[432] 43. aṅēo, nānā-vyapadeēād, anyathā ca api dāēa-kitava-āditvam adhīyata' eke
ein Teil, 1) wegen Bezeichnung der Verschiedenheit, und weil 2) auch hinwiderum, dass er Fischer, Spieler u.s.w. sei, von einigen gelehrt wird.

Wir zeigten, dass die Seele und Gott in dem Verhältnisse des Unterstützten und des Unterstützers zu einander stehen. Ein solches nun kann, wie die Erfahrung zeigt, nur zwischen zwei Verbundenen stattfinden, | wie z.B. zwischen dem Herrn und dem Diener oder wie zwischen dem Feuer und den Funken. Da nun auch zwischen der Seele und Gott das Verhältnis des Unterstützten und des Unterstützers statthat, so fragt sich, ob ihre Verbindung zu denken ist wie die zwischen dem Herrn und dem Diener oder wie die zwischen dem Feuer und den Funken. Man könnte bei dieser Frage annehmen, ›dass das Verhältnis ein unbestimmtes sei;‹ oder auch, da das Verhältnis von Beherrscher und Beherrschtem in der Regel ein solches zwischen einem Herrn und seinem Diener ist, so könnte man annehmen, dass ›die Verbindung zwischen Gott und Seele in dieser Art zu denken sei‹. – Hierauf antwortet der Lehrer: »ein Teil«, d.h. die Seele muss ein Teil von Gott sein, so wie die Funken von dem Feuer. Ein Teil soll heissen »gleichsam ein Teil«, denn ein wirklicher Teil ist bei einem Gegenstande, der keine Glieder hat, nicht möglich. – ›Aber wie kommt es, da Gott doch keine Glieder hat, dass die Seele nicht er selbst ist?‹ – »Wegen Bezeichnung der Verschiedenheit«; denn wenn es heisst: »ihn soll man erforschen, ihn soll man suchen zu erkennen« (Chānd. 8, 7, 1); – »wer ihn erkannt hat, der wird ein Muni (Schweiger)« (Bṛih. 4, 4, 22); – »der in dem Selbste wohnend ... das Selbst innerlich regiert« (Bṛih. 3, 7, 22 Mādhy.), – so liegt hierin die Bezeichnung einer Verschiedenheit, welche nicht angemessen wäre, wenn nicht wirklich eine Verschiedenheit stattfände. – ›Aber würde diese Bezeichnung der Verschiedenheit nicht viel besser durch den Vergleich mit dem Herrn und seinem Diener ausgedrückt werden?‹ – Darauf liegt die Antwort in den Worten: »und weil auch hinwiderum«; d.h. es findet sich eben nicht bloss die »Bezeichnung der Verschiedenheit«, so dass wir durch sie allein veranlasst würden, die Seele als einen Teil Gottes zu betrachten, sondern es liegt »auch hinwiderum« eine Bezeichnung vor, welche eine Nichtverschiedenheit zwischen beiden lehrt. In[432] dieser Weise nämlich | wird von einigen Vedaschulen gelehrt, dass das Brahman auch »Fischer, Spieler u.s.w. sei«, nämlich von den Anhängern des Atharva-Veda, bei denen es in dem Brahmanliede [nicht in unserer Sammlung] heisst:


»Brahman die Fischer und die Knechte

Brahman sogar die Spieler sind«;


d.h. auch die Fischer, diese armseligen Tagelöhner, und die Knechte, die sich an einen Hern hängen, ja sogar die Spieler, die das Würfelspiel betreiben, diese alle sind Brahman. Wenn hier die elendesten Geschöpfe erwähnt werden, so soll damit gesagt sein, dass alle Seelen, wie sie in das aus Namen und Gestalten gebildete Aggregat der Organe des Wirkens eingegangen sind, ohne Ausnahme Brahman sind. Dasselbe wird anderwärts gelehrt, wo von Brahman die Rede ist und es heisst (Ēvet. 4, 3 = Atharva-veda 10, 8, 27):


»Du bist das Weiib, du bist der Mann, das Mädchen und der Knabe,

Du wächst, geboren, allerwärts, du wankst als Greis am Stabe«;


und (Taitt. ār. 3, 12, 7):


»Wenn alle Formen überdenkt der Weise

Und sie als Namen bloss begreifend dasitzt,«


und: »nicht giebt es ausser ihm einen Sehenden« (Bṛih. 3, 7, 23); diese und andere Stellen beweisen, dass alle Seelen Brahman sind. Dasjenige aber, worin die Seelen und Gott identisch sind, ist die Geistigkeit, so wie dasjenige, worin das Feuer und die Funken identisch sind, die Hitze ist. – Also deswegen, weil beide sich als verschieden und doch wieder nicht verschieden zeigen, muss man die Seele als einen Teil Gottes auffassen. – Und warum weiter muss man sie als einen Teil desselben auffassen?

Quelle:
Die Sūtra's des Vedānta oder die Ēārīraka-Mīmāṅsā des Bādarāyaṇa. Hildesheim 1966 [Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1887], S. 432-433.
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