Franz Marc 25.05.1911

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[54] BRIEF AN LISBETH MACKE


Sindelsdorf, 25. V. 11


Verehrte Freundin,


wir nahen uns heute hilfesuchend, – was denken Sie wohl dass wir brauchen? Irgend einen deutsch oder französisch parlierenden Menschen in – London, der uns dort in Wohnungsfragen und bei Verhandlungen vor dem – Standesamte (!) etwas helfen könnte. Erlassen Sie uns für den Moment die lange Erklärung, warum wir partout in London heiraten; wir kommen auf der Rückreise in ca. drei Wochen über Bonn zurück, dann plaudern wir einiges aus der Schule des Lebens. Wir reisen Samstag 27. V. nach Berlin, von da nach London.

Helmuth erzählt von einer Cousine von August, die dort eine Pension oder so etwas hat, – wäre das etwas für uns? (vor allem im Geldpunkt.) Oder kennen Sie irgend eine Persönlichkeit dort (lieber einen Herrn als eine Dame), die Sie bitten könnten, sich unser mit ein paar Ratschlägen anzunehmen? Mein Englisch steht auf zu schwanken Beinen, als dass ich mich allein dort zurechtfinden könnte, ohne Zeit- und Geldverlust. Bis jetzt habe ich noch keine sichere Adresse dort, an die ich mich wenden könnte. Wenn Sie etwas wissen, schreiben Sie es uns doch möglichst schnell nach Berlin, Adresse Frl. Maria Franck, Berlin W 2, Hinter der Katholischen Kirche 2.

Wir denken, ungefähr Mittwoch nach London zu fahren. Hoffentlich geht alles glatt, dass wir hübsch verheiratet in Bonn eintreffen. Nicht wahr, Sie tun uns, um Marias Familie willen, die Liebe, anderen nicht zu sagen, dass wir nicht in Berlin, sondern in London geheiratet haben? – Wenn August mir etwas in der Protestangelegenheit zu schreiben hat, so soll er ruhig nach Sindelsdorf schreiben (oder bis zum 29. V. an Marias Adresse in Berlin), Helmuth besorgt die Nachsendung meiner Post – wichtige Dinge aber alle direkt an Piper. Seid beide herzlich von uns gegrüsst.


Ihr ergebener Fz. Marc

Quelle:
Franz Marc, August Macke: Briefwechsel. Köln: DuMont, 1964., S. 54-55.
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