Neuntes Kapitel (Fortsetzung des 61. Gegenstandes).

Verkauf von Liegenschaften, Dorfgrenzstreitigkeiten, Streitigkeiten wegen Feldern, Privatgrenzenbestimmungen, Schädigungen und Beeinträchtigungen.[265] 1

Blutsverwandte, Nachbarn und Gläubiger sollen in dieser Reihenfolge drankommen dürfen, Grundeigentum zu kaufen. Dann erst andere.

Außerhalb (des Handels) stehende benachbarte MännerA1 von den vierzig besten Familien sollen vor den Häusern2 das Haus ausrufen. Wenn vor den[265] Nachbarn und Dorfältesten Feld, Gurten mit Bäumen, Wasseranlage, Teich oder Reservoir (was eben in dem betr. Fall verkauft werden soll) in seinen Grenzen unter genauer Angabe der Grenzzeichen dreimal ausgerufen worden ist, mit den Worten: »Wer will es um diesen und diesen Preis kaufen?« und niemand Einsprache erhoben hat, soll es der Käufer ungehindert kaufen dürfen.3

Bei einer Steigerung des Preises durch Wettbewerb von Käufern soll der Zuwachs am Preis zusammen mit der Verkaufssteuer (çulka) in den Schatz des Königs gehen. Der sich zum Kauf Erbietende soll die Steuer entrichten. Auf Erbietung zum Kauf in Abwesenheit des Eigentümers steht eine Strafe von 24 paṇa. Findet der, dem das Erbieten gemacht wird, nach Ablauf von sieben Tagen keine Hilfe, dann muß er verkaufen. Setzt man sich über den zum Verkaufen Getriebenen hinweg, dann ist die Strafe bei einer Liegenschaft 200 paṇa; sonst beträgt die Strafe 24 paṇa. Soviel über den Verkauf von Liegenschaften.4

Einen Grenzstreit zwischen zwei Dörfern (sīmavivāda) soll eine den beiden benachbarte (sāmantā) Gruppe von fünf Dörfern oder Gruppe von zehn Dörfern mit Hilfe von feststehenden (d.h. von der Natur gesetzten, unverrückbaren) oder von künstlich angebrachten Grenzzeichen beilegen. Älteste der Bauern und der Hirten oder Männer von außen, die früher da Besitz gehabt haben und die Grenzzeichen kennen,5 mehrere oder einer, sollen die Grenzzeichen [266] im Einzelnen angeben und mit verkehrten Kleidern angetan die Grenze ziehen.6

Kann man aber die genau im Einzelnen angegebenen Grenzzeichen nicht sehen (d.h. ist die Grenze von den Beauftragten nicht deutlich und ordentlich bestimmt worden), dann beträgt die Strafe 1000 paṇa.7 Ebensoviel soll man denen auferlegen, die vom Dorfgrenzland, nachdem die Festsetzung erfolgt ist, etwas abstehlen oder die Grenzzeichen zerstören.

Ein Dorfgrenzgebiet aber, dessen Grenzzeichen die Brauchbarkeit verloren haben (d.h. dessen Grenzzeichen verschwunden oder doch nicht mehr klar sind), soll der König, je nachdem es förderlich ist, zuteilen.

Streit wegen (einzelner) Felder sollen die Nachbarn und Dorfältesten beilegen. Sind sie geteilter Ansicht, dann sollen sie das festsetzen, wofür die Meisten oder die als ehrlich Anerkannten sind. Oder sie sollen einen Mittelweg einschlagen.8 Wenn von den beiden Seiten, die darauf Anspruch machen, Falsches (Unbeweisbares) über die Liegenschaft ausgesagt worden ist, dann soll der König sie nehmen.9 Ebenso eine, die keinen Eigentümer hat. Oder er soll sie, wie es förderlich ist, zuteilen.

Auf gewaltsamer Aneignung steht bei einer Liegenschaft die Diebstahlsstrafe. Eignet sich jemand eine aus gutem Grunde zu, dann muß er nach Berechnung der Arbeit und des erzielten Gewinnes eine Entschädigungssumme leisten.10

Auf Abstehlung von Privatgrenzland steht die niedrigste Sāhasastrafe; auf Zerstörung der Grenzzeichen von Einzeleigentum 24 paṇa.

[267] Damit ist alles Nötige gesagt über Streitigkeiten wegen Büßwäldern, Weideland, Landstraßen, Leichenstätten, Göttertempeln, Opfer- und Wallfahrtsstätten.

Soviel von der Grenzbestimmung.

Alle Streitigkeiten werden mittels der Nachbarn entschieden.A2

Bei Schwierigkeiten,11 die Weideland, hochgelegenes Land, Rieselfelder, Gemüsegärten, Dreschtennengebäude12 oder Zugstierställe betreffen, soll man immer der zuerst kommenden Herr werden. Hochgelegene Strecken mit Ausnahme von Vedawäldern, Somawäldern, Tempel-, Opfer- und Wallfahrtsstätten.13 Wenn die Leute dadurch, daß sie mittels Reservoirs Land unter Wasser setzen oder bei der Benutzung von Nebenwegen (Feldwegen, upādhvan) zu Rieselfeldern in fremden Äckern den hergerichteten Boden oder die Saat schädigen, sollen sie einen Preis geben, der dem Schaden entspricht.A3 Wenn sie sich gegenseitig (also mutwillig und aus Rache) an Rieselfeldern, Baumgärten14 und Bewässerungswerken Schaden zufügen, doppelt soviel, wie der Schaden beträgt, als Strafe. Ein später angelegtes, weiter unten befindliches Reservoir darf nicht die Rieselfelder, die durch ein darüberliegendes Reservoir bewässert werden, überschwemmen. Ein weiter oben angelegtes darf nicht einem unteren Reservoir den Wasserzufluß hindern (abschneiden), außer einem solchen, das schon drei Jahre lang nicht mehr in Tätigkeit ist. Wird diese Regel übertreten, dann die erste Sāhasastrafe. Ebenso wenn jemand ein Reservoir abzapft (ausfließen macht).15

Das Eigentumsrecht auf Bewässerungsanlagen, die fünf Jahre nicht mehr tätig gewesen sind, soll erlöschen, ausgenommen in Fällen von Unglück. Bei Neuanlegung von Reservoirs und Bewässerungsdämmen gibt es eine Steuerfreiheit von fünf Jahren (für den, der eine solche neue Anlage macht); (bei Wiederherstellung) von zerbrochenen und liegengelassenen Steuerfreiheit auf vier Jahre; von hinaufgestiegenen (überwachsenen?) auf drei Jahre;16 bei [268] frischer Herrichtung (d.h. Urbarmachung) von hoch gelegenem Land auf zwei Jahre. (Und) er darf es frei von sich aus verpfänden oder verkaufen.17

Bei Bewässerung, die durch Gräben hervorgebracht wird, bei Gebieten mit Flußstauwerken (nadīnibandha), bei Reservoirs und bei Dammanlagen für Rieselfelder, Gärten und Gemüsebeete sollen die Besitzer das, was übrigbleibt von dem Teil Wasser, welches nötig ist für ihre eigenen Feldfrüchte und Blattpflanzen,18 sogar auch anderen abgeben, je nachdem es förderlich ist.19 Und die den Gebrauch haben von Bewässerungsanlagen, welche ihnen auf eine Gesamtpachtsumme oder auf einen zeitweiligen Mietszins20 oder auf eine Verpfändung hin oder um eine Naturalienabgabe oder zur Nutznießung überlassen worden sind, sollen sie ausbessern und instand halten. Bessern sie sie nicht aus, dann doppelt soviel Strafe, als der Schaden beträgt.

Wenn jemand Wasser aus Bewässerungsanlagen hinausläßt, wo kein Ausfluß ist, oder da, wo ein Ausfluß ist, das Wasser anderer durch Fahrlässigkeit aufhält, eine Strafe von 6 paṇa.21

Fußnoten

1 So wenn in der Unterschrift dieses Kapitels (170, 13) der zweite Bestandteil von bādhābhādhikam = ābādhika ist. Aber möglich wäre ebensogut abādhika. Dann: »Bewahrung vor Schaden.« Bandhābādhika »Schädigung von Aufdeichungen« schiene weit besser zu entsprechen.


