[538] 27. ubhaya-vyapadeēāt tu ahi-kuṇḍalavat
vielmehr, weil beide Bezeichnungen [vorkommen], ist es wie mit der Schlange und den Ringelungen.

In Bezug auf jenes Verhältnis zwischen dem Vollbefriedigten und dem Vollbefriediger bringt der Lehrer hier einen neuen Gedanken[538] vor, um seine Meinung zu verdeutlichen. Zuweilen wird von der Schrift ein Unterschied zwischen der individuellen und der allweisen Seele gemacht; z.B. wenn es heisst (Muṇḍ. 3, 1, 8):


»Dann schaut er meditierend erst in Wahrheit

Des Ātman völlige Unteilbarkeit«;


hier werden beide als der Meditierende und als der zu Meditierende, sowie als der Schauende und als der zu Schauende unterschieden; – »so geht ... der Weise ein zum göttlich höchsten Geiste« (Muṇḍ. 3, 2, 8), hier als der Gehende und der, zu welchem gegangen wird; – »der alle Wesen innerlich regiert« (Bṛih. 3, 7, 15), hier als der Regierende und als der zu Regierende. An andern Stellen wiederum wird die Ungetrenntheit beider hervorgehoben; z.B. wenn es heisst: »das bist du« (Chānd. 6, 8, 7); – »ich bin Brahman« (Bṛih. 1, 4, 10); – »es ist deine Seele, die allem innerlich« (Bṛih. 3, 4, 1); – »er ist deine Seele, der innere Lenker, der unsterbliche« (Bṛih. 3, 7, 15.) In dieser Weise finden sich Bezeichnungen von beider Art. Wäre nun die Ungetrenntheit allein als das einzige Ziel festzuhalten, so würde die Bezeichnung der Getrenntheit | ohne stützenden Grund sein. Somit muss, da beide Bezeichnungen vorliegen, es in Wahrheit damit stehen, wie mit der Schlange und ihren Ringelungen. Wie diese nämlich als Schlange eine Einheit, hingegen vermöge ihrer Ringelungen, Windungen, Gestrecktheit u.s.w. eine Vielheit ist, so muss es auch hier sein.

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 538-539.
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