1. Dienst der Eltern

[318] Ein Sohn soll seinen Eltern also dienen: Beim ersten Hahnenruf steht er auf, wäscht sich, spült den Mund, kämmt sich; dann windet er das Haar in einen Knoten, umwickelt es mit einem Seidenband, befestigt es mit einem Haarpfeil und bindet es fest; dann bürstet er die übrigen Haare hinter die Schläfen, setzt den Hut auf, bindet ihn unter dem Kinn und läßt die Enden des Bandes herabhängen. Er zieht ein dunkles Gewand an, legt Knieschützer an und den großen Gürtel, in den er seine Notiztafel steckt. Dann hängt er rechts und links die nötigen Gebrauchsgegenstände an den Gürtel: links ein Tuch zum Abwischen von Gegenständen, ein Handtuch, Messer und Schleifstein, eine kleine Ahle aus Elfenbein, um Knoten zu lösen, einen metallnen Brennspiegel; rechts den Daumenring und den Armring für das Bogenspannen, eine Röhre mit Schreibgeräten, ein Messer in Scheide, eine große Ahle für größere Knoten, einen Feuerbohrer (für trübe Tage, an denen der Brennspiegel nicht brauchbar ist). Dann umwickelt er die Beine bis zum Knie und knüpft die Schuhbänder.

Eine Schwiegertochter soll ihren Schwiegereltern dienen wie ihren eigenen Eltern. Beim ersten Hahnenruf steht sie auf, wäscht sich, spült den Mund aus, kämmt sich; dann flicht sie ihr Haar, befestigt es mit einem Haarpfeil und umwindet es mit einem Seidenband. Sie zieht das Gewand an und gürtet[318] sich. Links am Gürtel hängen: ein Abwischtuch, ein Handtuch, ein Messer und Schleifstein, eine kleine Ahle, ein Brennspiegel; rechts hängen: ein Nadelbüchschen, Faden und Seide in einem gestickten Beutel, eine große Ahle, ein Feuerbohrer, ein Riechkissen. Dann bindet sie die Schnüre ihrer Schuhe und begibt sich in das Zimmer der Schwiegereltern.

Wenn die beiden dort angekommen sind, so fragen sie mit verhaltenem Atem und freundlicher Stimme, ob ihre Kleider warm genug seien, ob ihnen nichts fehle, ob sie nirgends Schmerzen oder Jucken haben, und sie reiben oder kratzen sie in aller Ehrfurcht. Beim Aus- und Eingehen gehen sie ihnen voran oder folgen ihnen und stützen sie in Ehrfurcht. Wenn die Eltern sich waschen, so halten die jüngeren Töchter die Waschschüssel, die älteren das Wasser, sie bitten um Erlaubnis, das Wasser in die Schüssel zu gießen. Sind die Eltern gewaschen, so reichen sie ihnen ein Abtrockentuch, sie fragen sie, was sie wünschen, und bringen es ehrfurchtsvoll herbei mit freundlichen Mienen, um sie zu erfreuen. Sie bringen Grütze und Suppe, Wein und Süßwein, Fleisch- und Gemüsebrühe, Suppe aus Kräutern, Weizen, Mais, Reis, Hirse, Mohrenhirse, klebriger Hirse, kurz alles, was sie wünschen: Datteln, Kastanien, Zucker und Honig, um die Speisen zu versüßen; Petersilie, Sellerie, Ulmensamen, Weißulmensamen, frisch und getrocknet, um sie glatt zu machen; Fett und Speck, um sie fett zu machen. Die Eltern müssen die Speisen gekostet haben, dann erst ziehen sie sich zurück ...

Die Dienerschaft der inneren und äußeren Gemächer steht beim ersten Hahnenruf auf, wäscht sich und spült den Mund aus, zieht sich an; dann nehmen sie die Kissen (Kopfstützen) und Matten fort. Sie sprengen und kehren die Zimmer, die Hallen und den Hof. Sie breiten die Sitzmatten aus; dann geht jeder an sein Geschäft.

Die Kinder gehen früh schlafen und stehen spät auf; man läßt ihnen ihren Willen. Ihre Mahlzeiten haben keine festen Stunden.

Quelle:
Li Gi. Düsseldorf/Köln 1981, S. 318-319.
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