Dreizehntes Kapitel (65. Gegenstand).

Vorschriften betreffs der Sklaven und der Arbeiter: Vorschriften betreffs der Sklaven. Rechte und Pflichten des Herrn gegenüber den Arbeitern.

[285] Wenn die eigenen Leute eine minderjährige arische Person,1 abgesehen von einem Bauchsklaven, zum Verkauf oder zur Verpfändung bringen, so beträgt die Strafe bei einem Çūdra 12 paṇa, bei einem Vaiçya das Doppelte, bei einem Kshattriya das Dreifache, bei einem Brahmanen das Vierfache. Tun es fremde Leute, dann sind die erste, die mittlere, die höchste Sāhasabuße und der Tod die Strafen;2 auch für Käufer und Zeugen. Für Mlecchas ist es keine Sünde, ihre Nachkommenschaft zu verkaufen oder zu verpfänden. Keineswegs aber ist für den Ārya die Sklaverei da.3

[286] Wenn jedoch bei einem Unglück des Hauses, der Verwandten oder der Frauen die Leute einen Arier verpfändet haben und nun das Lösegeld bekommen, sollen sie zuerst ein Kind oder einen, der ihnen Hilfe geleistet hat, loskaufen.4

Jemand, der sich selber verpfändet hat, soll, wenn er einmal auskneift, verfallen sein (d.h. Sklave bleiben)A1, ein von einem anderen Verpfändeter, wenn zweimal; beide, wenn sie einmal davonlaufen und in ein Feindesland (oder: ein fremdes Land) wollen.

Dich lös' ich von Berg, Schwester, Mutter weg,

Von Vater, Freunden, Bruder weg.

Du Sklave, bist umpißt. Laß sehn,

Wohin willst du Umpißter gehn!


Wenn er hinausschweift, lege man ein Waldfeuer an und opfere darin die mit Schmelzbutter beschmierten Handschützer aus Kuçagras, die zum Anfassen der heißen Töpfe gebraucht werden, und spreche:


Weg halt der Flattrer dich, Flatterant;

Du dessen Sinne mir abgewandt.

In Indras Strick dich schnür' er, führ',

Den andern lösend, dich zu mir.


So wird er heimisch und ruhig werden«. Pārask.-Gṛih. III, 7. Zauberverse haben ja oft ein holpriges Versmaß. Aber der ganze Text ist in verdorbenem Zustand; denn z.B. statt pitroç ca bhrātroç ca muß man pituç ca bhrātuç ca setzen. Ich begnüge mich aber damit den letzten Spruch so wiederherzustellen:


Pari tvā hvalano, hvala,

nivṛittendriya, vīrudhat.

Indrapāçena sitvā tvā

mahyam muktvānyam ānayet.


Dabei ist es unsicher, ob muktvānyam bedeutet: den andern (zu dem es dich zieht, sei dies nun ein lieber Angehöriger daheim in den Bergen, sei es ein anderer Herr) von dir ablösend, oder: einen anderen (dafür aus seinen Fesseln) freilassend. Der Sklave soll ja weggehalten werden, natürlich von dem, zu dem er will.

Einen Sklaven aber, der Eigentum stiehlt, trifft eine halb so hohe Strafe, wie den, der einem seine Āryaschaft stiehlt.5 Wenn ein Verpfändeter entflieht oder stirbt oder Unglück hat, so muß der Verpfänder für die betreffende Summe aufkommen.

Wer einem männlichen Verpfändeten einen Toten, Kot, Urin oder Speisereste berühren macht oder (verpfändete) Frauen nackt hinstellt, gewalttätig behandelt oder entehrt, der verliert die betreffende Summe.6 Bei Ammen, [287] Dienerinnen, um den halben Feldertrag arbeitenden Frauen und Aufwärterinnen verschafft das ihnen die Freiheit. Rechtsgültig ist für einen Aufwärter (oder: Diener), der geschlechtlich mißbraucht wird, das Davonlaufen.7

Wer eine verpfändete Amme, die unter seiner Gewalt steht, gegen ihren Willen beschläft,A2 zahlt die erste Sāhasastrafe; steht sie unter der Gewalt eines anderen, dann die mittlere. Oder wer eine verpfändete Jungfrau entweder selber oder durch andere befleckt, verliert die betreffende Summe (das auf sie geliehene Kapital) und zahlt ihr den Brautpreis und das Doppelte davon als Strafe.

Die Nachkommenschaft eines Mannes, der sich selber verkauft hat, soll man als arisch (also auch als frei) betrachten.8 Was er selber erworben hat, ohne die Arbeit für den Herrn zu beeinträchtigen, das soll er haben dürfen;9 ebenso das Erbe vom Vater. Auf die Erlegung des Preises soll er die Āryaschaft erlangen (d.h. frei werden). Dasselbe gilt für den Bauchsklaven und den Verpfändeten. Und der für ihn hineingesteckten Summe10 soll das Loskaufsgeld entsprechen.

Einer, der zu einer Geldstrafe verurteilt ist (und nicht zahlen kann), soll durch Arbeit das Strafgeld herbeischaffen.11

Eine arische Person, die unter der Fahne (d.h. im Kriege) erbeutet worden ist, soll um das entsprechende Maß von Arbeit und Zeit12 oder um den halben Preis frei werden.

[288] Wer irgend jemand, der aus der Zahl der im Hause geborenen (d.h. als Sklaven geborenen) oder der als Erbteil empfangenen oder der (als Geschenk) erhaltenen13 oder der gekauften Sklaven ist, weniger als acht Jahre zählt und keine Verwandten hat, gegen seinen Willen an eine niedrige Arbeit oder in die Fremde tut, oder wer eine Sklavin, die schwanger ist und für deren Entbindungsunterhalt er nicht gesorgt hat, zum Verkauf oder zur Verpfändung bringt, zahlt die erste Sāhasastrafe; ebenso der Käufer und die Zeugen.

Wer einen Sklaven um ein angemessenes Loskaufsgeld nicht wieder zum Arier macht (d.h. freigibt), zahlt eine Strafe von 12 paṇa; ebenso wer ihn ohne guten Grund verhindert (frei zu werden).14

Das Eigentum eines Sklaven erben seine Blutsverwandten. Sind keine da, dann sein Herr.

Den vom Herrn mit seiner Sklavin Gezeugten soll man zusammen mit dessen Mutter als Nichtsklaven betrachten.15 Gehört die Mutter zum Hause und betreut sie die Angelegenheiten des Haushaltes (und ist sie deshalb unentbehrlich), dann soll ihr Bruder oder ihre Schwester frei werden.

Wer einen Sklaven oder eine Sklavin nach der Loskaufung noch einmal zum Verkauf oder zur Verpfändung bringt, zahlt 12 paṇa Strafe, abgesehen von solchen, die sich selber dazu erbieten.16

Dies die Vorschrift betreffs der Sklaven.17

[289] Eines Arbeiters Arbeitsverhältnis sollen die Nachbarn kennen.18 Wie verabredet, soll er den Lohn bekommen; den nicht verabredeten Lohn angemessen der Arbeit und der Zeit. Der Pflüger, der keinen vereinbarten Lohn hat, soll von der Ernte, der Rinderhirt von der Butter, der Händler von den Waren, mit denen er handelt,19 den zehnten Teil bekommen. Der aber, der einen verabredeten Lohn hat, je nach der Verabredung.A3

Die aus Grobhandwerkern, Kunsthandwerkern, Mimen, Ärzten, Vortragskünstlern, Dienern usw. bestehende Gruppe von Leuten aber, die auf Hoffnung hin arbeitet, soll den Lohn nach dem empfangen, wie ein anderer von derselben Art es macht,20 oder wie Sachverständige es festsetzen.

Auf Zeugen soll die Entscheidung der Sache beruhen (wenn Streitigkeiten wegen Lohn entstehen). Sind keine Zeugen da, dann soll der Richter da ein Verhör anstellen, wo die Arbeit war. Bei Lohnentziehung ist die Strafe das Fünffache als Entschädigungssumme.21 Oder 6 paṇa. Will sich einer herauslügen, dann ist die Strafe 12 paṇa oder das Zehnfache (des Lohnes) als Entschädigungsstrafe.A4

Wenn jemand, von der reißenden Strömung eines Flusses oder von Flammen oder Räubern oder einem wilden Tiere überwältigt, in seiner Not mit dem Versprechen, all sein Gut, seinen Sohn, sein Weib oder sich selber zu geben, einen zur Rettung herbeiruft und (durch dessen Hilfe) entrinnt, dann

soll er den Lohn geben, den Sachverständige bestimmen. Damit ist das Reu- oder Abfindungsgeld bei Versprechungen in großer Not für alle Fälle angedeutet.

Die Hure soll den Genußlohn empfangen, wenn es mit der geschlechtlichen Vereinigung stimmt. Eine ungebührliche Forderung aber soll null und nichtig sein wegen ihrer Torheit und Unanständigkeit.22

Fußnoten

1 Āryaprāṇa, auch S. 183, 1; 190, 13, »Arierleben« (vgl. »Aaronleben« usw.), Arierseele, wie wir ja auch »Seelen« für Personen gebrauchen, also arische Person. Vgl. jīvita, »Person« S. 175, 2.A5


2 Verkaufen oder verpfänden also die eigenen Leute einen minderjährigen Çūdra, dann beträgt die Strafe nur 12 paṇa; einen minderjährigen Vaiçya, 24 paṇa usw. Sind es aber fremde Leute, keine Verwandten, die einen minderjährigen Çūdra verkaufen oder verpfänden, dann zahlen sie die erste Sāhasabuße oder 48–96 paṇa; wenn sie einen Vaiçya zum Sklaven machen, dann 200–500 paṇa; wenn einen Kshattriya. 500–1000 paṇa. Wird das Verbrechen an einem Brahmanen begangen, dann erfolgt die Hinrichtung. Zu beachten wäre, daß der Çūdra bei Kauṭ, hier deutlich ein Arier ist, während doch schon in der Brāhmaṇalit. nur die drei oberen Kasten als solche gelten. Vgl. z.B. Weber, Ind. Stud. X, 4ff. Wegen des »Bauchsklaven« siehe die Nachträge.A6


3 Manu VIII, 412ff. heißt es: »Der Brahmane aber, der aus Habsucht sakramentlich geweihte Zweimalgeborene (d.h. Angehörige der drei oberen Kasten) wider deren Willen aus seiner Übermacht heraus Sklavendienst tun macht, soll vom König um 600 (paṇa) gebußt werden. Den Çūdra aber, mag er gekauft, oder nicht gekauft sein, lasse er Sklavendienst tun; denn nur zum Sklavendiens beim Brahmanen ist er von dem, Gotte, der aus sich selber entstanden ist, geschaffen worden. Auch wenn sein Herr ihn freigibt, kommt der Çūdra nicht von der Sklaverei los; denn diese ist ihm von Natur angeboren. Wer vermöchte da, sie von ihm wegzuschieben!« Bereits der erste Satz hat da all die Heimtücke, die Gesetzen so gewöhnlich eigen sind; schon wegen der Zweideutigkeit von dvija, das sehr oft Brahmane bedeutet, und wegen der Einschränkung: »aus Habsucht«. Denn auch die allerchristlichsten Völker unserer Zeit, die ja sichtlich weit höher stehen als so ein heidnischer Hindu, sengen und brennen, martern und morden, vergiften und verstümmeln unter ihren »zurückgebliebenen Brüdern« (the backward nations), nur weil es ihre heilige Pflicht ist, eine von Gott ihren unwilligen armen Schultern auferlegte Last – the white man's burden, nie, nie aber aus Habsucht (lobhāt)!A7 Vishṇu V, 151 schreibt vor: »Wer aber Menschen von den besten Klassen (oder: von der besten, d.h. der brahmanischen) zum Sklavendienste verwendet, den trifft die höchste Sāhasastrafe« – wieder ein Pröbchen juristischer Zweideutigkeit. Nārada V, 39 erklärt, daß die Sklaverei nicht wider den Strich der Kasten gelte, d.h. daß niemand einen Sklaven haben dürfe, der an Kaste über ihm stehe – die einzige einigermaßen vernünftige Regel. Denn es ist klar, daß alle Kasten einen Beitrag zu der Zahl der Sklaven stellten. Das zeigen schon die Listen der verschiedenen Arten von Sklaven in der Smṛiti, das beweist die übrige Literatur, das geht auch aus Kauṭ. selber hervor. Daß aber eine starke Strömung gegen die Versklavung der Zweimalgeborenen oder der Ārya, d.h. gewöhnlich der Mitglieder der drei oberen Kasten, in späterer Zeit gegen die der Kshattriya und besonders der Brahmanen da war, erhellt ebenso deutlich. Und so hat Kauṭilyas Ausspruch: »Der Ārya soll nicht Sklave sein«, als leitender Grundsatz seine gute Berechtigung. Nur wurde er halt bloß in beschränktem Maße befolgt. Übrigens war die bei Manu und sonst in der Literatur oft auftauchende Herabwürdigung des Çūdra zum guten Teil nur frommer Wunsch und frommer Betrug.


