b. Das spezifizierende Maß

[399] Das Maß ist spezifisches Bestimmen der äußerlichen Größe, d. i. der gleichgültigen, die nun von einer anderen Existenz überhaupt an dem Etwas des Maßes gesetzt wird, welches zwar selbst Quantum, aber im Unterschiede von solchem das Qualitative, bestimmend das bloß gleichgültige, äußerliche Quantum, ist. Das Etwas hat diese Seite des Seins-für-Anderes an ihm, der das gleichgültige Vermehrt- und Vermindertwerden zukommt. Jenes immanente Messende ist eine Qualität des Etwas, dem dieselbe Qualität an einem anderen Etwas gegenübersteht, aber an diesem zunächst relativ mit maßlosem Quantum überhaupt gegen jene, die als messend bestimmt ist.

An Etwas, insofern es ein Maß in sich ist, kommt äußerlich eine Veränderung der Größe seiner Qualität; es nimmt davon nicht die arithmetische Menge an. Sein Maß reagiert dagegen, verhält sich als ein Intensives gegen die Menge und[399] nimmt sie auf eine eigentümliche Weise auf; es verändert die äußerlich gesetzte Veränderung, macht aus diesem Quantum ein Anderes und zeigt sich durch diese Spezifikation als Fürsichsein in dieser Äußerlichkeit. – Diese spezifisch aufgenommene Menge ist selbst ein Quantum, auch abhängig von der anderen oder ihr als nur äußerlicher Menge. Die spezifizierte Menge ist daher auch veränderlich, aber darum nicht ein Quantum als solches, sondern das äußere Quantum als auf eine konstante Weise spezifiziert. Das Maß hat so sein Dasein als ein Verhältnis, und das Spezifische desselben ist überhaupt der Exponent dieses Verhältnisses.

Im intensiven und extensiven Quantum ist es, wie sich bei diesen Bestimmungen ergab, dasselbe Quantum, welches das eine Mal in der Form der Intensität, das andere Mal in der Form der Extensität vorhanden ist. Das zugrunde liegende Quantum erleidet in diesem Unterschiede keine Veränderung, dieser ist nur eine äußere Form. In dem spezifizierenden Maße hingegen ist das Quantum das eine Mal in seiner unmittelbaren Größe, das andere Mal aber wird es durch den Verhältnisexponenten in einer anderen Anzahl genommen.

Der Exponent, der das Spezifische ausmacht, kann zunächst ein fixes Quantum zu sein scheinen, als Quotient des Verhältnisses zwischen dem äußerlichen und dem qualitativ bestimmten. Aber so wäre er nichts als ein äußerliches Quantum; es ist unter dem Exponenten hier nichts anderes als das Moment des Qualitativen selbst zu verstehen, welches das Quantum als solches spezifiziert. Das eigentlich immanente Qualitative des Quantums ist, wie sich früher ergeben hat, nur die Potenzbestimmung. Eine solche muß es sein, welche das Verhältnis konstituiert und die hier als die an sich seiende Bestimmung dem Quantum als der äußerlichen Beschaffenheit gegenübergetreten ist. Dieses hat zu seinem Prinzip das numerische Eins, das dessen An-sich-Bestimmt-sein ausmacht; und die Beziehung des numerischen Eins ist die äußerliche, und die nur durch die Natur des unmittelbaren[400] Quantums als solchen bestimmte Veränderung besteht für sich in dem Hinzutreten eines solchen numerischen Eins und wieder eines solchen usf. Wenn so das äußerliche Quantum in arithmetischer Progression sich verändert, so bringt die spezifizierende Reaktion der qualitativen Natur des Maßes eine andere Reihe hervor, welche sich auf die erste bezieht, mit ihr zu- und abnimmt, aber nicht in einem durch einen Zahlexponenten bestimmten, sondern einer Zahl inkommensurablen Verhältnisse, nach einer Potenzenbestimmung.


Anmerkung

Um ein Beispiel anzuführen, so ist die Temperatur eine Qualität, an der diese beiden Seiten, äußerliches und spezifiziertes Quantum zu sein, sich unterscheiden. Als Quantum ist sie äußerliche Temperatur, und zwar auch eines Körpers als allgemeinen Mediums, von der angenommen wird, daß ihre Veränderung an der Skala der arithmetischen Progression fortgehe und daß sie gleichförmig zu- oder abnehme; wogegen sie von den verschiedenen in ihr befindlichen besonderen Körpern verschieden aufgenommen wird, indem dieselben durch ihr immanentes Maß die äußerlich empfangene Temperatur bestimmen, die Temperaturveränderung derselben nicht der des Mediums oder ihrer untereinander im direkten Verhältnisse entspricht. Verschiedene Körper, in einer und derselben Temperatur verglichen, geben Verhältniszahlen ihrer spezifischen Wärmen, ihrer Wärmekapazitäten. Aber diese Kapazitäten der Körper ändern sich in verschiedenen Temperaturen, womit das Eintreten einer Veränderung der spezifischen Gestalt sich verbindet. In der Vermehrung oder Verminderung der Temperatur zeigt sich somit eine besondere Spezifikation. Das Verhältnis der Temperatur, die als äußerliche vorgestellt wird, zur Temperatur eines bestimmten Körpers, die zugleich von jener abhängig ist, hat nicht einen festen Verhältnisexponenten; die Vermehrung oder Verminderung dieser Wärme geht nicht[401] gleichförmig mit der Zu- und Abnahme der äußerlichen fort. – Es wird hierbei eine Temperatur als äußerlich überhaupt angenommen, deren Veränderung bloß äußerlich oder rein quantitativ sei. Sie ist jedoch selbst Temperatur der Luft oder sonst spezifische Temperatur. Näher betrachtet würde daher das Verhältnis eigentlich nicht als Verhältnis von einem bloß quantitativen zu einem qualifizierenden, sondern von zwei spezifischen Quantis zu nehmen sein. Wie sich das spezifizierende Verhältnis gleich weiter bestimmen wird, daß die Momente des Maßes nicht nur in einer quantitativen und einer das Quantum qualifizierenden Seite einer und derselben Qualität bestehen, sondern im Verhältnisse zweier Qualitäten, welche an ihnen selbst Maße sind.

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 5, Frankfurt a. M. 1979, S. 399-402.
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