νέμεσις

[239] νέμεσις, , ep. auch bes. dat. νεμέσσει, eigtl. von νέμω, das Zutheilen des Gebührenden, Plut. Symp. 8, 2, 2; – 1) der gerechte Unwille, den man über ein Unrecht, etwas Ungebührliches, Unschickliches empfindet, Entrüstung und ausgesprochener Tadel, bes. Unwille über unverdientes Glück oder unwürdigen Gebrauch desselben, nach Arist. Eth. 2, 7, 15 als Tugend in der Mitte stehend zwischen φϑόνος, Reid, und ἐπιχαιρεκακία, Schadenfreude, vgl. rhet. 2, 9; neben χόλος, Il. 6, 335; νέμεσις δέ μοι ἐξ ἀνϑρώπων ἔσσεται, Od. 2, 136, vgl. 22, 40; die Rache, Ahndung der Götter, τὰν ϑεῶν νέμεσιν ἐκφυγών, Soph. Phil. 514. 598; Eur. Gr. 1362. Auch Mißgunst, Neid, τί τάδε νέμεσις στυγεῖ, Aesch. Spt. 217; Soph. Phil. 514; Eur. Or. 1362; auch Strafe, μετῆλϑεν αὐτὸν ἡ ἐκ τοῦ νόμου ν., Ael. V. H. 6, 10. – 2) das was gerechten Unwillen verdient, der Gegenstand gerechten Unwillens; οὐ νέμεσις, man darf es nicht übel nehmen, nicht tadeln, es ist nicht zu mißbilligen, zu verdenken, c. inf., οὐ γάρ τις νέμεσις φυγέειν κακόν, Il. 14, 80 Od. 1, 350. 20, 330; acc. c. inf., οὐ νέμεσις, Τρῶας καὶ ἐϋκνήμιδας Ἀχαιοὺς τοιῇδ' ἀμφὶ γυναικὶ πολὺν χρόνον ἄλγεα πάσχειν, Il. 3, 156; εἰ δ' ἔπεστι νέμεσις, οὐ λέγω, wenn man nicht darf, si nefas est, Soph. El. 1459; O. C. 1750. – Daher auch 3) Unwille über ein selbstbegangenes Unrecht, Scheu vor strafwürdigen Handlungen, Ehr- und Rechtsgefühl; ἐν φρεσὶ ϑέσϑε ἕκαστος αἰδῶ καὶ νέμεσιν, Il. 13, 122, vgl. ὃς ᾔδη νέμεσιν καὶ αἴσχεα πόλλ' ἀνϑρώπων, Il. 6, 351. – Personificirt, Nemesis, bei Hes. O. 202 neben Αἰδώς, die sittliche Scheu; nach Hes. Th. 223 ist sie die Tochter der Nacht. – Bei den Folgenden wie den Tragg. ist sie die Glück und Recht gleich vertheilende Göttinn, die bes. das Uebermaß im Menschenleben haßt und aufhebt, den aus großem Glück entstehenden Uebermuth der Menschen bestraft und überhaupt darauf sieht, daß der Mensch sich nicht überhebe und nicht über die ihm von der Gottheit gesteckten Gränzen hinausgehe; φυγόντες ὑπέρδικον Νέμεσιν, Pind. P. 10, 44; Aesch. frg. 244; Soph. El. 782. Vgl. Mesomed. hymn. auf die Nemesis.

Quelle:
Wilhelm Pape: Handwörterbuch der griechischen Sprache. Braunschweig 31914, Band 2, S. 239.
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