3. Die Schaffung eines Regierungsapparats

[106] Der Herzog sprach: »Ich vermag noch nicht, die Menschen zu erkennen; ich vermag noch nicht, die Menschen auszuwählen.«[106]

Der Meister sprach: »Warum betrachtet Ihr nicht Eure Werkzeuge und schaut Euch das Material an?«

Der Herzog sprach: »Kann man es durch Anschauen erkennen?«

Der Meister sprach: »Ja. Es drückt sich im äußeren Auftreten aus.«

Der Herzog sprach: »Das möchte ich lernen.«

Der Meister sprach: »In den Ebenen gibt es große Sümpfe, und man sieht das Gras dort hoch und üppig stehen. Da hausen sicher merkwürdige Vögel und Tiere drin. Das Gras läßt sich als Material verwenden. Wenn man es ausrodet und das Land einebnet, so wird es geeignet für die fünf Kornarten.

Ein hoher Berg hat viele Wälder, in denen merkwürdige Leoparden und Tiger ihre Jungen hegen. Tiefe Abgründe und große Ströme sind von Wasserschlangen und Drachen bewohnt. So verhält es sich auch mit den Menschen. Wenn Ew. Hoheit sie prüfen, so kann man erkennen, wer sich als Werkzeug und wer sich als Begabung verwenden läßt.«

Der Herzog sprach: »Ich bin noch nicht soweit.«

Der Meister sprach: »Manche sind verträglich, manche achtunggebietend, manche friedlich, manche nachdenkend, manche haben ein gutes Auftreten, manche ein gutes Benehmen, gute Handbewegungen, gute Kopfhaltung, guten Gesichtsausdruck; manche sind still, manche tief, manche harmonisch, manche sorgfältig, manche systematisch, manche ernst, manche groß. Man muß auf den Gesichtsausdruck achten: Wer nicht hört auf einen angenehmen Ton; wer, wenn er unerwartete Dinge und seltsame Befehle vernimmt, seine Gesinnung nicht ändert und seine Redeweise nicht anpaßt: wenn Ihr so einen seht, den müßt Ihr erheben; wenn Ihr ihn bekommen könnt, nehmen; wenn es Arbeit gibt, beschäftigen; wenn er zu tun hat, ihm ein auskömmliches Einkommen geben; wenn er ein Einkommen hat, so darf es mit seiner Stellung nicht in einem Mißverhältnis stehen.

Vor alters hat Schun von Yü, als er in himmlischer Geisteskraft das Erbe von Yau antrat, seine sechzehn Gehilfen auf diese Weise gewählt.«

Quelle:
Li Gi. Düsseldorf/Köln 1981, S. 106-107.
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