Neuntes Kapitel (84. Gegenstand).

Überwachung aller Regierungsbeamten.[345] 1

Der Obereinnehmer und die Strafrichter sollen zuerst die Aufseher (der verschiedenen Reichsangelegenheiten) und die Angestellten der Aufseher im Zaume halten. Wer (von diesen) aus Fundgruben für Edelsteine oder aus Verarbeitungsstätten für wertvolle Dinge eine wertvolle Ware oder einen Edelstein (ratna) entwendet, erleidet die einfache (die nicht mit Marterung verbundene) Todesstrafe. Wer aus Fabriken für minderwertige Sachen eine minderwertige Ware oder ein Gerät (upaskara) entwendet, die erste Sāhasastrafe. Oder wer (von ihnen) eine Handelsware des Königs von seinen Handelswarenorten [345] stiehlt, erleidet bei einem Werte von einem māsha bis zu 1/4 paṇa hinauf eine Strafe von zwölf paṇa; bis zu einem Werte von 2/4 (paṇa) hinauf eine solche von 24 paṇa; bis zu einem Werte von 3/4 hinauf eine von 36 paṇa; bis zu einem Werte von einem paṇa hinauf eine Strafe von 48 paṇa; bis zu einem Werte von zwei paṇa hinauf die erste Sāhasastrafe; bis zu einem Werte von vier paṇa hinauf die mittlere; bis zu einem Werte von acht paṇa hinauf die höchste, bis zu einem Werte von zehn paṇa hinauf den Tod.

Wenn jemand (von ihnen) aus den Mundvorratshäusern, den Kanälen für Kaufmannsgüter,2 oder der Waffenkammer Rohmaterial, hergestellte Waren oder Geräte (upaskara) stiehlt, dann bei Sachen von der Hälfte der genannten Werte dieselben Strafen.

Wer (von ihnen) etwas aus des Königs Schatzhaus, Gerätekammer (bhāṇḍāgāra) oder Goldschmiede (akshaçālā) entwendet, erleidet dieselben Strafen verdoppelt, sowie die Sachen nur je ein Viertel soviel wert sind.

Auf gewaltsame Beraubung durch Räuber steht da der mit Marterung verbundene Tod. So ist bei der Besprechung des königlichen Eigentums dargelegt worden.3

Wenn aber unter den Draußenstehenden irgendeiner (von des Königs Beamten) am Tage heimlich von Feld, Dreschtenne, Haus oder Marktbude Rohstoff, Ware oder Geräte im Werte von einem māsha hinauf bis zu 1/4 paṇa entwendet, drei paṇa Strafe oder die Ausrufung (des Verbrechens auf den Straßen, durch die der Sünder geführt wird), nachdem er mit Kuhdünger bestrichen oder ihm ein Gürtel von irdenem Geschirr umgehängt worden ist.4 [346] Wenn (einer solche Sachen entwendet) im Werte bis zu 1/2, bzw. 3/4 paṇa hinauf, eine Strafe von 6 paṇa, bzw. 9 paṇa, oder Ausrufung, nachdem er mit Kuhdünger und Asche bestrichen oder ihm ein Gürtel von irdenen Tellern umgehängt worden ist. Wenn im Werte bis zu einem paṇa hinauf, dann eine Strafe von zwölf paṇa, Kahlrasieren des Kopfes oder Verbannung. Wenn im Werte bis zu zwei paṇa hinauf,A1 dann eine Strafe von 24 paṇa, Kahlrasieren des Kopfes mit einem Backsteinscherben oder Verbannung. Wenn im Werte bis zu vier paṇa hinauf, 36 paṇa Strafe; bis zum Werte von fünf paṇa hinauf, 48 paṇa; bis zum Werte von zehn paṇa hinauf, die erste Sāhasastrafe; bis zum Werte von 20 paṇa hinauf, 200 paṇa; bis zum Werte von 30 paṇa, 500 paṇa; bis zum Werte von 40 paṇa, 1000 paṇa; bis zum Werte von 50 paṇa, der Tod.5

Wenn jemand (von ihnen) mit Gewalt bei Tage oder in der Nacht zwischen den zwei Sperrsignalen6 etwas (was nicht dem König gehört) wegnimmt, so gelten eben diese Strafen schon bei Sachen von der Hälfte der genannten Werte. Wenn einer mit den Waffen in der Hand bei Tage oder bei Nacht mit Gewalt etwas wegnimmt, ebendiese Strafen verdoppelt schon bei Sachen von 1/4 dieser Werte.

