[146] Kena-Upanishad 1–2.
1.
»Von wem gesandt, fliegt ausgesandt das Manas hin?
Von wem zuerst geschirrt, streicht hin der Odem?
Wer schickt die Rede aus, die wir hier reden?
Wer ist der Gott, der anschirrt Ohr und Auge?«
2.
Des Hörens Hören und des Denkens Denken,
Der Rede Reden – sie ist Hauch des Hauchs nur, –
Des Auges Seh'n, – der Weise lässt sie fahren
Und wird, hinscheidend aus der Welt, unsterblich.
3.
»Das, bis zu dem kein Aug' vordringt,
Nicht Rede und Gedanken nicht,[146]
Bleibt unbekannt, und nicht sehn wir,
Wie einer es uns lehren mag!«
3b.
Verschieden ist's vom Wissbaren,
Und doch darum nicht unbewusst! –
So haben von den Altvordern
Die Lehre überkommen wir.
4.
Was unaussprechbar durch die Rede,
Wodurch Rede aussprechbar wird,
Das sollst du wissen als Brahman,
Nicht jenes, was man dort verehrt.
5.
Was durch das Denken undenkbar,
Wodurch das Denken wird gedacht,
Das sollst du wissen als Brahman,
Nicht jenes, was man dort verehrt.
6.
Was durch das Auge unsehbar,
Wodurch man auch das Auge sieht,
Das sollst du wissen als Brahman,
Nicht jenes, was man dort verehrt.
7.
Was durch die Ohren unhörbar,
Wodurch man auch das Ohr vernimmt,
Das sollst du wissen als Brahman,
Nicht jenes, was man dort verehrt.
8.
Was man durch Riechen nicht wahrnimmt,
Wodurch das Riechen wird gewirkt,
Das sollst du wissen als Brahman,
Nicht jenes, was man dort verehrt.
9. Wenn du [in der erwähnten Weise das Brahman verehrend] vermeinst, dass du es wohl kennest, so ist das trügend; auch so kennst[147] du von Brahman nur die Erscheinungsform, was von ihm du [als verehrendes Subjekt] bist und was von ihm unter den Göttern [als Objekt der Verehrung] ist. Du musst es also noch weiter erforschen.
»Ich meine doch, es zu wissen!
10.
Zwar weiss ich es nicht ganz, doch auch
Nicht weiss ich, dass ich es nicht weiss!
Wer von uns etwas weiss, weiss es,
Nicht weiss er, dass er es nicht weiss.«
11.
Nur wer es nicht erkennt, kennt es,
Wer es erkennt, der weiss es nicht, –
Nicht erkannt vom Erkennenden,
Erkannt vom Nicht-Erkennenden!
12.
In wem es aufwacht, der weiss es
Und findet die Unsterblichkeit;
Dass er es selbst ist, gibt Kraft ihm,
Dass er dies weiss, Unsterblichkeit.
13.
Wer ihn hienieden fand, besitzt die Wahrheit,
Wer ihn hier nicht fand, dem ist's gross Verderben.
In jedem Wesen nimmt ihn wahr der Weise
Und wird, hinscheidend aus der Welt, unsterblich.
Buchempfehlung
Am Heiligen Abend des Jahres 820 führt eine Verschwörung am Hofe zu Konstantinopel zur Ermordung Kaiser Leos des Armeniers. Gryphius schildert in seinem dramatischen Erstling wie Michael Balbus, einst Vertrauter Leos, sich auf den Kaiserthron erhebt.
98 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.
430 Seiten, 19.80 Euro