Zehntes Kapitel

[116] Bei der dritten Figur wird, wenn die Umkehrung des Schlusssatzes nur in sein Gegentheil erfolgt, keiner von beiden Vordersätzen aufgehoben, der Schluss mag lauten wie er will; geschieht aber die Umkehrung in den widersprechenden Gegensatz, so werden beide Vordersätze und zwar in allen Schlüssen dieser Figur aufgehoben. So soll bewiesen sein, dass A in einigen B enthalten ist und C soll als Mittelbegriff genommen worden sein und die Vordersätze sollen allgemein lauten. Wird hier nun gesetzt, dass A in einigen B nicht enthalten sei, B aber in allen C enthalten sei, so ergiebt sich für A zu C kein Schluss. Eben so ergiebt sich, wenn A in einigen B nicht enthalten, aber in allen C enthalten, daraus kein Schluss, wie B sich zu C verhält. Dasselbe lässt sich zeigen, wenn einer der Vordersätze des ursprünglichen Schlusses nicht allgemein lautet; denn entweder lauten dann beide Vordersätze des umgekehrten Schlusses beschränkt, oder der allgemeine Vordersatz befasst nur den kleineren Aussenbegriff. Bei solchen Vordersätzen ergiebt sich aber weder in der ersten noch in der zweiten Figur ein Schluss. Kehrt man aber die Vordersätze in ihre widersprechende Gegensätze um, so werden beide aufgehoben. Denn wenn A in keinem B, aber B in allen C enthalten ist, so ist A in keinem C enthalten, und wenn wieder A in keinem B und in allen C enthalten ist, ist B in keinem C enthalten. Eben so verhält es sich, wenn der zweite Vordersatz nicht allgemein lautet. Denn wenn A in keinem B und das B in einigen C enthalten, so ist auch A in einigen C nicht enthalten, wenn aber A zwar in keinem B, aber A in allen C enthalten ist, so wird B in keinem C enthalten sein. Eben so ist es, wenn der Schluss verneinend lautet. So soll bewiesen sein, dass A in einigen B nicht enthalten und der Vordersatz B C soll bejahend, der Vordersatz A C aber verneinend lauten; denn dann ergiebt sich der obige Schlusssatz. Setzt man nun blos das Gegentheil des Schlusssatzes, so ergiebt sich kein Schluss; denn wenn A in einigen B und B in allen C enthalten, folgt kein Schluss, wie A zu C sich verhält. Eben so findet, wenn[117] A in einigen B, aber in keinem C enthalten, kein Schluss darüber statt, wie B zu C sich verhält; mithin werden die Vordersätze nicht aufgehoben; erfolgt aber die Umkehrung in den widersprechenden Gegensatz, so werden sie aufgehoben. Denn wenn A in allen B und B in allen C enthalten, so ist auch A in allen C enthalten, während es doch in keinem enthalten sein sollte. Wenn wieder A in allen B, aber in keinem C enthalten ist, so ist auch B in keinem C enthalten, während es doch in allen enthalten war. Eben so lässt sich der Beweis führen, wenn die Vordersätze nicht allgemein lauten. Der Vordersatz A C wird dann durch die Umkehrung allgemein verneinend und der andere beschränkt und bejahend. Ist nun A in allen B und B in einigen C enthalten, so folgt, dass auch A in einigen C enthalten ist, während es in keinem enthalten war. Wenn weiter A in allen B und in keinem C enthalten ist, so ist B in keinem C enthalten, während es als in einigen enthalten angenommen war. Wenn aber A in einigen B und B in einigen C enthalten sind, so ergiebt sich kein Schluss; und eben so dann nicht, wenn A in einigen B und in keinem C enthalten ist.

Aus dem Gesagten erhellt sonach, wie durch Umkehrung des Schlusssatzes in jeder Figur ein Schluss sich ergiebt, und wenn der neue Schlusssatz sich zu dem Vordersatz als Gegentheil und wenn als widersprechend verhält. Ferner erhellt, dass in der ersten Figur diese umgekehrten Schlüsse sich in der zweiten und dritten Figur vollziehen und dass der Vordersatz mit dem kleinern Aussenbegriff immer vermittelst der zweiten Figur aufgehoben wird, während bei dem Obersatz dies durch die dritte Figur geschieht. In der zweiten Figur geschieht die Aufhebung durch die erste und dritte Figur und zwar erfolgt sie für den Vordersatz mit dem kleineren Begriff immer in der ersten Figur und bei dem Vordersatz mit dem grösseren Begriffe durch die letzte Figur. In der dritten Figur er folgt die Aufhebung in der ersten und zweiten Figur, und zwar bei dem Vordersatz mit dem grösseren Aussenbegriffe immer in der ersten Figur, und bei dem Vorsatze mit dem kleineren Aussenbegriffe in der zweiten Figur.

Quelle:
Aristoteles: Erste Analytiken oder: Lehre vom Schluss. Leipzig [o.J.], S. 116-118.
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