Wenn jemand (von ihnen) gefälschte Befehle oder Siegel (Stempel) 1. einer Familie, 2. eines Aufsehers, 3. eines Offizieres, 4. des Königs hervorbringt, so treffen ihn: (im ersten Fall) die erste, (im zweiten Fall) die mittlere, (im dritten Fall) die höchste Sāhasastrafe, (im vierten) der Tod. Oder je nach Maßgabe des Verbrechens.7

Wenn der bürgerliche Richter einen Mann, der einen Prozeß vor Gericht hat, bedroht, hart anfährt, wegjagt, oder ihn tätlich anpackt (abhigrasate) [347] verhänge der König über ihn die erste Sāhasastrafe. Bei Wortbeleidigung die doppelte. Wenn er einen, der zu fragen ist, nicht fragt, und einen, der nicht zu fragen ist, fragt, oder nachdem er einen gefragt hat, ihn (d.h. seine Aussage) auf die Seite schiebt, oder Belehrung erteilt oder einen (an etwas für ihn Günstiges) erinnert, oder ihm einhilft, verhänge der König über ihn die mittlere Sāhasastrafe. Wenn er nach einem anzugebenden Punkte nicht fragt, nach einem nicht anzugebenden aber fragt, die Sache mit Hilfe eines Punktes, der gar nicht hergehört (auf den es gar nicht ankommt), im Sande verlaufen läßt, durch Gegaukel sie in Ungehöriges hinüberspielt, den durch Zeitvergeudung Ermüdeten ganz von der Sache abbringt, die Verhandlung auf Gassen und Markt (d.h. ins Ziellose) hinausführt,8 den Zeugen Beistand in Gestalt einer Meinung gewährt, oder eine zu Rande gebrachte und abgeurteilte Sache noch einmal aufgreift, verhänge der König die höchste Sāhasastrafe.A2 Bei wiederholtem Vergehen das Doppelte und Enfernung von seiner Stelle.

Wenn der Gerichtsschreiber etwas, was ausgesagt worden ist, nicht niederschreibt, etwas niederschreibt, was nicht gesagt worden ist, etwas schlecht Gesagtes im Schreiben zurechtrückt, etwas gut Gesagtes beim Schreiben verdirbt9, oder (das Ausgesagte) durch Umgestaltung seinem Sinn entfremdet,10 soll er ihm die erste Sāhasastrafe auferlegen.

Wenn ein Zivilrichter oder ein Strafrichter einem nicht Strafwürdigen eine Geldstrafe auferlegt, soll der König ihm das Doppelte der Auferlegung als Strafe zumessen, oder das Achtfache vom Zuwenig oder Zuviel. Wenn er (einem solchen) eine Körperstrafe auferlegt, soll er dieselbe körperliche Strafe auf sich nehmen müssen, oder das Doppelte des Loskaufspreises (für diese Körperstrafe). Und wenn er eine wirkliche (d.h. begründete) Gerichtssache niederschlägt oder etwas, was keine Gerichtsache ist, zu einer Gerichtssache [348] macht, dann soll er das Achtfache des Betrags, um den es sich handelt, als Strafe zahlen.11

Wenn einer (von des Königs Beamten oder deren Angestellten) einen aus dem Zivilgerichtskerker hinausjagt oder aus dem Strafgefängnis in Banden (hinausjagt), die ihn am Schlafen, Sitzen, Essen, an der Leibesentleerung oder am Umhergehen verhindern, zahlt er Strafen, die von drei paṇa (und um je drei paṇa) emporsteigen, und zwar sowohl der Täter wie der Veranlasser.12

Wer (von den Wärtern) einen Angeklagten aus dem Zivilgefängnis befreit oder entfliehen läßt, zahlt die mittlere Sāhasastrafe und die eingeklagte Summe.13 Wer einen aus dem Strafgefängnis befreit oder entfliehen läßt, büßt mit dem ganzen Vermögen und dem Leben. Wer, ohne dem Strafgefängnisaufseher erst Meldung zu machen, einen Gefangenen frei herumgehen läßt, zahlt 24 paṇa Strafe;14 wenn einer (Gefangene) foltern läßt, das Doppelte; wenn er sie an andere Orte bringt (oder gehen läßt) oder ihnen Essen und Trinken verwehrt, 96 paṇa Strafe; wenn er sie drangsaliert oder Geld von ihnen erpreßt, die mittlere Sāhasastrafe; wenn er einen umbringt, 1000 paṇa.

Wenn einer (von den Beamten oder Angestellten) eine in Gewahrsam befindliche verheiratete Sklavin oder Verpfändete beschläft, die erste Sāhasastrafe;15 wenn das Eheweib eines Räubers (Diebes) oder eines[349] Tumultuanten,16 die mittlere, wenn eine in Gewahrsam befindliche Arierin, die höchste. Oder tuts ein Gefangener, dann Hinrichtung auf der Stelle. Dasselbe soll man zuerkennen bei einer Arierin, die zur nächtlichen Sperrzeit ergriffen worden ist;A3 bei einer Sklavin da die erste Sāhasastrafe.

Wenn (einer einen Gefangenen), ohne das Zivilgefängnis zu erbrechen, entfliehen macht, die mittlere Sāhasastrafe; wenn mit Aufbrechung, der Tod; wenn aus dem Kriminalgefängnis, Verlust alles Vermögens und der Tod.

So soll der König zuerst die Verwalter seiner Angelegenheiten durch Strafe läutern, und wenn diese lauter sind, sollen sie die Stadtbürger und die Landleute durch Strafen läutern.17

Fußnoten

1 Wörtlich: »aller Beamtenstellen« (wie Jolly hat), aller Büreaus oder Regierungsabteilungen.


2 Wegen kulyā vgl. 54, 3 und 58, 5. Damit sind also kanalartige Vertiefungen gemeint, die zur Aufbewahrung der betr. Sachen dienten. Hier aber passen sie nicht recht her, und da man sonst nicht sieht, woher die gleich folgenden kupya kommen sollen, so muß wohl kupyā- gelesen werden: »aus den Speichern für Nahrungsmittel, Kaufmannswaren, Rohmaterial und Waffen«.


3 Auch hier habe ich abhipradharshaṇa im Einklang mit der gewöhnlichen Bedeutung von pradharshaṇa, übersetzt (vgl. 59, 8). An unserer Stelle aber wird es noch wahrscheinlicher, daß ein Kausativum vorliegt und daß dieses in seinem wohl ursprünglichsten Sinn zu nehmen ist: jemand zu etwas anfeuern, aufhetzen. Also: »Auf Ermunterung von Räubern (Dieben) steht der Tod«. In unserem Kapitel ist ja durchweg von Vergehen der Regierungsangestellten die Rede. Daß diese öfters mit Räubern und Dieben unter einer Decke steckten, ihnen Ermunterung und Winke zukommen ließen, wo es sich um Brandschatzung königlichen Gutes handelte, liegt am Tage. Sogar wenn abhipradharshaṇa nur räuberische Plünderung heißen sollte, wären hier bloß königliche Beamte und deren Angestellte die Täter oder doch Mithelfer.


4 Auch hier werden jedenfalls nur Leute im Staatsdienst als die Sünder anzunehmen sein. Bāhyeshu heißt: unter den Personen oder Dingen, die außerhalb des Hofes und alles dessen, was dem König zugehört, stehen. Es bezieht sich also auf Diebstahl an nicht königlichem Gute, verübt von Regierungsleuten. Ihre Vergehen werden immer schwer geahndet, weil das nur recht und billig und weil es im Interesse des Fürsten ist, aber natürlicherweise besonders streng, wenn sie sich am Gute des Königs vergreifen, also Vertrauensbruch üben.

Das umgehängte Geschirr (çarāvamekhalā) haben wir auch in der von Charpentier herausgegebenen und übersetzten Legende des heil. Pārçva, ZDMG 69, S. 324, Zeile 25ff.: Vajjantavirasadiṇḍimo galolaiyasarāvamālo rāsahārūḍho kāūṇa pherio savvathākajjakaritti loyasamakkham ugghosanāe nivvasio nayarāo: »Indem seinetwegen widerlich tönende Trommeln geschlagen wurden, ihm ein Kranz von irdenen Tellern am Hals herabhing und er auf einem Esel ritt, wurde er von ihnen, nachdem sie ihm Schakale (darstellende Brandmäler) aufgedrückt hatten, unter der öffentlichen Ausrufung: ›Das ist ein ganz schlimmer Übeltäter‹ vor den Augen des Volkes zur Stadt hinausgestoßen.« Es ist die Rede von einem ehebrecherischen Brahmanen. Statt vajjantī- bei Charpentier, das vielleicht nur Druckfehler ist, hat auch das Ms. C fol. 300 a das natürlich einzig richtige vajjanta.


5 ā paṇamūlyād iti dvādaçapaṇaḥ muṇḍanaṃ pravrājanaṃ vā, das Zeile 19 wiederkehrt, muß hier, in Zeile 16 als völlig verkehrt hinausgeworfen werden. In Zeile 17–18 sodann ist zu lesen: ā dvipādatripādamūlyād iti shaṇnavapaṇaḥ; gomayabhasmanā vā pralipyāvaghoshaṇaṃ, çarāvamekhalayā vā. Vgl. die ganz gleiche Steigerung Zeile 1ff., wo 12:24:36 genau unserem 3:6:9 entspricht bei Sachen im Wert von 1/4, 2/4 und 3/4 paṇa.


6 Antaryāmam. Wohl zwischen dem ersten und dem letzten, also während des akshaṇa oder der fünf Nachtstunden, wo sich jedermann innerhalb seiner vier Pfähle aufhalten mußte. Daß da ein Vergehen besonders schwer bestraft wird, begreift sich leicht. Ob man »mit Gewalt« auch zu: »in der Nacht« ergänzen soll, ist nicht klar. Wahrscheinlich nicht.


7 Auch hier kann es sich wohl nur um Vergehen von Regierungsbeamten handeln. Gerade diese kommen auch am ehesten in die Versuchung und in die Lage, solche Fälschungen zu verüben. Grammatisch möglich wäre auch: »Wenn ein Familienoberhaupt, 2. ein Aufseher, 3. ein Offizier, 4. ein Oberbeamter einen gefälschten Befehl oder einen gefälschten Stempel (des Königs) anfertigt«. Aber svāmin bedeutet auch bei Kauṭ. König (245, 11; 255, 11 usw.), sonst nie aber Oberbeamter, Feldherr u. dgl. mehr.A4


8 Oder: wegjagt, wegtreibt, d.h. wer es dahin bringt, daß der Mann die ganze Geschichte überdrüssig wird und davongeht. Apavāhayati heißt bei Kauṭ. bes. abspenstig machen, weglocken, wegbringen (so 322, 13; 347, 19; 386, 2). Wahrscheinlich hätte ich auch hier chalenātiharati wie 200, 1–2 übersetzen sollen, d.h. also: »... im Sande verlaufen läßt, durch Silbenstecherei nasführt«, so daß also nicht kāryam aus dem Vorhergehenden ergänzt würde. Auf, jeden Fall ist es klar, daß Kauṭ. den beliebten Trick der Leute vom Gesetz, durch Wortklauberei (vgl. chala 157, 17; 161, 11) das Recht zu verdrehen, strafbar macht. Statt mārgāpaṇaṃ usw. ist nun doch wohl die Lesart margāpannam vākyam utkramayati vorzuziehen: »eine Aussage, die für den (vorliegenden) Rechtsfall zutreffend ist, ausscheidet«, hinauswirft, rules out evidence pertinent with regard to the case). Denn vākya ist offenbar wie bei Manu die Zeugenaussage vor Gericht und mārga hier wie bei ihm und Nār. Rechtsfall. Āpanna »zufallend, zukommend, dazu gehörig, zutreffend, zulässig«.


