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[110] Gorze, Sonntag 17.X Karte II


Ich bleibe heut hier, werde morgen per Auto nach St. Bénoit, wo das Generalkommando ist, gebracht. Dort soll ich dann weiter Gelegenheit bekommen, meine Truppe wiederzufinden. Sie scheint nicht mehr ganz in dieser Gegend zu sein. Denn niemand weiß recht, wo sie steckt. Ich bin froh um diesen Tag hier. Es ist ein so entzückendes friedliches Dorf zwischen 2 hohen Hügeln, die ganz überzogen sind mit Gemüse-u. Obstgärten, jeder Garten durch eine kleine alte Mauer voneinander getrennt; man kann stundenlang dazwischen umherwandern. Alles ganz herbstlich, die Wälder rot. Ich muß an unser Rieder Gärtchen denken, pflanzt in diesem Herbst u. Winter ein paar Bäume u. ordentlich Büsche am Zaun, Johannsb. etc. u. Haselnuß. Meine Gedanken bedrängen mich jetzt oft, bis zum Kopfweh. Ich denke, es ist ganz gut, wenn ich wieder mal auf ein Pferd komme. Ich freu mich jedenfalls darauf. – Oberhalb der Gärten fand ich ein kleines Kapellchen und einige Grabstätten darum. Da liegen Soldaten aus der Schlacht b. Gorze 16. Aug. 1870, es wirkte ganz wehmütig. – Hier in Gorze liegen frische Infanterietruppen, seit 8 Tagen untätig, – ein Zeichen, daß man sie vorn noch gar nicht braucht! Sie sehnen sich hinaus u. dürfen nicht!

Beruhigend ist diese Tatsache unbedingt, die deutsche Sache steht gut! [...]

Quelle:
Franz Marc: Briefe, Schriften, Aufzeichnungen. Leipzig: Gustav Kiepenheuer, 1989, S. 110.
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