4. Die Sitte als Ordnung der verschiedenen Lebensbeziehungen

[57] Yen Yen fragte abermals und sprach: »So wichtig sind also die Regeln der Sitte?« Meister Kung sprach: »Die Sitte ist es, durch die die früheren Könige dem Weg des Himmels entsprachen,[57] durch die sie die Gefühle der Menschen lenkten. Wer sie verlor, der starb; wer sie wahrte, blieb am Leben. – Im Buch der Lieder heißt es (I, IV, 8, 3):


›Hat die Ratte ihre Glieder,

hat der Mensch doch seine Sitte.

Wer die Sitte hat verloren,

besser wär er nie geboren.‹


So hat die Sitte ihre Wurzel im Himmel, ihr Wirkungsfeld auf der Erde. Sie herrscht unter Göttern und Geistern und wirkt sich aus in den Bräuchen der Bestattung und des Opfers, des Bogenschießens und Wagenfahrens, der Männerweihe und der Eheschließung, der Hofaudienzen und Gesandtschaften. Darum offenbarten die Heiligen die Sitte, und dadurch konnten die Welt, der Staat, die Familie in Ordnung gebracht werden.«

Quelle:
Li Gi. Düsseldorf/Köln 1981, S. 57-58.
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