Fünftes Capitel

[188] Da das Bewegende stets etwas bewegt, und in etwas, und bis zu etwas (ich verstehe aber unter dem in etwas, in einer Zeit; unter dem bis zu etwas aber, durch eine bestimmte Ausdehnung. Denn stets bewegt es zugleich und hat bewegt; so daß stets durch eine bestimmte Ausdehnung die Bewegung geschehen mußte, und in einer bestimmten): wenn nun A das Bewegende ist; B, was bewegt wird; die Ausdehnung durch die es sich bewegte, C; die Zeit endlich worin, D: so wird unstreitig in der gleichen Zeit die gleiche Kraft A die Hälfte des B durch das Doppelte der C bewegen. Durch die C aber in der Hälfte der D. Denn so wird ein entsprechendes Verhältniß sein. Und wenn dieselbe Kraft das Nämliche in dieser bestimmten Zeit so und so weit bewegt, und halb so weit in der halben, so wird auch die halbe Kraft das Halbe bewegen, in der gleichen Zeit gleichweit. Z.B. von der Kraft A sei halbe die E, und von dem B das F halbes: so müssen sie auf gleiche Weise sich verhalten und entsprechend; die Kraft zu dem Gewicht: so daß sie gleich weit in gleichcher[188] Zeit bewegt werden. – Und wenn E das F bewegt in der D durch die C, so braucht nicht in der gleichen Zeit das E das Doppelte des F zu bewegen durch die Hälfte der C. Wenn also A das B bewegt in der D die Weite C: so wird darum nicht die Hälfte des A, oder E das B bewegen in der Zeit D, noch in einem Theile der D durch einen Theil der C oder einen, der sich verhält zu der ganzen C, wie H zu E. Denn überhaupt wenn es sich so trifft, so wird es gar nicht bewegen. Denn wenn auch die ganze Kraft so weit bewegte, so wird darum nicht die halbe bewegen, weder irgend eine bestimmte Weite, noch in irgend einer bestimmten Zeit. Denn sonst müßte Einer bewegen können das Schiff, wenn die Kraft der Schiffzieher getheilt wird in die Zahl und in die Länge, die hindurch Alle es bewegten. Darum ist der Satz des Zenon nicht wahr, daß ein Geräusch erfolgt durch jeden Theil des Hirsenkorns. Denn nichts hindert, daß es nicht bewegt diejenige Luft in keiner Zeit, welche durch seinen Fall bewegte der ganze Scheffel: noch auch ein solches Theilchen, welches es von der ganzen bewegen würde, wenn dieses für sich wäre, bewegt es. Denn es ist gar nichts, als nur in dem Ganzen der Möglichkeit nach. Sind aber zwei gesetzt, und bewegt jedes von beiden ein Bestimmtes so weit in so vieler Zeit: so werden auch zusammengesetzt die Kräfte das aus dem Gewichte Zusammengesetzte durch die gleiche Länge bewegen und in gleicher Zeit. Denn es ist ein entsprechendes Verhältniß. – Ist es nun so auch mit der Umbildung und mit der Vermehrung? Es ist nämlich etwas, das vermehrt, und etwas, das vermehrt wird; und in bestimmter Zeit, und um so und so viel vermehrt das Eine, und wird vermehrt das Andere. Und was umbildet und umgebildet wird, eben so; und um etwas und um eine bestimmte Größe nach dem Mehr und dem Minder geschieht die Umbildung. Und in bestimmter Zeit, in verdoppelter um das Doppelte und[189] um das Doppelte in doppelter; und das Halbe in halber Zeit, oder in halber um Halbes, oder in gleicher um Doppeltes. Wenn aber das Umbildende oder Vermehrende um so viel in so vieler Zeit vermehrt oder umbildet, so braucht darum nicht auch das Halbe in halber Zeit, oder in halber Zeit um Halbes. Sondern um gar nichts, wenn es sich trifft, bei Umbildung oder Vermehrung, wie auch bei dem Gewicht.[190]

Quelle:
Aristoteles: Physik. Leipzig 1829, S. 188-191.
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