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[408] 1. Hier ist der Begriff des Körpers der Begriff eines letzten Ganzen (im Gegensatze zu den Gliedern des Körpers, welche relative Ganze sind), welches Willen, die Verbindung der Seele als nicht-inhärente Ursache und Bewegungen hat; und zwar ist er eine Art von allgemeiner Bestimmung (upâdhi), nicht aber eine Gattung, weil vermöge des Begriffes der Erde u.s.w. das Verhältniss eines Höheren und Niederen (von Gattung und Art) nicht möglich ist. Der Begriff des Saamenorgans ist der Begriff des Substrates für die Verbindung des innern Sinns, welche die Ursache des nicht die Erinnerung hervorbringenden Wissens ist, oder auch, beim Nicht-Vorhandensein des Substrates für die vom Tone verschiedenen hervortretenden besonderen Eigenschaften, das Substrat für die Verbindung des innern Sinns, welcher die Ursache des Wissens ist .....

Auch der Begriff des Sinnenorgans ist keine Gattung, weil vermöge des Begriffes der Erde das Verhältniss eines Höheren und Niederen unmöglich ist. Wenn auch der Begriff des Gegenstandes der Begriff dessen ist, welches als Mittel zur Wahrnehmung des Genusses dient, und dieser Begriff des Gegenstandes, welcher auf gewöhnliche Art offenbar macht, das Gemeinschaftliche des Nicht-Vorhandenseins der Gattungen der Substanz, der Eigenschaft und der Bewegung ist, so versteht das Sûtra doch die hervorgebrachte Substanz als Gegenstand, welcher auf gewöhnliche Art offenbar macht; denn das Sûtra sagt: die hervorgebrachten Substanzen, wie die Erde u.s.w., sind dreifach. Demnach ist auch der Begriff des Gegenstandes keine Gattung. U.

Gegenstand umfasst, wie der Upaskâra richtig, wenn gleich unklar, bemerkt, Körper und Organ; denn sie sind ebenfalls beide Gegenstände. Die Unterscheidung, welche hier gemacht wird, ist die, dass der Gegenstand hier den Gegenstand des Genusses, das Organ das Mittel zum Genusse, und der Körper das Substrat der Organe bezeichnet.

[406] 2. Wenn wegen des Geruches, der Feuchtigkeit, der Hitze (bei der Verdauung), des Athmens und des Raumgebens der Körper aus fünf Elementen bestände, so würde er nicht wahrnehmbar sein. Das Sûtra beweist durch ein Beispiel, wie nämlich die Verbindung zwischen der Luft und den Bäumen, zwischen dem Nicht-Wahrnehmbaren und dem Wahrnehmbaren, nicht wahrnehmbar ist, so würde auch (ein solcher) Körper nicht wahrnehmbar sein. Feuchtigkeit, (digestive) Hitze u.s.w. sind im Wasser, Feuer u.s.w. als den Stützen derselben, enthalten. Eben so verhält es sich mit den vier Elementen. Wohl denn, so sei er aus drei Elementen zusammengesetzt, weil drei Elemente wahrgenommen werden. Dem ist aber nicht so, weil ein Anfang aus verschiedenen (Elementen) verboten ist. Eine Eigenschaft in einem Ganzen ist nicht der Anfang von anderen Eigenschaften; wenn es deshalb einen Anfang gebe durch Erde und Wasser, dann müsste das von denselben Angefangene ohne Geruch und Geschmack sein. Eben so verhält es sich mit den übrigen Elementen. U.

3. Der Körper, welcher aus den wahrnehmbaren Elementen des Feuers, Wassers und der Erde gebildet ist, würde ebenfalls wahrnehmbar sein, wenn darin die besondere Eigenschaft offenbar wäre. Dies ist aber nicht der Fall; denn es ist gesagt, dass eine Eigenschaft, wie der Geruch u.s.w. keinen Anfang macht. Dennoch besteht der Körper nicht aus drei Elementen. U.

4. Wie werden denn im Körper Geruch, Feuchtigkeit und Hitze, welche durch drei Elemente entstehen, wahrgenommen? Die Antwort darauf ist: Die gegenseitige Verbindung der Atome, nämlich der Erd-, Wasser- und Licht-atome, ist nicht verboten, sondern es entsteht ein anderer Körper von einer solchen Verbindung als der nicht-inhärenten Ursache. Demnach ist es kein Widerspruch, dass der menschliche Körper Feuchtigkeit, Hitze u.s.w. enthält, sobald man ihn als eine Stütze des Wassers u.s.w. anerkannt hat. V.

Gautama sagt ganz kurz (3, 6, 28), dass der Körper erdig ist, weil die besonderen Eigenschaften der Erde darin wahrgenommen werden.

5. Der aus der Gebärmutter entsprungene Körper ist zwiefach, nämlich der aus Geburtshüllen entsprungene, und der aus dem Ei [407] entsprungene. Der aus Geburtshüllen entsprungene ist der Körper von Menschen, Vieh u.s.w., der aus dem Ei entsprungene der Körper der Vögel, Schlangen u.s.w. Der nicht aus der Gebärmutter entsprungene Körper, ist aus Hitze und Feuchtigkeit, oder aus Sprossen u.s.w. entstanden. Aus Hitze und Feuchtigkeit sind Mücken, Fliegen u.s.w., aus Sprossen Bäume, Gesträuche u.s.w. entsprungen. Der Geistkörper der sieben Rishi, der Manu u.s.w. ist lichtentstanden, nicht aus Erde gebildet. V.

6. Wie kann bei dieser Annahme der nicht aus der Gebärmutter entsprungene Körper der Manu u.s.w. entstehen, indem ja die Grundatome, welche mit Saamen, Blut u.s.w., vermittelst des Anfangens von bestimmten Körpern, anfangen, in diesem Falle nicht vorhanden sind? Dieser Zweifel wird im gegenwärtigen Sûtra gelöst. In diesem und in den drei nächstfolgenden Sûtra ist das zehnte zu suppliren: Es giebt nicht aus der Gebärmutter entsprungene Körper, d.h. es giebt Wasser-, Luft-, Licht-, und Geistkörper in dem Reiche des Varuna u.s.w ......, weil die Atome überall sind. V.

7. Ein besonderes Verdienst der individuellen Seelen, welche geboren werden sollen. V.

8. Nämlich solche Namen, welche nicht von den Vorfahren, dem Vater u.s.w. gegeben werden, wie z.B. die Namen des Topfes, des Gewebes u.s.w. Demnach giebt der Gott, von dem die Namen des Topfes gegeben werden, auch den nicht aus der Gebärmutter entsprungenen Körpern die Namen des Manu, Marîchi u.s.w. V.

9. Durch den Namen des Brahma u.s.w., welcher im Anfange der Schöpfung zuerst hervorgebracht wurde, weiss man, dass es einen nicht aus der Gebärmutter entsprungenen Körper giebt; denn nicht hatte Brahma zu der Zeit Vater und Mutter, welche die Namen des Brahma u.s.w. hätten geben können. U.

Anders die Vivriti, welche îśwararasya supplirt; der Sinn nach ihr ist: Weil Gott der Urheber des Namens ist.

Quelle:
Die Lehrsprüche der Vaiçeshika-Philosophie von Kaṇâda. In: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, Band 21, Leipzig 1867, S. 309–420, S. 406-409.
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