[225] 12. prâṇa-âdayo, vâkya-çeshât
der Prâṇa (Odem) und die andern, wegen des Folgenden.

In dem Verse, welcher auf den von den »Fünfwesenheiten« folgt, werden, um die Natur des Brahman darzulegen, fünf Stücke, nämlich der Prâṇa (Odem) u.s.w., erwähnt, indem es heisst (Çatap. br. 14, 7, 2, 21, parallel mit Bṛih. 4, 4, 18):


»Des Odems Odem und des Auges | Auge,

Des Ohres Ohr, sowie der Nahrung Nahrung,

Wer diese kennt, und des Verstand's Verstand;« –


und diese fünf in dem Folgenden erwähnten Stücke sind wegen des unmittelbaren Dabeistehens unter den Fünfwesenheiten zu verstehen. – ›Aber wie passt auf den Prâṇa u.s.w. das Wort jana (Wesenheiten)?‹ – Nun, passt das Wort jana etwa besser auf euere [Sâ khya-]Principien? Da man aber, in dem einen wie dem andern Falle, einmal von dem Gebräuchlichen abgehen muss, so hat man hier, um des Nachfolgenden willen, den Prâna u.s.w. zu verstehen und wegen ihres Zusammenstehens mit dem Worte jana anzunehmen, dass es der Prâṇa u.s.w. sind, welche hier einmal jana (eigentlich: »Leute«) genannt werden. Übrigens wird auch das Wort »Mann« (purusha), welches mit jana gleichbedeutend[225] ist, von den Prâṇa's (Lebenshauchen) gebraucht, denn es heisst von ihnen: »dieses fürwahr sind die fünf Mannen des Brahman« (Chând. 3, 13, 6), und ein anderes Brâhmaṇam sagt: »der Prâṇa fürwahr ist Vater, der Prâṇa Mutter« (Chând. 7, 15, 1.) Wegen des Kompositums aber steht ohne Widerrede fest, dass die Zusammenfügung [»Fünfwesenheiten«] eine konventionelle Bezeichnung bildet. – ›Aber wie kann man hier eine konventionelle Bezeichnung finden, da doch der Ausdruck nirgendwo vorher sich vorfindet?‹ – Man kann es, so antwortet einer [der früheren Erklärer], ebenso gut wie bei dem Worte »Ausbruch« u.s.w. Denn wenn, wegen des Zusammenstehens mit einem bekannten Begriffe, mit ihm ein Wort, dessen Begriff unbekannt ist, zu verbinden ist, so wird letzteres, weil es mit ersterem vereinigt | zur Aussprache kommt, in den Bereich seiner Bedeutung hineingedrängt, wie z.B. bei den Ausdrücken: »er opfert einen Ausbruch«, – »er schneidet einen Balken zurecht«, – »er bereitet eine Streu zu« [die unbestimmten Ausdrücke: Ausbruch, Balken, Streu, durch den Zusammenhang, in dem sie stehen, als technische Namen für ein bestimmtes Opfer, den Opferpfosten und das Opferbette sich ausweisen]. Ebenso muss auch in unserm Falle das Wort »Fünfwesenheiten«, da aus der Analysis des Kompositums feststeht, dass es eine Benennung ist, diese aber ein zu Benennendes erfordert, auf die im Nächstfolgenden namhaft gemachten Prâṇa u.s.w. sich beziehen. Einige hinwiderum wollen unter den »Fünfwesenheiten« die Götter, Ahnen, Gandharven, Dämonen und Rakshas' verstehen; wieder andere denken an die vier Kasten und an die Nishâda's als fünfte; und da in der That in dem Ausdrucke pâñcajanyâ viç das Wort pañcajana sich auf Volksstämme bezieht, so lässt sich etwas Derartiges auch hier ohne Widerspruch annehmen. Der Lehrer [Bâdarâyaṇa] aber, dem es nur darauf ankommt, zu zeigen, dass hier nicht die fünfundzwanzig Principien verstanden werden dürfen, erklärt sich wegen des Folgenden für den Odem u.s.w. – Man könnte einwenden: ›der Prâṇa u.s.w. kann zwar verstanden werden | in der Recension der Mâdhyandina's, da diese (Çatap. br. 14, 7, 2, 21) unter dem Prâṇa u.s.w. auch die Nahrung erwähnen; aber wie können unter den Fünfwesenheiten der Prâṇa u.s.w. in der Recension der Kâṇva's (Bṛih. 4, 4, 18) verstanden werden, da diese unter dem Prâṇa u.s.w. die Nahrung nicht mit erwähnen?‹ – Hierauf dient zur Antwort:

Quelle:
Die Sûtra's des Vedânta oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 225-226.
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