Wahrheit und Unwahrheit

[33] Die Götter und Dämonen beide, die Nachkommen des Prajâpati, traten das Erbe ihres Vaters an: die Rede, wahr und unwahr, Wahrheit und Unwahrheit. Sie sprachen beide die Wahrheit, sie sprachen beide die Unwahrheit. Weil sie beide in gleicher Weise sprachen, waren sie auch gleich.

Die Götter gaben die Unwahrheit auf und hielten sich an die Wahrheit; die Dämonen gaben die Wahrheit auf und hielten sich an die Unwahrheit.

Da überlegte die Wahrheit, die in den Asuras wohnte: ›Die Götter haben die Unwahrheit aufgegeben und sich an die Wahrheit halten wollen: wohlan, ich will dahin gehen.‹ Sie ging zu den Göttern.

Die Unwahrheit aber, die in den Göttern wohnte, überlegte: ›Die Asuras haben die Wahrheit aufgegeben und sich an die Unwahrheit halten wollen; ich will dahin gehen.‹ Sie ging zu den Asuras.

Die Götter sprachen ganz die Wahrheit, die Asuras ganz die Unwahrheit. Die Götter, die beständig die Wahrheit sprachen, wurden scheinbar geringer und ärmer. Darum wird einer, der ständig die Wahrheit spricht, scheinbar geringer und ärmer; aber schließlich gedeiht er; denn die Götter gediehen schließlich.

Hingegen die Asuras, die beständig die Unwahrheit sprachen, glänzten wie Salzboden äußerlich, wurden scheinbar reich. Darum glänzt äußerlich der, der beständig die Unwahrheit spricht, wie Salzboden, wird scheinbar reich. Aber schließlich versagt er; denn es versagten die Asuras.


(IX, 5, 1, 12 ff.)

Quelle:
Upanishaden. Altindische Weisheit aus Brâhmanas und Upanishaden. Düsseldorf/Köln 1958, S. 33.
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