Dreizehntes Kapitel (31. Gegenstand).

Der Goldaufseher in der Edelmetallschmiede.

[122] Der Goldaufseher soll für die Gold- und Silberbearbeitungen eine Edelmetallschmiede (akshaçālā) errichten lassen mit vier Hallen und einer Türe und so, daß die einzelnen Werkstätten nicht zusammenhängen. Mitten an die Marktstraße soll er als königlichen Goldschmied einen kunstreichen, wohlgebornen und zuverlässigen Mann hinsetzen.

Gold (hat folgende Arten): das vom Flusse Jambū, das vom Flusse Çatakumbhā, das vom Goldland Hāṭaka, das vom Fluß (oder: Berg) Veṇu, das in Çṛiṅgiçukti entstandne; (oder auch:) gediegen vorgefundnes, Waschgold und Berggold.1

[122] Lotosstaubfadenfarbig, geschmeidig, glatt, lange tönend und leuchtend ist das beste, rotgelb das mittlere, rot das schlechteste.

Von den besten Arten ist das unreine2 weißlich gelb oder weiß. Das, wodurch es unrein ist, soll er mit der vierfachen Menge Blei wegläutern. Wird es durch den Bleizusatz brüchig, so soll er es zusammen mit trocknen Haufen3 im Gebläse schmelzen. Wird es infolge seiner Sprödheit brüchig, dann soll er es in Sesamöl und Kuhmist eingießen.4

Zeigt sich das Berggold (wörtlich das Bergwerksgold, d.h. das aus Berggestein gewonnene) infolge des Bleizusatzes brüchig, dann soll er es in durchhitzte Blätter (Platten) verwandeln und diese auf Holzblöcken klopfen.5 Oder er durchsetze es mit einer Paste aus der Wurzelknolle der kandālī und des vajra.

Silber stammt vom Berge Tuttha, vom Gauḍaland (in Assam), vom Berg Kambu und vom Bergwerk Cakravāla. Das weiße, glatte und geschmeidige ist das beste. Im gegenteiligen Fall und wenn es zerbirst, ist es fehlerhaft. Solches läutre er durch ein Viertel so viel Blei. Kommen Wülstchen (Blasen) zum Vorschein, ist es hell, leuchtend und an Farbe wie saure Milch, dann ist es rein.6

Ein suvarṇa (von 16 māsha) aus reinem gelbwurzfarbigem Gold bildet den Feingehalt.7 Sechzehn (Minder)gehalte ergibt es, indem von da aus immer um eine weitre kākaṇī Kupfer hineingetan wird bis zur Grenze von vier (māsha Kupfer, also einem Viertel).8

[123] Nachdem er zuerst das (zu prüfende) Gold über den Prüfstein gezogen hat, ziehe er das Mustergold darüber.9 Wenn sich der Strich als von gleicher Farbe erweist an den Stellen (des Probiersteins), die weder vertieft noch erhöht sind, dann hat es die Goldprobe bestanden.10 Wird (vom Prüfenden beim Strichziehen) stark aufgedrückt oder nur leise darüber hingefahren,11 oder unter den Fingernägeln hervor gelber Ocker draufgepulvert, dann wisse man, daß Betrug vorliegt. Wenn man die Fingerspitzen mit Zinnober oder mit Eisenvitriol, die man in Rindsurin gelöst hat, beschmiert und damit Gold berührt wird es weiß.

Der lotosstaubfadenhafte, glatte, weiche und leuchtende (von Gold hervorgerufene) Strich12 auf dem Probierstreifen ist der vorzüglichste.

Der Stein vom Kalingaland oder vom Flusse Taptī, der die Farbe von Phaseolus Mungo hat, ist der beste Probierstein. Einer, der die Abfärbung (an allen Stellen) gleich aufnimmt, ist vorteilhaft für Kauf und Verkauf (von Gold). Einer, der der Elefantenhaut gleicht (d.h. ebenso rauh und hart ist), in seiner Färbung etwas Grünliches hat und für die Abfärbung empfänglich ist, der ist vorteilhaft für den Verkäufer. Ein harter, unebner und in der Farbe ungleicher ist für die Abfärbung unempfänglich, (also) vorteilhaft für den Käufer.13

[124] Ist ein abgebrochnes Stück Gold an der Bruchstelle schlüpfrig anzufühlen, von gleichmäßiger Farbe, glatt, geschmeidig und leuchtend, so ist das ein vorzüglichstes. Erweist es sich bei der Erhitzung (tāpe) innen und außen als gleich im Aussehen, als lotosstaubfadenfarbig oder kuraṇḍablütenfarbig,14 dann ist es vorzüglichst. Zeigt es sich braun oder blau, dann ist es unrein.

Von Wagen und Gewichtssteinen werden wir im Kapitel vom Aufseher über Maß und Gewicht reden (Buch II, Kap. 19). Nach diesen Angaben soll er Silber und Gold verabfolgen und an sich nehmen.15

In die Edelmetallschmiede darf kein Unbefugter gehen. Wer doch dahingeht, soll vernichtet werden.16

Ein Angestellter aber, der mit Silber oder Gold (die Goldschmiede betritt), soll dessen verlustig gehen.

Die Handwerker in durchlöcherten Goldkügelchen, in Goldgeräten und in Goldschmuck,17 die Bläser (d.h. Schmelzer), die Hilfsarbeiter18 und die Reinmacher dürfen nur, nachdem ihre Kleider, Hände und geheimen Teile19 [125] untersucht worden sind, hineinkommen und hinausgehen. All ihre Geräte und die von ihnen noch nicht vollendeten Arbeiten (prayoga) müssen an Ort und Stelle bleiben. Das Gold, das er empfangen hat, und die hergestellten Arbeiten soll er mitten im Bureau abgeben. Am Abend und am Morgen soll er alles mit dem Siegel des Herstellers und des Auftraggebers vorlegen.20

Einsetzen (kshepaṇa), Schnursachen (guṇa) und Kleinarbeit (kshudraka), das sind die verschiednen Arten von Goldschmiedearbeit. Einsetzen ist das Fassen von Glasperlen usw. (d.h. von Edelsteinen). Schnursachen sind die auf Faden gereihten Stücke.21 Kleinarbeit umfaßt massive Dinge (wie Reife usw.), hohlräumige Gegenstände (wie Gefäße), sowie die Ziersachen, die mit durchlöcherten Kügelchen u. dgl. mehr versehen sind.

Beim Fassen von Edelsteinen wende er ein Fünftel auf die goldne Unterlage (kāñcana), ein Zehntel auf die festhaltende Einfassung (kaṭamāna).22 Silber, das mit einem Viertel so viel Kupfer gemischt ist, oder Gold, das mit einem Viertel Silber gemischt ist, heißt »hergerichtet« (saṃskṛitaka). Davor sei er auf der Hut.

Bei der Fassung von Edelsteinen zusammen mit durchlöcherten Kügelchen (mit »Tropfen«) sind drei Teile (der gesamten Goldmenge) Untergrund und zwei Teile Einfassung. Oder auch vier Teile Untergrund und drei Teile Einfassung.23

[126] Beim Herstellen von Gefäßen u. dgl. mehr (tvashṭṛikarman) soll er ein Kupfergerät mit ebensoviel Gold überziehen (samyūhayet)A1.

Nur unter dieser Voraussetzung wäre meine Bemerkung auf Seite 196, 46–47 richtig.