4 Oder: »ihnen Hilfe leisten kann« (sahāyyadātāram). Ich lese kulabandhunāryāṇām oder -nārīṇāṃ (nārya = Frauenschaft?). Das kulabandhanātūryāṇaṃ des Textes, das vielleicht nur Besserung Sham.'s ist, hieße: »Wenn aber bei einem Unglück durch Gefangenschaft oder Krankheit der Familie die Leute einen Arier« usw. Der Gen. gibt da bösen Anstoß. Wie der Satz im Texte steht, muß er wohl zum Vorhergehenden gezogen werden. Dafür bietet vielleicht auch das athavā eine Stütze. Dann: »Nicht aber ist für den Arier die Sklaverei da. Oder auch (da nicht), wo die (ganze) Familie gebunden (d.h. haftbar) ist, wenn es sich nämlich um das Unglück von Ariern handelt.« D.h. kommen Arier in mißliche Verhältnisse und verpfänden da ein Mitglied der Familie, und ist da diese in ihrer Gesamtheit und in all ihren Gliedern haftbar, so darf dieser Verpfändete doch nicht als Sklave angesehen werden, sondern er ist einfach ein zeitweilig Verpfändeter. »Und haben sie das Lösegeld bekommen« usw. Aber da ließen sich Bedenken erheben gegen den Gebrauch des Absolutivs; und daß bei den Verpfändeten ein solcher Unterschied zwischen Ariern und Nichtariern gemacht wurde, unterliegt starkem Zweifel.A8


5 Ein verflixter Satz, den dabei der Verfasser leicht hätte verständlicher gestalten können! Wegen des ist am natürlichsten die Annahme, daß hier wie im vorhergehenden Satz die Rede sei von dem, was der Sklave tut. Aber ein gewisser Parallelismus von vittāpahārin und āryabhāvam apaharant sowie die halbe Strafe rücken die Auffassung nahe: »Wer einem Sklaven Eigentum wegnimmt (stiehlt)« usw. Warum aber dann nicht dāsavittāpahāriṇo oder wenigstens dāsasya vittāpahariṇo? In beiden Fällen, besonders im ersten, schiene die Strafe auch zu gering zu sein. Eine dritte, dabei grammatisch völlig glatte Auslegung wäre: »Oder wenn jemand einem Sklaven, der Eigentum stiehlt, seine Āryaschaft wegnimmt (stiehlt) trifft ihn die halbe Strafe« (d.h. halb soviel wie den, der einen ehrlichen Sklaven seiner Āryaschaft beraubt). Das könnte sich kaum auf etwas anderes beziehen als auf den Fall, wo jemand einen Sklaven um sein Lösegeld nicht freigeben will. Aber das hätte dann auf Seite 183 unter Zeile 8 hingehört. Auch ist ja der Sklave kein Ārya. Nach der gewöhnlichen altindischen Anschauung kann der Sklave kein Eigentum besitzen, also auch keins erwerben; alles, was er hat oder erwirbt, gehört seinem Herrn. Siehe Weib im altind. Epos 167, 335, 389. Anders aber steht es bei Kauṭ. Vgl. die Nachträge.A9


6 D.h. das auf das betr. Pfand geliehene Kapital und jedenfalls auch das Pfand selber. Lies -grāhaṇam und nagnasthāpanaṃ. Auch nagnasnāpanam: »Der verpfändete Frauen einen Nackten baden macht« wäre möglich. Daṇḍapreshaṇa ist mir nicht klar. Gleich daṇḍapraṇayana »Bestrafung« wird es kaum sein. »Gewalttat (oder: Prügel) über jemand schicken« scheint möglich zu sein, klingt aber nicht natürlich. Die einzige ungezwungene Auffassung ist am Ende doch: »wer sie zum Heer (unter Soldaten) schickt«. Da auch in den anderen Gliedern die Rede ist von Verletzung der Keuschheit, so empföhle sich auch deshalb diese Auslegung.A10


7 Dies ist offenbar der Sinn, ob man nun abhiprajāta (vgl. 188, 4) stehen läßt oder es umändert in abhiprayāta »angegriffen, über den man herfällt«. Oder gar abhimehitasya »mit dem Schmutzerei getrieben wird« (vgl. 234, 13; 146, 12; Yājñ. II, 293)?A11


8 Solch einer ist nach Nār. V, 37 ein »allerniedrigster Mensch« und kann nie frei werden.A12


9 Der vorher Genannte, der sich selber in seiner Not verkauft hat, wie grammatisch am nächsten läge, oder der Sklave überhaupt? Auf jeden Fall können auch der »Bauchsklave« und der Verpfändete sich selber loskaufen, wie der zweitfolgende Satz beweist.


10 D.h. wohl den besonderen Ausgaben, die der Pfandherr an dies sein Pfand hat wenden müssen, wie das auch der gewöhnlichen Bedeutung des Wortes entspricht. Nicht aber wird das auf dieses Pfand geliehene Kapital gemeint sein. Vor allem aber ist prakshepa wohl das in einen gekauften Sklaven gesteckte Kapital, sein Kaufpreis. Hier also dann prakshepa wirklich = mūlya. Asya scheint mithin auf den Sklaven im allgemeinen zu gehen.


