Fünfter Khaṇḍa.

[73] Da (nach 1,2-3) der Udgîtha ein Symbol der Sonne und des Prâṇa ist, so gilt das Gleiche auch von der mit dem Udgîtha identischen Silbe Om. Kaushîtaki, der diese Einheit der belebenden Kräfte in der Natur (als Sonne) und die Einheit der lebenden Kräfte im Menschen (als Prâṇa) besungen hatte, hatte dafür auch nur einen Sohn. Aber wie jene Einheit der Sonne, des Lebensodems keine mannigfaltigkeitslose, sondern eine solche ist, welche die Vielheit der Strahlen, der Lebenskräfte in sich schliesst, so wurde auch Kaushîtaki für die Einzigkeit seines Sohnes durch die Vielheit seiner Enkel entschädigt. – Die allzu kurze und dadurch dunkle Stelle sieht wie eine Warnung aus, den Monismus, der in der Tendenz des Zeitalters lag, nicht zu einem starren, die Mannigfaltigkeit der Dinge ausschliessenden werden zu lassen. – Auf der Identität des Udgîtha mit dem auch dem Hotar zukommenden Om beruht das Eingreifen des Hotar bei Fehlern des Udgâtar.


1. Nun aber ist der Udgîtha der Praṇava (der heilige Laut Om) und der Praṇava ist der Udgîtha. Darum ist der Udgîtha jene Sonne, und sie ist der Praṇava, denn als Om ertönend wandelt sie einher.

2. »Weil ich nur sie angesungen habe, darum bist du mein einziger«, so sprach einst Kaushîtaki zu seinem Sohne; »in ihre Strahlen wandle sie, und es werden dir viele geboren werden!« – Soviel in bezug auf die Gottheit.

3. Nunmehr in bezug auf das Selbst. – Als jenen Lebensodem im Munde soll man den Udgîtha verehren, denn als Om ertönend streicht er einher.

4. »Weil ich nur ihn angesungen habe, darum bist du mein einziger«, so sprach einst Kaushîtaki zu seinem Sohne; »die Lebensodem (prâṇân, wie auch Çañk. zu lesen scheint) singe an als Vielheit und wisse, dass dir viele werden geboren werden!« (Vgl. Talav. Up. Br. 2,6,10).

5. So also ist der Udgîtha der Praṇava, und der Praṇava der Udgîtha. – Darum auch kann man von dem Sitze des Hotar aus einen [vom Udgâtar] falsch gesungenen Udgîtha wieder zurechtbringen, – wieder zurechtbringen.

Quelle:
Sechzig Upanishads des Veda. Darmstadt 1963 [Nachdruck der 3. Aufl. Leipzig 1921], S. 73-74.
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