[420] 32. nitya-upalabdhi-anupalabdhi-prasa go, 'nyatara-niyamo vā anyathā
es würde ein unaufhörliches Wahrnehmen oder Nichtwahrnehmen folgen, oder sonst müsste eine Hemmung des einen oder andern [vorhanden sein].

Dieses Innenorgan nun, welches der Seele als Upādhi dient, wird hin und wider in verschiedener Weise bald als Manas bezeichnet bald als Buddhi oder auch als Erkenntnis oder Bewusstsein. Manche unterscheiden auch nach den Verrichtungen und schreiben die Verrichtung des Zweifelns u.s.w. dem Manas, hingegen die Verrichtung des Entscheidens u.s.w. der Buddhi zu. Dieses so beschaffene Innenorgan also muss notwendigerweise als vorhanden angenommen werden. Denn im andern Falle, wenn man es nicht annehmen wollte, würde »ein unaufhörliches Wahrnehmen oder Nichtwahrnehmen« die Folge sein. Denn da die sonstigen Bedingungen der Wahrnehmung, die Seele, die Sinnesorgane und die Sinnendinge, stets zur Hand sind, so würde eine unaufhörliche | Wahrnehmung die Folge sein; oder soll, auch wenn die Ursache zur Hand ist, die Wirkung ausbleiben können, so würde die Folge sein, dass nie und nimmer eine Wahrnehmung stattfände. Beides aber ist gegen die Erfahrung. Oder soll man vielleicht annehmen, dass bei »dem einen oder andern«, d.h. bei der Seele oder den Sinnesorganen, eine »Hemmung« ihrer Kraft bestehe? Eine solche Krafthemmung ist bei der Seele nicht möglich, weil sie unwandelbar ist; ebenso wenig aber ist sie bei den Sinnesorganen möglich; denn es geht nicht an, dass diese, während sie vorher und nachher in ungehemmter Kraft wirken, dann auf einmal ohne Veranlassung eine Hemmung ihrer Kraft erfahren.[420] Man muss also [ein Vermögen] annehmen, durch dessen Aufmerksamkeit und Nichtaufmerksamkeit die Wahrnehmung und Nichtwahrnehmung bedingt wird; und dieses ist das Manas. Und dem gemäss sagt auch die Schrift: »ich war anderswo mit meinem Verstande (Manas), darum sah ich nicht, ich war anderswo mit meinem Verstande, darum hörte ich nicht; denn nur mit dem Verstande sieht man und mit dem Verstande hört man« (Bṛih. 1, 5, 3.) Auch erwähnt die Schrift als Funktionen desselben das Verlangen u.s.w., wenn sie sagt: »Verlangen, | Entscheidung, Zweifel, Glaube, Unglaube, Festigkeit, Unfestigkeit, Erkenntnis und Furcht, alles dieses ist nur Manas« (Bṛih. 1, 5, 3.) – Somit ist es richtig, dass ihre [der Seele] Bezeichnung als solche [als minimal] geschieht, weil sie [im Samsārastande] als Kern die Qualitäten der Buddhi hat.

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 420-421.
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