihn aber jetzt zum erstenmal von Angesicht (11. Dezember im Hotel Magdeburg) und verlebte mit ihm einige mir unvergessliche Tage. Durch ihn kam ich in persönliche Beziehung zu dem Generalintendanten v. Hülsen, dem Oberregisseur Düringer, dem Intendanzrat Dr. Titus Ullrich, dem Schauspieler Berndal, den Schauspielerinnen Erhard, Frieb-Blumauer und der Bühnenschriftstellerin und Schauspielerin Charlotte Birch-Pfeiffer, einer ganz prächtigen, eifrig Tabak schnupfenden alten Dame, die bei einem Besuch in ihrer Wohnung lebhaft beklagte, dass gerade ihre Original-Dichtwerke, so z.B. »Rubens in Madrid«, keinen Platz auf der Bühne fänden. Auch bei Richard Wüerst brachten wir zusammen einen sehr reizenden Abend zu (damals Enkeplatz 4), an dem uns auch Teile des »Faublas« am Klavier zum besten gegeben wurden. Sehr instruktiv für mich war eine Unterredung mit Titus Ullrich. Er äusserte sich sehr verzagt und riet mir, um Himmelswillen kein Trauerspiel zu bringen; es fehle dafür beim Publikum durchaus an Teilnahme.[139] Allenfalls ein modernes Schauspiel, am liebsten wieder ein Lustspiel (damals war mein »Ihr Taufschein« bereits im Schauspielhause aufgeführt worden), das aber nicht politisch sein, kirchliches Gebiet nicht berühren und sich von jeder Satire gegen die höhere Gesellschaft freihalten müsse. Man sei oben sehr empfindlich. Nur nicht, was man so »Komödie« zu nennen pflege! Ich fürchtete, dem deutschen Lustspieldichter werde dann schwerlich etwas anderes übrig bleiben, als in die Fusstapfen von Kotzebue und Benedix zu treten.

Von meiner weiteren schriftstellerischen Thätigkeit spreche ich demnächst im Zusammenhange.

Im Herbst 1867 liess ich mich in die zweite Abteilung des Stadtgerichts versetzen. Mein lieber Freund und älterer Kollege Louis Passarge (rühmlichst bekannt geworden als Reiseschriftsteller und Ibsen-Übersetzer) hatte dazu geraten, weil die Arbeit da eine ruhigere und wohl auch massigere wäre. Anfangs bemerkte ich bei diesem Wechsel kaum einen Vorteil; als ich mich aber eingearbeitet hatte, konnte ich zufrieden sein. Ich hatte nun einen Teil der Vormittage ganz zur freien Verfügung. Um keine Minute Zeit zu verlieren, zog ich mich dann erst nach dem Mittagessen vollständig an und schloss mich bis dahin in meine Stube ein. Therese suchte jede Störung möglichst fernzuhalten. Bald rückte ich auch im Gehalt auf und zwar wegen des Abgangs mehrerer älterer Mitglieder (das Stadtgericht hatte seinen besonderen Etat) gleich um ein paar Stufen, sodass wir nun sorgenfrei leben konnten. Im September 1865, gerade an meines Vaters Geburtstag, war uns noch ein Töchterchen geboren, das wir Anna taufen liessen. Es folgte im Januar 1868 ein Sohn, den wir nach Freund Heyse Paul nannten, und endlich im Mai 1873 noch ein Mädchen, Lisbeth, bei dem unsere lieben Freunde, die Professoren Ludwig Friedländer und Felix Dahn Pathen standen.

Im Januar 1869 starb mein guter Vater, ohne erreicht zu haben, wonach sein Ehrgeiz strebte und infolge eines[140] verunglückten Hausbaues zuletzt wieder in ziemlich bedrängter ökonomischer Lage, als Direktor des Kreisgerichts zu Braunsberg. Sein heiterer Sinn war ihm bis zum Lebensende treu geblieben und hatte ihm über viel Verdriessliches, was er sich freilich grösstenteils selbst schaffte, freundlich hinweggeholfen.

