Einteilung

[269] Der Begriff zeigt sich obenhin betrachtet als die Einheit des Seins und Wesens. Das Wesen ist die erste Negation des Seins, das dadurch zum Schein geworden ist; der Begriff ist die zweite oder die Negation dieser Negation, also das wiederhergestellte Sein, aber als die unendliche Vermittlung und Negativität desselben in sich selbst. – Sein und Wesen haben daher im Begriffe nicht mehr die Bestimmung, in welcher sie als Sein und Wesen sind, noch sind sie nur in solcher Einheit, daß jedes in dem anderen scheine. Der Begriff unterscheidet sich daher nicht in diese Bestimmungen. Er ist die Wahrheit des substantiellen Verhältnisses, in welchem Sein und Wesen ihre erfüllte Selbständigkeit und Bestimmung durcheinander erreichen. Als die Wahrheit der Substantialität[269] erwies sich die substantielle Identität, welche ebensosehr und nur als das Gesetztsein ist. Das Gesetztsein ist das Dasein und Unterscheiden; das Anundfürsichsein hat daher im Begriffe ein sich gemäßes und wahres Dasein erreicht, denn jenes Gesetztsein ist das Anundfürsichsein selbst. Dies Gesetztsein macht den Unterschied des Begriffes in ihm selbst aus; seine Unterschiede, weil es unmittelbar das Anundfürsichsein ist, sind selbst der ganze Begriff, – in ihrer Bestimmtheit allgemeine und identisch mit ihrer Negation.

Dies ist nun der Begriff selbst des Begriffes. Aber es ist nur erst sein Begriff; – oder er ist selbst auch nur der Begriff. Weil er das Anundfürsichsein ist, insofern es Gesetztsein ist, oder die absolute Substanz, insofern sie die Notwendigkeit unterschiedener Substanzen als Identität offenbart, so muß diese Identität das, was sie ist, selbst setzen. Die Momente der Bewegung des Substantialitätsverhältnisses, wodurch der Begriff geworden ist, und die dadurch dargestellte Realität ist erst im Übergange zum Begriffe; sie ist noch nicht als seine eigene, aus ihm hervorgegangene Bestimmung; sie fiel in die Sphäre der Notwendigkeit, die seinige kann nur seine freie Bestimmung, ein Dasein sein, in welchem er als identisch mit sich [ist], dessen Momente Begriffe und durch ihn selbst gesetzte sind.

Zuerst ist also der Begriff nur an sich die Wahrheit; weil er nur ein Inneres ist, so ist er ebensosehr nur ein Äußeres. Er ist zuerst überhaupt ein Unmittelbares, und in dieser Gestalt haben seine Momente die Form von unmittelbaren, festen Bestimmungen. Er erscheint als der bestimmte Begriff, als die Sphäre des bloßen Verstandes. – Weil diese Form der Unmittelbarkeit ein seiner Natur noch nicht angemessenes Dasein ist, da er das sich nur auf sich selbst beziehende Freie ist, so ist sie eine äußerliche Form, in der der Begriff nicht als Anundfürsichseiendes, sondern als nur Gesetztes oder ein Subjektives gelten kann. – Die Gestalt des unmittelbaren[270] Begriffes macht den Standpunkt aus, nach welchem der Begriff ein subjektives Denken, eine der Sache äußerliche Reflexion ist. Diese Stufe macht daher die Subjektivität oder den formellen Begriff aus. Die Äußerlichkeit desselben erscheint in dem festen Sein seiner Bestimmungen, wodurch jede für sich als ein Isoliertes, Qualitatives auftritt, das nur in äußerer Beziehung auf sein Anderes ist. Die Identität des Begriffes aber, die eben das innere oder subjektive Wesen derselben ist, setzt sie in dialektische Bewegung, durch welche sich ihre Vereinzelung und damit die Trennung des Begriffs von der Sache aufhebt und als ihre Wahrheit die Totalität hervorgeht, welche der objektive Begriff ist.

Zweitens. Der Begriff in seiner Objektivität ist die anundfürsichseiende Sache selbst. Durch seine notwendige Fortbestimmung macht der formelle Begriff sich selbst zur Sache und verliert dadurch das Verhältnis der Subjektivität und Äußerlichkeit gegen sie. Oder umgekehrt ist die Objektivität der aus seiner Innerlichkeit hervorgetretene und in das Dasein übergegangene reelle Begriff. – In dieser Identität mit der Sache hat er somit eigenes und freies Dasein. Aber es ist dies noch eine unmittelbare, noch nicht negative Freiheit.

Eins mit der Sache ist er in sie versenkt; seine Unterschiede sind objektive Existenzen, in denen er selbst wieder das Innere ist. Als die Seele des objektiven Daseins muß er sich die Form der Subjektivität geben, die er als formeller Begriff unmittelbar hatte; so tritt er in der Form des Freien, die er in der Objektivität noch nicht hatte, ihr gegenüber und macht darin die Identität mit ihr, die er an und für sich als objektiver Begriff mit ihr hat, zu einer auch gesetzten.

In dieser Vollendung, worin er in seiner Objektivität ebenso die Form der Freiheit hat, ist der adäquate Begriff die Idee. Die Vernunft, welche die Sphäre der Idee ist, ist die sich selbst enthüllte Wahrheit, worin der Begriff die schlechthin ihm angemessene Realisation hat und insofern frei ist, als er diese seine objektive Welt in seiner Subjektivität und diese in jener erkennt.[271]

Quelle:
Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Werke. Band 6, Frankfurt a. M. 1979, S. 269-272.
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