[192] 38. ēravaṇa-adhyayana-artha-pratishedhāt smṛiteē ca
und weil die Smṛiti ihn von Hören, Lesen und Inhalt ausschliesst.

Auch darum ist der Ēūdra nicht berufen, »weil die Smṛiti ihn von Hören, Lesen und Inhalt ausschliesst«; denn die Smṛiti lehrt, dass der Ēūdra auszuschliessen sei vom Hören des Veda, auszuschliessen vom Lesen des Veda und auszuschliessen von der Erkenntnis und Befolgung seines Inhaltes. Zunächst also wird er ausgeschlossen vom Hören des Veda durch die Worte: »wenn er aber den Veda mit anhört, so soll man ihm die Ohren mit Zinn oder Lack vollgiessen«, und: »der Ēūdra ist wie eine Leichenstätte, die man betritt; darum soll man in Gegenwart eines Ēūdra nicht studieren.« – Schon hieraus folgt, dass der Ēūdra ferner auch vom Lesen des Veda ausgeschlossen ist; denn wenn die Schrift schon nicht einmal in seiner Gegenwart gelesen werden darf, so ist noch viel weniger statthaft, dass er selbst die Schrift lese; heisst es ja doch sogar: »Auf Aussprechen steht Zungabschneidung; auf Behalten vom Leibe Scheidung.« – Aus eben diesen Gründen folgt endlich das Ausgeschlossensein des Ēūdra von der Erkenntnis und Befolgung des Veda-Inhaltes; auch heisst es: »dem Ēūdra öffne nicht den Sinn!« (Manu 4, 80) und: »der Zwiegeborenen Vorrechte sind: Vedastudium, Opfer und Schenken.« – Wo hingegen, wie bei Vidura [dem Sohne des Vyāsa von einem Ēūdraweibe], bei den Dharmavyāda's [als Jäger wiedergeborenen Brahmanen] u.s.w. in Folge der früher [in einer vormaligen Geburt] vollzogenen Sakramente die Erkenntnis [auch ohne Vedastudium] zu Tage tritt, da ist nicht zu hindern, dass auch die Frucht der Erkenntnis [d.h. die Erlösung] erlangt wird, da die Erkenntnis nur eine einartige Frucht bringt. [Dass aber in solchen Ausnahmefällen ein Ēūdra auch ohne Vedastudium zur Erkenntnis gelangt, erklärt sich daraus, dass,] wie die Smṛiti in den Worten: »man soll sie den vier Kasten lehren« (Mahābh. 12, 12360) anordnet, zum Lesen der Itihāsa's und Purāṇa's | alle[192] vier Kasten berufen sind. Was hingegen die Berufung betrifft, sofern sie den Veda zur Voraussetzung hat, so bleibt es dabei, dass von dieser die Ēūdra's ausgeschlossen sind.

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 192-193.
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