2 Oder: »vor dem betr. Hause«.


3 Lies yathāsetubhogaṃ wie 166, 4; 169, 1. Wörtlich: »je nach (in Übereinstimmung mit) der Anwendung der betr. Grenzzeichen«, d.h. je nach den Grenzzeichen, die dabei in Anwendung kommen, also: »unter genauer Anwendung der Grenzzeichen«. Āghushitavīta scheint zu bedeuten: durch die Ausrufung hindurchgegangen, aus der Ausrufung glücklich weggekommen, also ohne, daß jemand ein Hindernis in den Weg gelegt hat. Die Lesart trir āghushitam ist weit einfacher und – unwahrscheinlicher. Aber die des Textes sieht nicht recht natürlich aus.A4


4 Die ersten Wörter dieses Abschnittes sind im Text verderbt. Daß von einem Wettstreit der Käufer geredet wird, scheint klar zu sein. Soll man vielleicht svavargasya vā spardhitayor vā lesen: »Wenn eine Preissteigerung da ist, die da ausgeht entweder von seiner eigenen Gruppe (d.h. von den Leuten des Verkäufers, die ihm so Gewinn zufuhren wollen) oder von zwei Wettbewerbern«? Da der König doch das Drüber kriegt, erregt auch das Bedenken. Vikrayapratikroshṭar ist wörtlich »der auf den Verkauf durch Ruf Antwortende«; pratikrushṭa muß mithin der also Angerufene sein, d.h. der verkaufende Besitzer. Daß dieser sich nicht freiwillig von seinem lieben Eigentum trennt, sondern daß es sich um Zwangsverkauf handelt, liegt ziemlich klar zu Tage. Aber es muß alles in seinem Beisein abgemacht und ihm Gelegenheit geboten werden, selber sein Besitztum zu behalten oder wieder zu erwerben. Er bekommt also noch sieben Tage Gnadenfrist, damit er sich womöglich Hilfe schaffe. Pratikrushṭa findet sich noch 233, 4, bedeutet dort aber (um Hilfe) angerufen. Abhisarati zu Hilfe eilen steht z.B. auch 273, 8; 281, 12; Daçak. 143, 8; 148, 12 f. Wir haben hier aber wohl nicht den Abl. des Partizips, sondern abhisara mit tas. Abhisāra findet sich im Sinne von Helfer, (Kampf)genoß Daçak. 105, 2; 162, 7; MBh. V, 53, 1. Vgl. anabhisāra (das vielleicht auch hier einzusetzen ist) keine Helfer mehr findend, keinen Zuzug (an Soldaten) bekommend Kauṭ. 335, 4; dann: von verlorenen Gut, bei dem niemand mehr kommt, es einzulösen 190, 4.A5


5 Anabhijñā ist natürlich falsch. Soll man atyabhijñā lesen »sehr vertraut« (aber ati heißt doch allzusehr). Oder einfach abhijñā? Wohl dies letzte.A6


6 Ob bei viparītaveshāḥ an umgekehrt getragene oder an vertauschte, falsche Kleider, besonders auch Frauengewand (vgl. S. 146, 8), gedacht ist, läßt sich wohl kaum entscheiden; vielleicht an beides. Die Betreffenden machen sich unkenntlich, weil es ein unheimliches Amt ist. Sie wollen so den Geistern ein Schnippchen schlagen. Siehe Weib im altind. Epos S. 199, Anm. 1 und betreffs des ganzen Gegenstandes Jolly, Recht und Sitte S. 94 f. (Grenzstreitigkeiten).A7


7 Man erwartet, wie in den Parallelen steht: »wenn die Grenze falsch festgesetzt wird«. Die hohe Strafe erscheint auch nur dann als gerechtfertigt. Aber adarçane kann doch wohl nur auf undeutliche, also ungenügende Grenzbestimmung zielen. Auch adarçana »Nichtanerkennung« (also: »wenn die Grenze nicht als richtig angenommen werden kann«) erzeugt ernste Bedenken. Alles würde glatt, wenn man einen Ausfall annähme und etwa anṛitadarçane oder anyathādarçane läse: »wenn sich Verkehrtheit (betrügerische Bestimmung) der angegebenen Grenzen offenbart«.


8 Wörtlich: sollen die Mitte nehmen, split the difference, jeder der beiden Parteien einen Teil zuerkennen (madhyaṃ gṛihṇīyuḥ, vgl 176, 17).


9 Diese Auffassung von parokta wird wohl dem sonstigen Sinn des Wortes eher gerecht als meine ursprüngliche: »Wenn auf diese beiden Weisen die Liegenschaft umstritten bleibt, wenn beide Parteien Widerspruch erheben«. Eine dritte Möglichkeit wäre: »Wenn das beides fehlschlägt« (wörtlich »von der Sache weggeredet ist«). Aber ich könnte die zwei hier angenommenen Gebrauchsarten des Wortes nicht belegen.


10 Bandha eine Haftung, Haftungssumme, eine Sicherheit, hier aber wohl = Entschädigung. Es ist wohl vor allem an den Fall gedacht, wo ein Gläubiger einem nicht zahlungsfähigen Schuldner sein Eigentum wegnimmt. Dazu gibt ihm die Smṛiti das Recht.


11 Oder: bei Schädigungen (ābādha).


12 Trotz 172, 16 und anderen Stellen kaum: »Dreschtennen, Häuser«.


13 Oder: »hochgelegene Ländereien haben als Ausnahmen (d.h. bei denen bilden eine Ausnahme): Vedawälder« usw. Danach also: Wo es sich um Weideland, hochgelegenes Land usw. handelt, da soll immer dem Schaden zuerst gesteuert werden, der sich zuerst gezeigt hat (oder nach der anderen an sich möglichen Auffassung: in der Reihenfolge der eben gegebenen Aufzählung, wo dann Kauṭ., wie sonst, eine Parteilichkeit für das Weideland zu erkennen gäbe). Kommt aber hochgelegenes Land in Frage, das eine oder mehrere von den genannten Liegenschaften: Vedawälder usw. enthält, dann muß diesen vor allen anderen die Aufmerksamkeit zugewendet werden. Da wäre varja in etwas ungewöhnlicher Art gebraucht. Vielleicht aber haben wir hier nur eine Überschrift für die folgende Darlegung, die also die Bewässerung von Hochland mit Ausnahme der genannten heiligen Stätten beträfe.A8


14 Ārāma, das ich eben mehrere Male durch Garten mit Bäumen wiedergegeben habe, bezeichnet nicht nur einen Lusthain, sondern auch einen Garten mit Fruchtbäumen. Vgl. 244, 17. Freilich tragen ja auch die Bäume der Lustgärten zum Teil Früchte.


15 Wohl taṭākavāmane zu lesen. Mit -vāmanam: »dann die erste Sāhasabuße und (dazu als Strafe) die Entleerung des Reservoirs«.


16 Samupārūḍha ist hier unklar, die natürliche Bedeutung des Wortes: hinaufgestiegen. Es scheinen mir also Bewässerungsanlagen gemeint zu sein, die über die Ufer getreten sind und so Schaden gelitten haben, wenn auch keinen so großen, wie die vorhergehenden An sich könnte das Wort wohl wirklich: »überwachsen« (von Gestrüpp usw.) »overgrown with weeds« heißen. Aber da schiene eine Steuerbefreiung auf zwei Jahre reichlich viel Daß an Werke gedacht ist, die Schaden gelitten haben, erhellt wohl aus dem Zusammenhang und der Unterschrift des Kapitels.A9


17 So etwas wird das befremdende svātmā wohl heißen müssen. Wörtlich also: »Er ist Eigenselbst (freier Herr) in Bezug auf Verpfändung und Verkauf«. Daß nach den Rechtsschriften das Feld dem gehört, der es urbar macht, haben wir schon vernommen.


18 Parṇa Blatt = Blattpflanzen, Blattgemüse.A10 Oder varṇa mit B: »die verschiedenen Arten von Feldfrüchten«? Dies an sich schon bedenklich und in Kauṭ.'s gedrängtem Stil überflüssig


19 Oder: als Liebesdienst, Gefälligkeit? Schon eher: »... Blattpflanzen, oder auch anderen je nach der Gefälligkeit«, dem Dienst, dem Nutzen (den die Betr. gewähren)


20 Vgl. Stein S. 62, Anm. 2.


21 Pāra hat, wie mich dünkt, allzuviel Spekulation verursacht. Die gewöhnliche Bedeutung »Ufer« und daher Überfließungsstelle, Ausfluß genügt wohl vollkommen.A11


A1 Der Punkt ließe sich auch hinter bāhyāḥ setzen. So Gaṇ. Also: »Dann erst andere, solche von draußen. Benachbarte vierzig Männer von guter Familie sollen« usw. Das wäre reichlich tautologisch. Auf jeden Fall aber haben wir hier deutlich ein Vorkaufsrecht. Über dieses hat vorzüglich gehandelt N. N. Saw, Studies in Ancient Hindu Polity S. 156–161. Hinzu kämen auch die von Mookerji, Local Gov. 229 erwähnten Inschriften, nach denen die Vertreter der ganzen Dorfgenossenschaft ein Vorkaufsrecht auf Dörflereigentum hatten gegenüber Nichtdorfgenossen.


A2 Ebenso Vas. XVI, 13; N. XI, 2; M. VIII, 262; vgl. Y. II, 150. Wer die Grenze bezeugen oder ziehen soll: N. XI, 2–4; M. VIII, 253–55; 260–61; Y. II, 150–52; Bṛ. XIX, 8–9, (hier auch Räuber, als Leute, die viel im Freien herumstreifen), 11–15. Wie die Grenzbestimmer vereidet werden, sich feien und verfahren: N. XI, 10; M. VIII, 256; Y. II, 152; Bṛ. XIX, 10–11. Grenzbestimmung nach Ortsprüfung, Nutznießungsbeweisen, Schriften usw.: Vas. XVI, 14–15; N. XI, 16; Kāty. bei Burnell, South Ind. Palaeogr. S. 104. König als Grenzsetzer: N. XI, 11; Quot. fr. N. VII, 22; M. VIII, 165; Y. II, 153. Grenze im Monat Jyaishṭha (Mitte Mai bis Mitte Juni) zu ziehen: M. VIII, 245; denn da sind die Grenzzeichen gut zu sehen, weil das Gras von der Hitze vertrocknet ist. Grenzzeichen ober und in der Erde: N. XI, 4f.; Quot. fr. N. VII, 22; M. VIII, 246–52; Bṛ. XIX, 3–7; Y. II, 151; Mookerji, Loc. Gov. 225; 238; 240f. Strafen für Grenzzeichenzerstörung und Grenzverletzung: M. IX, 291; Vish. V, 172; Y. II, 155. Strafe für Wegnahme von Liegenschaften M. VIII, 264; Y. II, 155. Bemerkenswert ist es, daß die ältesten Smṛitiwerke sich also nicht mit diesen Fragen beschäftigen, abgesehen von den paar Worten bei Vas.


A3 Gaṇ. und Jolly haben -kedāropabhogaiḥ, das textkritisch wohl weniger wahrscheinlich ist. Nach Gaṇ.'s etwas nachlässiger Erläuterung müßte die wörtl. Übersetzung etwa so lauten: »durch die Anwendung der Herstellung von überflutenden Teichen und der Herrichtung von Rieselfeldern«. Wie sonderbar unbeholfen wäre da der Stil! Sodann kann ādhāraparivāha doch nicht jalaparivahanadīrghikāracanā bedeuten. Endlich wäre dann eher der Dual zu erwarten. Sein Text also besser: »Bei Nutzung der Reservoirs, der Überflutung und der Rieselfelder.«


A4 Wegen avyāhata einspruchslos vgl. N. I, 4; Bṛ. IX, 23.


