253 [208] Brief an Elisabeth Macke

Ostermontag 1915


Liebe Lisbeth, ... Campendonk ist jetzt auch Rekrut (in Augsburg), – jetzt ist wirklich alles auf den Beinen, zum letzten Gang in diesem grausigen Krieg. Uns ist das ewige Krachen und Donnern schon eine solche akustische Gewohnheit, daß man aufhorcht, wenn einmal ein, höchstens zwei Tage kommen, an denen es verstummt. Ich bin jetzt Vizewachtmeister und Zugführer, irgendein Punkt mit einem kleinen Kreis um sich, der zu ihm gehört in diesem deutschen Riesenheere. Ich bin gottlob und unberufen jetzt immer gesund und hoff's zu bleiben und Euch heil wiederzukommen. Mit herzlichem Händedruck Dein alter treuer Franz.


PS. Nachdem ich dieses Briefchen geschrieben, durchstöbere ich nochmals Dein Päckchen und finde zu meiner Überraschung zuunterst Deinen lieben Brief, den ich erst als Papierunterlage angesehen hatte ... Daß Walden, und nicht Cassirer, die Gedächtnisausstellung macht, finde ich schon gut. Walden ist nicht rein, aber Cassirer ist noch viel unreiner. Bei Cassirer ist es nur Geschäft, bei Walden spielt zweifellos ein Stück Begeisterung mit. Frage aber in dieser Sache vielleicht noch besser – Koehler. Seine Entscheidung wäre eigentlich ausschlaggebend. Wenn ich Dich recht verstehe, hat Walden Dich aufgefordert, bei ihnen zu logieren; er ist in dieser Beziehung ein guter Kerl, sie auch; aber genußreich ist es nicht. Dieser ständige ›Betrieb‹ in seinem Wesen und um ihn; und seine schwache Musik! Wenn Du eine Ausrede findest, benütze sie. Jedoch ist seine Aufforderung gewiß harmlos und gutherzig und gastfreundlich gemeint

Fz. M.

Quelle:
Franz Marc: Briefe, Schriften, Aufzeichnungen. Leipzig: Gustav Kiepenheuer, 1989, S. 208-209.
Lizenz:
Kategorien: