Fünfzehnter Khaṇḍa.

[110] Die neue Lehre von der Wesenseinheit des Menschen und des Weltalls wird hier sofort (o miseras hominum mentes! o pectora caeca!) egoistischen Interessen dienstbar gemacht in einer Zeremonie, welche Leben und Wohlfahrt des Sohnes zu sichern lehrt dadurch, dass man ihn unter den Schutz des als schätzereiche Truhe vorgestellten Weltalls und seiner unvergänglichen Verhältnisse und namentlich des Windes als Weltodems stellt, welcher, als Kind der Himmelsgegenden, im Weltall die Stelle einnimmt wie der Sohn in der Familie. Weiter wird, unter sehr willkürlicher Ausdeutung der Silben bhûr, bhuvaḥ, svar, auch der Schutz der drei Weltteile, ihrer drei Regenten und der drei Veden für den Sohn zu sichern gesucht. Demselben Zwecke dienen andre Zeremonien, wie z.B. die Kaush. 2,8-10 vorkommenden.


1. Luftraum Höhlung, Erdraum Boden

Der nichtalternden Truhe ist,

Die Himmelspole sind Kanten,

Himmel die ob're Öffnung ist.

Ja, diese Truhe ist schatzreich!

Alles wird aufbewahrt in ihr.


2. An ihr heisst die östliche Himmelsgegend der Löffel [juhû, weil man nach Osten gekehrt opfert, juhoti, Ça k.], die südliche heisst die bewältigende [als Sitz des Yama], die westliche heisst die Königin [als Sitz des Varuṇa], die nördliche heisst die wohlhabende [als Sitz des Kubera]. Das Junge dieser Himmelsgegenden ist der Wind.[110]

Wer also diesen Wind als Junges der Himmelsgegenden weiss, der weint nicht Weinen um seinen Sohn.


[Der Ausführende spricht:]


Ich hier weiss diesen Wind als Junges der Himmelsgegenden; möge ich nicht Weinen um einen Sohn weinen!


3. Die unverletzliche Truhe geh' ich an mit diesem, mit diesem, mit diesem!

Den Odem [den Wind als Weltodem] geh' ich an mit diesem, mit diesem, mit diesem!

bhûḥ geh' ich an mit diesem, mit diesem, mit diesem!

bhuvaḥ geh' ich an mit diesem, mit diesem, mit diesem!

svaḥ geh' ich an mit diesem, mit diesem, mit diesem!


4. Wenn ich gesagt habe, den Odem geh' ich an, so ist alles dieses Gewordene, was immer vorhanden ist, der Odem, und diesen habe ich angegangen.

5. Wenn ich gesagt habe, bhûḥ geh' ich an, so habe ich damit gesagt: die Erde geh' ich an, den Luftraum geh' ich an, den Himmel geh' ich an.

6. Wenn ich gesagt habe, bhuvaḥ geh' ich an, so habe ich damit gesagt, Agni geh' ich an, Vâyu geh' ich an, Âditya geh' ich an.

7. Wenn ich gesagt habe, svaḥ geh' ich an, so habe ich damit gesagt, den Ṛigveda geh' ich an, den Yajurveda geh' ich an, den Sâmaveda geh' ich an, – geh' ich an.

Quelle:
Sechzig Upanishads des Veda. Darmstadt 1963 [Nachdruck der 3. Aufl. Leipzig 1921], S. 110-111.
Lizenz: