Vierzehntes Kapitel (66. Gegenstand).

Vorschrift für die Sklaven und die Arbeiter. Pflichten und Rechte der Arbeiter.[290] 1 Gemeinsame Unternehmungen.

Wenn ein gedungener Arbeiter (bhṛitaka) die Arbeit nicht macht, beträgt die Strafe 12 paṇa; ebenso wenn er ohne guten Grund ihr Hindernisse in den Weg legt.2

Ist er nicht fähig dazu oder die Arbeit schimpflich, oder kommt Krankheit oder Unglück,3 dann soll er zurücktreten dürfen oder (die Arbeit) durch einen anderen machen lassen dürfen. Die Ausgaben (die das verursacht) soll er durch Arbeit herausbekommen.4 Oder auch der Herr darf (die Arbeit [291] durch einen anderen) machen lassen, wenn nicht die Vereinbarung im Wege steht: »Du darfst sie durch keinen anderen machen lassen, noch ich sie einem anderen übergeben.«5

Wenn der Herr die (mit diesem Verbot verabredete) Arbeit (dann doch) nicht machen läßt, oder der Gedungene die Arbeit nicht macht, dann beträgt die Strafe 12 paṇa. Weist der Herr ihm Arbeit an etwas anderem (als dem Ausbedungenen) zu und hat er auch den Lohn empfangen, so braucht er, wenn er nicht will, sie nicht zu tun.A1

»Wenn jemand den (zu einer verabredeten Arbeit) Angetretenen sie nun nicht tun läßt, soll sie als ihm wirklich geleistet gelten.« So die Lehrer.

Nein, also Kauṭilya. Lohn gibt es für die getane Arbeit, nicht für die ungetane. Wenn er aber auch nur ein bißchen davon tun läßt und dann nicht mehr tun läßt, soll sie als ihm wirklich geleistet gelten. Wenn aber der rechte Ort und die rechte Zeit versäumt oder die Arbeit verkehrt gemacht wird,6 braucht er, wenn er nicht will, sie nicht als geleistet anzuerkennen. Tut einer mehr als verabredet worden ist, so soll er seine Mühe umsonst aufgewendet haben.7

Das Gesagte gilt auch für die Verbandsarbeiter. Ihre Gnadenfrist soll sieben Tage dauern. Dann mag man sich sonst jemand sichern (und damit die Vollendung der Arbeit).8 Und ohne es dem Herrn zu melden, soll der [292] Verband (von Arbeitern) nichts weglassen. Auch nichts hinzutun. Wird diese Regel übertreten, dann 24 paṇa Strafe. Für das vom Verband Weggelassene die halbe Strafe.9

Also die Rechte und Pflichten der gedungenen Arbeiter.A2

Die gedungenen Arbeiter eines Verbandes und die Leute, die sich zusammentun so und Arbeiten unternehmen (die genossenschaftlichen Unternehmer), sollen ihren Lohn, wie sie miteinander ausgemacht haben, oder gleichmäßig verteilen.

Pflüger oder Händler sollen dem (Genossen ihres Verbandes), der zwischen Anfang und Ende (der Bearbeitung, bzw. des Verschleißes) von Feldfrüchten oder von Kaufmannsgütern weggefallen ist, je nach der geleisteten Arbeit seinen Anteil geben. Ist ein (anderer) Mann für ihn eingetreten, dann sollen sie ihm (dem ursprünglichen Beauftragten) den ganzen Anteil geben.10

Ist aber die Ware, die der Weggefallene übernommen hatte, glücklich abgesetzt worden, dann soll dem Weggefallenen auf der Stelle sein Anteil (am Gewinn) gegeben werden. Denn gemeinschaftlich ist auf dem Wege Gelingen und Mißlingen.11

Geht aber, wenn die Arbeit im Gang ist, jemand, der gesund ist, davon dann beträgt die Strafe 12 paṇa; und geht einer davon, dann hat er keinerlei Vorrechte mehr (die er als erster gehabt haben mag).

Wenn man (dem Arbeitgeber) von einem, der sich zum ersten Male so vergeht, verrät, daß er mit seinem Arbeitsanteil diebisch umgeht, soll er ihm den Anteil zuweisen und Sicherheit (Straflosigkeit) gewähren. Bei wiederholtem Diebstahl Verjagung; ebenso wenn er anderswo hingeht.12 Bei einem [293] großen Vergehen aber soll man gegen ihn wie gegen einen Reichsschädling verfahren.13

Opferpriester sollen ihren Lohn, mit Ausnahme der Sachen, die dem einzelnen für seine besonderen Verrichtungen zukommen,14 je nach der Verabredung oder gleichmäßig verteilen. Und wenn bei den Opfern, wie Agnishṭoma usw., nach der Weihezeremonie (dīkshaṇa) ein Opferpriester wegfällt, so soll er den fünften Teil (des ihm Zukommenden) erhalten; wenn nach dem »Verkauf des Soma« (somavikraya), den vierten Teil; wenn nach dem »Topfaufleuchtenmachen« der mittleren »Belagerung«,15 den dritten Teil; wenn nach [294] der MayazeremonieA3, die Hälfte; wenn am Tage der Somapressung, dann nach der Morgenkelterung drei Viertel, nach der Mittagskelterung den ganzen Anteil; denn da sind die Opferhonorare gebracht worden.A4

Außer bei der Bṛihaspatikelterung16 werden ja bei jeder Kelterung Opferhonorare gegeben.

Damit ist das Nötige gesagt über die Opferlöhne bei einer Reihe von Opfertagen.

Für die weggefallenen sollen die übrigen gedungenen Priester die heilige Handlung bis zu zehn Tagen und Nächten ausführen, oder andere, die unabhängig sind.17 Wenn der Opferherr selber wegfällt, ehe die heilige Handlung vollendet ist, sollen die Opferpriester sie zu Ende führen und die Opfergabe empfangen.

Wer aber, ehe die heilige Handlung vollendet ist, seinen Opferherrn oder seinen Opferpriester im Stich läßt, zahlt die erste Sāhasastrafe.

Unterhält einer nicht die heiligen Feuer und besitzt doch hundert Kühe, oder bringt er nicht Opfer dar und besitzt doch tausend Kühe, ist einer ein Likörtrinker oder der Gatte einer Çūdrā oder ein Brahmanenmörder oder ein Beflecker des Ehebettes seines Lehrers oder darauf bedacht, Geschenke von Schlechten entgegenzunehmen, oder ein Dieb oder einer, der für einen Schmachbeladenen als Opferpriester wirkt, so ist es keine Sünde, einander aufzugeben, wegen der Gewißheit der Unreinheit eines solchen Opfers.18

Fußnoten

1 Adhikāra heißt hier und anderwärts in solchen Verbindungen kaum »Abschnitt« oder auch: »Gebiet, Tätigkeit«, sondern Befähigung, Berechtigung, Anspruch, d.h. sowohl das, was man leisten soll, als das, was einem an Rechten zukommt. »Arbeiteransprüche« sind also hier sowohl die Ansprüche von Arbeitern als auch die an die Arbeiter. »Rechte und Pflichten der Arbeiter« ist wohl eine gute Übertragung. Dieselbe Verwendung des Wortes hatten wir in der Unterschrift des vorigen Kapitels, in svāmyadhikāra. Zu saṃbhūyasamutthāna »vergesellschaftete Unternehmung« vgl. Manu VIII, 206ff. ff.; Nār. III, 1ff.; Bṛihasp. XIV, 1ff.; Yāj. II, 259f.A5


2 Wie es etwa unsere Streiker bei den »scabs« machen. Arme Arbeitgeber Altindiens, die den wunderbaren Schutz unserer glorreichen Sabotagegesetze entbehren mußten! Aber diese alten Heiden hatten halt doch noch nicht den rechten Begriff von der höchsten Errungenschaft, dem Eckstein menschlicher Gesittung, vom Eigentum des Reichen. Erklärt doch Kaut: »Das bürgerliche Leben hat als Grundlage die Ehe« (vivāhapūrvo vyavahāraḥ). Wie wichtig immerhin auch das Eigentum war, zeigt sich schon an der hohen Bedeutung und dem Begriffsumfang des »Diebstahls« im altindischen Recht (vgl. Jolly, Recht und Sitte S. 124–125), und auch bei den altindischen Rechtslehrern bildet es gewöhnlich die Pfahlwurzel menschlichen Gesellschaftslebens. – Wie S. 183, 8 lese ich saṃrodhayataç oder saṃrodhāc. Oder heißt der Text an beiden Stellen: »Und Festhaltung (Gefangensetzung), bis er es tut«? Dann wäre cākaraṇāt das Richtige. Kaum saṃrodhaç cā karanāt: »bis zur Vorladung vor Gericht«.A6


3 Möglich auch: »Ist er es nicht imstande, weil die Arbeit schimpflich ist, oder wegen Krankheit oder Unglück«. Anuçaya wird hier kein Reugeld in sich schließen.


