c. Form und Inhalt

[94] Die Form steht zuerst dem Wesen gegenüber; so ist sie Grundbeziehung überhaupt, und ihre Bestimmungen [sind] der Grund und das Begründete. Alsdann steht sie der Materie gegenüber; so ist sie bestimmende Reflexion, und ihre Bestimmungen sind die Reflexionsbestimmung selbst und das Bestehen derselben. Endlich steht sie dem Inhalte gegenüber; so sind ihre Bestimmungen wieder sie selbst und die Materie. Was vorher das mit sich Identische war, zuerst der Grund, dann das Bestehen überhaupt und zuletzt die Materie, tritt unter die Herrschaft der Form und ist wieder eine ihrer Bestimmungen.

Der Inhalt hat erstlich eine Form und eine Materie, die ihm angehören und wesentlich sind; er ist ihre Einheit. Aber indem diese Einheit zugleich bestimmte oder gesetzte Einheit ist, so steht er der Form gegenüber; diese macht das Gesetztsein aus und ist gegen ihn das Unwesentliche. Er ist daher gleichgültig gegen sie; sie begreift sowohl die Form als solche als auch die Materie, und er hat also eine Form und eine Materie, deren Grundlage erausmacht und die ihm als bloßes Gesetztsein sind.

Der Inhalt ist zweitens das in Form und Materie Identische, so daß diese nur gleichgültige äußerliche Bestimmungen wären. Sie sind das Gesetztsein überhaupt, das aber in dem Inhalte in seine Einheit oder seinen Grund zurückgegangen ist. Die Identität des Inhalts mit sich selbst ist daher das eine Mal jene gegen die Form gleichgültige Identität; das andere Mal aber ist sie die Identität des Grundes. Der Grund ist in dem Inhalte zunächst verschwunden; der Inhalt aber ist zugleich die negative Reflexion der Formbestimmungen[94] in sich; seine Einheit, welche zunächst nur die gegen die Form gleichgültige ist, ist daher auch die formelle Einheit oder die Grundbeziehung als solche. Der Inhalt hat daher diese zu seiner wesentlichen Form, und der Grund umgekehrt hat einen Inhalt.

Der Inhalt des Grundes ist also der in seine Einheit mit sich zurückgekehrte Grund; der Grund ist zunächst das Wesen, das in seinem Gesetztsein mit sich identisch ist; als verschieden und gleichgültig gegen sein Gesetztsein ist es die unbestimmte Materie; aber als Inhalt ist es zugleich die formierte Identität, und diese Form wird darum Grundbeziehung, weil die Bestimmungen ihres Gegensatzes im Inhalte auch als negierte gesetzt sind. – Der Inhalt ist ferner bestimmt an ihm selbst, nicht nur wie die Materie als das Gleichgültige überhaupt, sondern als die formierte Materie, so daß die Bestimmungen der Form ein materielles, gleichgültiges Bestehen haben. Einerseits ist der In halt die wesentliche Identität des Grundes mit sich in seinem Gesetztsein, andererseits die gesetzte Identität gegen die Grundbeziehung; dies Gesetztsein, das als Formbestimmung an dieser Identität ist, ist dem freien Gesetztsein, d.h. der Form als ganzer Beziehung von Grund und Begründetem gegenüber; diese Form ist das totale in sich zurückkehrende Gesetztsein, jene daher nur das Gesetztsein als unmittelbares, die Bestimmtheit als solche.

Der Grund hat sich damit überhaupt zum bestimmten Grunde gemacht, und die Bestimmtheit selbst ist die gedoppelte: erstens der Form und zweitens des Inhalts. Jene ist seine Bestimmtheit, dem Inhalte äußerlich zu sein, der gegen diese Beziehung gleichgültig ist. Diese ist die Bestimmtheit des Inhalts, den der Grund hat.[95]

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 6, Frankfurt a. M. 1979, S. 94-96.
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