In demselben Jahre kam ich in amtliche Beziehungen zu dem sehr geschätzten Oberpräsidenten der Provinz Preussen, Herrn v. Horn, da ich auf Vorschlag meines Chefs, des Kanzlers v. Gossler, im Herbst die Vertretung des erkrankten Justitiarius im Konsistorium und Provinzial-Schulkollegium übernahm. Ich hatte öfters den Vortrag bei ihm und lernte einen sehr klugen, in mancher Hinsicht auch weitsichtigen Mann und ausgezeichneten, ungemein wohlwollenden höheren Beamten kennen. Er hatte vorher in Posen bei der sehr schwierigen Verwaltung dieser noch immer in der Mehrzahl von Polen bewohnten Provinz treffliche Dienste geleistet, und war liberalen Anschauungen nicht ganz unzugänglich, bei der Kaufmannschaft, deren Interessen er energisch vertrat, sehr beliebt, von den politischen Ultras der rechten Seite stets beargwöhnt. Er gehörte noch zur alten Beamtenschule und bewahrte sich nach oben hin eine gewisse Selbständigkeit nicht nur bureaukratischen Charakters. Immer bemüht, den Frieden zwischen den politischen Parteien herbeizuführen und zu bewahren, sowie die königstreue Gesinnung der Provinz, die er auch bei der Fortschrittspartei trotz ihrer Opposition gegen die Regierung anerkannte, zu stärken, lehnte er jede unlautere Wahlbeeinflussung ab und gewann so auch das Vertrauen der Gegner, die ihm willig das Lob eines ehrlichen Mannes spendeten. Er war wegen seines eckigen Wesens und oft ungeduldigen Dreinfahrens kein angenehmer Vorgesetzter, konnte aber persönlich sehr liebenswürdig sein, und das war er stets gegen mich, nicht nur in diesen sechs Wochen, in denen ich unter seinen Augen arbeitete, sondern auch später bis zu seinem Tode. Vermochte er auch sonst nichts für mich zu thun, da ich mich[141] durchaus abgeneigt zeigte, zur Regierung überzugehen, so erhielt ich doch auf seine Veranlassung lange vor der Zeit, in der ich als Richter für diese Auszeichnung an der Reihe war, den roten Adlerorden und Ende der siebziger Jahre, als die Majestäten in Königsberg gewesen waren und ich die Verse zu ihrer Begrüssung durch die jungen Damen und zu den im Stadttheater gestellten Bildern geschrieben hatte, das Ritterkreuz des Hohenzollernordens. Bei der Überreichung sprach er mir seine besondere Genugthuung darüber aus, dass gerade diese nur selten vergebene Auszeichnung gewählt sei. Die Kaiserin hatte mir schon vorher eine Tasse mit dem Bildnis des Kaisers übersenden lassen, mir ein sehr wertes Andenken. Bei keinem seiner offiziellen Diners durfte ich fehlen, was mir eine grosse Zahl von Bekanntschaften aus Kreisen, zu denen ich sonst keine Beziehung gefunden hätte, vermittelte. Aber auch in seine Familie hatte ich freundlichst mit meiner Frau Einlass gefunden. Da konnte ich mirs denn als einen wirklichen Gewinn zurechnen, Frau Doris v. Horn kennen zu lernen, eine der liebenswürdigsten Damen, die mir auf meinem Lebenswege begegnet sind. Zwanzig Jahre jünger als ihr Mann, stand sie damals noch in der vollen Blüte ihrer ungewöhnlichen Schönheit, obgleich sie schon erwachsene Kinder hatte. Gross und stattlich, wie geschaffen zur Repräsentation, bezauberte doch ihr Liebreiz jeden, der auch nur wenige Worte mit ihr zu sprechen Gelegenheit fand. Eine angeborene Vornehmheit ermöglichte es ihrem heiteren Naturell, sich gehen zu lassen, ohne die Gefahr zu grosser Vertraulichkeit herbeizuführen. Sie war eine Feindin alles lästigen Zeremoniells, oft sehr geradeaus, und manchmal sogar etwas derb in ihren Ausdrücken, wenn sie sich leidenschaftlich