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[119] H. 13. Dez. [191]4


Liebste,

meine plötzliche Einsamkeit im leeren Dörfchen erzeugt eine ganz traumhafte Stimmung in mir; ich bin wie auf einer Insel; man weiß, daß draußen, am Horizont das riesige Leben ist, und man kann nicht zu ihm. Ich sitze viel in meiner Bude (Hieronymus im Gehäuse!) und schreibe wieder an einem neuen Aufsatz. Sorge bitte, daß ich durch[119] den Abdruck der Aufsätze nicht das Autorrecht verliere, sie nachher (ev. bei Piper oder Müller) gesammelt herausgebe. Die Schrift, an der ich hier noch arbeite, wird auch Aphorismusform bekommen, sodaß gut alles zusammen in einem Buch vereinigt werden kann [Aufzeichnungen und Schriften Nr. 30, d. Hrsg.]. Erkundige Dich mal darüber, eventuell bei Delius, der sich wohl darin auskennen wird. Weihnachts-Urlaub ist ausgeschlossen, aber 8. Februar komme ich. Ich sehne mich jetzt oft schrecklich nach Hause, aber man muß tapfer bleiben. Monate zählen heute nicht. Bleib nur gesund und frisch, dann ist alles gut. – Draußen ist ein elendes Schweinewetter; meine Kameraden haben's nicht gut. Und ich sitz hier gemütlich im Trocknen; ich hab halt ›Glück‹, wird Maman sagen! Kuß D. Fz.

Quelle:
Franz Marc: Briefe, Schriften, Aufzeichnungen. Leipzig: Gustav Kiepenheuer, 1989, S. 119-120.
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