[693] 4. na pratīke, na hi saḥ
nicht in einem Sinnbilde, denn nicht kann ja er ...

Es heisst: »das Brahman soll man verehren als das Manas; dies in Bezug auf das Selbst; nun in Bezug auf die Gottheit: das Brahman soll man verehren als den Äther« (Chānd. 3, 18, 1); – »die Sonne ist das Brahman, so lautet die Unterweisung« (Chānd. 3, 19, 1); – »wer das Brahman als den Namen verehrt« (Chānd. 7, 1, 5.) – Bei derartigen sinnbildlichen Verehrungen erhebt sich die Frage, ob auch in ihnen eine Ergreifung des Ātman thunlich ist oder nicht. – Angenommen also, ›es gezieme sich, auch in ihnen den Ātman zu ergreifen; warum? weil aus der Schrift bekannt ist, dass das Brahman der Ātman ist; da nun auch die Sinnbilder, weil sie Umwandlungen des Brahman sind, das Brahmansein besitzen, so folgt, dass auch sie der Ātman sind.‹[693] – Auf diese Annahme erwidern wir: nicht an die Sinnbilder soll man das Denken des Ātman knüpfen; denn nicht kann ja er, d.h. der Verehrer, die disparaten Sinnbilder als seinen Ātman zusammenfassen. Und wenn behauptet wurde, dass auch die Sinnbilder als Umwandlungen des Brahman ihrem Wesen nach Brahman und folglich der Ātman seien, | so geht das nicht, weil dabei das Nichtsein der Sinnbilder sich ergiebt. Denn nur dadurch, dass man seine Natur als eine Umwandlung aufhebt, kann das zu Name u.s.w. Gewordene für Brahman gelten; wird aber die Natur des Namens u.s.w. aufgehoben, wie soll dann noch ihre Sinnbildlichkeit und das Ergreifen des Ātman in ihnen möglich sein? Übrigens lässt sich nicht darum, weil das Brahman der Ātman ist, in den Anweisungen zu einer bildlichen Anschauung des Brahman auch schon eine solche des Ātman finden, und zwar weil das Thätersein u.s.w. dabei nicht beseitigt wurde. Nur da aber, wo das Thätersein und alle andern Qualitäten des Saṃsāra beseitigt werden, kann das Brahman als der Ātman sich zeigen; wo sie hingegen nicht beseitigt werden, liegt nur eine Vorschrift der Verehrung vor; darum aber, weil der Verehrer mit den Sinnbildern gleichartig ist, kann er doch nicht seinen Ātman (sein Selbst) in ihnen ergreifen; denn man kann nicht sagen, dass bei einem Goldschmuck und einer Goldfigur das eine das Selbst des andern sei; vielmehr sind sie es nur insofern, als beide aus Gold bestehen; bei derjenigen Einheit aber, welche auf dem Brahmansein beider [der Seele und des Sinnbildes] beruht, ergiebt sich, wie wir sagten, das Nichtsein der Sinnbilder als solcher. Darum ist es nicht möglich, in den Sinnbildern die Anschauung des Ātman zu gewinnen.

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 693-694.
Lizenz:
Kategorien: