[196] 40. jyotir, darçanât
das Licht, weil dies ersichtlich.

Die Schrift sagt: »diese Vollberuhigung erhebt sich aus diesem Leibe, gehet ein in das höchste Licht und tritt dadurch hervor in eigener Gestalt« (Chând. 8, 12, 3.) Hier ist fraglich, ob unter dem Worte »Licht« das auf das Auge bezügliche, die Finsternis verscheuchende Lichtelement oder aber das höchste Brahman zu verstehen ist.

| Angenommen also, ›unter dem »Lichte« sei das gewöhnliche Lichtelement zu verstehen; warum? weil das Wort Licht bei diesem üblich ist. Allerdings sahen wir in dem Sûtram: »das Licht, wegen Erwähnung der Füsse« (1, 1, 24), wie, um des Themas willen, das Wort Licht unter Aufgebung seines eigentlichen Sinnes auf Brahman zu beziehen war. Aber in unserer Stelle ist nicht so wie dort ein Grund vorhanden, von dem eigentlichen Sinne abzugehen. Und ebenso heisst es ja auch in dem [kurz vorhergehenden] Kapitel, das von den Adern handelt (Chând. 8, 6): »wenn er nun so aus diesem Leibe heraustritt, dann steigt er an diesen Strahlen in die Höhe« (Chând. 8, 6, 5.) Auch hier wird von dem nach Erlösung Verlangenden gesagt, dass er zur Sonne gelange. Somit ist unter dem Lichte nur das gewöhnliche Lichtelement zu verstehen.‹

Auf diese Annahme erwidern wir, dass mit dem »Lichte« nur das höchste Brahman gemeint sein kann; warum? »weil dies ersichtlich« ist; d.h. aus dem Thema der Stelle ist ersichtlich, dass Brahman als Gegenstand der Rede vorschwebt. Denn in den Eingangsworten »der Âtman, der sündlose« (Chând. 8, 7, 1), wird derjenige Âtman, welcher die Eigenschaften der Sündlosigkeit u.s.w. besitzt, als Thema vorangestellt und als der Gegenstand, welchen man erforschen und zu erkennen suchen müsse, hervorgehoben, | und hieran wird im Folgenden durch die Formel: »diesen aber will ich dir weiter erklären« (Chând. 8, 9, 3. 10, 4. 11, 3) immer wieder angeknüpft. Ferner wird in den Worten: »den Körperlosen aber berühren Lust und Schmerz nicht« (Chând. 8, 12, 1) gesagt, dass jener Eingang in das höchste Licht stattfinde, um dadurch die Körperlosigkeit zu erlangen; eine andere Körperlosigkeit aber als die durch das Werden zu Brahman ist nicht denkbar. Endlich wird auch noch jenes »höchste Licht« näher bestimmt durch die Worte: »dieses ist der höchste Geist« (Chând. 8, 12, 3.) – Wenn hingegen geltend gemacht wurde, dass der nach Erlösung[196] Verlangende zur Sonne hingehe, [so beweist das nichts;] auch bedeutet dieses Hingehen zur Sonne nicht eine endgültige Erlösung, weil damit ein Ausziehen und Hingehen [der Seele] verbunden ist, während bei der endgültigen Erlösung [auch bei dem »Eingange« in das höchste Licht, vgl. Sûtram 4, 4, 1-3] kein Ausziehen oder Hingehen stattfindet, wie wir dies weiter unten sehen werden.

Quelle:
Die Sûtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 196-197.
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