B. Das Verhältnis der Kraft und ihrer Äußerung

[172] Die Kraft ist die negative Einheit, in welche sich der Widerspruch des Ganzen und der Teile aufgelöst hat, die Wahrheit jenes ersten Verhältnisses. Das Ganze und die Teile ist das gedankenlose Verhältnis, auf welches die Vorstellung zunächst verfällt; oder objektiv ist es das tote, mechanische Aggregat, das zwar Formbestimmungen hat, wodurch die Mannigfaltigkeit seiner selbständigen Materie in einer Einheit bezogen wird, welche aber derselben äußerlich ist. – Das Verhältnis der Kraft aber ist die höhere Rückkehr in[172] sich, worin die Einheit des Ganzen, welche die Beziehung des selbständigen Andersseins ausmachte, aufhört, dieser Mannigfaltigkeit ein Äußerliches und Gleichgültiges zu sein.

Wie sich das wesentliche Verhältnis nunmehr bestimmt hat, sind die unmittelbare und die reflektierte Selbständigkeit in derselben als aufgehobene oder als Momente gesetzt, die im vorhergehenden Verhältnisse für sich bestehende Seiten oder Extreme waren. Es ist darin enthalten erstens, daß die reflektierte Einheit und ihr unmittelbares Dasein, insofern beide erste und unmittelbare sind, sich an sich selbst aufheben und in ihr Anderes übergehen; jene, die Kraft, geht in ihre Äußerung über, und das Äußerliche ist ein Ver schwindendes, das in die Kraft als in ihren Grund zurückgeht und nur ist als von derselben getragen und gesetzt. Zweitens ist dies Übergehen nicht nur ein Werden und Verschwinden, sondern es ist negative Beziehung auf sich, oder das seine Bestimmung Ändernde ist darin zugleich in sich reflektiert und erhält sich; die Bewegung der Kraft ist nicht sosehr ein Übergehen, als daß sie sich selbst übersetzt und in dieser durch sie selbst gesetzten Veränderung bleibt, was sie ist. – Drittens ist diese reflektierte, sich auf sich beziehende Einheit selbst auch aufgehoben und Moment; sie ist vermittelt durch ihr Anderes und hat dasselbe zur Bedingung; ihre negative Beziehung auf sich, die Erstes ist und die Bewegung ihres Übergehens aus sich anfängt, hat ebensosehr eine Voraussetzung, von der sie sollizitiert wird, und ein Anderes, von der sie anfängt.

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 6, Frankfurt a. M. 1979, S. 172-173.
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