Ein Silbergerät, sei es nun massiv (wie z.B. ein Ring) oder massiv-hohlräumig (wie Schüssel, Krug usw.) soll er mit halb so viel Gold (wie das Silber des Gefäßes usw. beträgt) überschmieren (avalepayet). Oder ein Viertel so viel Gold (wie die Silbermenge) zusammen mit geschmolznem oder pulverisiertem Sand und Zinnober möge er auftragen (vāsayet).24

Für Goldschmuck (tapanīya) nur das beste Gold.25

Feingold von vorzüglicher Farbe und Glut (surāga), zu gleichen Teilen mit Blei geläutert, in Form von durchhitzten Blättern ausgeglüht26 und mit Sindhererde (Steinsalz?) zum Aufkochen gebracht, gibt die Grundlage ab für Blau, Gelb, Weiß, Grün und die Farbe eines jungen Papageis. Und die verstärkte Form davon (tīkshṇam asya) schimmert wie ein Pfauenhals und zeigt weiße Bruchstelle; es schillert sehr stark27 und ist gelb, wenn man es pulverisiert. Eine kākaṇī davon bildet den Farbstoff für einen suvarṇa.28

Feines Silber (tāra) oder nahezu reines (upaçuddha) wird viermal in Kupfervitriol mit (pulverisierten) Knochen, viermal in Kupfervitriol mit ebenso viel Blei (wie Kupfervitriol), viermal in trocknem Kupfervitriol, dreimal in kapāla, zweimal in Kuhmist, in dieser Weise siebenmal in Kupfervitriol geläutert und mit Sindhererde (Salzerde von Sindh; oder: mit Steinsalz?) aufgekocht – von diesem (Silber) wird dann je eine weitre kākaṇi weggenommen[127] bis hinauf zu zwei māsha. In Gold ist dazuzugeben. Darauf der Farbzusatz. So wird es Weißsilber (çvetatāra).29

Drei Teile geläutertes Gold, damit zweiunddreißig Teile Weißsilber zusammengeschmolzen, das wird eine rötlich weiße Legierung. (Mit ebensoviel) Kupfer (statt Gold) ergibt eine gelbe Legierung. Nachdem man geläutertes Gold (tapanīya) erhitzt hat, füge man ein Drittel30 Farbstoff dazu. Dann wird es gelbrot. Zwei Teile Weißsilber und ein Teil geläutertes Gold ergibt eine Legierung von der Farbe des Phaseolus Mungo. Wenn man es (wohl das Weißsilber) mit halb so viel Eisen31 bestreicht, wird es schwarz. Bestreicht man geläutertes Gold zwiefach mit anklebendem Goldsaft, dann bekommt es die Farbe von Papageienfedern.32

[128] Unternimmt er dergleichen, dann mache er bei den verschiednen Färbungen (immer zuerst) eine Probe.33

Auch soll er sich auf die Behandlung34 von Eisen (tīkshṇa) und Kupfer verstehen. Daher35 dann auch auf den Abfall bei den verschiednen Exemplaren von Diamanten, Edelsteinen, Perlen und Korallen und auf die erforderlichen Mengen (Material) bei der Herstellung von Gold- und Silberwaren.36

Die Vorzüge eines aus Gold gemachten Schmuckstücks (tapanīya) sind nach der Überlieferung diese: von gleichmäßiger Färbung und Glut, ein Teil genau wie der ihm entsprechende andre,37 die (dabei) verwendeten durchlöcherten Kügelchen nicht aneinanderklebend, solid, wohl poliert, unverfälscht,38 in sich zusammenstimmend, beim Tragen angenehm, geschmackvoll,39 glanzbegabt, gefällig in der Form, ebenmäßig, das Gemüt und das Auge ergötzend.