gegen eine gesellschaftliche Verschrobenheit ereiferte. Die Ängstlichkeit, missverstanden zu werden, schien ihr ganz fern zu liegen, und oft überraschte sie durch eine Fülle guter Einfalle, über die dann auch ihr ernster Mann lachen musste. Das eheliche Verhältnis war[142] das glücklichste, die Frau dem Manne vielleicht geistig überlegen, aber ihren starken Einfluss nie missbrauchend. Frau v. Horn galt für eine ebenso tüchtige Hausfrau als vollendete Gesellschaftsdame. Ihren Kindern war sie die gütigste Mutter und beste Freundin. Uns schenkte sie bald das herzlichste Wohlwollen, zog uns in den engsten Kreis der Hausgenossen, liess uns an Geburtstagsfesten in der Familie teilnehmen. Es herrschte da nicht der mindeste Zwang. Ihrem warmen Interesse namentlich war es zu danken, dass die Feier des hundertsten Geburtstages der Königin Luise den günstigsten Erfolg hatte. Die Marmorbüste der unvergesslichen Frau konnte auf ihrem Lieblingsplatz im Busoltschen Garten auf den Hufen aufgestellt werden, dem zu dem Landhause gehörigen Parke, in welchem die Königin in den schwersten Jahren ihres Lebens gewohnt hatte und das sich gerade deshalb Napoleon 1812 zum Quartier wählte (das »miserable chateau« seines Leibhusaren). Es wurde ein Luisen-Verein begründet, der sich die Aufgabe stellte, jährlich das Andenken der Königin zu feiern und aus seinen Einkünften junge Mädchen aus dem Volke, deren geistige Begabung den Besuch einer höheren Schule wünschenswert erscheinen Hesse, zu unterstützen. Diesen sehr segensreich wirkenden Verein hat Frau v. Horn in jeder Weise zu fördern gesucht. Mein Dramolet »Die gnädige Frau von Paretz« (Königin Luise), welches bei einer solchen Jahresfeier aufgeführt wurde, habe ich ihr zum Dank dafür und in freundschaftlichster Verehrung zugeeignet. Auch sonst nahm sie an meinen schriftstellerischen Arbeiten den wärmsten und regsten Anteil, übte auch stets die freimütigste Kritik daran. Anfangs der achtziger Jahre wurde die Stellung des Oberpräsidenten sehr schwierig. Von Berlin her wurde von ihm verlangt, dass er die Wahlen beeinflusse, die freisinnige Opposition zum Schweigen bringe, sich den neuen handelspolitischen Massregeln anpasse, die freilich gerade der Grenzprovinz Preussen wieder grosse Opfer zumuteten. Er war[143] zu ehrlich, etwas gegen seine Überzeugung zu thun und die öffentliche Meinung zu fälschen. Es war vielleicht unklug, dass er bei einem Feste, das er den Provinzialständen gab, eine Rede hielt, die mit überraschender Aufrichtigkeit seinen Standpunkt klarstellte. Ich war unter den zugeladenen Gästen und sagte mir gleich, dass damit dem Fass der Boden ausgeschlagen sein werde. Aber auch ohnedies hätte man ihn wahrscheinlich nicht mehr lange auf seinem Posten gelassen. 1882 erhielt er den Abschied, wie er glaubte, mit Undank belohnt. Seitens der Provinz und namentlich der Stadt Königsberg geschah alles, dem hochverehrten Paar die fortdauernde Sympathie zu beweisen, aber im Innersten tief gekränkt, siedelte dasselbe nach Berlin über. Dort habe ich Herrn v. Horn und seine Frau, mit der ich in Briefwechsel blieb, öfters besucht. Als ich dann ans Kammergericht versetzt wurde, fand ich im Hause zu meiner grössten Betrübnis vieles traurig verändert. Frau v. Horn war von einem schweren Leiden befallen, bald selbst für die nächsten Freunde nicht mehr sichtbar; Herr v. Horn hatte den schmerzlichen Kummer zu tragen, seine so viel jüngere Frau begraben zu müssen. Er überlebte sie nicht lange.

