Nachträge.

[583] 7425. Was man nicht thun soll, das thue man nicht, ständen Einem auch die Lebensgeister schon in der Kehle; was man aber thun soll, das thue man, ständen Einem auch die Lebensgeister schon in der Kehle (um hinauszufahren).

7426. Arme Menschen ohne einen Heller sieht man ein hohes Alter erreichen und in einem reichen Geschlecht Geborene gehen wie Lichtmotten zu Grunde.

7427. Wenn in dem, der sonst nicht zürnt, sich der Zorn erhebt, dann richtet dieser Alles zu Grunde: dadurch, dass Râma vor Zorn entbrannte, ward das Meer gefesselt.

7428. Ein Brandstifter, ein Giftmischer, wer ein Schwert in der Hand hält, ein Dieb, ein Acker- und ein Frauen-Entwender: diese sechs, sind ja Mörder.

[583] 7429. Feuer versengt durch seine Gluth, die Sonne durch ihre Strahlen, ein Fürst durch Strafen, ein Brahmane durch seine Kasteiungen.

7430. Mit leerer Hand soll man nicht zum heiligen Feuer treten, nicht in ein Haus, nicht auf einen Acker, nicht zu einer Schwangeren, einem Greise, einem Knaben, einem Fürsten, einer Gottheit und einem Lehrer.

7431. Habe ich die vier Veda vor mir und Bogen und Pfeil hinter mir, so vermag ich Beides: zu fluchen und zu schiessen.

7432. Der Staub einer Ziege, eines Esels und eines Besens, die Menses der Frauen und der Staub der Füsse könnten sogar Indra um seine hohe Stellung bringen.

7433. Der Staub einer Ziege, Beischlaf beim Mondwechsel, der Rauch auf einer Leichenstätte, das Essen in einem Kloster und das Anblicken der Augen einer menstruirenden Frau bringen Einen um die am Tage vollbrachten guten Werke.

7434. Durch vieles Gehen entsteht allmählich ein guter Pfad in einem grossen Walde; so erlangt man auch allmählich Kenntnisse durch fleissiges Studium des Veda und so kommt man auch über einen Berg.

[584] 7435. Dass Reichthümer mit allzugrossen Beschwerden, Freuden mit allzugrosser Habsucht und ein Lebensunterhalt mit der Bedrückung Anderer erkauft würde, kommt bei Guten nicht vor.

7436. Bei grossen Beschwerden guten Muth zu haben und allmählich Alles zu ertragen, sind, wie man weiss, die zwei Hauptursachen, dass Heere einen Sieg erlangen.

7437. Ein Gast, ein Kind, das Weibervolk, ein Fürst und als fünfter ein Schwiegersohn wissen nicht, was Geld ist.

7438. Karṇa ging durch zu grosse Freigebigkeit zu Grunde, Sujodhana durch zu grosse Habsucht, der zehnköpfige Râvaṇa durch zu grosse Lüsternheit: das Zuviel vermeide man überall.

7439. Diejenigen, die zu allzugrossem Glück gelangten, müssen fürchten wieder zu fallen: die allzu hohen Gipfel des Meru hat Indra's Donnerkeil herabgeschmettert.

7440. Durch den Fehler des Nichtspendens wird man arm, durch das Gebrechen der Armuth verübt man Böses, durch das Böse fährt man nothwendig zur Hölle; dann wird man abermals arm und abermals ein Uebelthäter.

[585] 7441. Verloren ist ein Brandopfer in einem nicht flammenden Feuer, verloren ein Niessbrauch ohne Zeugen, verloren ein Mädchen, durch das man seinen Lebensunterhalt bezieht, verloren das Kochen für die eigene Person.

7442. Verloren ist Wissen durch Nichtstudium, verloren sind Weiber durch beständiges Lachen, verloren ist ein Acker durch schlechten Samen, verloren sind Fürsten durch die Fehler ihrer Diener.

7443. Der Fürst ist die Zuflucht aller Schutzlosen, Armen, Kinder, Greise, Asketen und aller ungerechter Weise Bedrückten.

7444. Man geht zu Grunde, wenn Niemand, ein Kind, ein Weib oder Viele das Regiment über Einen führen.

7445. Eine vorzüglichere Gabe als eine Gabe von Speisen hat es nicht gegeben und wird es auch nicht geben: Speise hält diese ganze Welt mit allem Beweglichen und Unbeweglichen zusammen.

[586] 7446. Die Kraft der Männer wurzelt in der Speise und das Leben wurzelt in der Kraft; darum soll ein geschickter Arzt die Kraft mit aller Sorgfalt erhalten.

7447. Wer in seiner eigenen Sache sehr geschickt ist, kann in anderen Sachen dumm sein; so versteht, o sieh, ein Säugling nichts Anderes als an der Mutterbrust zu trinken.

7448. Wenn man der Pflicht des Spendens mit unrechtmässig erworbenem Gelde genügt, so rettet dieses nicht den Geber aus einer grossen Gefahr.

7449. Wenn man durch keines der drei anderen Mittel (gute Worte, Geschenke und Veruneinigung) sein Ziel zu erreichen vermag, erst dann ist, wie Weise sagen, die zu Gewaltmitteln geeignete Zeit gekommen.

7450. Zusammensein mit Unlieben und Getrenntsein von den Geliebtesten, Vortheil und Schaden, Freuden und Leiden richten sich nach dem Schicksal.

7451. Steine schwimmen auf dem Wasser, Râkshasa werden von Menschen getödtet, Affen vollbringen ein grosses Werk: krumm sind die Wege der allmächtigen Zeit!

[587] 7452. Das Wissen hängt vom Studium ab, die Einsicht von vorangegangenen Werken, Wohlstand von Fleiss und der Lohn vom Schicksal.

7453. Der Thörichte, der einen Feind, einen Freund, einen Gleichgiltigen, einen Neutralen, einen alten Mann und einen Lehrer nicht als solche erkennt, geht überall zu Grunde.

7454. Ein Bedürftiger, ein Kranker, ein Einfaltspinsel, ein in der Fremde Lebender und ein Diener sind in Wirklichkeit todt, obgleich sie leben: alle fünf kennen nur Leiden.

7455. Eine solche Befriedigung, wie sie ein Bittender durch eine alsbald gereichte Gabe empfindet, vermag eine lange nachher gereichte grosse Gabe nicht zu bewirken.

7456. Bei geringem Vermögen viel auszugeben schickt sich eben so wenig, wie die Beine auszustrecken, wenn man in ein abgetragenes Gewand gehüllt ist.

[588] 7457. Man ehrt, o Fürst, die Stellung, nicht den Leib der Menschen: ehemals durchzog Râma den Wald, jetzt ist er Fürst geworden.

7458. Welcher Unterschied besteht zwischen einem urtheilslosen Fürsten und der Nacht, da hier und da die Verschiedenheiten nicht erkannt werden und da beide jegliches Licht verschwinden machen?

7459. Ein von Kräften gekommener Dieb wird ein guter Mensch, ein hässliches Weib ist dem Gatten treu, ein Kranker ist gottesfürchtig, eine alt gewordene Hure wird eine Betschwester.

7460. Einem mit Pferden bespannten Wagen, einem brünstigen Elephanten, Kühen, die vor Kurzem gekalbt haben, und einer Sclavin aus einem Gynaeceum gehe man von Ferne aus dem Wege.

7461. Man gebe den Verkehr mit Bösen auf und pflege Verkehr mit Guten: dafür, dass Mâṇḍavja mit Bösen verkehrte, ward er auf einen Pfahl gespiesst.

[589] 7462. Wem ergeht es nicht schlimm, wenn er mit einem Schlechten verkehrt? In der Hand einer Schenkwirthin gilt sogar Wasser für Branntwein.

7463. Durch die Berührung mit Schlechten sinken Gute: sogar ein ebener Weg wird in Folge von Finsterniss uneben.

7464. Wi.e können wir, nachdem wir erkannt haben, dass die Schönheit unserer äusseren Erscheinung wie eine Blume in einem Augenblick vergeht, stets nur an Schlaf und Essen denken?

7465. Schonung aller Wesen, Wahrhaftigkeit, das Nichtstehlen, Freigebigkeit und Keuschheit, auf diesen fünf Worten beruhen alle Tugenden.

7466. Ein Haus ohne Gold, ohne Sclavinnen, ohne Milch, aber mit einem widerspänstigem Weibe ist eine andere Art von Hölle.

7467. O wie ähnlich ist die Natur des Schleimes und des Bösewichts: durch Süsses werden sie aufgeregt, durch Bitteres beruhigt.

[590] 7468. Der Lohn guter Sitten ist Tugend und Reichthum, durch gute Sitten gelangt man zu einer hohen Stellung, gute Sitten verscheuchen Unglück.

7469. Wenn Jemand einen ihm nach dem Leben trachtenden, auf ihn zukommenden Mann, wäre dieser auch ein vollkommen geschulter Theolog, zu tödten sucht, so wird er dadurch zu keinem Brahmanenmörder.

7470. Ein Kranker, ein Kind, ein Greis und derjenige, der fremde Bräuche beobachtet, braucht kein Gelübde zu beobachten: dies ist ein ewiges Gesetz.

7471. Wer seine eigene Schwäche nicht kennt, sieht die Schwächen Anderer; wer aber seine eigene Schwäche kennt, sieht nicht die Schwäche eines Andern.

7472. Eigener Verstand schafft Freuden, vor Allem aber des Lehrers Verstand, fremder Verstand bringt Verderben, der Frauen Verstand bewirkt Vernichtung.

[591] 7473. Zuerst wende ein Vater sein Augenmerk auf den Freier selbst, darauf auf dessen Vermögen und schliesslich auf sein Geschlecht. Wenn am Freier selbst ein Fehler haftet, was nützt alsdann sein Reichthum und sein Geschlecht?

7474. Trägheit raubt Einem die Einsicht, das Vermögen, die Lebensdauer, den Ruhm und die Kraft; in wem diese Trägheit haust, der ist ein Sammelplatz für alle Gebrechen.

7475. Wen die Hoffnung zu ihrem Sclaven gemacht hat, der ist ein Sclave aller Menschen; wer aber die Hoffnung zu seiner Sclavin gemacht hat, zu dessen Sclavin wird die ganze Welt.

7476. Wer seine Sinne besiegt hat, der hat die Welt erobert; wer aber den Sinnen unterlag, der ist in allen Dingen besiegt.

7477. Am höchsten steht das selbsterworbene Vermögen, in der Mitte das vom Vater erhaltene, am niedrigsten das vom Bruder kommende, am allerniedrigsten aber das von einer Frau kommende.

[592] 7478. Ein hoch Stehender stösst auf Hindernisse, ein niedrig Stehender ist ein Gefäss der Leiden; darum ist der in mittleren Verhältnissen Lebende der beste, da er zu Allem tauglich ist.

7479. Wer kommt durch den Verkehr mit den Besten nicht hoch zu stehen? Gräser trägt man zugleich mit den durch sie gebundenen Blumen auf dem Haupte.

7480. Wenn ein Geliebter, die Geliebte bei den Haaren packend, ihr Gesicht aufrichtet und sie gewaltsam küsst, dann lasse ich die mit leiser Stimme gesprochenen Worte der Grollenden »he, he, lass mich, nicht sollst du mir« hoch leben.

7481. Ein guter Mensch ist stets darauf bedacht seiner Natur gemäss allen Menschen Hilfe zu leisten; trotzdem verursacht, o Wunder, ein solcher Edelmuth Tag und Nacht ein schweres Herzeleid bösen Menschen.

7482. Ein Dienst, den wir Gemeinen erweisen, bringt uns nur Schaden: Genuss von Milch vermehrt nur das Gift der Schlangen.

7483. Wenn ein furchtbares Ungemach bevorsteht, dann ziemt es sich, dass kluge Männer zu ihrer eigenen Rettung ihre Kleider im Stich lassen und fliehen.

[593] 7484. Es naht die Upodakî mit ihrem Minister Tintiḍî, darum ergreifet rasch die Flucht, ihr anderen Gemüse, da ihr eurem Namen nur Schande macht!

7485. Gârgja pries die Morgenröthe, Bṛhaspati ein gutes Omen, Mâṇdavja den Sieg über das Herz, Kṛshṇa einen Ausspruch der Brahmanen.

7486. Schulden, das Betteln, das Greisenalter, ein Nebenmann, ein Dieb, Armuth, Krankheit und ein Speiserest, diese acht bezeichnet man als schlimm.

7487. Es heisst, dass es besser sei eine Schuld zu tilgen als eine Missethat, da eine Missethat Einen im künftigen Leben versengt, das Feuer einer Schuld aber sowohl hier als jenseits.

7488. Man soll von einem Freunde kein Geld borgen und auch ihm nicht borgen, da man wissen muss, dass eine Schuld wie eine Scheere die Freundschaft zerschneidet.

7489. Vieh, eine Gattin, Kinder und ein Haus er scheinen als eine Reihe von Schulden. Gehen sie zu Grunde, so ist auch die Schuld getilgt; wie dürfte man darüber wehklagen?

[594] 7490. Eher wird man Blüthen an einem Feigenbaum, eher einen weissen Raben oder einen Fischfuss im Wasser gewahr werden als das, was in einem Weiberherzen verborgen ist.

7491. Wie eine Decke von Dornen es unmöglich macht, dass man der Früchte eines Fruchtbaums habhaft wird, so macht auch der Verkehr mit Bösen den Verkehr mit Guten unmöglich.

7492. Feuer ist in einem Pisangwalde von geringer Macht: was wird ein vorzüglicher Mann an einem von dummen Menschen bewohnten Orte ausrichten?

7493. Durch den Genuss der Milch einer bräunlichen Kuh, durch einen geschlechtlichen Umgang mit einer Brahmanin und durch Erwägung der Worte in der heiligen Schrift wird ein Çûdra zu einem Ḱaṇḍâla.

7494. Zu rasches Verfahren bei einer Angelegenheit wird stets getadelt: dadurch, dass Bhîma zu rasch zu Werke ging, gerieth er in die Gewalt einer Schlange.

[595] 7495. Die allmächtige Zeit bewirkt es, dass ein Same aufgeht und dass eine Frucht erscheint; die Zeit ist es ja, die die Schöpfung werden und vergehen lässt.

7496. Zu rechter Zeit muss man mit seinen Feinden Frieden schliessen und mit seinen Freunden kämpfen: ein Kluger richtet sich nach den Umständen und wartet ruhig die Zeit ab.

7497. Wenn Bösewichter hier im Leben für den Augenblick, wie man es erwarten kann, keinen Vorzug an dir gelten lassen, hättest du auch ein schönes Gedicht verfasst; so schreibe es dennoch (was kann es schaden?) der guten Menschen wegen. Wird man aus Furcht vor einer Laus ein Untergewand für immer ablegen?

7498. Ist der Mond die Blüthe irgend eines Baumes im Himmel? Und wie heissen, o Mutter, die Pflanzen, welche Perlen als Beeren tragen?

7499. Was nützt ein hoher Stamm? In Ehren steht der tugendhafte Mann. Was wird ein Bogen, wäre er auch aus reinem Stamme gemacht nützen, wenn ihm die Sehne (Tugend) fehlt?

[596] 7500. Warum erblicktest du das Licht der Welt an einem Kreuzwege? Warum hülltest du dich in dichten Schatten? Warum trugst du Früchte, da du verhüllt warst? Warum neigtest du dich, als du mit Früchten reich gesegnet warst? Für dein eigenes schlechtes Benehmen musst du jetzt, o guter Baum und lieber Freund, es ruhig dulden, dass die Leute die Spitzen deiner Aeste an sich ziehen, schütteln, abreissen und zerbrechen.

7501. »Wie tief ist das Wasser, o Brahmane?« »Bis zu den Knieen, o Fürst!« »Und dennoch diese deine Lage?« »Nicht Alle sind ja eures Gleichen«.

7502. Wie käme ein Undankbarer zu Ruhm, wie zu einer Stellung, wie zu Freuden? Einem Undankbaren darf man ja nicht trauen; für den Undankbaren giebt es keine Sühne.

7503. Wie käme ein Unglücklicher zum Schlafe? Wie ein Hungriger zu Behagen? Wie ein Armer zu Freuden? Wie ein Bösewicht zur Nachsicht?

[597] 7504. Ein Löwe darf trotz seiner Magerkeit nicht in gleiche Reihe mit stattlichen Elephanten gestellt werden, da Muth mehr bedeutet als eine Masse von Knochen: viele Elephantenrudel im Walde verlassen auf das Gebrüll des Löwen den Wald.

7505. Für den, der das Feld bearbeitet, giebt es keine Hungersnoth; für den, der da betet, keine Sünde; für den, der da schweigt, keinen Zank; für den, der da wacht, keine Gefahr.

7506. Einige behaupten, dass ein Mann ohne Geld am tiefsten stehe, Andere sagen, dass ein Mann ohne Vorzüge am tiefsten stehe, der Dichter Dhojin aber erklärt, dass derjenige Mann am tiefsten stehe, der nicht Nârâjaṇa's gedenkt, sollte er auch alle die verschiedenen Lehrbücher kennen.

7507. Wer weiss es, wann für ihn die Todesstunde kommen wird? Schon heute befleissige man sich des Guten, da das Leben nicht ewig währt.

7508. Allmählich berstet der Erdboden durch Wasser, allmählich gelingt eine Sache durch gutes Benehmen, allmählich wird ein Feind durch Hinterlist aus dem Wege geräumt, allmählich erlangt man die Erlösung durch gute Werke.

[598] 7509. Allmählich berstet ein Berg durch Wasser, allmählich wächst Auch ein Ameisenhaufe, allmählich erlernt man eine Wissenschaft durch gutes Benehmen, allmählich erlangt man die Erlösung durch Kasteiungen.

7510. Einen grausamen, schlechten Neigungen fröhnenden, habsüchtigen, unentschlossenen, stets redlichen, Nichts einnehmenden und viel ausgebenden Mann soll man nicht in die Fürstenwürde einsetzen.

7511. Der Zorn ist ein schwer zu besiegender Feind, die Habsucht eine nimmer weichende Krankheit. Gut heisst derjenige, welcher das Wohl aller Wesen fördert, schlecht aber heisst der Mitleidlose.

7512. Woher soll die Speise kommen, wenn man beständig isst? Wie sollten Kranke Freuden haben? Wie sollte im Hause dessen, der ein unzufriedenes Weib hat, ein Fest sich ereignen?

7513. Gemeine Menschen machen es wie das liebe Vieh: ohne alle Veranlassung legen sie gegen Einen in diesem Augenblick eine Abneigung, im nächsten eine Zuneigung an den Tag.

[599] 7514. Wem es um seine Wohlfahrt zu thun ist, der schätze einen Krieger, eine Schlange und einen gelehrten Priester nimmer gering, wären diese auch schwach.

7515. Nur so lange, als sie Etwas zu essen bekommen, sind die Verwandten da: in der kühlen Jahreszeit würdigt eine Biene eine Lotuspflanze nicht einmal eines Seitenblickes.

7516. Das Himmelszelt, das Meer und der Kampf zwischen Râma und Râvana lassen sich nur mit sich selbst vergleichen.

7517. Wer von einer Gesellschaft Etwas nimmt, gewinnt; wer einer Gesellschaft Etwas giebt, verliert; der Gesellschaft aber gilt es in beiden Fällen gleich viel.

7518. Καὶ τὸ ἀγαϑὸν, κακὸν γίνεται, ὅταν ἀντίξους ᾖ ἡ τύχη ὅταν δ᾽ ἡ τύχη βοηϑῇ, καὶ τὸ κακὸν, ἀγαϑὸν δίνεται.

Galanos.

[600] 7519. Unter allen Gewichtigen ist eine Mutter die allergewichtigste; eine Mutter ist gewichtiger als die Erde und so ist auch ein Vater höher als das Himmelszelt.

7520. Kühe, Brahmanen, Götter, treue Frauen, Wahrhaftige, Genügsame und Freigebige, diese sieben tragen die Erde.

7521. Milch wird durch einen Tropfen Kuhharn unbrauchbar, während hundert Theile Kuhharn der Buttermilch keinen Schaden bringen: Reine gerathen durch die kleinsten Vergehen in Ungemach, während hundert Vergehen bei Bösewichtern Nichts bedeuten.

7522. Er zerbreche einen Krug, zerreisse sein Kleid oder reite auf einem Esel; geschehe es auf diese oder jene Weise, aber bekannt muss ein Mann werden.

7523. Wenn Einer diese von vier Meeren begrenzte Erde schenkt und ein Anderer sich des Fleischgenusses enthält, so gilt dieses nach der Meinung der Weisen für gleich.

[601] 7524. Πρὸς μὲν τοὺς κακοὺς ὅ, τι ἄν ἀγαϑὸν ποιήσῃ ὁ ἄνϑρωπος, τοῦτο εὐϑέως ἀϕαϖίξεται, ὡς ἡ ἐν ὕδατι γραμμή πρὸς δὲ τοὺς ἀγαϑοὺς, κᾂν μικρόν τι τοιήσῃ τοῦτο διαμέϖει, ὡς ἡ ἐν πέτρᾳ γραμμή.

Galanos.

7525. Ich kenne, o Schlange, deine Macht; du zischest, weil du an Çiva's Halse hängst. Die Stellung gilt mehr als die Kraft: sogar ein Feigling wird zum Löwen, wenn er eine hohe Stellung einnimmt.

7526. Es verwirrt sich der Verständigen Zunge, es verwirrt sich der Fuss eines Elephanten, es flieht sogar Bhîma in der Schlacht und es verwirrt sich der Asketen Verstand.

7527. Dieses Strahlen des Mondes ist nur so lange von Bedeutung, als die Sonnenscheibe nicht aufgeht. Ist dieser Behälter alles Lichts aufgegangen, so kann man den Mond von einem weissen Wolkenstreif nicht mehr unterscheiden.

[602] 7528. Eine Wasserrose ist wie dein Gesicht und dein Gesicht wie eine Wasserrose: wie könnten wir dich ausfindig machen, wenn du dich in eine Lotusgruppe verstecktest?

7529. Die Strafe eines Diebes ist der Tod, die Strafe einer Sclavin das Scheeren des Kopfhaares, die Strafe einer Gattin ein einsames Lager, die Strafe eines Freundes aber, dass man nicht mit ihm spricht.

7530. Man meide einen allzustrengen Herrn, noch mehr als diesen aber einen geizigen, noch mehr als diesen einen solchen, der keine Einsicht besitzt, noch mehr als diesen aber einen undankbaren.

7531. Wer Entsagung übt, geht zum Himmel ein; wer keine Entsagung kennt, fährt zur Hölle; demjenigen, der entsagt, erscheint Alles leicht; Entsagung entfernt ja alles Ungemach.

7532. Dass Entsagung alles Ungemach entferne, ist eine auf Erden allgemein angenommene Unwahrheit: über mich ist alles Ungemach gekommen, weil ich dieser Schönäugigen entsagte.

[603] 7533. Dein Gesicht, o Schlankleibige, lässt sich nur mit deinem eigenen Gesicht vergleichen, deine Augen nur mit deinen eigenen Augen, deine Gestalt nur mit deiner eigenen Gestalt, du selbst nur mit dir selbst.

7534. Hübsche Einfaltspinsel und reiche Leute ohne Vorzüge sieht man schon aus der Ferne wie blühende Ki çuka.

7535. Nichts auf Erden fällt Einem, o Lieber, schwerer als das Geben, da die Gier nach Reichthümern heftig ist und diese nur mit Mühe gewonnen werden.

7536. Im Augenblick, wo eine Wolke ihr Wasser spenden soll, zeigt sie, wie es aller Welt bekannt ist, ein finsteres Gesicht; hat sie aber all ihr Wasser der Erde gespendet, dann wird ihr Gesicht klar und rein.

7537. Wer sich zähmt und der inneren Ruhe sich befleissigt, der empfindet keine Leiden und härmt sich auch nicht, da er seinen Geist im Zaum hält, wenn er bei Andern Wohlfahrt erblickt.

7538. Armuth, Krankheit, Leiden, Gefängniss und Unglück: dies ist der Lohn dessen, der nicht spendet; darum steht das Spenden so hoch in Ehren.

[604] 7539. Eine Sclavin, ein Diener, ein Sohn, ein Freund, ein Haus, ein Gespann und Ueberfluss an Geld und Korn, diese acht bezeichnet man als Genüsse.

7540. Eine Sclavin richtet den Mann von Ehre zu Grunde, eine Buhldirne den reichen Mann, eine Wittwe die Lebensdauer, ein fremdes Weib den ganzen Mann.

7541. Einen Stier mit langen Hörnern, eine verwittwete Frau und einen gelehrten Çûdra soll man schon aus der Ferne meiden.

7542. Wer kein klares Verständniss für Leiden, Hilfe und guten Wandel hat, dessen Seele trägt für Nichts und wieder Nichts einen Leib, den Behälter für Krankheiten.

7543. Zuerst muss man einem bösen, darauf erst einem guten Manne Ehre erweisen: zuerst reinigt man die Füsse, darauf erst das Gesicht.

7544. Ein Bösewicht, Gold, eine Pauke, ein böses Weib, ein störriges Pferd, Zuckerstengel, Sesamkörner und Çûdra werden besser durch Reiben (strenge Behandlung).

[605] 7545. Wer mit einem schlechten Menschen Freundschaft schliesst, nimmt dessen Eigenschaften an: sogar Milch wird zu Gift, wenn es mit Gift zusammen steht.

7546. Ἐν ὁμιλίᾳ κακῶν ἀνϑρώπων καὶ ὁ ἀγαϑὸς ἄνϑρωπος, κακὸς γίνεται παραδείγματος χάριν, τὸ ὕδωρ καϑαρὸν μέν ἐστιν ἐκ ϕύσεως ϑολὸν δὲ γίνεται ἐκ μίξεως χοός.

Galanos.

7547. Vor Vieren verbeuge ich mich: vor dem, der in einer Hungersnoth uns Brod reicht, vor dem, der in einem guten Jahre uns Gold spendet, vor dem Helden in der Schlacht und vor dem ehrlichen Schuldner.

7548. Râma, ein Mann, wie er früher nicht dagewesen war, ist über das schwer zu durchschiffende Meer geschifft, hat ein Heer von Affen zusammengebracht und eine Brücke über's Meer geschlagen.

7549. Einer, der nicht zu rechter Zeit bei der Hand ist, ist nicht besser[606] als in der Ferne weilende Freunde, als lieblose Angehörige und eine Geliebte im Bilde.

7550. Wer Andere entehrt, wer keinen Beruf hat, ein gemeiner und ein nachtragender Mann, diese vier sind ihren Werken nach Kândâla, der Ḱândâla von Geburt ist der bessere.

7551. Wie, hast du ihn gesehen, o Schöne? Was macht er? Erkundigt er sich nach mir? Hört er auf das, was man ihm mittheilt? Doch lassen wir das, was nützt das Sprechen über ihn? Melde mir nur schnell für's Erste, ob der Stolze hierher kommen wird, oder nicht.

7552. Die ganze Welt hängt von einem Gotte ab, ein Gott hängt von einem Spruche ab, dieser Spruch aber hängt von einem Brahmanen ab, darum ist ein Brahmane mein Gott.

7553. An jedem Orte giebt es ein Weib, an jedem Orte giebt es Angehörige, aber des Ortes werde ich nicht gewahr, wo ein leiblicher Bruder wäre.

7554. Wenn das Schicksal, des Mannes Arbeit und die Zeit, diese drei bei den Menschen sich vereinigt finden, dann tragen sie, o Bester der Männer, Früchte.

[607] 7555. Das Einsammeln von Ruhm ist, o Fürst, besser, als das von Reichthümern, da die Reichthümer bald zu Grunde gehen, der Ruhm aber ewig besteht.

7556. Ein Verständiger denke an das Gute, nicht aber an seine Nahrung, da die Nahrung den Menschen zugleich mit der Geburt zu Theil wird.

7557. Τῆς μὲν δικαιοσύνης ῥίξα ἐστὶν οἱ Βασιλεῖς, τῆς δὲ ἐγκρατείας οἱ Βραχμᾶνες ὅπου δ᾽ οἱ Βραχμᾶνες τιμῶνται, ἐκεῖ ὁ νύμος ἀΐδιος μένει καὶ ἀμετάτρεπτος.

Galanos.

7558. Auf eines Schelmes Worte darf man sich nicht verlassen, da sie bald wahr, bald falsch sind, gerade so, wie es an einem Tage im Monat Çrâvana bald einen heiteren Himmel, bald Regen giebt.

7559. Es sollen nicht zwei Fürsten zusammen gehen, nicht drei Brahmanen, nicht vier Çûdra und nicht fünf Vaiçja.

[608] 7560. Unter den Flüssen steht, wie man sagt, die Gañgâ oben an, unter den Frauen die treue, unter den Menschen der Fürst, unter den Orten der, wo man sich glücklich fühlt.

7561. Ὁ μὲν ποταμὸς καϑαιρεῖ τὴν ὄχϑην, ἡ δὲ γυνὴ τὴν οἰκίαν καϑὼς δὲ ἡ τῶν ποταμῶν ὁρμὴ ἀκάϑεκτός ἐστιν, οὕτω καὶ ἡ τῶν γυναικῶν.

Galanos.

7562. Es gilt für kein Verbrechen Schnaps zu trinken in Magadha, Arack zu geniessen in Kaliñga, sei nes Bruders Frau beizuwohnen in Odra, Fische zu essen in Gauda

7563. und seines mütterlichen Oheims Tochter zu heirathen in Drâvida: die Sitte, die in einem Lande herrscht, wird durch die Tradition bestimmt.

7564. Das Wissen der Männer vermag ja Nichts im Vergleich zum Geschick: ein Stein besitzt kein Wissen und wird zur Gottheit erhoben.

7565. Der Verwegene lässt auch im Ungemach nicht für einen Augenblick von seiner Verwegenheit; gerade so schwankt und neigt sich nicht ein Fels an der Meeresküste vor den Wogen.

[609] 7566. Vier Handlungen soll man ja in der Dämmerung nicht vollbringen: Essen, Beischlaf, Schlaf und stilles Beten.

7567. Das Gewicht der Männer beruht viel weniger auf der Gestalt als auf dem Muthe: ein Löwe tödtet trotz seines schmächtigen Leibes einen berghohen Elephanten.

7568. Schwarze Augensalbe wird nimmer weiss, ein grosser Gelehrter giebt sich nimmer dem Kleinmuth hin, ein Weib zeigt nimmer einen festen Sinn und ein Thor redet nimmer in schmucker Sprache.