Fußnoten

1 Nach den Indern: »vom Berg Çatakumbha«, und: »vom Bergwerk Hāṭaka. Çṛiṅgiçukti ist nach Gaṇ. ein Goldland. Könnte es heißen: aus der gehörnten Muschel entstanden«? Die Farbe soll bei den verschiedenen Arten immer verschieden sein. Man findet die Angaben bei Bhaṭṭ. und danach bei Sham. und Jolly. Jātarūpa von angeborener Gestalt oder Schönheit scheint gediegen vorgefundenes zu sein, rasaviddha »flüssigkeitdurchsetzt«, also wohl Waschgold. 315, 2 heißt rasaviddha giftdurchsetzt, vergiftet. Freilich haben wir ja schon vyadh, vedhana usw. als t. t. für das vom »Goldsaft« ausgehehende Durchdringen anderer Metalle kennen lernen, d.h. für deren Verwandeln in Gold. So muß man vielleicht rasaviddha nach 84, 2–4 und 10 verstehen und übersetzen: »durch Goldsaft erzeugtes.« Die ind. Lex. sagen ja, das Wort bedeute »künstliches Gold«. »Mit Quecksilber amalgamiert« (Sham: und Jolly) aber ist gewiß verkehrt. Trifft meine Übersetzung das Richtige, dann haben wir wieder die drei: bhūmidhātu, rasadhātu und prastaradhātu (60, 7; 81, 16). Ākarodgata wird auf jeden Fall = prastaradhātu Golderz in Gestein, Berggold sein.


2 Wörtl.: »das nicht dahingelangte«, also das unvollkommene. Gaṇ. zieht çreshṭānām zum vorhergehenden Satz: »Von den besten Arten (Gold) ist das vorzüglichste staubfadenfarbig« usw. Dann hätten wir hier einfach: »Weißlichgelb oder weiß ist das unvollkommene.« Çreshṭāṇām macht an beiden Orten Schwierigkeiten, bei Gaṇ.'s Auffassung aber mehr.


3 Paṭala »Haufen«, wie wir das Wort gebrauchen, nur eingeschränkt auf Kuhfladen und zwar nach dem Kom. sogar auf den trockenen vom Walde, wo ja das Vieh weidet.


4 Soll er damit infusieren, durchsetzen (nishecayet).


5 Pākapattra »Durchhitzungsblatt« kehrt 88, 7 wieder, und pattra für ein Blatt, eine Platte, eine Schicht Metall haben wir öfters im Folgenden. Gaṇḍikā ist ein entästeter Baumstamm, ein Baumblock. So 206, 6; 363, 11. Dann überhaupt ein Holzblock wie im Pāli (Jāt. II, 124; III, 4; IV, 167, wohl auch Vin. II, 110; 136[?]; IV, 68[?]). Wahrscheinlich auch Balken, Stange oder Leiste (Vin. II, 172). Vgl. Pāli gaṇḍi Block, Richtblock (Jāt. III, 41, Z. 14; V, 303, Z. 24 und Str. 45).


6 Oder: »ist es frei von Wülstchen (Blasen)«? Es kommt wohl darauf an, ob an die noch heiße, flüssige Masse oder an das erkaltete Metall gedacht ist.


7 Bildet das Standard. Nur dies Wort entspricht wirklich. Varṇaka ist etwa = prativarṇaka 110, 13, also sample, Muster; dann Maßstab, Urbild, Ausgangspunkt und Sorte. Vgl. auch die im PW unter varṇaka aus dem Kathās. und der Rājat. angeführten Stellen.


8 Die Einheit eines survarṇa, d.h. eine Goldmenge im Gewicht von Goldmāsha bildet also den Ausgangspunkt oder die Grundlage (s. Kap. 19, Text S. 103, 3 f.). Die wörtliche Übersetzung unserer Stelle, bei der man zunächst 88, 14 heranziehen muß, lautet: »Davon dann der von einer kākaṇī Kupfer anfangende und um je eine kākaṇī ansteigende Abzug bis zur Grenze« usw.; also apasārin + tā. Oder, und das ist das Wahrscheinlichere, man muß çulbena kākaṇy uttarāpasaritā lesen: »Davon wird im Austausch um Kupfer (immer) eine weitere (überzählige) kākaṇī (Gold) weggenommen«. Diese zweite Möglichkeit wird durch 91, 1 ff. nahegelegt. Uttarā »eine weitere« heißt dabei eine je um eins fortschreitende, anwachsende. Auch uttara weiter = überzählig wird mithereinspielen. Bhaṭṭ's Erklärung ist in der Sache ganz richtig, und über den Sinn kann kein Zweifel sein. Gold im Gewicht und Wert von einer kākaṇī, d.h. 1/64 des survarṇa, wird weggenommen und dafür ebensoviel Kupfer dazu getan. Das ergibt den ersten Mindergehalt, wo das Gold aus Teilen Gold und einem Teil Kupfer besteht. Beim zweiten wird für 2 kākaṇī Gold weggetan und 2 kākaṇī Kupfer hineingemischt. So hinauf bis zum 16. Mindergehalt, der sich aus 48 Teilen Gold und 16 Teilen Kupfer zusammensetzt. Dadurch erhalten wir zusammen mit dem Standard, dem Feingehalt oder Grundmuster, 17 Grade der Goldhaltigkeit.


9 Prativarṇikā 89, 3 bedeutet Probemuster, Versuchsmuster; prativarṇaka 62, 14; 110, 13 Muster. So wird wohl varṇikā etwa dasselbe heißen und Bhaṭṭ. recht haben, der freilich varṇaka liest. Sham., Sorabji und Jolly hätten die Geschichte nicht umdrehen sollen. In der Sache freilich kommt es schließlich auf das Gleiche hinaus. Aber auch die Inder werden doch nicht bloß das völlig reine Gold, den »Feingehalt«, als Prüfungsnorm von Legierungen verwendet haben, sondern, wie wir, eben auch Legierungen von bekanntem Gehalt.


10 Nikashita »geprüfsteint« oder »gegoldstricht«, d.h. auf dem Prüfstein oder durch den Strich auf dem Prüfstein als richtig befunden. Der vākyaçesha der indischen Erklärer ist also, soweit ich sehe, ganz unnötig. Die Bedeutungsentwicklung wäre vollkommen natürlich. – Statt animnonnate ist wahrscheinlich nimnonnate »an den vertieften und den erhöhten Stellen« einzusetzen.


11 Wörtlich: »daran geleckt« (parilīḍha).


12 Nicht nur das Neutr., sondern auch das Mask. nikasha hat neben der bekannten Bedeutung auch die des Striches auf dem Probierstein. Vgl. Kalāv. VIII, 4, wo mandaruciḥ gelesen werden muß. In unserem Text ist sakesaraḥ und nikasharāgaḥ richtig, wie schon Bhaṭṭ. hat.


13 Pratirāgin »der Abfärbung entsprechend, reagierend auf die Abfärbung«. Danach ist wohl samarāgin 86, 19 zu verstehen und folglich von Gaṇ. richtig erklärt. Mit ihm, muß im folgenden Satz chedaç statt çvetaç gelesen werden.


14 Kuraṇḍaka ist gelber Amaranth oder gelbe Barleria.


15 Wohl den Angaben jenes Kapitels. Aber auch die Lehren des vorliegenden Kapitels können gemeint sein.


16 Vgl. 26, 13–14. Da ist offenbar gemeint, der Betr. soll getötet werden. Also wird es hier nicht anders sein und wird Sham. recht haben, nicht aber Gaṇ., der da meint, es solle ihm all sein Gut genommen werden. Nichtangestellter (anāyukta) ist natürlich einer, der nicht in der Edelmetallschmiede beschäftigt ist. Von unredlichen Goldschmieden ist hier keine Rede.


17 Kāñcanapṛishata »Goldtropfen«. Die pṛishata werden wohl von Sham. richtig als durchlöcherte Kügelchen verstanden. Doch trennen er und Gaṇ., wohl nach Bhaṭṭ.'s Vorgang, kāñcana ab und sehen in den kāñcānakāru dann natürlich »Arbeiter in Gold«, was sich sonderbar ausnimmt. Gaṇ. meint, es seien die Leute, die geschickt seien, künstliches Gold zu machen. Ist kāñcanam allein in 87, 19 richtig und bezeichnet es also die Goldunterlage bei der Fassung von Edelsteinen, so möchte ich lieber die kāñcanakāru für die Künstler halten, die Edelsteine fassen. Bei denen schiene solch eine genaue Untersuchung auch nötiger zu sein als bei den Goldmachern. Tvashtṛikarman »Baumeisterarbeit«, vielleicht mit Hinblick auf Tvashṭar, den Verfertiger der Werkzeuge der Götter, ist nach Ausweis von 88, 4 ff. die Herstellung von Geräten (Gefäßen usw.). Tapanīya bezeichnet hier Goldschmuck, Goldsachen, die man trägt, wie die Schlußverse des Kapitels dartun.


18 Caraka wird hier von Sorabji und Gaṇ. wohl richtig paricāraka gleichgesetzt. Spion kann es hier kaum bedeuten.


19 Die Frauen können sich mit Hilfe der ihrigen ja die Schätze Golkondas aneignen. Für solch bequeme Schmuggelgelegenheit hatten die altindischen Schmuggelschnüffler jedenfalls eine bessere Nase als die unsrigen. Beim männlichen Gliede nun geht die Sache unendlich viel schlechter. Trotzdem wird guhya hier auch seine gewöhnliche Bedeutung haben, nicht nur die seltene, nach dem PW nur einmal, und da nicht völlig sicher belegte »After«, die hier allein statthaft scheinen möchte. Die altindischen Langfinger waren gewiß auch in diesem Stück fähig, sich zu großer Virtuosität zu trainieren. Überhaupt: Man hat viel vom Heroismus der Tugend geredet. Doch lassen wir die Tugend; sie ist nicht mehr salonfähig. Käme der homo sapiens einmal dahin, daß er ein Hundertstel des Heroismus, den er nicht nur für den Krieg, sondern auch für all seine anderen Verbrechen und Laster aufbringt, dem Dienste edler, wahrhaft freier Menschlichkeit widmete, welch ein Wunderort könnte noch diese klägliche Erde werden! Doch Träume sind Schäume. Wir haben's mit dir zu tun, o Kauṭilya. Warum wird denn der Mund nicht untersucht? Sogar mehr Gold kann jemand in diesem tragen, als ein Johannes Chrysostomos und die Morgenstunde zusammen.


20 Kārayitar wäre am ehesten der Besteller. Aber wie könnte der jeden Abend in die Goldschmiede kommen? Also am Ende doch der Anordner, der Vormann? Im Bureau wird genaue Kontrolle geführt. Das Gold, das der Goldschmied zur Verarbeitung erhält, und die fertigen Arbeiten (man muß wohl kṛitaṃ statt dhṛitaṃ lesen) hat er vorzulegen, ebenso jeden Morgen und Abend alles Wertvolle mit den genannten Siegeln dran, damit man im Bureau zu sehen vermag, daß in der Nacht nichts angetastet worden ist. Dem Goldschmied selber wäre natürlich nicht zu trauen, obgleich er »von guter Geburt und vertrauenswürdig« ist (85, 12 f.).


21 Also aufgereihte Gehänge wie Halsschnüre, Gürtel usw. Wörtlich: »das Weben von Schnüren usw.«.


22 Vgl. 88, 2–3 und 16 und verliere dein letztes bißchen Sicherheit! Im Text fasse ich es also so auf, daß zwei Zehntel des ganzen Schmuckes oder Zierstückes aus goldener Unterlage, ein Zehntel aus der Seiteneinfassung der Steine usw. bestehe. Möglich wäre auch: »ein Fünftel soviel Gold, wie die Edelsteine oder der Edelstein ausmachen« und »ein Zehntel soviel«. So hat es offenbar Bhaṭṭ. verstanden; denn er sagt: maṇeḥ (so lese ich statt des maṇau bei Sorabji und finde meine Mutmaßung durch Gaṇ. bestätigt) pañcamaṃ bhāgaṃ talabhāgakāñcanam ity ādhārasuvarṇaṃ praveçayet. Das setzt freilich große Edelsteine voraus. Vergleicht man nun aber 88, 2–3, so schiene trotz der schweren sachlichen Bedenken: »fünf Teile Gold als Unterlage und zehn Teile als Befestigung« nötig zu sein. D.h. ein Drittel der ganzen verwendeten Goldmasse käme auf die Unterlage und zwei Drittel auf die Einfassung. Das klingt aber höchst sonderbar. Daß kāñcana = GoldunterlageA2 sei, ist ebenfalls recht unsicher. Man wird am Ende doch kāñcanavāstukaṃ oder kāñcanaṃ vāstukam lesen müssen unter Vergleichung mit 88, 2 ff. – Gaṇ. liest kaṭumānam, Bhaṭṭ. haṭamānam. Kaṭamāna (vielleicht besser kaṭimāna) »Hüftenmaß« oder »Hüftenbau« sieht sehr vernünftig aus. Mit kaṭumāna aber sitzt man ganz auf dem Trockenen.


23 So nach Gaṇ.'s Text. Von der Schwierigkeit, die sich aus der Vergleichung mit 87, 19 ergibt, ganz zu schweigen, so ist schon das hi höchst sonderbar. Auch Gaṇ. hat es. Soll man dvibhāgāḥ, lesen: »drei zwiefache Teile« usw., d.h. zwiefach im Verhältnis zu dem Gefaßten, sodaß also hier Untergrund und Einfassung doppelt so viel ausmachen als das Gefaßte oder gar 10, bzw. 14 mal so viel? Das klänge recht toll. So ist auch diese auf den ersten Blick ganz klare Stelle sehr dunkel.


24 Doch wohl weniger wahrscheinlich: »Oder eins, das aus einem Viertel Gold (und drei Vierteln Silber) besteht, möge er mit einer flüssigen oder einer pulverisierten Mischung aus Sand und Zinnober bekleiden« (vāsayet von vas, vaste). Vā, das freilich bei Gaṇ. fehlt, deutet aber am natürlichsten auf diese Auslegung. Sprachlich unmöglich ist die von Gaṇ.


25 Verwunderlich ist bei der bisherigen Auffassung, auf die ich zuerst verfiel, 1. daß da der doch so wichtige Goldschmuck keine Berücksichtigung fände, 2. daß die Beschreibung des Goldes für die Farbtinktur doch allzu überlastet wäre. Wörtlich also wohl doch lieber: »Goldschmuck ist das beste« (Gold).


26 Und auch auf dem Holzblock gehämmert (wie 86, 3)? Nach Bhaṭṭ. dem alle anderen folgen: »mit trockenem Kuhmist zum Schmelzen gebracht«. Aber 86, 3 kommt man mit dieser Bedeutung kaum zurecht, obgleich pākapattra »Backblätter« ganz gut trockenen Kuhfladen bezeichnen könnte. Statt »geläutert« hieße es wörtlich: »durchpassiert« (durch den Läuterungsprozeß?). Bhaṭṭ. umschreibt atikrānta aber allem Anschein nach richtig mit çodhita. Vgl. Zeile 13.


27 Cimicimāyate, das wir sonst nur in der Bedeutung stechen, prickeln keimen, hat jedenfalls die von Bhaṭṭ. angegebene Bedeutung, und zwar wird kaum die Vorstellung zugrunde liegen, daß der Farbenglast geradezu stechend oder prickelnd für die Augen sei. Vgl. das gleicherweise lautmalende simisimāyate »simmern« mit diesem cimicimāyate »schimmern«.


28 Von diesem Färbezusatz braucht es also nur 1/61, soviel wie von dem zu färbenden Gold; denn der suvarṇa ist ja = 64 kākaṇī.