Aus dem Jahre 1869 wäre noch nachzuholen, dass ich im Herbst den gefeierten Romanschriftsteller Friedrich Spielhagen kennen lernte, der nach Königsberg gekommen war, um aus seinen Werken vorzulesen. Ich sah ihn zuerst bei der Humboldtfeier der freien studentischen Vereinigung, dann wiederholt, und wir fanden Gelegenheit, unsere Meinungen über die Technik des Romans und Dramas, wie über andere ia unser Fach schlagende Fragen auszusprechen. Später in Berlin sind wir in freundschaftliche Verbindung getreten.

Im Herbst 1872 wurde Professor Felix Dahn an die« Königsberger Universität berufen, und ich habe dann 15 Jahre lang mit ihm den Ruhm geteilt, dort, am Pregel das dichtende Deutschland zu vertreten. Er suchte mich bald nach seiner Ankunft auf und machte mich zum Vertrauten der[144] schweren Sorgen, die ihn damals bedrückten. Den Königsbergern war er eine sehr wundersame Erscheinung, besonders wegen seines breitkrämpigen Malerhuts und grossen Mantels. Man staunte ihn an, wo er über die Strasse ging. Als Dichter war er noch wenig bekannt. Er hatte aber einen Band Gedichte im Druck und las uns aus den Korrekturbogen vor, dabei mit so kräftigem Pathos, dass einmal unsere Kinder, die im Nebenzimmer fürchten mochten, der fremde schwarzhaarige Mann wolle uns ans Leben, mit ganz schreckbleichen Gesichtern in der offenen Thür auftauchten. Im folgenden Jahre führte er seine geliebte Therese heim, und wir haben dann in seinem und meinem Hause einen freundschaftlichen Verkehr unterhalten, auch wohl einander neue dramatische Arbeiten vorgelesen. Bei Veranstaltungen zu wohlthätigen Zwecken und namentlich an den »Luisen-Abenden« wirkten wir immer gemeinsam und in bester Eintracht. Unsere Wege liefen sonst, wie bei der Verschiedenartigkeit unserer dichterischen Veranlagung, unserer amtlichen Arbeitsgebiete und der sich aus der Berufsstellung ergebenden Umgangskreise nicht anders zu erwarten war, nicht nahe nebeneinander. Ich darf aber versichern, dass wir beide redlich bemüht gewesen sind, den aus den Umständen leicht erklärlichen Verdacht, als fühlten wir uns als Rivalen in der Gunst der Königsberger, jeden Boden zu entziehen. Einen Eiufluss auf einander haben wir nicht gehabt. Bei meiner Verabschiedung von Königsberg und bei der Feier meines 60. Geburtstages hat Dahn mir zu Ehren den Pegasus geritten. Später haben wir noch einmal zwei sehr gemütliche Wochen zusammen in dem schönen Gastein verlebt und sind uns wiederholt auf dem Wege von da und dahin begegnet. Auf den Erztafeln des Kriegerdenkmals in! Königsberg stehen Sprüche von uns beiden. Der meinige lautet: »Nicht euer Lohn, nur unser Dank.«

In freundschaftlichen Beziehungen standen wir sonst noch zu Professor Ludwig Friedländer, in dem ich ebenso[145] den vielseitigen Gelehrten als den vornehmen Stilisten verehrte und bewunderte, und seiner liebenswürdigen, heiteren und geistig regsamen Frau. Sie nahmen stets an meinen Arbeiten den freundlichsten Anteil und liessen es bei Vorlesung dramatischer Neuschöpfungen an dankenswerten kritischen Äusserungen nicht fehlen. Auch im Hause des Bankiers Adolf Samter, bekannten Verfassers einer grösseren Zahl nationalökonomischer Schriften, war ich häufiger Gast. Ein Kränzchen, bei dem die alten Freunde Bohn, Reicke, Singelmann, und die neuerworbenen Professor Berthold (Augenarzt), Dr. Stobbe (Bruder des bekannten Germanisten), Stabsarzt Bobrik und sein Schwager Professor v. Brünneck, Auditeur Hiersemenzel (Bruder des Berliner Rechtsanwalts), Professor Kissner, Gewerberat Sack, Oberregierungsrat Hoyer mit den Frauen beteiligt waren, ging viele Jahre lang 14 tägig reihum und legte jedesmal dem Wirt die Verpflichtung auf, irgend etwas aus einem ihm naheliegenden Wissensgebiet vorzutragen, wonächst dann erst zu Tisch gegangen wurde, der sich auf einen Braten und ein Glas Wein zu beschränken hatte. Sehr oft bildete der Inhalt des kleinen Vertrags den anregenden Unterhaltungsstoff.

