V, 47. [401.] Preis des Sonnengottes und der mit ihm verbundenen Gottheiten.

[198] Die grosse Mutter, die als Urbild der Erde gedachte lichthelle Gattin des Himmels, lässt sich am Morgen auf die untere Erde nieder, auf ihre Tochter, die Morgenröthe, achtend (Vers 1); dann fahren die Sonnenrosse den rothen Stier, den Sonnengott, empor zu seinem Vater, dem Himmel (2. 3); in der Nacht wird er als zartes Kind gesäugt und gepflegt, damit er am Tage seinen Weg gehen könne; als Pflegerinnen scheinen die Weltgegenden aufgefasst, nämlich die vier (Ost u.s.w.), und die zehn (Ost, Nordost u.s.w., Oben, Unten), die drei Kühe, die ihn am Tage geleiten, sind etwa Morgen, Mittag, Abend (4), mit ihm gehen die Lichtströme durch den stillstehenden Luftraum; Nacht und Morgen sind die verschwisterten, die ihn tragen (5); auch in Vers 6 werden die Mütter wol die Morgenröthen sein, mit denen sich die Stiere, die Lichtstrahlen, vermählen. Vers 7 ist an die mit der Sonne in enger Beziehung stehenden Gottheiten Mitra und Varuna (als deren Auge vielfach die Sonne genannt wird) und an Agni gerichtet.


1. Anschirrend kommt vom Himmel freundlich redend

die grosse Mutter, achtend auf die Tochter,

Die jugendliche, sich der Andacht freuend,

her von den Vätern zu dem Sitz gerufen.

2. Die raschen Rosse, nach Gewohnheit eilend,

sind aufgestiegen zu des Himmels Nabel;

Die unbegrenzten weiten Wege gehen

all überall um Himmel rings und Erde.

3. Der rothe Stier, lichtflutend, schöngeflügelt,

ging ein nun in den Schooss des alten Vaters;

Als bunter Stein gesetzt in Himmels Mitte

ging vor er, schützt des Luftraums beide Enden.

4. Vier tragen ihn im Arm, ihm Rast gewährend,

zehn säugen auf das Kind, bis dass es gehe;

Dreifacher Art sind seine besten Kühe,

in einem Tag gehn rings sie um den Himmel.

5. Das ist, o Menschen, wunderbar zu sagen,

dass Ströme gehn, und still die Wasser standen,

Dass zwei ihn tragen, andre als die Mutter,

geboren hier und dort, verwandt, verschwistert.[198]

6. Gebete spannen aus ihm das Gewebe;

die Mütter weben für den Sohn Gewänder;

Sich zu begatten gehn die lust'gen Stiere

hin zu den Bräuten auf dem Pfad des Himmels.

7. Das sei, o Mitra-Varuna, o Agni,

uns Heil und Segen, das sei uns gepriesen;

Wir mögen finden Furt und festen Boden;

Anbetung sei dem Sitz, dem hohen Himmel.

Quelle:
Rig-Veda. 2 Teile, Leipzig 1876, [Nachdruck 1990], Teil 1, S. 198-199.
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