11 Es wäre das der daṇḍadāsa, der zeitweilige Sklave, der nur seine Geldstrafe abarbeiten muß, um frei zu werden. Kaum aber wird hier gemeint sein, daß der schon in Sklaverei Befindliche Geldstrafen durch vermehrte Arbeit leisten müsse, obwohl das an und für sich gewiß der Fall ist.A13


12 Wörtlich: »um das der (abgedienten) Arbeit und Zeit (oder: ›der Arbeitszeit‹) Entsprechende« wie 183, 17 und Manu VIII, 206: tasya karmānurūpeṇa deyo' ṃçaḥ: »dem muß sein Anteil gewährt werden gemäß der geleisteten Arbeit«. Im Sinne käme die andere mögliche Übersetzung: »um das (dem Lösegeld) Entsprechende in Arbeitszeit« auf dasselbe hinaus. Der Kriegsgefangene soll also frei sein, sowie er durch seine Arbeit sein Lösegeld abverdient hat.


13 So, wenn der labdha »der Erhaltene, Übermachte,« dem dātrima des Manu entspricht, was kaum zweifelhaft sein kann.


14 Lies saṃrodhayataç (oder weniger wahrscheinlich: saṃrodḥāc). Da der Sklave durch seine eigene nebenher verrichtete Arbeit Geld erwerben und sich sogar schließlich loskaufen kann, so ist solch ein Gesetz sehr nötig. Vgl. aber Übers. S. 291, 35ff.A14


15 Lies svasyām, das Sham. in der 2. Textausgabe als var. lect. auch wirklich verzeichnet. Gebiert also eine Sklavin von ihrem Herrn einen Sohn, dann ist sie samt diesem frei – wahrlich kein männerfreundliches Gesetz. Bequemer konnte man es einer nicht allzuhäßlichen Sklavin nicht machen. Auch Kātyāyana schreibt vor: »Wenn sich jemand mit seiner Sklavin vereinigt und diese davon einen Sohn gebiert, dann muß sie aus Rücksicht auf diesen Samen samt ihrem Sprößling freigegeben werden«. Wie unendlich viel besser haben doch die christlichen Völker die dem Herrn der Schöpfung und des Weibes zustehenden heiligen Rechte und überhaupt die Allgültigkeit des Grundsteins unserer Kultur, des Eigentums, geschützt und aufrecht erhalten!A15


16 Der Sinn ist mir gar nicht klar. Die einzige grammatisch unanstößige Auffassung ist diese: »nachdem er sie (einmal) losgekauft hat«, wohl vor allem von der Verpfändung. Danach hätte ein Herr einen bestimmten Sklaven auch nur einmal verpfänden dürfen. Das klingt nicht glaubhaft. Sodann braucht man sein Pfand doch nicht eigentlich loszukaufen. Man erhält es zurück, wenn man die Schuld bezahlt. Endlich: was soll hier »noch einmal verkaufen?« Oder soll es heißen: Wer einen losgekauften Sklaven usw. Da müßte nishkrīta stehen. Oder bedeutet nishkrī auch: auf das Lösegeld hin weggeben, losgeben, die Loskaufung annehmen? Eine solche Bedeutungsentwicklung wäre sehr natürlich und muß wohl, wenn der Text richtig ist, hier angenommen werden.


17 Kauṭ. kennt also fast all die von Nārada genannten fünfzehn Arten von Sklaven. Bei diesem erscheinen (V, 96ff.): 1. der im Hause geborene, 2. der gekaufte, 3. der Geschenkte (labdha), 4. der Geerbte, 5. der, der sich aus Hungersnot in Sklaverei begeben hat, 6. der von seinem Herrn verpfändete, 7. der sich so von einer großen Schuld befreit hat (der in Schuldknechtschaft lebende), 8. der aus dem Kampf erbeutete, 9. der in einem Glücksspiel oder in einer Wette gewonnene, 10. der, der mit den Worten: »Ich bin dein« sich selber gestellt hat, 11. der abtrünnige Büßer, 12. der nur auf bestimmte Zeit verknechtete (kṛita, kṛitaka), 13. der um seinen Unterhalt Sklave gewordene, 14. der eine »Stute« (d.h. eine Haussklavin) geheiratet oder sich als Beischläfer ihr zugesellt hat und von ihr erhalten wird, 15. der sich selber verkauft hat. Vgl. Stein, Meg. und Kauṭ. S. 111f.A16


18 Oder: »die ihm nahe Stehenden« (āsanna)?


19 Vgl. tadvyavahartar damit handelnd, es verkaufend 387, 16; weniger wahrscheinlich: (alle) von den Sachen, mit denen sie umgehen (vgl. vyavahāra 112, 1; 113, 18).


20 D.h. je nach dem Lohn, um den ein anderer von demselben Beruf es macht, was nicht recht stimmen will, wenn doch alle auf Hoffung d.h. auf eine Art Trinkgeld arbeiten. Also vielleicht eher: wie ein anderer in der gleichen Lage, der sich dieselben Dienste leisten läßt, es hält.A17


21 Wie schon Sham. gesehen hat, haben offenbar daça und pañca Stelle getauscht. Bandha, die Summe, um die es sich handelt, wörtlich die Haftungssumme, ist also der Lohn, jedenfalls der Tagelohn. Der hätte dann wohl etwas über einen paṇa betragen.


22 Oder: »wenn sie den Umstandsbeweis für die geschlechtliche Vereinigung liefern kann« (saṃgamopaliṅganāt). O weh, da wird sie oft verlieren! Wer aber in der zweiten Hälfte des Çloka verlieren soll (jīyeta), das ist minder klar. Zunächst denkt man an törichte und unanständige Ansprüche der »hinter den Männern Herstreichenden«. Sieht man aber das schwere Geschütz des daurmatya (Torheit, Bosheit, Schlechtigkeit) und des avinaya (Unanständigkeit, schlechtes Betragen, Disziplinlosigkeit) aufgefahren, dann sagt man sich: »Und damit soll so ein Dirnenspätzlein totgeschossen werden?« Darum wird wohl der Mann gemeint sein, von dem es Nār. VI, 19 heißt: »Wer die Begattung (mit der Lohndirne) wo anders als in der vulva ausführt oder sie zwingt, mit vielen die Beiwohnung auszuüben, der soll den achtfachen Sold geben müssen, und ebensoviel (obendrein) als Anstandsbuße.« Das hier gebrauchte vinaya findet sich auch bei Bṛihaspati als Strafe des avinaya (Jolly, ZDMG 67, 71, 73), ebenso steht es MBh. III, 306, 19 von einer solchen Strafe (vinayaṃ dhā c. gen. pers.). Vgl. Nār. I, 133 usw., sowie vineya der, der eine Anstandsbuße oder ein »Schmerzensgeld« entrichten muß, Nār. III, 9; Einleit. I, 46, 49. Auch noch andere Schlechtigkeiten und Sauereien, die der Besucher verlangt, werden gemeint sein. Möglich wäre auch: »Eine über (das Gewöhnliche) hinausgehende Forderung soll null und nichtig sein, wenn sie töricht (schlecht, böswillig) oder unanständig ist.« Da wäre aber, wenigstens in Prosa, der Ablativ natürlicher als der Instrum.