7569. Für Entschlossene ist der Gipfel des Meru nicht zu hoch, die Hölle nicht zu tief, das Meer nicht zu breit.

7570. Einen Verzagten beachtet Niemand in den drei Welten, da die Leute den Wortschwall, nicht aber die Tugenden ehren.

[610] 7571. Das Unrecht haftet am Klugen eben so wenig wie Wasser am Blüthenblatt einer Wasserrose, am Unverständigen aber haftet das Böse gar sehr, wie Harz am Holze.

7572. Das Unrecht, das den Grund berücksichtigt, lässt den Thäter nicht los und der Thäter wird sicher früh oder spät des Lohnes theilhaftig.

7573. Keine That schwindet spurlos dahin, ohne dass man den Lohn dafür genösse, geschähe dieses auch erst nach Millionen von Kalpa. Der Lohn einer vollbrachten That, sie sei gut oder böse, muss schlechterdings genossen werden.

7574. Der Kluge bedarf des Schiffes, so lange er noch nicht das Ufer erreicht hat; ist er aber über den Fluss glücklich hinübergekommen und hat er das Ufer erreicht, so bedarf er des Schiffes nicht mehr.

7575. Ohne Dorf keine Grenze, ohne Wissen kein Ruhm, ohne Erkenntniss keine Erlösung, ohne gläubige Hingebung keine Einsicht.

7576. Keine Wahrhaftigkeit beim Diebe, keine Reinheit beim Manne eines Weibes von niedrigem Stande, keine Freundschaft beim Trinker, keines von den Dreien beim Spieler.

[611] 7577. Ein nichtiges Ding schafft uns Hilfe, wenn es zur Hand ist, während sogar ein eigener Bruder, der in der Ferne weilt, nicht einmal erfährt, worum es sich handelt.

7578. Von keinem Nutzen ist der einem Geizhalse geweihte Dienst, von keinem Nutzen der Beischlaf für einen Kranken, von keinem Nutzen die heilige Schrift für einen Brahmanen, dessen Charakter durch Vergehen befleckt ist.

7579. Der Vögel Kraft ist der Luftraum, der Fische Kraft das Wasser, des Schwachen Kraft der Fürst, der Kinder Kraft das Weinen.

7580. Zu preisen bist du, o Lahmer, dass du nicht betteln gehst in die Häuser Anderer! Glücklich bist du, o Blinder, dass du das Antlitz geldstolzer Leute nicht schaust! Zu rühmen bist du, o Stummer, dass du nicht in der Hoffnung Etwas zu erhalten einen Geizhals lobst! Zu loben bist du, o Tauber, dass du die Reden böser Menschen nicht hörst!

[612] 7581. Fünfe gehen alsbald zu Grunde: der Anspruchvolle, der Habgierige, der Hochmüthige, der Verliebte und der, der den Lehrer anfeindet.

7582. Fünf Gatten habe ich und der sechste gefiele mir auch: alle Weiber sind dem Gatten treu, so lange andere Männer nicht da sind.

7583. Lerne mein Sohn, die Faulheit nützt zu Nichts! Wer nicht lernt, der ist ein Lastträger; wer aber Etwas gelernt hat, der steht bei Fürsten in Ehren. Lerne Tag für Tag, mein Sohn!

7584. Fremde Speise, fremde Kleider, fremde Getränke, fremde Weiber und der Aufenthalt in einem fremden Hause würden sogar Indra um seine Herrlichkeit bringen.

7585. Wessen Thun und Treiben stets auf die Vernichtung Anderer gerichtet ist, der hat sich selbst etwas Unangenehmes bereitet: es fand ja ein Schakal durch eine Gazelle seinen Tod.

7586. Wenn es gilt, Andere zu unterweisen, dann sind ja alle klug; wenn es aber gilt, Etwas selbst auszuführen, dann sind sogar fromme Asketen nicht klug.

[613] 7587. Nun will ich die Vorzüge eines Fürsten und eines Ministers näher bestimmen: (der ist ein guter Fürst) durch den das Reich und (der ein guter Minister) durch den der Schatz an Umfang gewinnt.

7588. Die Trauer um einen Vater währt ein halbes Jahr, um eine Mutter ein ganzes Jahr, um eine Gattin bis zur Wiederverheirathung, die Trauer um einen Sohn aber währt fort und fort.

7589. Wäre ein Haus auch voller Kinder und Kindeskinder und mit Sclaven und Sclavinnen reich versehen, so erscheint es den Männern dennoch wie eine Wildniss, wenn die Gattin darin fehlt.

7590. Wenn ein Buch, ein Weib und Geld in fremde Hände gerathen, dann sind sie dahin; oder aber sie kommen abgenützt (ein Buch), gefallen (ein Weib) und stückweise (das Geld) zurück.

7591. Die Ehre soll man mit Hintansetzung des Lebens hüten, da das Leben nicht ewig währt, die Ehre aber eben so lange wie Mond und Sterne.

7592. Beim Erwerben eines grossen Vermögens giebt es Leiden und[614] noch grössere beim Hüten desselben; beim Verlust desselben ist, o Fürst, der Schmerz noch heftiger. Darum ist derjenige glücklich, der wenig besitzt.

7593. Eine seit Kurzem am Himmel stehende Sonne, Rauch von Leichenverbrennungen, ein altes Weib, Wasser aus Teichen und der Genuss von saurer Milch mit Reis zur Nachtzeit verkürzen das Leben von Tag zu Tag.

7594. Nur Kluge, nicht Dumme können ein Buch verstehen: stände einem Blinden eine Lampe sogar vor der Nase, er sähe doch nicht.

7595. »Gewiss schmerzt dir die Schulter von der schweren Bürde, die auf ihr lastet«. »Weniger schmerzt mich die Schulter als dieses dein schmerzt dir«.

7596. Der Thörichte, der auf falsches Lob hin sich für besser als Andere hält, kommt in Folge dieses groben Fehlers sicher um seine Ehre.

[615] 7597. Die Freundschaft gleicht dem Moschus, da sie wie dieser nimmer verborgen werden kann; würde sie auch verborgen, ihr Geruch verbreitete sich doch überall hin.

7598. Man vollbringe irgend ein Werk, es sei klein oder gross, und es trägt schlechterdings irgend ein Mal Früchte, da die Bemühung nicht vergebens geschieht.

7599. Hat sich irgend Etwas an einem Orte stark angesammelt, so kommt es ja von dort zum Vorschein: aus der Schlange kommt Gift, aus dem Monde ergiesst sich Nektar.

7600. Mit Mühe wird einem Ruhm zu Theil und kommt, einmal verloren, nicht wieder: wenn die Sonne aus der Wage kommt, ist ja ihr Glanz nicht mehr derselbe.

7601. Auf diese oder jene Weise suche ein kluger Mann Jedermann eine Freude zu bereiten, da dieses Vishnu ehren heisst.

7602. Wer mit Mühe ein Werk vollbracht hat, nur der erntet einen Lohn: wie sollte ein Fauler, wenn er sein Werk nicht zu Stande bringt, der Freude theilhaftig werden?

[616] 7603. Das Juwel, das man in der Hand hält, ist ein wahres Juwel, nicht aber das, das in andern Händen ist: mit einem Juwel, das in der Mine steckt, kann man Nichts zu Stande bringen.

7604. Durch eine Nachricht aus eines Andern Munde theilt man Einem den vierten Theil mit, durch einen Brief die Hälfte, durch einen Boten drei Viertel, beim Anblick des Freundes hat man das Ganze.

7605. Der Lehrbücher giebt es viele, wie den Veda und andere Schriften, das Leben ist kurz und der Hindernisse sind Millionen; darum suche man das Beste zu erkennen, wie der Flamingo die Milch im Wasser.

7606. Für den Kranken, den Bedürftigen, den vom Feinde Geängstigten und den im Herzen vom Kummer Versengten ist das Erscheinen des Freundes eine Arzenei.

7607. Der prachtvolle und mit Blüthen reich geschmückte Ki çuka hat keinen Wohlgeruch, der überaus wohlriechende und von Schlangen umgebene[617] Sandelbaum hat keine Blüthen, das Zuckerrohr trägt keine Früchte und die Ketakî ist mit Dornen übersäet: an einem und demselben Dinge findet man ja in den drei Welten nicht leicht alles Schöne vereinigt.

7608. Der ist ein wahrer Sohn und der ein wahrer Schüler, der des Vaters (Lehrers) Befehlen gehorcht: dem Thoren ergeht es nicht gut, der des Vaters (Lehrers) Worte nicht befolgt.

7609. Der Frauen Schmuck ist die Treue, der Bäume Schmuck die Frucht, der Männer Schmuck das Wissen, der Asketen Schmuck das Mitleid.

7610. (3305.) Die Thörichten, die das Weib, dieses offen zu Tage liegende, Alles gewährende Siegel des Liebesgottes nicht beachtend, in ihrer Dummheit eitlen Früchten nachgehen, werden von diesem Gotte auf das unbarmherzigste gestraft: er zwingt sie nackt einherzugehen, sich das Haupt zu scheeren, auch fünf Haarbüschel und auch Flechten zu tragen und wohl auch mit Schädeln sich zu schmücken.

[618] 7611. Sein Weib, sein Geld und seine Juwelen soll man in der Gewalt haben, sonst verlassen sie den elenden Wicht und gehen von dannen.

7612. Die Flamingo lassen nur so lange ihre Stimme wohlgemuth ertönen, bis sie eine den ganzen Himmel bedeckende Wolke herankommen sehen.

7613. (3354.) Einen schwachen Feind muss man vernichten, bevor er mächtig wird: später, wenn er Muth und Kraft gewonnen hat, ist er schwer zu besiegen.

Quelle:
Indische Sprüche. Osnabrück/Wiesbaden 1966. Bd. 3, S. 583-619.
Lizenz:

Buchempfehlung

Wieland, Christoph Martin

Musarion. Ein Gedicht in drei Buechern

Musarion. Ein Gedicht in drei Buechern

Nachdem Musarion sich mit ihrem Freund Phanias gestrittet hat, flüchtet sich dieser in sinnenfeindliche Meditation und hängt zwei radikalen philosophischen Lehrern an. Musarion provoziert eine Diskussion zwischen den Philosophen, die in einer Prügelei mündet und Phanias erkennen lässt, dass die beiden »nicht ganz so weise als ihr System sind.«

52 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier II. Sieben Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.

432 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon