[612] 42. tan-nirdhâraṇa-aniyamas, tad-dṛishṭeḥ, pṛithagg hi apratibandhaḥ phalam
ihrer Durchhaltung Nichtnotwendigkeit, weil dies ersichtlich; denn gesondert, ohne ein Hindernis zu sein, ist ihre Frucht.

Es giebt gewisse Lehren, welche sich auf einen Teil des Werkdienstes stützen, z.B. wenn es heisst: »Om! diese Silbe soll man verehren als den Udgîtha« (Chând. 1, 1, 1), und es fragt sich, ob diese wesentlich für die Werke sind, wie z.B. der »Gebrauch des Löffels aus Parṇaholz« es ist, oder nicht wesentlich, wie z.B. »das Melken der Kühe« es ist. – Angenommen also, ›sie seien für die Werke wesentlich; warum? weil sie in dem die Ausführung regelnden Schriftworte miteinbegriffen werden. Denn wenn dieselben auch ohne Hand anzulegen bloss studiert werden, so sind sie doch vermittelst des Udgîtha u.s.w. an das Opferwerk gebunden | und werden bei der Anleitung zum Vollbringen des Opferwerkes gerade so wie ein anderer Teil desselben behandelt. Und wenn für sie in ihrem eigenen Zusammenhange ein Lohn verheissen wird, wie z.B. in den Worten: »der fürwahr wird zu einem Erlanger der Wünsche« u.s.w. (Chând. 1, 1, 7), so liegt hierin, wie aus der Bezeichnung in Form des Präsens hervorgeht, eine blosse Erklärung der Sache, ähnlich wie z.B. auch in der Verheissung, dass der [welcher den Löffel aus Parṇaholz gebrauche], keine üble Nachrede erleide, nicht aber die Abzielung auf einen künftigen Lohn. Wie daher in der Stelle: »wer einen Löffel aus Parṇaholz hat, der erleidet keine üble Nachrede« (Taitt. Saṃh. 3, 5, 7, 2) und in ähnlichen Stellen, wiewohl sie ohne Zusammenhang mit dem, wovon die Rede ist, ausgesprochen werden, gleichwohl wegen des Löffels eine Zugehörigkeit zum Opferwerke, und daher eine Wesentlichkeit für dasselbe, ebensogut als wenn sie in Zusammenhang mit dem Übrigen ständen, anzunehmen ist, ebenso steht es auch mit den Verehrungen als der Udgîtha u.s.w.‹ – Auf diese Behauptung erwidern wir: es besteht für die »Durchhaltung« dieser [Vorstellungen Hand in Hand mit dem Opfer] »keine Notwendigkeit«. Nämlich jene Durchhaltungen [symbolischer Umdeutungen im Verlaufe des Opfers], welche bestimmt sind, das innere Wesen der Beschaffenheit des Udgîthawerkes u.s.w. zu erschliessen, z.B. dass er die »feinste Essenz«, die »Erlangung«, das »Gedeihen«, der »Hauptlebensodem«, die »Sonne« u.s.w. sei (vgl. Chând. 1, 1, 3. 6. 8; 1, 2, 7;[612] 1, 3, 1), diese und andere [symbolische Vorstellungen] werden nicht als etwas für die Werke Wesentliches gefordert. Warum? »weil dies ersichtlich«. Nämlich die Nichtnotwendigkeit derartiger Vorstellungen ist ersichtlich aus der Schrift, | wenn es z.B. heisst: »darum vollbringen es beide, der, welcher Solches weiss und der es nicht weiss« (Chând. 1, 1, 10); hier wird auch das Werk des Nichtwissenden als gültig anerkannt. Ferner lehrt ja die Schrift, wie auch Solche, welche die Erkenntnis der beim Prastâva angerufenen Gottheit nicht besitzen, dennoch beim Opfer als Prastotar u.s.w. ministrieren können; denn es heisst: »o Prastotar, wenn du, ohne die Gottheit zu kennen, auf welche sich der Prastâva bezieht, den Prastâva verrichtest, ... wenn du, ohne sie zu kennen, den Udgîtha, ... wenn du, ohne sie zu kennen den Pratihâra verrichtest« (Chând. 1, 10, 9-11.) Hierzu kommt, dass für eine derartige, auf die Werke sich stützende Vorstellung unabhängig von dem Werke ein Lohn in Aussicht gestellt wird, und die Erlangung desselben ist eine Art besondern Überschusses, »ohne« dass dieser für die Vollbringung der Frucht des Werkes »ein Hindernis« wäre; denn es heisst: »darum vollbringen es beide, der Solches also weiss, und der es nicht weiss; aber weit voneinander verschieden ist das Wissen und das Nichtwissen; denn was man durch das Wissen vollbringt, durch den Glauben, durch die Upanishad, das ist wirkungskräftiger« (Chând. 1, 1, 10.) Hier wird in den Worten »aber weit voneinander verschieden« zwischen dem Unternehmen des Wissenden und des Nichtwissenden zwar ein Unterschied gesetzt, aber der Gebrauch des Komparativ-Suffixes in dem Worte »wirkungskräftiger« | zeigt, dass auch das des Wissens ermangelnde Werk wirkungskräftig ist; dieses aber ist nur dann möglich, wenn das Wissen dem Werke nicht wesentlich ist; denn wäre es ihm wesentlich, so könnte das Werk ohne Wissen nicht als wirkungskräftig anerkannt werden, da als Grundsatz feststeht, dass ein Werk nur dann wirkungskräftig ist, wenn alle seine Teile vollzählig zusammen sind. In ähnlicher Weise wird an der Stelle von der Gemeinschaft der Welten gelehrt, dass an jede Verehrung, je nach ihrer Art, bestimmte Belohnungen sich knüpfen; denn es heisst: »denn ihm werden zu Teil die Welten nach oben hin und nach herwärts zu« u.s.w. (Chând. 2, 2, 3.) Es geht aber nicht, diese Verheissung des Lohnes als eine blosse Erläuterung (arthavâda) aufzufassen, denn dann würde sie eine Erläuterung durch Uneigentliches (ein guṇavâda, vgl. S. 186) sein müssen; wo aber von einem Lohn die Rede ist, da ist dieses jedenfalls in eigentlichem Sinne (als ein mukhyavâda) zu nehmen. Anders liegt die Sache in solchen Fällen wie beim Voropfer u.s.w.; hier ist die Rede von einem Werke, welches in bestimmter Weise verrichtet zu werden verlangt; der Zweck liegt in diesem selbst, und daher[613] lässt sich annehmen, dass eine [dabei unterlaufende] Verheissung des Lohnes eine blosse Erläuterung (arthavâda) sei. Ebenso steht es bei denjenigen Ceremonien, welche nicht ausgeführt, sondern nur studiert werden, wie es z.B. mit der Verwendung des Löffels aus Parṇaholz der Fall ist; denn diese Verwendung des Löffels aus Parṇaholz kann, da sie nicht zur praktischen Ausführung kommt und somit der [materiellen] Grundlage ermangelt, nicht mit einem wirklichen Lohne verknüpft werden. Was hingegen die Ceremonie des Kuhmelkens betrifft, so besitzt diese eine solche Grundlage in dem Herbeiholen des Wassers u.s.w., von dem dabei die Rede ist, daher hier der Lohn als zur Vorschrift gehörig [nicht als ein blosser Arthavâda] anzusehen ist. Ebenso lässt sich bei Ceremonien wie der mit dem Bilvaholze der Lohn als zur Vorschrift gehörig auffassen, weil er jene Grundlage besitzt, in Gestalt des Opferpfostens, von dem dabei die Rede ist. | Hingegen was den Gebrauch des Löffels aus Parṇaholz und ähnliches betrifft, so ist dabei von keiner derartigen Grundlage die Rede, und wenn die Schrift sagen wollte, dass die Benutzung des Löffels nur dem Worte nach geschehe und doch eine Lohn bringende Vorschrift sei, so würde damit etwas Widersprechendes gesagt werden. Was hingegen die Verehrungen betrifft, so gehören sie zwar zu den Werken, lassen sich doch aber als eine besondere Vorschrift betrachten, daher die Anordnung eines Lohnes für diejenigen [Verehrungen], welche sich auf den Udgîtha stützen, kein Widerspruch ist. So wie daher Ceremonien wie das Melken der Kühe u.s.w., obwohl sie sich auf das Werk stützen, weil ein besonderer Lohn mit ihnen verbunden ist, für das Werk nicht wesentlich sind, ebenso muss man annehmen, dass auch die Verehrungen als Udgîtha u.s.w. es nicht sind. Daher kommt es, dass die Verfasser der Kalpa-Sûtra's derartige Verehrungen unter den Opferwerken nicht mit einbegriffen haben.

Quelle:
Die Sûtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 612-614.
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