4 Der Arbeiter ist auch hier Subjekt, und labheta deutet auf die Übersetzung: »Die Ausgaben soll der Arbeiter durch Arbeit erwerben dürfen«. Demnach soll der Arbeiter in einem solchen Fall seinen Lohn empfangen, aber selbst einen Stellvertreter dingen und diesen entlohnen. Der Arbeitgeber soll ihm anderswie Gelegenheit geben, auf seine Kosten zu kommen. Vgl. Manu VIII, 216. Sollte wirklich der Arbeitgeber Subjekt sein, dann bliebe der Sinn wesentlich derselbe.


5 Wörtlich: »noch ist es durch mich (den Arbeiter, d.h. von mir aus, durch meine Veranlassung) eines anderen zu Tuendes«. Ich lese kārayen und ity avirodhe; dieses nach S. 187, 17. Freilich ginge auch die Lesart von B, wenn man richtig interpungiert: Tasya vyayakarmaṇā labheta bhartā vā kārayitum. »Nānyas ... kartavyam« ity aparodhe bhartur akārayato usw.: Oder so, daß jener die Kosten bestreitet, soll der Herr sie machen lassen dürfen. Wenn der Herr da, wo das Verbot vorliegt: »Du darfst sie durch keinen anderen machen lassen, noch ich sie einem anderen übergeben«, sie nun nicht machen läßt, oder der Gedungene usw., wie oben. Hier befremdet die späte Einfügung des im Satz. Doch diese ist wohl dadurch gerechtfertigt, daß gerade in bhartā der Gegensatz liegt. Sodann wäre das virodha von S. 187, 17 weit eher zu erwarten als aparodha, das in etwas anderem Sinne S. 32, 16 erscheint, wo freilich B und Gaṇ. avarodhe lesen, doch mit Unrecht. Endlich braucht Kauṭ. für »Bestreitung der Kosten oder Ausgaben« vyayapratikāra S. 288, 18. Andererseits aber heißt vyayakarman S. 47, 15 wohl wirklich Kostenbestreitung und werden so diese Sätze stilistisch und logisch weit straffer und in den gegenseitigen Entsprechungen feiner abgewogen. Darum sollten wohl vor dem sachlichen Vorzug die sprachlichen Bedenken verstummen. Da fiele die für den Arbeiter sehr günstige Bestimmung: »Die Ausgaben, die das macht, soll er durch (andere geleistete) Arbeit herausbekommen dürfen« also weg.


6 Wörtlich: »Auf die Versäumnis des rechten Ortes und der rechten Zeit hin oder bei der verkehrten Ausführung von Arbeiten«. Glatter wäre -pātane. Ich lese nach Zeile 4 nāsakāmaḥ, wie denn B auch hier hat. Na sakāmah »wenn er so gewillt ist« käme übrigens ganz auf das gleiche hinaus. Vgl. Yājñ. II, 195.


7 Yajñ. II, 195 sagt: »Ist mehr geleistet worden, muß mehr bezahlt werden«.A7


8 »Verdungene aus Verbänden« sind Angehörige von Arbeiterkorporationen. Denn das Verbandswesen, das in Altindien, wie wir namentlich aus Kauṭ., den Rechtsschriften, der buddhistischen Literatur und dem Epos ersehen, vielverzweigt und mächtig war, hatte sich sogar auf die Tagelöhner erstreckt. Auch aus dem Arthaçāstra wird klar, daß die Arbeiter ihre Macht auch mißbrauchten, wenigstens nach der Ansicht der anderen Gesellschaftsklassen, und viel Störung im Handel und Wandel hervorbrachten. Daß ādhi wörtlich »Zulage« hier »Gnadenfrist« oder etwas Ähnliches bedeutet, erhellt aus dem Zusammenhang. Durch »Auferlegung« oder durch: »Verpfändung, Verpflichtung (von beiden Seiten)« hindurch bekämen wir »Kontrakt«. »Ihre Verpflichtung soll sieben Tage ruhen dürfen« oder: »Ihr Kontrakt soll sieben Tage lang ruhig sitzen, fortdauern« führt auf den gleichen Sinn und ist vielleicht genauer. Die wörtliche Übersetzung des zweiten Satzes wäre wohl: »Dann mag man einen anderen (Arbeiter oder Kontrakt) eintreten lassen und die Ausreifung (Garkochung) der Arbeit«.


9 Also bezieht sich tasyātikrame nur auf den zweiten Teil der Regel, was etwas merkwürdig anmutet. Freilich etwas Unterlassenes läßt sich gewöhnlich leichter in Ordnung bringen als ein verkehrtes opus supererogationis. Ich lese nämlich upanayet statt apanayet. Aber der Text wird auch so kaum ganz richtig.A8


10 Sanna, wörtlich: der Niedergesunkene, d.h. einer, der ein angefangenes Werk auszuführen verhindert wird, erscheint dann noch öfter in diesem Kapitel. Auch hier dingt und entlohnt der ursprünglich Gedungene selber seinen Stellvertreter. – Vielleicht ist karshakā zu lesen. Dies sind jene armen Teufel, die auch kṛishīvala, kīnāça usw. heißen, und die für die Feldbesitzer (kshetrika) die Äcker bestellen. Wie wir auch aus der Smṛiti. erfahren, waren die Bauern und die Pflüger in Altindien ebenfalls vergesellschaftet.A9


11 Dies mag eine allgemeine Wahrheit sein: Alle Menschen, die etwas unternehmen, können gewinnen oder verlieren. Oder es mag nur an diesen besonderen Fall gedacht sein. Immer aber ist der Sinn wohl dieser: Auf der Kaufmannsstraße, bei gemeinsam unternommenen kaufmännischen Geschäften, soll Erfolg und Mißerfolg, Gewinn und Verlust geteilt wer den.A10


12 Der Satz bietet mancherlei Schwierigkeiten, und mindestens abhayapurvaḥ scheint verkehrt zu sein. »Einer, der früher Sicherheit gewährt hat« will gar keinen Sinn geben. Oder sollte es heißen können: »einer, der vorher vollkommen Freiheit (in der Arbeit) gelassen hat«? Sonst muß man abhayapūrvaṃ lesen: »einen, von dem man früher dergleichen nicht zu fürchten hatte« (d.h. also a + bhayapūrva). Oder anabhayapūrvaṃ »einen, dem man früher keine Straflosigkeit gewährt hat« (weil er eben keine nötig hatte)? Keins von beiden klingt sehr natürlich. Grāhayati wollte ich zuerst als »ertappen« fassen. Aber das Kaus. wird kaum diese abgeschwächte Bedeutung haben. Kauṭ. braucht grāhayati öfters in dem Sinne: »erfahren machen, verkünden, verraten« (z.B. 354, 2, 11; 353, 17; 377, 18), eine der ziemlich zahlreichen Eigentümlichkeiten, die Daṇḍin verwertet hat (Daçak. 91, 12). So läßt sich grāhayati auch hier verstehen. Pratyaṃça ist bei Kauṭ. sonst der Anteil, der Gewinnanteil, der jemand zukommt (so gleich vorher S. 185, 19). Danach müßte man meine zweideutige Übersetzung so auslegen: »Wenn man dem Arbeitgeber einen ... verrät, der ein Dieb ist mit dem Anteil, der ihm für seine Arbeit zufällt«, der also mit dem ihm zukommenden Anteil an der Ernte oder dem Gewinnanteil an einem Geschäft usw. nicht ehrlich verfährt, sondern sich zuviel nimmt. Im Epos bedeutet aṃça, genau wie bhāga, oft den einem Menschen zukommenden oder zugewiesenen Teil einer Aufgabe, im besonderen den Feind, den ein bestimmter Held in der Schlacht bekämpfen oder töten soll. So bhāga z.B. MBh. V, 57, 12ff.; 158, 22; VII, 176, 11; IX, 16, 17–18; V, 193, 11 (hier Tötungsarbeit, die einer in einer bestimmten Zeit vollbringt). Aṃça MBh. V, 164, 10; VII, 23, 40; VIII, 32, 34; IX, 16, 23; 28, 47 usw. Das ginge hier wohl um so eher, als karmaṇah ja davorsteht. Dann: »Wenn man einen ... der ein Dieb mit seinem Anteil der Arbeit ist (d.h. der seinen Anteil unehrlicherweise nicht tut oder veruntreut), verrät, dann soll er ihm diesen Teil wieder zumessen« usw. Diese meine ursprüngliche Auffassung fand ich dann bei Sham. wieder, halte sie jetzt aber doch für kaum so wahrscheinlich wie die andere. Vgl. die Nachträge.A11


13 Die »Reichsschädlinge«, »Verräter«, »unruhigen Elemente«, »Königsfeinde« usw., d.h. die dūshya, werden bei Kauṭ., wenn möglich, im stillen abgemurkst.


14 Vgl. Manu VIII, 209, wo der Wagen als besondere dakshiṇā oder Opferehrengabe des adhvaryu, das Roß als die des brahman oder auch des hotar und der Lastkarren als der des udgātar erwähnt wird. Siehe auch Hillebrandt, Rituallit. S. 147. – Pracāra Tätigkeit, Verrichtung, Funktion auch 45, 12; 320, 9.


15 Madhyamopasad. Das wird der zweite Tag dieser Feiern sein. Upasad ist der Name einer mindestens drei Tage dauernden Feier beim Somaopfer, die der Somapressung vorangeht. Vgl. Hillebrandt, Rituallit. S. 127. Nach den Anschauungen, die die Inder mit diesen Zeremonien verbinden, ist »Belagerung«, nicht »Aufwartung« die richtige Wiedergabe. Ähnliche Vorstellungen schimmern auch sonst beim Agnishṭoma hervor. Auffällig ist da das immer wiederkehrende »Schleichen«. Mir scheint der Name pravargyodvāsana von dem so wichtigen Aufglühen des Topfes herzukommen. So habe ich die andere etymologische Möglichkeit »Entfernung des Topfes, Wegbringen des Topfes« fallen lassen. Die hier genannte Topfzeremonie (pravargya) ist ein Teil des Agnishṭoma, des berühmten vieltägigen Somaopfers. Beim pravargya wird Butter und Milch in einen glühend gemachten Topf gegossen. Diese Topffeier findet an den Tagen der upasad statt. Siehe Hillebrandts Rituallit., der eine eingehende Schilderung des ganzen Agnishṭoma und eine besonders interessante der »Weihe« (dīkshaṇa) darbietet (Rituallit. S. 124ff.).


16 Bṛihaspatisavana, ein Opferfest, das einen Tag dauert. Wird MBh. XII, 35, 18 zur Entsühnung eines Brahmanen, der surā getrunken hat, angestellt.A12


17 D.h. wohl: die nicht gedungen sind. Von ahargaṇa ist nur die Bedeutung »eine Reihe von Opfertagen« bekannt. Die paßt hier aber schlecht. Auch erweckt svapratyaya die Vermutung, daß ahargaṇa »Opfertagewerkkorporation« heißen und Opferpriesterverbände bezeichnen möge. Die »Unabhängigen« wären dann solche Priester, die ihr Gewerbe auf eigene Faust trieben.A13


18 Jollys Vermutung, daß sahasraguḥ in B richtig und zu lesen sei: Anāhitāgniḥ çatagur ayajvā ca sahasraguḥ (wie Manu XI, 14), unterliegt keinem Zweifel, weil sonst der erste Çloka nur zwei Viertel hätte. Dreizeilige Çloka aber hat Kauṭ. sonst nicht. – Das Sündenverzeichnis unserer Stelle paßt fast durchweg nur auf den Brahmanen und könnte sogar ausschließlich nur ihm gewidmet sein. So wäre »ihn« statt »einander« natürlicher. Aber die erste mit Manu XI, 14 übereinstimmende Zeile wird doch wohl kaum nur einen Brahmanen brandmarken sollen.A14


A1 Nach Gaṇ. wäre die richtige Lesart karmānishṭhāpane und hieße der Satz: »Solange die Arbeit für den Herrn nicht vollendet ist, darf einer, der den Lohn empfangen hat, ohne dessen Zustimmung anderwärts keine Arbeit machen.« Abgesehen davon, daß offenbar auch Gaṇ. nur karmanishṭhāpane vorgefunden hat, müßte da asakāma bedeuten: den Wunsch, d.h. die Einwilligung des anderen nicht besitzend. So gebraucht aber weder Kauṭ., noch meines Wissens sonst jemand dieses Wort. Man müßte da noch weiter in nāsakāme ändern. Die Wortstellung erregt da ebenfalls Bedenken. Aber auch bei meiner Übersetzung. Darum gebe ich jetzt: »Ist die Arbeit vollendet, dann braucht einer, der anderwärts (Arbeit und) Lohn angenommen hat, für den (ersten) Herrn nicht mehr zu arbeiten, wenn er nicht will.« Weniger wahrscheinlich: »Ist die Arbeit für den Herrn vollendet, dann braucht ... angenommen hat, nicht mehr (für ihn) zu arbeiten. Wenn nach Vollendung der Arbeit einer anderswo als bei dem (ersten) Herrn (Arbeit und) Lohn annimmt, braucht er«; usw.« Das frühere Dienstverhältnis gibt also dem ersten Herrn keine Vorrechte.