9 Upalikhati »dran schreibt«, d.h. ans Richtige, Gute, also: zurechtschreibt; ullikhati hinausschreibt (aus seiner wahren Natur), wegschreibt, verschreibt, wohl nicht: wegkratzt, ausstreicht.


10 Wörtlich: »von seinem Sinn weg umformt oder verändert«, es also so umgestaltet, daß es sich vom wahren Sachverhalt entfernt. Sham.'s Variante in der zweiten Auf l. arthotpattiṃ vā läuft auf dasselbe hinaus: »oder wenn er das Ergebnis der Sache umgestaltet (verändert)«.


11 Möglich auch: »Welchen wirklichen (d.h. begründeten, dem Betreffenden zukommenden) Geldbetrag einer ihm verloren gehen macht und welchen unbegründeten Geldbetrag er ansetzt (zuspricht), davon das Achtfache soll er als Strafe zahlen«. Beide Auffassungen kommen wesentlich auf das Gleiche hinaus. Die im Text oben liegt wohl sprachlich näher. Vgl. 177, 3.


12 So wenn man nur saṃcāraṃ rodha- in saṃcārarodha- ändert. Es wäre da also von brutalem Hinausjagen und von grausamer Scharnikelei bei der Entlassung eines Gefangenen die Rede. Oder soll man setzen: cārakān na niḥsārayato und rodhayato bandhaneshu: »wer einen (der entlassen werden soll) nicht hinausläßt aus dem Zivilgerichtskerker oder aus dem Strafgefängnis und an Haftstätten (die Gefangenen) an ... verhindert«. Aber da türmen sich noch größere Schwierigkeiten auf (vgl. 15–16).A5


13 Abhiyoga. Das cāraka ist also besonders für die Untersuchungshaft da, nicht aber ein eigentlicher Schuldturm. Denn Schulden, die einer nicht bezahlen kann, muß er abarbeiten. Vgl. auch 192, 13f.; 199, 13. Das Strafgefängnis heißt bandhanāgāra.


14 So nach der Lesart saṃruddhakaṃ. Aber der Sinn will sich gar nicht in den Zusammenhang fügen. Auch ist es viel wahrscheinlicher, daß das dunkle saṃkruddhaka in saṃruddhaka, welches im unmittelbar Folgenden mehrere Male erscheint, umgeändert worden sei, als umgekehrt. Nun bedeutet cāraka Kerker, und so ließe sich leicht denken, daß cārayati auch einkerkern hieße (wörtlich »hineinspazieren machen«, im Einklang mit ähnlichem schnurrigem Rotwälsch und Henkersjargon?) Also möchte ich schier übersetzen: »Wer einen Zornmütigen (also Widersetzlichen) ohne ... in Einzelhaft sperrt«. Damit würde auch die Folterung des saṃruddhaka oder saṃkruddhaka im folgenden Satz gut begründet. »Ohne dem Aufseher von ihm Meldung zu machen« muß natürlich auch hier hinzugedacht werden. Sthānānyatvaṃ gamayato erweckt wenig Vertrauen als Ausdruck bei Kauṭilya. Statt utkoṭayato muß natürlich utkocayato gesetzt werden.


15 Saṃruddhikām in Zeile 18 scheint geflissentlich an seine Stelle gesetzt zu sein, um anzuzeigen, daß es sich sowohl auf dāsīm als auf āhitikāṃ beziehe. Vielleicht aber hätte meine ursprüngliche Übersetzung: »eine verhaftete Sklavin oder eine gefangene Verpfändete« beibehalten werden sollen. Doch scheint auch die Strafabstufung eher eine verheiratete als eine ungebundene Sklavin anzudeuten.


16 Das wäre also ein Aufrührer. Mit dāmarika (B) vgl. ḍamara 61, 11. Oder soll man dharmikābhāryaṃ lesen: »eines Diebes rechtliche Gattin«? Auf jeden Fall befremdet der Tumultuant. Ist ḍāmarika richtig, dann mag es vielleicht eher ein Mensch von niedrigerer gesellschaftlicher Stellung sein. Vgl. auch Manu V, 94f.


17 Auch dieser Versepilog zeigt auf das Klarste, daß überall in diesem Kapitel nur Verbrechen der königlichen Angestellten in Frage kommen, nirgends solche von anderen Reichsbürgern, wie unter anderem schon die Strafen zeigen, wenn man sie mit denen vergleicht, die sonst für die betreffenden Vergehen vorgeschrieben werden. Wegen arthacara vgl. 70, 4.


A1 Nach Gaṇ.s vollerem Text: »Wenn im Werte bis zu 2/4 paṇa, dann eine Strafe von 6 paṇa oder öffentliche Ausrufung, nachdem man ihn mit Kuhdünger und mit Asche bestrichen hat. Wenn im Wert bis zu 3/4 paṇa, dann 9 paṇa oder Ausrufung, nachdem man ihn mit Kuhmist und Asche bestrichen hat oder zusammen mit der Umhängung eines Gürtels aus irdenen Tellern. Wenn im Wert bis zu einem paṇa hinauf« usw. Ein irdener Scherben wird der diebischen Krähe in Jāt. Nr. 375 an den Hals gehängt. Vgl. Nr. 395 (hier Otterköpfchen, wenn die Lesart richtig ist).


A2 Vgl. M. IX, 233, wo das bhūyo bisher nicht gehörig beachtet worden ist und man übersetzen muß: »Und wenn irgendwo oder irgendwann etwas zu Rande gebracht und abgeurteilt worden ist, dann soll man es als zu Recht abgetan betrachten und nicht aufs Neue wieder auf den Plan bringen.« Siehe auch Nār. Einl. I, 65 (= Çukran. IV, 5, 549f.), wo ebenfalls tīritaṃ cānuçisḥtaṃ ca erscheint, der Inhalt aber anders gewendet wird. Zu 347, 23–348, 15 vgl. auch Çukran. V, 5, 113–118; 130–132; 179–181 (hier auch das Einhelfen)..


A3 Nach Gaṇ.'s Text, der adhyaksheṇa gṛihītāyām statt akshaṇagṛihītāyām liest: »Dasselbe (d.h. sofortige Hinrichtung) erkenne man zu, wenn vom Aufseher (des Gefängnisses) eine Arierin gepackt (beschlafen) wird.« Das ist besser.


A4 Vgl. M. IX, 232; Y. II, 240; Vish. V, 9f. Was das gleich folgende abhigrasate anlangt, so sagen ja die Lex. abhigrasta = abhipanna überfallen, angepackt. Dies abhigrasta muß wohl in M. XI, 113 statt des sonderbaren abhiçasta gesetzt werden, weniger wahrscheinlich abhidhvasta. Dies letzte steht in demselben Sinn (MBh. V, 90, 100). Vgl. Kāty.: Yuktiyuktaṃ ca yo hanyād, vaktur yo nāvakāçadaḥ / ayuktaṃ caiva yo brūyāt prāpnuyāt pūrvasāhasam. Hier handelt sichs freilich um die Redefreiheit in Verbandsversammlungen.


A5 Gaṇ. liest genau wie Sham. und meint, niḥsārayato heiße: »wer einen (um Bestechung) draußen herumlaufen läßt.« Mit dem Folgenden scheint er mir nichts ordentliches anfangen zu können.

Quelle:
Das altindische Buch vom Welt- und Staatsleben. Das Arthaçāstra des Kauṭilya. Leipzig 1926, S. 345-350.
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