A1 Gaṇ. sagt: »der darf nicht wieder zu dem Schuldherrn kommen, sondern muß sofort die betr. Schuld abzahlen«. Als ob er sich je verpfändet hätte, wenn er das vermöchte! Sodann wird sīdet auch kaum das heißen können. Wunderlich scheint es übrigens, daß in Altindien Sklaven überhaupt davonlaufen konnten, wo man doch unfehlbare Zaubermittel hatte, solch einen unruhigen Geist an Ort und Stelle zu bannen. »Die Umpissung des Sklaven. Wenn er schläft, lasse man den eigenen Harn in das Horn eines noch lebenden Tieres ab (vgl. Sāmavidhānabr. III, 5, 1; Kauçikas. 31, 6) und gehe, ihn herumgießend, dreimal von rechts nach links um ihn herum mit den Worten:


A2 Nach Gaṇ. eine, die unter ihrer eigenen Gewalt steht, also vor allem unverheiratet ist. Da hätte svavaça seinen gewöhnlichen Sinn. Aber die Strafe wäre im zweiten Fall zu gering; denn Ehebruch gilt als schweres Verbrechen. Auch ist ja das Weib in Altindien nie ihre eigene Herrin, wie wir hunderte von Malen lesen. In Wirklichkeit jedoch waren die Dienerinnen oft völlig alleinstehende Frauen, und jedem wird sofort Damayantī als Zofe in den Sinn kommen. So mag Gaṇ. dennoch recht haben.


A3 »Der Lohn soll am Anfang, in der Mitte oder am Ende der Arbeit bezahlt werden, je nach der Abmachung. Ist kein Lohn vereinbart worden, dann soll der Händler vom Gewinn an den Waren, der Hirt von den Erzeugnissen der Kühe (gobīja), der Feldbesteller (kṛishīvala) von der Feldfrucht den 10. Teil bekommen.« N. VI, 2f. Nach dem 10. Çloka der Hirte da aber die ganze Milchmenge jedes achten Tags und von 100 Rindern jährlich eine Kalbe, von 200 eine Milchkuh. Bṛ. XVI, 12f. gesteht dem Ackerbebauer ein Fünftel zu, wenn er zugleich Nahrung und Kleidung empfängt, sonst ein Drittel. Siehe auch N. VI, 4; Y. II, 193; Çukran. II, 291ff.


A4 Hier haben wir eine naturgemäße Strafe. Bei Vish. V, 153–159 aber muß er den ganzen Lohn herausrücken und dem König 100 paṇa als Strafe zahlen, sogar wenn er den Gedungenen vor der Zeit verschickt, und genau so der Arbeiter, wenn er die ausbedungene Arbeit (bhṛiti den Dienst; dies auch Bṛ. XVI, 18) vor der Vollendung liegen läßt. Das ist so toll wie M.'s Regel von der Feldfruchtverwüstung in VIII, 240 und hängt vielleicht mit ihr zusammen. Freilich nimmt Vish. aus seinem Kinderspielkasten besonders gern den Stempel »100 paṇa Strafe« heraus und drückt selbigen seelenvergnügt ab, einerlei wann und wo. Nach Bṛ. XVI, 8 muß der Herr, der eine Arbeit nicht bezahlen will, doch den Lohn und dazu eine entsprechende Geldstrafe leisten (vgl. 14).


A5 Prāṇa Person finden wir auch in Divyāv. ed. Cowell u. Neil S. 186; prāṇayuddha ist Einzelkampf (MBh. II, 20, 2).