A5 Was den Zwangsverkauf von Liegenschaften betrifft, vgl. die von Mookerji angeführten Inschriften in Loc. Gov. 224. Unsere Stelle birgt mehrere Dunkelheiten. Asvāmipratikroça könnte auch heißen: »Anerbietung zum Kauf gegenüber einem der nicht Eigentümer ist.« Da sollten dann Makler ausgeschlossen werden. N. N. Law meint, es bedeute »fraudulent announcement of sale of property of which the seller is not the proprietor« (Studies 162). Ob aber pratikroça das heißen kann? Hier schon wegen pratikruskṭa nicht. Meint aber Gaṇ. dasselbe wie Law mit seinem bhūmyanadhikāriṇaḥ, oder besagt seine Glosse: wenn einer, der kein Anrecht auf das Land (also kein Recht zu bieten) hat, ein Angebot macht? So gebraucht Kauṭ. asvāmin sonst nicht. Wie ich übersetzt Sham. Dagegen stimmen alle drei eben Genannten darin überein, daß sie in pratikrushṭātikrame das Partiz. als Neutr. »das Angebot« auffassen. Weil aber gerade vorher pratikrushṭa das Mask. ist, so trug ich Bedenken. Nach den drei Indern also: »Setzt man sich über das Angebot hinweg« (d.h. gibt man die Liegenschaft einem anderen). Da hat dann nach Gaṇ.'s ausdrücklicher Erklärung der Bieter die sieben Tage Gnadenfrist, den Kauf völlig ins Reine zu bringen. Aber was soll denn anabhisarataḥ sein? Gen. des Partiz. geht gar nicht, Abl. des Partiz. wohl dem Sinne nach, kaum aber grammatisch. Bleibt also nur das Subst. mit tas. Da sollte nun bei Gaṇ.'s Auslegung anyasmai nicht fehlen. Sodann werden abhisarati und dessen Ableitungen bei Kauṭ. fast immer in dem Sinn »zu Hilfe kommen« gebraucht. Siehe z.B. 200, 1; 206, 6–7; 301, 6; 302, 11, 13; 306, 6, bes. 190, 4. »Vor Gericht laufen« bedeutet es in 198, 4, »an etwas gehen« in 282, 4. Auch in der Sache schiene meine Auffassung besser. Trotz allem aber könnte Gaṇ. vielleicht Recht haben. Vgl. auch parikrushṭa durch allgemeine Einladung angeboten in Ā. I, 6, 18, 17.


A6 Wegen pūrvabhuktikā vā bāhyāḥ vgl. Bṛ. XIX, 12.


A7 Gaṇ. liest abahyā und sagt, jedenfalls nach frühern Glossen zu der Stelle, die Grenzbestimmer sollten nach der richtigen Sitte (samudācāra) verkehrte Gewandung, die von Frauen, rote Kleider, Kränze usw. tragen. Sind es abāhya Leute, die vom Dorf oder der Gegend selber kommen, dann ist diese Vorsicht besonders nötig; denn die an Ort und Stelle wohnenden Geister finden solche Leute unfehlbar, nicht aber die wieder davongehenden von auswärts. Bei allen als Zauber gegen Feinde gebrauchten Opfern sollen die Priester rote Kleider und rote Turbane tragen, während bei gewöhnlichen Opfern weiße für die Teilnehmer vorgeschrieben sind. Rote verhindern bei denen, daß die Opferspeise zu den betr. Gottheiten gelange. B. II, 8, 16 = II, 8, 15, 8.


A8 Wie auch Nītiv. 78, 7–8, wo man shaṇḍa lesen muß, zeigt wirklich so: »Bei hochgelegenen (überwachsenen) Strecken bilden eine Ausnahme: Vedawälder« usw. Alle Schwierigkeiten oder Streitigkeiten, die sich auf diese beziehen, sind also zuerst beizulegen.


