[79] 29. na, vaktur âtma-upadeçât, iti ced? adhyâtma-sambandha-bhűmâ hi asmin.
nicht, weil der Redende sich selbst bezeichnet, meint ihr? Aber es ist ja darin eine Menge von Beziehungen auf die innere Seele.

Auf die Behauptung, dass der Prâṇa das Brahman sei, wird eingewendet, ›dass man bei dem Worte Prâṇa »nicht« das höchste Brahman verstehen dürfe; weshalb? »weil der Redende sich selbst bezeichnet«. Nämlich der Redende, d.h. Indra, ist eine bestimmte, individuelle Gottheit, und diese erklärt dem Pratardana sich selbst, denn es heisst: »so erkenne mich«, und weiter: »ich bin der Prâṇa, bin das Erkenntnis-Selbst«; hier wird der Prâṇa durch das Wort »ich« als das Selbst des Redenden bezeichnet; wie kann er also das Brahman sein? Denn dem Brahman kommt doch kein Reden zu, indem die Schrift von ihm sagt, dass er »ohne Rede, ohne Verstand« (Bṛih. 3, 8, 8) sei. Hierzu kommt weiter, dass Indra von sich nur solche Eigenschaften zu rühmen weiss, die zwar wohl auf individuelle Wesen, nicht aber auf das[79] Brahman passen; so z.B. wenn er sagt: »ich erschlug den dreiköpfigen Tvâshṭra, ich gab die Büsser, welche sich dem Vedaworte abgewandt [so erklären die Vedântatheologen das aus arurmagha, ›unfreigebig‹ Ait. br. 7, 28 zurechtgelegte arunmukha], den wilden Hunden« (Kaush. 3, 1.) Die Bezeichnung als Prâṇa ist auf Indra passend wegen seiner Kräftigkeit; denn es heisst »fürwahr, die Kraft ist Leben (prâṇa)«, Indra aber gilt für die Gottheit der Kraft, und alles, was Kraftäusserung ist, das ist, wie man sagt, ein Werk des Indra. Auch dass der Prâṇa das Erkenntnis-Selbst heisst, passt zu einer Götterseele, wegen der Ungehemmtheit ihrer Erkenntnis; denn die Götter haben, wie man sagt, eine ungehemmte Erkenntnis. Steht es aber einmal fest, dass die Seele des Gottes [Indra] gemeint sei, so muss man die Worte, welche ihn für das Beste u.s.w. erklären, so gut es geht, | eben darauf beziehen. Darum also, weil der Redende, nämlich Indra, sich selbst bezeichnet, kann der Prâṇa nicht das Brahman sein.‹ –

Dieser Einwurf wird ins Gleiche gebracht durch die Worte [des Sűtram]: »aber es ist ja darin eine Menge von Beziehungen auf die innere Seele.« – Beziehungen auf die innere Seele, d.h. auf das innere Selbst; von solchen ist eine Menge, eine grosse Anzahl darin, in dem betreffenden Abschnitte, zu bemerken. So wenn es heisst: »so lange in diesem Leibe der Prâṇa weilt, so lange weilt das Leben« (Kaush. 3, 2.) Nur auf den Prâṇa, das Erkenntnis-Selbst im Innern, passt die Freiheit, das Leben zu geben und zu nehmen, von der hier die Rede ist, nicht aber auf irgend eine bestimmte Gottheit, welche selbst [vom Prâṇa] abhängig ist. Ferner wird durch die Worte: »und die Seligkeit der Lebensorgane liegt in dem, was sie sind« (Kaush. 3, 2) auf den das innere Selbst bildenden Prâṇa als auf den Träger der Sinnesorgane hingewiesen. Weiter heisst es: »der Prâṇa (Leben) nur, das Erkenntnis-Selbst, umspannt diesen Leib und richtet ihn auf« (Kaush. 3, 3); und: »nicht die Rede soll man erforschen, sondern erkennen den, der da redet«; und weiter: »wie bei einem Wagen der Radkranz an den Speichen, und die Speichen an der Nabe befestigt sind, so sind diese Wesenselemente an den Erkenntniselementen und die Erkenntniselemente | an dem Prâṇa befestigt. Dieser Prâṇa allein ist das Erkenntnis-Selbst, ist die Wonne; er altert nicht und stirbt nicht« (Kaush. 3, 8); – was hier für alle Beschäftigung der Sinnesorgane mit den Sinnendingen als die Nabe aller Speichen hingestellt wird, das ist nur das innere Selbst (pratyag-âtman), und von eben demselben heisst es (Kaush. 3, 8) zum Schlusse: »›er ist meine Seele!‹, so soll man begreifen.« Diese Worte passen nur, wenn man sie von dem innern Selbste, nicht wenn man sie von einer, selbst wieder von anderm abhängigen, Individualgestalt [des Indra] versteht. Und auch eine andre Schriftstelle[80] sagt: »das Brahman ist diese Seele, die allvernehmende« (Bṛih. 2, 5, 19.) Somit ist, wegen der »Menge von Beziehungen auf die innere Seele«, hier eine Belehrung über Brahman und nicht eine solche über eine Götterseele zu verstehen.

›Aber wie kommt es dann, dass der Redende [Indra] doch von sich selbst redet?‹ – Antwort:

Quelle:
Die Sűtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 79-81.
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