80.

[208] Das geistige Kopfleben kennt dieselben Ansteckungsherde und Bazillenträger wie das Rumpfleben der physiologischen Welt, das nur das Paradigma des Geistes ist.

Mit listiger Verschlagenheit redet man aber immer von der Ansteckungsgefahr, die dem Neuen, Ungewohnten, der unbewohnten Zukunft anhaften soll, ein vielgeglaubter Satz der Zurückstehenden, murmelnden Menge. Man fragt die Mediziner nicht einmal, wie unmöglich dieses sei und wie gewiß sein Gegenteil.

Nur in Zerfallsprodukten, in der Zersetzung des Alten lauert dem Geist Gefahr. Zwischen frischen, nackten, neuen Dingen ist noch kein Geist verseucht und erkrankt.

Wer lebt heute zwischen frischen Dingen?

Was ist Reinheit?

Quelle:
Franz Marc: Schriften. Köln: DuMont, 1978, S. 208.
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