65 [60] Postkarte an Wassily Kandinsky

Berlin, 2.1.1912


L.K., Heute Vormittag waren wir bei Pechstein und Kirchner; bei denen weht wirklich künstlerische Luft. Ein Riesenmaterial für unsre Schwarz-Weiß-Ausstellung [2. Ausstellung Blauer Reiter, März 1912, d. Hrsg.], an der sie gern und ohne jede Prätention mittun. Ich schicke Ihnen mit gleicher Post eingeschrieben ein Bild von Pechstein, das ich unbedingt als Note in der Bl. R. Ausstellung Köln etc. haben möchte. Einfach mit schwarzer Leiste benageln! Wir können diese Ausstellung ruhig noch bereichern, nachdem die Glasbilder wegfallen. Ebenso schicke ich direkt von hier eine Holzfigur von Kirchner zur Ausstellung nach Köln, sehr lebendig, etwas afrikanisch, aber das macht nichts. Hoffentlich handle ich mit Ihrem Einverständnis; beiliegend Photos nach Kubista: Hartmann soll ihn unbedingt (mit Gruß von Kirchner) aufsuchen. Adresse: Prag, Myslikgasse, und womöglich ein paar Sachen mitbringen für den Bl. Reiter, überhaupt Verbindung herstellen, ebenso mit Filla (Freund von Kubista). Wegen Eintritt in die n. Sez. hab ich auch mit Pechstein und Kirchner offen geredet. Sie halten einen guten Einfluß für sehr wohl möglich und reden nicht im mindesten ab. Ausstellen tun sie trotzdem offenbar sehr gern mit uns. Der Katalog hat ihnen imponiert. – Morgen ist Vereinsversammlung; wenn Sie noch nicht geschrieben haben, schreiben Sie, daß Sie die Sache mir überlassen; ich wahre schon unsre Freiheit. Herzlich Ihr

F.M.

Quelle:
Franz Marc: Briefe, Schriften, Aufzeichnungen. Leipzig: Gustav Kiepenheuer, 1989, S. 60-61.
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