II. [93] Fünf Sprüche eines indischen Weisen

1.

Was ist Gewinn? mit Guten streben.

Was Schaden? unter Toren leben.

Was ist Verlust? verlorne Zeit.

Der beste Witz was? Redlichkeit.

Der rechte Mut? vorm Bösen scheu.

Das beste Liebchen? Ehweib treu.

Was Reichtum? seine Kunst verstehn.

Was ist Glück? nicht auf Reisen gehn.

Was Königsmacht? die Seinigen sich gehorchen sehn.


2.

Die arm sind an bösen Worten,

Reich an guter Reden Horten.

Nicht verleumden, noch lügen,

Und mit ihren Fraun sich begnügen:

Wo immer sie sind erschienen,

Die Erd' ist geschmückt mit ihnen.


3.

Von eines Helden Fußtritt nur

Wo berührt wird die Erdenflur,

Zittert sie freudig allzumal,

Wie getroffen vom Sonnenstrahl.


4.

Und wenn auf Erden gleich

Bliebe kein Lotosteich,

Doch scharrte nie der Schwan

Im Miste wie der Hahn.


[94] 5.

Weise muß man ehren,

Auch wenn sie nicht Weisheit lehren.

Was ihnen nur fällt vom Munde,

Ist immer heilige Kunde.

Quelle:
Indische Liebeslyrik. Baden-Baden 1948, S. 93-95.
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