A2 Geradezu ideale, z. T. hochmodern anmutende Arbeitergesetze mit Freizeiten, Ferien, dem Achtel des Jahreslohns als Prämie (pāritoshya), Kranken- und Altersfürsorge, Pensionierung der Witwe und der Waisen u. dgl. mehr, die meisten dieser Herrlichkeiten freilich dem Wortlaut nach nur für Königsdiener, finden wir in Çukran. II, 813ff. Zum folgenden Satz vgl. da IV, 5, 603 = Bṛ. XIV, 28.


A3 Statt mayād ūrdhvam hat Jolly māyād ūrdhvam, Gaṇ. madhyād ūrdhvam. Dies letzte heißt dann aber wohl nicht, wie Gaṇ. meint: »nach der mittleren upasad-Zeremonie«, sondern am ehesten: unmittelbar nach der Hälfte des ganzen Opfers.


A4 Vgl. B. I, 11, 5: Dakshiṇāsu nīyamānāsv antarvedi ṛitvije sa daivaḥ.


A5 Es gibt fünf Arten von çuçrūshaka oder zu Dienst Verpflichteten: a) die vier Arten von karmakara oder Arbeitern: Vedaschüler, Lehrling, gedungener Arbeiter (bhṛita) und Aufseher, b) die Sklaven. Gemeinsam ist ihnen allen die Unselbständigkeit, verschieden ihre Kaste und ihr Beruf. Die Arbeit des karmakara ist rein (çubha), und zu unreiner darf er nicht angestellt werden; die des Sklaven unrein. Unrein sind die Reinigungsarbeiten, Toilettendienste bei der Herrschaft u. dgl. mehr. N. V, 1ff.; Bṛ. XVI, 3ff. Die gedungenen Arbeiter zerfallen hinwiederum in: 1. hochstehende, d.h. Soldaten, 2. mittlere, d.h. Feldbebauer (kṛishīvala), 3. niedrige oder Lastträger N. V, 22f.; Bṛ. XVI, 9f.


A6 Gaṇ. liest an beiden Stellen wie Sham. In beiden faßt er es als ca + ākāraṇāt, aber mit wunderlicher Ausdeutung. – Wenn ein Arbeiter das Übernommene nicht tut, obschon er dazu imstande ist, muß er nach M. VIII, 215 und Bṛ. XVI, 16 acht kṛishṇala zahlen und erhält natürlich keinen Lohn. Nach Y. II, 193 muß er so viel geben, wie sein Lohn betrüge, nach N. VI, 5 obendrein die Arbeit doch machen. Hat er aber nicht nur die Arbeit versprochen, sondern bereits auch seinen Lohn eingesackt, dann muß er das Doppelte des Lohnes als Strafe entrichten (N. VI, 5; Y. II, 193); nach Bṛ. XVI, 15 dies als Strafe an den König und den Lohn selber dem Arbeitsherrn. Ā. II, 11, 28, 2–3 befiehlt, den Hirten und den Feldbesteller in diesem Fall durchzuprügeln. Daß aber Arbeiter etwas zu fertigen versprechen und dann seelenruhig und ungestraft es bleiben lassen, war in Altindien vielleicht kaum weniger häufig als bei uns. Siehe z.B. Jāt. IV, 159.


A7 Ich lese prayāsaṃ moghaṃ kuryāt und finde dieses bei Jolly wieder. Gaṇ. hat prayāsaṃ na moghaṃ »soll die Mühe nicht umsonst aufgewendet haben«. Na kann sehr wohl weggefallen sein, und Y. II, 195 wird wohl auf Kauṭ. beruhen, also auch hier für die Textkritik Fingerzeige geben. Andererseits aber könnte Y. auch die »Verbesserung« in na moghaṃ veranlaßt haben.


A8 Meine Änderung zu upanayet wird von Gaṇ. bestätigt. Er liest aber noch weiter kaṃcit statt kiṃcit. Damit ist alle Schwierigkeit gehoben. Richtig also: »Und ohne es dem Arbeitsherrn zu melden, soll der Verband keinen (unter seinen Mitgliedern) ausnehmen (von der Arbeit), noch auch einen neuen hinzuziehen. Wird diese Regel übertreten, dann 24 paṇa Strafe (für den Verband). Den vom Verband Begünstigten trifft die halbe Strafe.« Wörtlich: »den vom Verband Ausgenommenen oder Verschonten«. Aber jedenfalls hat auch der Arbeiter, der über die ursprünglich gedungene Anzahl hinaus angestellt wird, dieselbe Strafe zu tragen. Zu wenig Leute verzögert den Abschluß der Arbeit, zu viel halst dem Arbeitsherrn ein unbilliges Maß von Beköstigung auf. – Ādhi wäre nach Gaṇ. = adhishṭhāna Recht oder = bandha, d.h. wohl Verpflichtung.


A9 Von vergesellschaftetem Ackerbau erfahren wir mehrere interessante Dinge bei Bṛ. XIV, 21–25. Die von ihm genannten Genossenschafter aber sind offenbar landwirtschaftliche Unternehmer, keineswegs arme Beisassen. Besonders eingehend beschäftigt sich natürlicherweise die Smṛiti mit gemeinsamen Handelsgeschäften und mit den Pflichten und den Rechten der einzelnen dabei. Siehe vor allem N. III, 1–7; Bṛ. XIV, 1–14; Y. II, 159–160; 265. Wie an der letztgenannten Stelle açakto steht, so muß in N. III, 7 çaktaç stehen, nicht das sinnlose çaktāç; auch ist bei N. da von Verpflichtungen, namentlich von Schulden die Rede, nicht von »shares«. In N. III, 4 heißt anvavekshaṇa Zusehen, daß etwas gedeihe, Sorge tragen für, Besorgen, wie in MBh. II, 35, 7; XII, 58, 9, 10; bhāṇdapiṇḍa Warenvorrat, vgl. Kauṭ. 61, 2; 67, 8; 93, 16, weniger wahrscheinlich: Waren und Nahrung; denn die Nahrung für Angestellte heißt auch beim Kaufmann sonst bhakta; uddhāra Verlustkonto, Jolly: »loss«, kaum »Bezüge«, wie Majumdar, Corp. Life 78 es faßt; bhāra Transport; sāra Lauf, Gang, Fortgang (des Geschäfts). Vgl. vor allem Majumdar, Corp. Life 71ff.


A10 Sham. verzeichnet in der zweiten Auflage die Lesart tūddhṛita-, und diese bieten Jolly und Gaṇ. dar. Dann: »Ist die herausgenommene (d.h. übernommene, nach Gaṇ. die aufgeladene) Ware hergerichtet (also bereit für die Reise) und wird da (ein Händler) krank, dann soll ihm auf der Stelle sein Anteil gegeben werden.« Zu diesem Gebrauch von saṃsiddha vgl. MBh. IX, 38, 5.


A11 Gaṇ. und Jolly haben wirklich abhayapūrvaṃ. Selbstverständlich wäre die nächtsliegende Übersetzung: »Einen Dieb oder Räuber veranlasse man unter Zusicherung der Straflosigkeit, daß er um einen Beuteanteil vom Werke (d.h. vom Einbruch oder Überfall [vgl. Kauṭ. 211, 10, 14] seine Genossen) ins Garn locke. Man verleihe ihm (dann wirklich) den Anteil und die Straflosigkeit« usw. Die dann folgende heimliche Abmurksung des Lockspitzels stünde im Einklang mit den Lehren, die wir schon beim siebenten Gegenstand (Text 19; 15f.; Übers. 19, 15ff.) gehört haben. Ich schrak vor dieser Auffassung zurück, 1. weil dann ein zweiter Akkusativ (seine Genossen oder Ähnliches) stehen sollte; 2. weil sie gar nicht dem Zusammenhang gerecht zu werden scheint. Gegen diesen zweiten Einwand läßt sich ins Feld führen, daß sogar nach der Anschauung in den Rechtsschriften wie die vielen anderen staatlichen, gesellschaftlichen und beruflichen Wirkensgenossenschaften, so auch die Diebe und Räuber Verbände sind mit eigenen Satzungen und Rechten, ja auch Pflichten, die alle vom Staate geehrt werden müssen. Warum also nicht in gründlich indischer Systematik auch hier sie aufführen? Die Naivität des Vertrauens gegenüber solchen Lockspitzeln wäre nicht größer als die bei uns. Schwerer wiegt also der Mangel eines zweiten Objekts. Trotzdem hat auch Gaṇ. die hier nachgetragene Auffassung. Nun könnte man ja coraṃ als Kollektivsingular verstehen: »Den Dieb oder Räuber lasse er durch einen, dem Straflosigkeit versprochen worden ist, in die Falle locken.« Aber weit natürlicher wäre da die Änderung in corān, geringer die in karmiṇaḥ, besonders da kar maṇaḥ obendrein recht überflüssig ist: »Durch einen ... dem Straflosigkeit zugesichert worden ist, lasse er die in frischer Tat Begriffenen in die Falle locken.« »Wenn er anders wohin geht« schiene da zu bedeuten: »Wenn er zu den anderen übergeht«, d.h. zu der Diebs- oder Räuberbande. Nun aber bleibt noch immer die Verbannung eines Diebes recht sonderbar, sogar wenn wir die eben erwähnte Rechtsanschauung im Auge behalten. Im geheimen abgemurkst werden im Arthaçāstra öfters die mukhya, die Oberhäupter der creṇī, gaṇa, saṅgha, und die Smṛiti belegt sie mit Konfiskation des gesamten Vermögens und Verbannung, wenn sie die Gelder ihres Verbandes (gaṇa) veruntreuen (Vish. V, 167; Y. II, 187. Vgl. Bṛ. XVII, 7, 15f., 19f.; Mookerji, Loc. Gov. 232f.; Majumdar, Corp. Life 58ff.). Aus der Smṛiti, aus den Inschriften, aus Kauṭ. (z.B. 331, 3–7) und aus sonstiger Literatur ersehen wir, daß die mukhya häufig diebische und räuberische Gesellen waren. Ist also mukhyam ausgefallen und soll man übersetzen: »Einem diebischen Oberhaupt sichere man Straflosigkeit zu und lasse ihn durch das Versprechen seines Anteils von dem Werke ins Garn locken. Man gewähre ihm (wirklich) den Anteil« usw.? Alles in allem paßte das wohl am besten. Aber!


A12 Das Bṛihaspatisavana wird auch bei der Einsetzung eines Hofkaplans dargebracht. N. N. Law, Aspects 38. Sonstige Zwecke, ebenda S. 192.


A13 Wegen der Priestergilden siehe Mookerji, Loc. Gov. 82, 86f.; Majumdar, Corp. Life 333ff. Auch heute noch gibt es »innumerable Brahman corporations« (Majumdar, 375). Nach Majumdars Ausführungen wäre die ganze Brahmanenkaste aus ursprünglichen Priestergilden erwachsen. Die Entstehung aus Verbänden dürfte in Indien, dem großen Lande der Kooperation und der Genossenschaften, überhaupt für die Kaste gelten. – Hat ahargaṇa keine der genannten zwei Bedeutungen, dann heißt es vielleicht: »bei den Taggruppen«, d.h. den Gruppen von Opfern, die nur einen Tag dauern. Denn die Opfer, die eine Reihe von Tagen in Anspruch nehmen, werden ja im vorhergehenden abgehandelt. Die zehn Tage Vertretung kommen daher, daß die Verwandten des Toten zehn Tage unrein sind. Nach zehn Tagen führen sie dann das Werk weiter. So N. M. Law, Studies 194. Das wird richtig sein, obwohl es eigentlich im Widerspruch steht mit Stellen wie Y. III, 28; M. V, 93; Vas. XIX, 48; G. XIV, 46. – Wegen der Opferpriesterersetzung siehe auch N. III, 8; M. VIII, 206ff.; Bṛ. XIV, 15; Y. II, 265; Bṛ. XIV, 15ff. Auch in der Smṛiti wird die Opferpriestertätigkeit unter sambhūyasamutthāna oder kooperative Unternehmung gestellt.


A14 Auch in MBh. XII, 165, 6–10, wo derselbe Halbçloka steht, ist überhaupt von einem Arier, der so seine Pflicht vernachlässigt, die Rede. Dasselbe gilt von G. XVIII, 26f. Was das Aufgeben oder Verlassen des Opferpriesters betrifft, vgl. Vas. XIII, 50; N. III, 9ff. (Çukran. IV, 5, 626f.); M. VIII, 388; G. XXI, 12; Vish. V, 113; Y. II, 237.

Quelle:
Das altindische Buch vom Welt- und Staatsleben. Das Arthaçāstra des Kauṭilya. Leipzig 1926, S. 290-295.
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