Zwanzigstes Kapitel

[47] In der dritten und letzten Figur giebt es einen Schluss, sowohl wenn beide Vordersätze, als wenn nur[47] ein Vordersatz auf das Statthafte lauten. Wenn beide Vordersätze nur auf das Statthafte lauten, so lautet auch der Schluss nur darauf; ebenso, wenn der eine Satz auf das Statthafte und der andere auf das einfache Sein lautet. Lautet aber der eine Vordersatz auf das Nothwendige und ist er bejahend, so lautet der Schluss weder auf die Nothwendigkeit noch auf das einfache Sein; ist er aber verneinend, so lautet der Schluss auf das einfache Nicht-sein, wie in den früheren Fällen. Aber auch bei diesen Schlüssen muss das Statthafte in demselben. Sinne, wie bisher, genommen werden.

Es sollen nun zunächst beide Vordersätze auf das Statthafte lauten, und A und B sollen beide statthafterweise in C enthalten sein. Da nur der bejahende allgemeine Satz sich in einen beschränkten umkehren lässt, und B in dem ganzen C statthafterweise enthalten ist, so wird auch C in einigen B statthafterweise enthalten sein. Wenn also A in allen C statthafterweise enthalten ist und C in einigen B, so wird auch A in einigen B statthafterweise enthalten sein, denn dieser Schluss vollzieht sich in der ersten Figur. Und wenn A statthafterweise in keinem C enthalten ist, aber B in allen C, so muss A in einigen B statthafterweise nicht enthalten sein; denn auch hier ergiebt sich durch Umkehrung die erste Figur. Lauten aber beide Vordersätze verneinend, so ergiebt sich zwar aus ihnen für sich allein kein Schluss, aber ein solcher tritt ein, wenn die Vordersätze in ihr Gegentheil so wie früher verkehrt werden. Denn wenn A und B in C statthafterweise nicht enthalten sind, so wird, wenn dafür das »statthaft enthalten sein« gesetzt wird, sich wieder die erste Figur vermittelst der Umkehrung ergeben.

Wenn aber der eine Vordersatz allgemein und der andere beschränkt lautet, beide aber sonst in Bezug auf Bejahung oder Verneinung sich gleich verhalten, so wird sich ein Schluss bald ergeben, bald nicht. Es soll also statthafterweise A in allen C und B in einigen C enthalten sein. Hier wird sich wieder die erste Figur ergeben, wenn der beschränkte Vordersatz umgekehrt wird; denn wenn A in allen C und C in einigen B statthafterweise enthalten ist, so ist auch A statthafterweise in einigen B enthalten. Dasselbe ergiebt sich, wenn[48] der Vordersatz mit B C allgemein gesetzt wird. Auch wenn der Vordersatz A C verneinend lautet, und B C bejahend, so findet ein Schluss statt; denn auch hier gelangt man durch Umkehrung zur ersten Figur. Werden aber beide Vordersätze verneinend gesetzt und zwar der eine allgemein und der andere beschränkt, so ergiebt sich aus ihnen für sich allein kein Schluss, wohl aber, wenn die Sätze in ihr Gegentheil verkehrt werden, wie in früheren Fällen. Werden aber beide Vordersätze unbestimmt oder beschränkt gesetzt, so ergiebt sich kein Schluss, denn es muss dann A sowohl in allen B, wie in keinem B enthalten sein. Als Beispiele für das Enthaltensein nehme man die Begriffe: Geschöpf, Mensch, Weisses; und für das Nicht-enthalten-sein die Begriffe: Pferd, Mensch, Weisses, wobei Weisses der Mittelbegriff ist.

Quelle:
Aristoteles: Erste Analytiken oder: Lehre vom Schluss. Leipzig [o.J.], S. 47-49.
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