A9 Nach Gaṇ.: »Bei Urbarmachung von überwachsenen Landstrecken (indem man Gras, Stümpfe usw. entfernt und sie sonst herrichtet)«. Sthala, das schon Sham. mit uncultivated tracts übersetzt, erklärt Gaṇ. zu 169, 12 und an unserer Stelle als »Gelände, dessen Gras und Stümpfe schon beseitigt sind«, das also leicht in Ackerland verwandelt werden kann. Zu 293, 18 freilich sagt er, es sei vṛishṭimātralabhyajala. Dies aber ist offenbar ad hoc erfunden. Freilich ob sthala, die für unsere Stelle angesetzte Bedeutung hat, weiß ich nicht. Die von Gaṇ. für samuparūḍha gegebene paßte vorzüglich. Wie rasch vernachlässigtes Land wieder in Wildnis übergeht, können wir ja aus N. XI, 26 ersehen. Aber dann sollte wohl der Sg. stehen wie im gleich folgenden sthalasya. Endlich redet ja der Kontext sonst von Bewässerungsanlagen. Daher fühlt man sich versucht, sogar zu übersetzen: »Wenn jemand die von hochgelegenem Land (wiederhergestellt), dann auf zwei Jahre«. Warum aber dann auf solchem Gelände die geringere Vergütung? Der in Indien oft so heftige und auch für Bewässerungswerke verheerende Regen kann wohl auf höher gelegenem nicht so schlimme Zerstörung daran anrichten wie auf tieferem. Aber genügt das? Daß der König bei Urbarmachung und Anlegung von Bewässerungswerken die Steuer erlasse, bis das Doppelte der Ausgaben eingebracht ist, befiehlt Çukran. IV, 2, 242–44. Ackerbau soll nach 225f. doppelt so viel abwerfen, als alle Auslagen mit Einschluß der Steuer betragen.

Statt svātmādhāne verzeichnet Gaṇ. die wohl glättende Lesart svāmy ādhāne.

Wie auf anderen Gebieten, so war auf dem der künstlichen Bewässerung Altindien hauptsächlich auf die Selbsthilfe angewiesen. Glücklicher das heutige, seit die Engländer in einzigartiger Weise Wandel geschaffen haben. Man lese da das aufschlußreiche Buch von A. Deakin, Irrigated India, London 1893. Von Beschädigung besonders durch die Regengüsse Indiens und Wiederherstellung der Bewässerungswerke hören wir oft. Sowohl für die Ausbesserung, wie für die Neuerrichtung sorgen nun wirklich öfters altindische Könige, aber sogar die Neuanlage fällt noch weit häufiger der Wohltätigkeit einzelner und den kleineren oder größeren Gemeinschaften zu; um so mehr natürlich die Instandhaltung und die Flickung. Siehe Mookerji, Loc. Gov. 140ff.; 229f.; Majumdar, Corp. Life 188ff. Daß der einzelne bei solchen Unternehmungen nicht selten auch fremden Grund und Boden zu Hilfe nehmen mußte, erhellt aus N. XI, 17ff. Wer aber eine früher errichtete und dann zerfallene Bewässerungsanlage (setu) in Stand setzt, ohne den Eigentümer zu fragen, der darf nicht die Frucht davon genießen (20). Vgl. Y. II, 156f.


A10 Parṇa Blattpflanzen, Blattgemüse erscheint z.B. auch in Vish. V, 86. Parṇaçāka Blattgemüse gilt in MBh. K XII, 141, 92 als sehr verachtetes Essen. Paṇṇaka im Pali ist Blattgemüse und paṇṇika überhaupt Händler mit grünem Gemüse.


A11 Die wohl weit bessere Lesart vāre und avāre bei Gaṇ. ergibt: »Läßt jemand aus Bewässerungsanlagen Wasser (auf sein Feld) ab, wenn er nicht an der Reihe ist, oder hindert er, wenn an ihm die Reihe ist, durch Fahrlässigkeit das Wasser anderer, dann eine Strafe von 6 paṇa«.

Quelle:
Das altindische Buch vom Welt- und Staatsleben. Das Arthaçāstra des Kauṭilya. Leipzig 1926, S. 265-269.
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