A6 Kauṭ. ist auch hier weit menschlicher als die Wirklichkeit und die Rechtsliteratur. Denn daß die Eltern ihre Kinder in die Sklaverei verkaufen, lesen wir öfters in altindischen Schriften, und Kauṭ. selber gibt ein paar Zeilen später (182, 1–2; Übers. 287, 1–3) eine Regel für den Fall, daß in großer Not ein Kind verpfändet worden ist; ob das eigene Kind, läßt sich freilich nicht mit Bestimmtheit sagen. Nur noch Ā. II, 6, 13, 11 will das Recht der Eltern, ihre Kinder zu verschenken oder zu verkaufen, nicht anerkennen; ebenso wenig Çukran. IV, 5, 573f., obschon dort in 566–76 N. I, 37, 31b, 33, 38 reproduziert wird. Ausdrücklich aber erklärt Vas. XV, 1–4: Vater und Mutter haben das Kind hervorgebracht; so haben sie auch das Recht, es zu verschenken, zu verkaufen oder zu verstoßen; ausgenommen den einzigen Sohn, denn der muß das Geschlecht fortsetzen. Ebenso das freilich unechte Pariçishṭa des B. (VII, 5, 2–5). In N. I, 36–38 heißt es: »Nach dem 16. Jahr ist der Sohn handlungsfähig, selbständig, wenn er der Eltern beraubt ist. Leben sie noch, dann bleibt er unselbständig, sogar wenn er ins Greisenalter eingetreten ist. Von diesen beiden (Vater und Mutter) ist der Vater besser, weil der Same als vorzüglicher erscheint. Ist der Samengeber nicht mehr da, dann die Mutter; fehlt auch die, dann der älteste Sohn. Alle diese sind unter allen Umständen den von ihnen abhängigen gegenüber freie Herren; sie gelten als berechtigt zu züchtigen, von sich zu tun und zu verkaufen.« Natürlich die von ihnen Abhängigen; nicht aber ist die Rede von relinquishment of property, wie Jolly mindestens irreführend übersetzt. Vater und Sohn dürfen einander auch nicht gerichtlich belangen, noch kann einer beim anderen rechtsgültige Schulden machen, wie wir schon gehört haben. Wer als Zeuge dient in einem Streit zwischen Vater und Sohn, soll 3 paṇa Strafe zahlen, und wer zwischen beide tritt, achtmal so viel (Y. II, 239); nach Vish. V, 120f. im ersten Fall 10 paṇa, im zweiten gar die höchste Sāhasabuße, d.h. 1000 paṇa. Antare ca tayor yaḥ syāt bedeutet nämlich nicht: »wer Bürge zwischen beiden ist,« sondern vor allem: »wer sie entzweit,« wie z.B. auch MBh. V, 35, 43 zeigt, wo bhāryāpatyor antara »Differenz«, Veruneinigung von Gatten und Gattin heißt. Wer mit dem Vater einen Streit führt (vivadamāna), befleckt als Gast das Totenmahl. M III, 159; Vish. LXXXII, 28. Vgl. G. XV, 19. Mithin ist sowohl privates als gerichtliches Dazwischentreten auch da ausgeschlossen, wo der Vater sein Kind verkauft, und z.B. auch Milindap. S. 279 sagt, ein Vater, der von Schulden gedrückt sei oder den Lebensunterhalt nicht habe, dürfe seine Kinder verkaufen oder versetzen. Immerhin aber erscheint der Verkauf der eigenen Kinder in M. XI, 62 und Y. III, 236, ebenso wie der Verkauf der Gattin in M. XI, 62 und Y. III, 242 und der der eigenen Person in M. XI, 60 und Y. III, 240, auf der langen Liste der upapātaka oder geringeren Sünden. Vgl. Ā. II, 6, 13, 10; MBh. XIII, 46, 23. Eins aber schärft die Smṛiti als wichtig ein: die Sklaverei darf nicht gegen den Strich oder die Natur gehen, d.h. der Sklave darf nicht an Kaste höher stehen als sein Herr (so wenig, wie da das Weib den Gatten überragen darf). N. V, 39; Y. II, 183. Sodann: Die Sklaven müssen gut gehalten werden. Sogar durch fromme Werke wie Almosenspenden, Gäste Bewirten, Opfern usw. darf man nicht die Leute, denen man die Nahrung reicht: die Angehörigen und die Diener verkürzen. Sonst nützen diese Werke weder in dieser noch in jener Welt. B. II, 3, 16; M. XI, 10. Ja, Ā. II, 4, 9, 10ff. erklärt bei dieser Gelegenheit, sich selber, seiner Frau oder seinen Kindern dürfe man etwas abbrechen, nicht aber dem Sklaven, der für einen arbeite. Auch nur Sklaven haben und ausnutzen ist eine scheußliche Untat, wenigstens nach der höheren Ethik des edeln Kaufmanns in MBh. XII, 262, 38.

»Bauchsklave« (udaradāsa) bezeichnet nach Gaṇ. einen, der um Nahrung und Kleider zu erhalten in Sklaverei lebt. Das ist ungenau; denn das gölte ja auch vom ātmavikrayin. Der udaradāsa ist ein Kind oder sonstiges nicht handlungsfähiges Menschenwesen (aprāptavyavahāra!), das seine Gewalthaber nicht ernähren können, und das deshalb, um seinen Hunger zu stillen, selber wünscht, verkauft zu werden, während der ātmavikrayin »der, der sich selber verkauft« dazu natürlich sein eigener Herr sein muß (182, 14). Den »Bauchsklaven« aber verkaufen andere, wie Kauṭ. selber erklärt. Der bisherigen Auffassung, daß der »Bauchsklave« ein »Sklave von Mutterleib aus«, d.h. ein geborener Sklave sei, steht entgegen: 1. Kauṭ. hat ja selber den gṛihajāta »den im Hause gebornen« und führt diesen da auf, wo wir ihn erwarten dürfen: zusammen mit dem ererbten, dem geschenkten (labdha) und dem gekauften (183, 3). 2. Den udaradāsa, dagegen verkoppelt er mit dem Verpfändeten (182, 17) und stellt ihn mit dem, der sich selbst verkauft hat, zusammen (182, 14ff.). 3. Der Sklave ist ja kein Arier, wie uns Kauṭ. selber sagt (182, 16; 183, 7). Woher könnte da der als Sklave Geborne unter den arischen Personen auftreten? 4. Der Bewerber um die Bauchsklaverei wird von seinen Eltern oder sonstigen Verwandten verkauft. Über den in Sklaverei gebornen aber hat auch sein Vater keine Macht, außer wenn er der Besitzer der Mutter ist.


A7 Außerdem fragt es sich: Was heißt saṃskāra? Es bedeutet oft upanayana. Redet also M. hier von Ariern, die schon mit der hl. Schnur begabt sind, also nicht von jüngeren? Denn vor dem upanayana ist der Knabe dem Çūdra gleich. B. I, 2, 7 (= I, 2, 3, 6); Vas. II, 6; M. II, 172; Vish. XXVIII, 40. Aber man wird das ausdrückliche vṛittyā çudrasamo hy esha des B. und des Vas. überall zuziehen müssen. Auch dürfte ja nicht nur, sondern müßte, streng genommen, bei solch scharfer Auffassung der noch nicht beim Lehrer eingeführte Junge zum Sklavendienst gepreßt werden; denn einzig dazu hat den Çūdra besonders nach M. die Gottheit bestimmt.


A8 Gaṇ. bietet denselben Text dar wie Sham. Nach ihm: »Haben sie jedoch bei einer Notlage der Familie und bei einem Unglück von Ariern einen Arier (zeitweilig) verpfändet« usw. Daß aber kulabandhana = kulasya kṛicchraprāpti sei, bezweifle ich. Und sodann wäre auch oder ca nach āpadi nötig.


A9 Aber im Weib, S. 167, Anm. 1 muß es heißen: N. V, 41. Auch Mahānirvānat. XII, 111 erklärt, was jemand durch seine eigene Arbeit erworben habe, solle ihm gehören und sonst niemand. Nach XII, 25 ist also auch alles Selbsterworbene Eigentum der Frau.

Gaṇ. verzeichnet die Lesart āryadravyam apaharato und nimmt bhāva, das auch er im Texte darbietet, im Sinne von dravya. Ich könnte dafür bloß anführen, daß bhāva auch Ding bedeutet, meines Wissens aber nur als Gegenstand der Wahrnehmung oder vielleicht auch der Betätigung, also padārtha, wie auch Nīl. zu MBh. XII, 248, 1 es umschreibt. Siehe auch N. Einleit. I, 71 und das PW. bhāva 11). »Eigentum, Gut« könnte ich dafür nicht belegen. Möglich aber schiene es immerhin. Dann aber möchte ich lieber den Punkt hinter dāsasya setzen und dies Sätzchen zum Vorhergehenden ziehen: »Auch solche, die das Eigentum eines Sklaven stehlen (nämlich sollen Sklaven bleiben), Für den, der das Gut eines Ārya stiehlt, die halbe Strafe.« Auch der Sinn bei Gaṇ.'s Auffassung: »Den Sklaven, der Eigentum (doch wohl seines Herrn) stiehlt, trifft halb so viel Strafe wie den, der eines Ariers Gut stiehlt,« läßt arg viel zu wünschen übrig. Dann doch lieber: »Wer eines Sklaven Eigentum stiehlt, den trifft« usw. Aber dann sollte dāsasya an der Spitze stehen. Und vor allem: Das widerspräche dem Geiste des ganzen Kapitels. Wohl aber stünde mit ihm im schönsten Einklang āryabhāvasyāpaharato (weniger wahrscheinlich: āryabhava apaharato): »Stiehlt aber ein Sklave Eigentum, dann trifft ihn eine halb so hohe Strafe wie den Mann vom Stande des Ariers, der stiehlt.« Vgl. M. VIII, 387f.; N. Pariç. 51f. Ein Ausspruch wie M. VIII 417, daß der Herr unbedenklich seinem Çūdrasklaven dessen Gut wegnehmen dürfe, wozu man z.B. MBh. XII, 60 37 vergleiche, wäre also für Kauṭ. undenkbar.


A10 Nach Gaṇ. wäre daṇḍapreshaṇa »Schlagen mit Stock oder Knüttel«. Ich finde jetzt nur rājapreshito daṇḍaḥ (Pārask.-Gṛihy. III, 15, 21). Das bedeutet »vom König (über dich, den Baum) verhängte Gewalttat« (Vergewaltigung, d.h. vor allem die Fällung).


A11 Gaṇ. meint, es heiße: »Rechtsgültig ist für einen Aufwärter, der mit einer Sklavin ein Kind gezeugt hat, das Davonlaufen.« Utile dulci in der Tat, es sei denn, die Sklavin ist eine gar zu grausige Vogelscheuche! Außerdem wird nach der Smṛiti sogar der Freie durch Geschlechtsverkehr mit einer Sklavin selber zum Sklaven ihres Herrn. Bṛ. XV, 7. In N. V, 7 wird unter den unreinen Sklavenverpflichtungen als letzte aufgeführt: »dem Herrn je nach dessen Wunsch mit den Gliedern des Leibes zu Dienste Sein.« Das schlösse wohl auch Schmutzereien ein.


A12 Sogar durch regelrechten Sklavenbrief (dāsapattra) verkauft sich der arme Schelm, der weder Nahrung noch Kleider hat und in großer Not steckt. Bṛ. VIII, 10. Kāntāre heißt da »im Unglück« (wo man verloren ist, wie im wilden Wald, vgl. engl. to be out of the woods; nicht aber: »in the wilderness«).


A13 Die Zwangsarbeit zur Abtragung einer Schuld ist auch der Smṛiti wohlbekannt, nur besteht diese darauf, daß nicht ein an Kaste oder Rang Höherer von einem Niedrigeren so seiner Freiheit beraubt werden dürfe, noch auch je ein Brahmane. M. VIII, 177; IX, 229; Y. II, 43; Bṛ. VIII, 59.


A14 Wie aus den 12 paṇa Strafe hervorgeht, waren Sklaven sehr billig; denn die Strafen sind gewöhnlich höher als der Wert des Gegenstandes des Vergehens. Des Sklaven Wert kann sich da nicht mit einem Haustier vergleichen. Das erhellt auch aus der Einschätzung der Arbeitskraft oder Arbeitsleistung: Für eine Sklavin soll der fremde Benutzer 2 paṇa den Tag zahlen, für eine Milchkuh 8, für einen Zugstier 13, für ein Pferd 16. Quot. fr. N. VII, 11f. (SBE. XXXIII, S. 264f.) Vgl. die Viehpreise, die Pran Nath, Tausch und Geld S. 28f. herausrechnet, sowie die in Çukran. IV, 2, 188–206 angegebenen.

