Zwanzigstes Kapitel

[135] Nachdem ich dargelegt habe, wann ein Schluss sich ergiebt und wie die Begriffe sich dabei verhalten müssen, so erhellt damit auch, wenn eine Ueberführung stattfindet und wenn nicht. Sofern nämlich Alles zugegeben wird, oder sofern die Antworten abwechselnd ertheilt werden, also die eine verneinend, die andere bejahend, so kann eine Ueberführung stattfinden. Denn ein Schluss ergab sich, wenn die Vordersätze sich in einer dieser Weisen verhielten, und ist dabei der aufgestellte Satz das Gegentheil von dem zu widerlegenden Schlusssatze, so muss sich eine Widerlegung ergeben, da die Widerlegung die Verneinung des zu widerlegenden Satzes erschliesst. Wird aber kein Vordersatz zugegeben, so ist die Widerlegung unmöglich, da aus lauter verneinenden Sätzen kein Schluss gezogen werden kann, also auch keine Widerlegung; denn zu jeder Widerlegung gehört ein Schluss, aber nicht jeder Schluss enthält nothwendig eine Widerlegung. Dasselbe gilt, wenn kein allgemeiner Satz in Folge der Beantwortung angesetzt werden kann; da die Definition der Widerlegung und die des Schlusses auch hierin übereinstimmt.

Quelle:
Aristoteles: Erste Analytiken oder: Lehre vom Schluss. Leipzig [o.J.], S. 135-136.
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