Die Sammlung der Frau Olga Julia Wegener

[231] Was ich an Geldunterstützungen erhielt, verwendete ich damals namentlich für die neuen, erst im Entstehen begriffenen Abteilungen, für die islamische sowohl wie für die ostasiatische Kunstabteilung, die noch heute so gut wie ausschließlich auf solche Unterstützungen angewiesen sind. Was Grosse und Kümmel in zwei Jahren in Japan erworben hatten, stellte ersterer gelegentlich einer Unterbrechung seines Aufenthalts in Asien zusammen mit den reichen Funden der zweiten Turfan-Expedition im Februar 1909 im Völkerkundemuseum aus. Der Kaiser eröffnete die sehr gelungene Ausstellung, für die er sehr anerkennende Worte fand; aber seine Abneigung gegen die gelbe Rasse gilt leider auch ihrer Kunst. Wir durften also von ihm eine besondere Förderung dieser Abteilung nicht erwarten. Das hatte aber auch sein Gutes, wie wir gleich darauf erfahren sollten.

Frau Olga Julia Wegener, die in Peking die Läden der Kunsthändler geplündert und ihre Beute an Kakemonos dann notdürftig hatte herrichten lassen, meldete ihre Schätze in Berlin zur Ausstellung in der neuen Akademie an. Da wir aus Peking von kompetentester Seite über diese Sammlung und die Absichten der Dame orientiert waren, warnte ich Kampf und L. Justi, die damals in der Akademie residierten. Als dies[231] nichts half, bat ich Geheimrat Schmidt, diese offizielle Ausstellung, durch die wir zum Ankauf der schlechten Sammlung, für die 150000 Mark gefordert wurden, veranlaßt werden sollten, doch zu verhindern. Schmidt antwortete, daß er dazu nicht berechtigt sei.

Die Ausstellung kam zustande, Reklameartikel der Berliner Zeitungen feierten sie und verlangten den Ankauf für unsere Museen. Die Kaiserin besuchte die Ausstellung, und man erwartete den Besuch des Kaisers. Das wiederholte Angebot der Sammlung lehnte ich aber trotzdem jedesmal rund ab. Zufällig redete mich die Kaiserin auf die Sammlung an; wie sie mir gefallen habe, wollte sie wissen. Ich hielt mit meiner Ansicht nicht hinter dem Berge, worauf sie erwiderte, das sei ihr lieb zu hören, da auch ihr die Sammlung gar nicht gefallen habe, aber man habe sie förmlich gezwungen, die Ausstellung zu besuchen. Wie sie mir verraten könne, habe man die Zumutung an sie gestellt, dem Kaiser von der Sammlung vorzuschwärmen, damit sie für die Museen gekauft würde. Frau Wegener hatte aber schließlich mir noch zu verdanken, daß sie die schwachen, meist stark übermalten Machwerke und Kopien für teueres Geld an den Mann brachte. Der Direktor des Londoner Print Room, Sidney Colvin, einer der Leiter des Floraskandals, selbst für ostasiatische Kunst ohne Sachkennt nis, dem aber die Sammlung warm empfohlen war, glaubte mir bei dieser Gelegenheit einen zweiten schweren Streich versetzen zu können, indem er sie für den Print Room des British Museum erwarb.

Quelle:
Bode, Wilhelm von: Mein Leben. 2 Bde, 2. Band. Berlin 1930, S. 231-232.
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