Meine Wohnung wechselte ich mehrmals und breitete mich seit Herbst 1871 in der oberen und in der Dachetage eines alten Hauses in der französischen Schulstrasse aus, dessen hohe und helle Räume uns mancherlei Mängel übersehen Hessen. Dass unter uns eine Familie mit fünf Töchtern wohnte, die alle, in Abständen von ein oder zwei Jahren in das klavierspielbedürftige Alter hineinwachsend, dieselben Noten benutzten und an denselben Schwierigkeiten Anstoss nahmen, musste mit Humor getragen werden. Von dem Fenster neben meinem Schreibtisch aus sah ich auf den freien und immer stillen Platz vor der architektonisch interessanten reformierten Kirche. Im Kollegium derselben habe ich längere Zeit das mir von dem Gemeinderat anvertraute[146] wenig erfreuliche Amt eines Beisitzers bekleidet und bin auch einmal, wie das zu dessen Obliegenheiten gehörte, während des Gottesdienstes mit dem Teller herumgegangen, um von den Andächtigen milde Gaben in Empfang zu nehmen.

Früh schon hatte ich mich dem Königsberger Künstlerverein angeschlossen. Ich war meiner Liebhaberei, nach der Natur zu zeichnen, treu geblieben und hielt mich auch in den Sitzungen dadurch aufmerksam, dass ich den Bogen weisses Papier, der zu Notizen auf dem Richterplatz lag, zu Federzeichnungen aus der Phantasie oder dem Gedächtnis, immer Landschaften darstellend, vernutzte. Diese Zeichnungen gefielen den Kollegen, die sie sammelten. Namentlich die im Besitz des Kollegen Passarge befindlichen, der kunstverständig ihre Entstehung neben mir am grünen Tisch beaufsichtigte, kamen auch den Malern zu Gesicht und durften mich einigermassen bei ihnen legitimieren. Ich hatte aber auch schon Beziehungen zu den ältesten Lehrern der von Schön begründeten Kunstakademie gehabt, die jetzt nicht mehr am Leben waren. Ihren ersten Direktor Rosenfelder sah ich oft im Hause meines Onkels Marenski, als ich noch Gymnasiast war. Er bestimmte mich, ihm zu seinem Bilde »Kolumbus, der die Abnahme der Ketten verweigert« zu sitzen; der junge Spanier, der auf dem Schiff vor ihm mit der Bitte kniet, diese Zeugen des Undanks entfernen zu lassen, bin ich, nur dass mein Haar künstlerisch verlängert und gelockt ist. Auch der sehr tüchtige Landschaftsmaler Behrendsen verkehrte da und heiratete eine weitläufige Verwandte von mir, selbst auch Malerin, mit der ich übrigens ein Lehrbuch der Perspektive durchnahm, was mich selbst wahrscheinlich mehr förderte, als sie. Zu der Zeit, als ich Student war, hatte sich ein Teil der jungen Akademiker mit ihren Professoren überwerfen und vom Institut getrennt. Sie befanden sich in so dürftiger Vermögenslage, dass sie das Modell für ihre Aktstudien nicht[147] bezahlen konnten, und so habe ich dazu meinen recht muskulösen Körper hergegeben. Es kam aber ohne Aufsicht eines Lehrers bei diesen Übungen nicht viel heraus, sodass ich die verschwendete Zeit, zu bedauern hatte. Jetzt war ständiger Vorsitzender der höchst talentvolle und persönlich sehr liebenswürdige Landschaftsmaler Professor Max Schmidt. Es gehörten ferner zum Verein die Professoren Heydeck (der meine Frau und mich gemalt hat), Neide, Georg Knorr, Reusch (dem ich eine Büste von grosser Porträtähnlichkeit verdanke), Direktor Steffeck, Wentscher und viele jüngere Maler, auch Kunsthändler und Kunstfreunde. Im Winter pflegte ein Fest mit Damen, im Sommer eine Künstlerfahrt veranstaltet zu werden. Zu diesen Festen hatte ich einmal Holbergs Ulysses von Ithaca zu einem Schwank hergerichtet, ein andermal eine Kinderkomödie Max und Moritz aufgeschrieben, bei der auch meine Kleinen spasshaft mitwirkten, das jüngste Mädel wenigstens als Schleppenträgerin der Prinzessin. Bei einer anderen Gelegenheit tragierte ich den blinden Sänger Homer und las einen Gesang in Hexametern vom Blatt ab, holte mir aber bei den Proben in dem kalten Saal einen Gelenkrheumatismus, an dem ich dann wochenlang krank lag. Ziel der sehr vergnüglichen Sommerfahrten war das prächtige Warniken am samländischen Seestrande, Pillau mit der frischen Nehrung, (wo in einer Düneneinsenkung auf unprovisiertem Steinheerde ein fetter Hammel am Spiess gebraten wurde), Kloster Cadienen und das ermländische, höchst romantisch gelegene Städchen Rössel.

Übrigens war ich auch in dem vom Kanzler v. Gossler mit grosser Liebe zur Sache präsidierten Vorstande des Kunstvereins, der die Ausstellungen vorzubereiten und die Bilderankäufe für das städtische Museum zu besorgen hat, sowie an der Spitze eines anderen Vereins, dem die Unterstützung jüngerer Künstler durch Ankauf und Verlosung der besten von ihnen zu diesem Zweck ausgestellten Arbeiten obliegt.[148]

Im Dezember 1867 wurde ich zum Mitglied der schon über ein Jahrhundert bestehenden »Deutschen Gesellschaft« in Königsberg erwählt. Auch habe ich an den jährlichen »Kantessen« regelmässig teilgenommen. Es besteht nämlich seit langer Zeit dort eine freie Vereinigung von Kantfreunden, die den Geburtstag des grossen Philosophen mit einem gemeinsamen Mittagessen zu feiern pflegen. Am Schluss wird eine Torte herumgereicht, in welche eine Bohne eingebacken ist. Wer in seinem Stück die Bohne findet, wird für das folgende Jahr Bohnenkönig und hat die nächste Tischrede zu halten oder für einen Stellvertreter zu sorgen. Mich hat diese Ehre auch einmal getroffen, und ich habe dann über Verse von und an Kant gesprochen.

Der in der ganzen deutschen Sängerwelt hochangesehene »Königsberger Sängerverein«, dessen erster um ihn sehr verdienter Ordner mehr als fünfundzwanzig Jahre lang mein alter Universitätsfreund, Justizrat Alscher war, und den Professor Schwalm seit langer Zeit dirigiert, hatte die Freundlichkeit, mich stets zu seinen Konzerten und Festen einzuladen. Ich widmete ihm einen Lieder-Cyklus »Sängerfahrt«, den Schwalm dann zum grossen Teil für Männerquartett komponierte; auch habe ich für ihn die Sängergrüsse, mit denen er sich bei Sängerfesten in Hamburg, Wien und Stuttgart einführte, gedichtet. Er bereitete mir 1883 die Freude, zu seinem Ehrenmitglied ernannt zu werden. Auch der »Akademische Gesangverein« erwies mir die gleiche Ehre. Ich selbst habe – immer mehr nach dem Gehör als nach Noten, die ich nicht einmal zu benennen wusste – in meiner Jugend viel im Quartett mitgewirkt (man durfte damals noch auf den Strassen Ständchen bringen), dann auch mit meiner Braut und Frau zweistimmig gesungen, auch sonst den Gesang am Klavier gern gepflegt.

Zum 1. September 1877 berief mich mein alter Gönner, der Kanzler von Gossler, als Hilfsrichter an das Ostpreussische Tribunal, wie damals das Appellationsgericht in Königsberg[149] in Erinnerung an den Namen, den der grosse Kurfürst nach erlangter Souveränität seinem Obergericht gegeben hatte, genannt wurde. Schon einen Monat darauf erfolgte meine Ernennung zum Rat. Freundschaftlich wurde mir in Berlin mitgeteilt, dass der frühere mit den Personalien betraute, mir sehr wohlwollende Ministerialrat in seiner Liste meinen Namen dreimal angekreuzt, aber darauf jedesmal, wenn ein literarischer Erfolg von sich reden machte, wieder ein Kreuz mit dem Bemerken abgestrichen hatte: »Anderweitig zu sehr beschäftigt«. Der Minister Leonhard stiess sich daran nicht. Er hatte sogar die Liebenswürdigkeit, mir die Ernennung eigenhändig brieflich mitzuteilen, was mir eine grosse Genugthuung war.

Meine Beschäftigung hier war anfangs zum Teil recht unerquicklich. Ich wurde dem Kriminalsenat zugeteilt, welchem ein Präsident vorstand, welcher als Jurist in hoher Achtung stand, aber seines oft schroffen Wesens wegen wenig beliebt war und sich mit dem Kanzler verfeindet hatte. Das ging mich nun weiter nichts an, er war aber auch strenger Katholik, und in jener Zeit forderten gerade die Falk'schen Maigesetze unter den katholischen Geistlichen, die sich ihnen nicht fügen wollten, oder sie zu umgehen suchten, ihre Opfer. Der Präsident verurteilte natürlich sehr ungern. Ich selbst war politisch durchaus ein Gegner solcher Gewaltmassregeln gegen eine geistige Bewegung und versprach mir von der Inhibierung kirchlicher Handlungen durch die Gendarmen und von der Bestrafung der renitenten Geistlichen mit Geldbussen und Gefängnis sehr wenig. Ich verkannte keineswegs die Gefahr, die dein Staat daraus erwachsen konnte, vielleicht musste, wenn die katholischen Unterthanen sich einem geistlichen Oberhaupt unterwarfen, dem Unfehlbarkeit beigelegt war. Aber ich war der Meinung, dass der Kampf, wenn er aufgenommen werden sollte, mit ganz anderen Waffen geführt werden musste und dass die schwächliche Unterstützung, welche der Altkatholicismus[150] von oben her erfuhr, schon zu Anfang der Bewegung zeigte, dass man sie nicht brauchen wollte. Ich mochte nun wohl auch wenig geneigt sein, mich als Jurist gegen Übelthäter zu ereifern, die doch nur den Weisungen ihrer Oberen folgten. Gleich in der ersten Sitzung, in der eine solche Sache zur Verhandlung kam, sprach ich mich in diesem Sinne aus. Der Präsident wurde aufmerksam und glaubte nun in allen Fällen, in denen der Thatbestand eine mildere Auffassung gestattete oder das Gesetz eine Thür offen liess, auf meinen Beistand rechnen zu dürfen. Obgleich er in dem wesentlichen Punkt sicher nicht meinen Standpunkt teilte, hielt er es doch für nützlich, mich fortan in fast allen solchen Strafprozessen zum Referenten zu ernennen. So hatte ich mir eine sehr unangenehme Arbeit aufgebürdet und überdies alle, mitunter recht peinliche Mühe aufzuwenden, mich nicht in eine schiefe Stellung drängen zu lassen.

Bei der Reorganisation der Gerichte 1879 blieb ich als Oberlandesgerichtsrat in Königsberg. Ich genoss fortdauernd das volle Vertrauen meines Chef-Präsidenten, des Kanzlers von Gossler, dem bureaukratische Engherzigkeit ganz fern lag und der sein warmes Interesse für die Kunst durch den langjährigen Vorsitz im Kunstverein bethätigt hat. Er erhob nie Schwierigkeiten, wenn ich ihn um einen Urlaub zu bitten hatte, und dispensierte mich sogar bereitwilligst im Sommer, wenn meine Familie sich an der See aufhielt und ich durch amtliche Arbeiten nicht gehindert wurde, wöchentlich ein paar Tage bei ihr zu verleben, von jeder vorherigen Anzeige meiner Abreise bei ihm, sodass ich mich durchaus frei fühlen durfte, was ich als eine grosse Wohlthat empfand. Ich war ihm immer neben dem als pflichttreu erkannten Richter der geachtete und von ihm selbst geschätzte Schriftsteller, der ihm durch die Zueignung des Romans »Heinrich von Plauen« eine aufrichtige Freude bereitet hatte.[151]

Am liebenswürdigsten bewies sich diese seine freundliche Gesinnung gegen mich, als ich im März 1883 mein fünfundzwanzigjähriges Jubiläum als dramatischer Autor im Königsberger Theater feierte. Bald darauf schenkte er mir sein Bild mit einer Zuschrift, deren Einleitung eine für mich sehr schmeichelhafte Anerkennung meiner Thätigkeit als Jurist und Schriftsteller aussprach. Ich übergehe sie. Der Schluss aber ist so charakteristisch für die Denkweise des verehrten Mannes und für das Verhältnis, in welches er sich zu mir stellte, dass ich mich nicht enthalten kann, ihn – ich möchte sagen: zu seiner Ehre – hierher zu setzen. Er schrieb: »Da mir die Dichtkunst nicht verliehen, so muss ich mich begnügen, für dieses unvergängliche Gedächtnis das anliegende bildliche Zeugnis hinzuzufügen, und die Bitte auszusprechen, dasselbe nicht als ein von Amts-, sondern von Herzenswegen und mit dem wohlbewussten Gefühle inniger Hochschätzung, treuer Anhänglichkeit und herzlicher Ergebenheit abgegebenes freundlichst annehmen zu wollen.« Er unterzeichnete sich als »praeses jubilans«. Ich denke, es spricht aus diesen Zeilen, bei solcher Gelegenheit ohne jede äussere Nötigung niedergeschrieben, so viel Hochherzigkeit, dass man gern meiner Versicherung glauben wird, ich habe den Druck meiner Beamtenstellung nicht fühlen dürfen.

Auch seinem Nachfolger (seit 1885), dem Herrn Kanzler v. Holleben, bin ich für das gleiche Vertrauen und die gleiche Rücksichtnahme auf die besonderen Bedürfnisse des Schriftstellers sehr dankbar. Als ich meinen Roman »Der grosse Kurfürst in Preussen« schrieb und für dessen dritte Abteilung, welche die Schicksale des in Memel hingerichteten Obersten Christian Ludwig v. Kalkstein behandeln sollte, der Einsicht in die auf seinen Prozess bezüglichen Akten dringend bedurfte, war er es, der mir seine Vermittelung bei dem Geheimen Staatsarchiv in Berlin anbot, und mir namentlich dadurch, dass er selbst Bürgschaft leistete, deren Benutzung[152] in Königsberg ermöglichte. Es handelte sich um zwölf dicke Volumina. So habe ich, auf urkundliches Material gestützt, das Leben und Treiben dieses letzten altpreussischen Edelmannes, der den Widerstand gegen den souveränen Hohenzollernfürsten mit dem Kopf büsste, zum ersten Mal wahrheitsgetreu im Roman schildern können.

Am 20. Juli 1885 feierten wir das Fest unserer silbernen Hochzeit im Beisein vieler lieber Verwandten und Freunde in einem zu Bohns Wohnung gehörigem Garten am Schlossteich. Er war am Abend illuminiert, und auf einem mit Lampions behängten Boot blies ein Hornquartett. Der Sängerverein brachte ein Ständchen, beginnend mit einem von mir gedichteten und von Schwalm komponierten Liede. Felix Bahn hatte uns einen poetischen Gruss gewidmet.

In demselben Jahre verlobte sich in unserem lieben Rauschen unsere zweite Tochter Anna mit dem Sanskritisten Professor Dr. Richard Garbe. Er ging sehr bald darauf mit einem Staatsstipendium nach Indien, um seine Studien an Ort und Stelle zu vervollständigen. Nach seiner im Frühjahr 1887 erfolgten Rückkehr von dort, wurde am 24. April, einem Sonntag, im grossen Saal der Drei-Kronen-Loge das Hochzeitsfest froh begangen.

Quelle:
Wichert, Ernst: Richter und Dichter. Ein Lebensausweis, Berlin und Leipzig 1899, S. 127-153.
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