Über das Freiwerden von Sklaven verbreitet sich besonders N. V, 29ff. »Die vier ersten Arten, d.h. der im Hause geborne, der gekaufte, der als Geschenk erhaltene (labdha) und der ererbte werden nie frei außer durch die Gnade ihres Herrn; denn ihre Sklaverei entspricht dem regelrechten Gang der Dinge (kramāgata). Wer aber von diesen den Gebieter aus Lebensgefahr errettet, wird frei und bekommt Sohnesanteil. Der zur Zeit der Hungersnot aufgenommene (annākālabhṛita) erhält die Freiheit, wenn er ein Rinderpaar gibt (also weit mehr als er selber wert ist); denn was er während der Hungersnot verzehrt hat, wird nicht durch bloße Arbeit abgetragen. Der von seinem Gewalthaber verpfändete, wenn dieser die betr. Schuld bezahlt und ihn also auslöst; gibt er ihn an Zahlungs Statt, dann ist er wie ein gekaufter Sklave. Der durch Schulden in Sklaverei Geratene, sowie er das Darlehen samt Zinsen abträgt. Der auf bestimmte Zeit zum Sklaven gemachte (kṛitaka), wenn diese Zeit verflossen ist. Der, der sich selber zum Sklaven angeboten hat, der Kriegsgefangene (prāpta yuddhāt, dhvajaprāpta) und der in Spiel oder Wette gewonnene, wird frei durch Arbeit, die der Leistung dessen gleich ist, was dem Werte des Betreffenden entspricht (d.h. wenn er seinen Wert abgearbeitet hat, 34). Der abtrünnig gewordene Büßer kann nie und in keiner Weise frei und wieder rein werden, sondern muß immer Königssklave bleiben (vgl. Vish. V, 152; Y. II, 183). Der um seinen Lebensunterhalt Sklave Gewordene wird sofort frei, wenn er auf den Lebensunterhalt Verzicht leistet (upekshaṇa wörtl. das Wegsehen, Absehen von). Der von einer Stute, d.h. einer Sklavin, Erhaltene (oder: Herbeigezogene) durch Trennung von ihr. Der verächtliche Mensch, der sein eigener Herr ist und sich selber verkauft, ist der niedrigste unter den Sklaven und wird nie frei von der Sklaverei. Von Räubern Weggeholte und zu Sklaven Gemachte muß der König befreien. Ihre Sklavenschaft wird nicht anerkannt.« Vgl. Y. II, 182–83 (der mit Gewalt zum Sklaven Gemachte und der von Räubern Verkaufte muß freigelassen werden, ebenso wer dem Herrn das Leben rettet usw.). In Çl. 34 übersetzt Jolly pratiçīrshakadānena tulyakarmaṇā »on giving a substitute whose capacity for work is equal to theirs«. Da müßte man also wörtlich wohl so übertragen: »durch die Darbietung eines Stellvertreters, die die gleiche Arbeitskraft oder -menge darstellt«. Die logisch schlottrige Grammatik möchte da noch hingehen. Wo aber soll der arme Teufel den Stellvertreter herkriegen? Meine Auffassung deckt sich genau mit dem, was wir bei Kauṭ. finden. Pratiçīrsha oder pratiçīrshan kenne ich sonst nicht. »Stellvertreter« wäre sehr wohl möglich. Noch näher liegt wohl »das dem Kopf, d.h. der Person Entsprechende«.

Die Freilassung eines Sklaven findet mit einer gewissen Feierlichkeit statt. »Wer zufriedengestellten Sinnes ist und seinen Sklaven entsklaven will, der nehme von dessen Schulter einen Krug mit Wasser und zerbreche ihn. Mit Wasser, in das man unenthülstes und unzerbrochenes Korn (akshata, vgl. Shankar Pandit oder Nandargikar zu Raghuv. II, 21) und Blumen getan hat, besprenge er ihn auf dem Kopf, und nachdem er dreimal gesprochen hat: ›Du bist kein Sklave mehr‹ lasse er ihn hingehen mit dem Gesichte nach Osten«. N. V, 42f. So schenkt ein König den Dienerinnen, die ihm die Geburt eines Prinzen melden, all seinen Schmuck mit Ausnahme der Krone und benetzt ihren Kopf zum Zeichen, daß sie freigelassen sind. Kalpasūtra I, 98 mit Komm. Vgl. Devendras Tīkā zum Uttarajjh. MS C fol. 270a.


A15 Immerhin finden sich kleine Anläufe zu ähnlicher Menschlichkeit. Die mittelalterlichen Bußbücher schreiben vor: Der Herr darf nicht die Sklavin verkaufen, der er seine Gunst geschenkt hat. Sie wird schon dadurch frei. Aber Max Bauer bemerkt mit Recht dazu: »Es wird wenig genützt haben.« Die Dirne und ihr Anhang (1912) S. 13–18. Auch von Omar, dem zweiten Chalifen, wird berichtet, er habe die Bestimmung getroffen, daß eine Sklavin, die ihrem Herrn ein Kind geboren, nicht mehr verkauft werden dürfe. Schweiger-Lerchenfeld, Die Frauen des Orients S. 161. Dabei hat schon Hamurabi weit durchgreifendere Gesetze: »Wenn ein Mann von seiner Frau und seiner Sklavin Kinder hat, erben sie gleich, falls er bei Lebzeiten die Kinder der Sklavin ›meine Kinder‹ genannt hat. Wenn nicht, dann sollen die Sklavin und ihre Kinder die Freiheit erhalten.« §§ 170–71. Gibt die Gattin dem Manne eine Sklavin ins Bett und wird diese, wenn sie nun Kinder bekommt, übermütig und will den gleichen Rang mit der Herrin, so darf diese auch dann noch sie nicht verkaufen, wohl aber sie in ihre Dienerinnenschaft hinabstoßen. § 146. Auch die Juden kannten die Sitte, daß der Magd Sohn in solchem Fall Miterbe ist, sehr wohl, wie 1. Mose 21, 10 und Richter 11, 2 zeigen. Dagegen billigt Y. II, 133f. nur dem von einer Sklavin geborenen Sohn des Çūdra einen Anteil oder, wenn nach des Vaters Tod geteilt wird, einen halben zu, und vollends nach M. IX, 179 bekommt er nur auf gnädige Erlaubnis (des Vaters usw.) einen Teil.


A16 Auch nach Bṛ. XV, 7 wird der Verliebte, der eine Sklavin beschläft, selber zum Sklaven ihres Herrn. – Weniger zahlreich sind die Klassen der Sklaven in der gewöhnlichen Literatur. Drei Arten: im Haus geborene, um Geld gekaufte und kriegsgefangene (karamarānīta, auch dhajāhaṭa = dhvajāhrita) finden wir in Vin. III, 139f.; Sumangalavil. I, 168; vier Arten in Jāt. VI, 285. Der kriegsgefangene auch in Jāt. III, 147; 361; IV, 220.


A17 Schauspielern, Tänzern usw. schenkt man ordentlich »um des Ruhmes willen« (MBh. III, 313, 19.f); d.h. wohl, sie kommen überall herum und verbreiten Lob oder Tadel; was Wilh. Scherer »wandernde Journalisten« nennt, das waren im mittelalterlichen Europa und in Altindien zugleich nur zu oft auch Revolverjournalisten. Vgl. Çukran. III, 423.

Quelle:
Das altindische Buch vom Welt- und Staatsleben. Das Arthaçāstra des Kauṭilya. Leipzig 1926, S. 285-290.
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