Einrichtung der ostasiatischen Abteilung

[177] Auch für die ostasiatische Kunst gingen meine Wünsche der Begründung einer eigenen Sammlung jetzt in Erfüllung. Die Einstellung einer besonderen Assistentenstelle in den Etat und Mittel, die ich mir von Freunden unserer Museen verschaffte, ermöglichten die Berufung von Professor Grosses Assistenten Dr. Otto Kümmel, der über Amerika auf mehrere Jahre nach Japan ging, um die ostasiatische Kunst an Ort und Stelle zu studieren und für uns zu sammeln, was noch innerhalb unserer Mittel zu erwerben war.

Schon nach kurzer Zeit folgte ihm auch Professor Grosse selbst, der dann durch etwa fünf Jahre unser Interesse im fernen Osten vertreten hat. Die Veranlassung zu diesem Entschluß war eine sehr eigentümliche. Im Sommer 1906 schrieb mir Grosse nach Berlin, daß sein Freund Hayashi, der für den russischen Krieg fast sein ganzes Vermögen geopfert hatte, ihn dringend um ein Darlehen von 1000 £ gebeten habe. Er selbst könne diese Summe zur Zeit nicht aufbringen, doch wenn ich persönlich den[177] Betrag telegraphisch anweisen ließe, so wäre Hayashi bereit, seinen ausgezeichneten Kunstbesitz dafür zu verpfänden. Auf diese warme Empfehlung Grosses stellte ich das Geld sofort telegraphisch zur Verfügung, da ich regel mäßig eine gewisse Summe meines Privatkontos bar bei der Bank liegen habe, um in eiligen Fällen den Museen damit auszuhelfen.

Monatelang hörten wir nichts von Hayashi, bis die kurze Nachricht eintraf, daß er gestorben sei. Später erfolgte auf schriftliche Anfragen keine Antwort, so daß ich annahm, das Darlehen sei verloren. Auch Grosse wurde bedenklich und entschloß sich daher zur Reise nach Japan, um die Angelegenheit an Ort und Stelle zu regeln. Dieser Entschluß wurde ihm nicht sehr schwer, da Japan schon seit Jahren das Ziel seiner Sehnsucht war. Ging er doch, obwohl Ethnologe von Fach, im Studium der ostasiatischen Kunst, für die er eine schwärmerische Verehrung hatte, vollständig auf. Grosses erste Nachricht aus Japan brachte eine sehr angenehme Überraschung. Hayashi hatte in seinem Testament bestimmt, daß er eine kleine gewählte Sammlung früher Stichblätter mir persönlich vermache, als Dank dafür, daß ich ihm aus peinlicher Verlegenheit geholfen habe. Zugleich habe er bestimmt, daß das Berliner Museum aus seinem Kunstnachlaß jedes geeignete Stück um den Preis, den er dafür gezahlt habe, bekommen könne. Da seine Erwerbungen zum Teil schon Jahrzehnte zurückgingen, waren die Preise gerade der wertvollsten Stücke weit unter ihrem damaligen Wert. Grosse und Kümmel haben von dieser Erlaubnis weitgehenden Gebrauch gemacht und haben dadurch eine Sammlung ostasiatischer Kunst zusammengebracht, die jetzt an Qualität sicher die beste öffentliche Sammlung dieser Art in Europa ist.

Ich hatte Gelegenheit, gleich im Frühjahr 1906 noch einer anderen Abteilung, dem Antiquarium, das Angebot einer in ihrer Art ganz einzigen Sammlung zu verschaffen, der Barberinischen Sammlung von etruskisch-phönikisch-römischen Bronzegefäßen und Schmucksachen. Aus dem Besitz des Principe[178] Barberini hatte sie einige Zeit vorher Elia Volpi erworben und sofort an einen Pariser Händler verkauft. Dieser hatte sich aber geweigert, sie zu übernehmen, da er bei der inzwischen ausgebrochenen Geldkalamität in Amerika keine Chance habe, die Sammlung dort zu verkaufen. Volpi mußte sich entschließen, sie zurückzunehmen und war daher froh, daß ich ihm bei meiner Anwesenheit in Florenz im April 1906 Aussicht machte, sie für Berlin zu erwerben. Leider wurden damals die etruskischen Arbeiten von Sachverständigen noch wenig geschätzt. Einzelne Stücke, wie der Bronzethron, die Opferbecken, die Elfenbeinzepter, mehrere Kisten sind ganz einzigartig. Die Schätzung Volpis wurde als zu hoch bezeichnet. Später hat der italienische Staat die Sammlung für 300000 Lire übernommen und dem Museo di Papa Giulio einverleibt.

Quelle:
Bode, Wilhelm von: Mein Leben. 2 Bde, 2. Band. Berlin 1930, S. 177-179.
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