29 Die Farbebeigabe müßte hier doch wohl eine Silberfarbtinktur sein. Nach Bhaṭṭ. aber bezeichnet rāga in Zeile 18 das tīkshṇa von Zeile 10. Dann muß er wohl an unserer Stelle dasselbe annehmen. Auf jeden Fall ergeben sich so acht Silberlegierungen, von denen die erste nur 1/64 Gold, die letzte 8/64 enthält. Wir haben suvarṇe vishaye in Gold (in Form von Gold) soll immer soviel hinzugegeben werden, wie man Silber weggenommen hat. Nicht aber kann es, wie man bisher geglaubt hat, heißen: »Zu einem suvarṇa Gold wird immer die betr. Menge Silber hinzugetan«. Denn daß eine Mischung von 1/64 Silber und 63/64 Gold Weißsilber ergeben sollte, ist ja heller Unsinn. Was die Läuterung mit Kupfervitriol betrifft, so muß man wohl annehmen, daß in den Fällen, wo Kupfervitriol (tuttha) nicht ausdrücklich genannt wird, es hinzugedacht werden muß. Doch bin ich der Übersetzung keineswegs sicher, weiß auch nicht, was kapāla hier bedeutet, weiß nur dies, daß die völlig verschiedene Auslegung der Stelle, die Bhaṭṭ. gibt, ganz töricht aussieht.


30 Oder: »drei Teile«. Aber wovon? Ist wirklich die Farbessenz (tīkshṇa) von Zeile 10 bis 11 gemeint, dann wäre es wohl ein Drittel von jener Dosis, also 1/192 der zu färbenden Masse. Was hat aber hier, wo doch von den Legierungen des Weißsilbers geredet wird, auf einmal diese Goldmischung verloren? Man muß also vielleicht übersetzen: »Nachdem man geläutertes Gold aufgekocht hat, füge man (davon) ein Farbdrittel hinzu«, d.h. füge man zu Weißsilber, um ihm Farbenwärme zu geben, ein Drittel soviel von diesem Gold als man sonst Silberfarbstoff beifügte, hinzu. »Dann wird es gelbfarbig.«


31 Mit halb so viel Prozent Eisen, wie beim vorigen Rezept Gold beigegeben worden ist, also einem Sechstel, wie Bhaṭṭ. gewiß richtig sagt. Dann kann aber nicht Gold die schwarz zu färbende Masse sein, wie Sham., Jolly und Gaṇ. annehmen. Auch hätte es wenig Sinn, daß Kauṭ. in Zeile 2 ausdrücklich tapanīyam hinsetzte, wenn bereits im Vorhergehenden dies das Subjekt wäre. Endlich ist allem Anschein nach durchweg von 88, 12 an bis 89, 2 Weißsilber der einzige Gegenstand der Besprechung.


32 Drei verschiedene Auslegungen dieser Stelle gibt Bhaṭṭ. Von ihm geleitet, nehmen Sham., Jolly und Gaṇ. an, es handle sich hier um einen Anstrich aus Eisen und Quecksilber. Aber weder diese Auffassung noch die von Bhaṭṭ. aufgeführten scheinen dem Wortlaut und der Vernunft gerecht zu werden. Pratilepin kann nur etwa »anklebend« heißen, es sei denn, es bezeichne eine besondere Substanz, was kaum wahrscheinlich sein dürfte. Rasa nun bedeutet, soviel ich sehe, nirgends bei Kauṭ. klar und deutlich Quecksilber. Im Lichte der vorliegenden Kapitel betrachtet, kann es wohl nur als Saft, Flüssigkeit, namentlich Goldflüssigkeit verstanden werden. Sodann läßt es sich nicht denken, daß Gold durch doppelten Anstrich von Eisen, selbst wenn Quecksilber beigemischt ist, papageienfarbig würde, wenn schon durch den einfachen Anstrich Weißsilber (ja nach der bisherigen Auffassung Gold selber) schwarz wird. »Papageienfedernfarbig« bezeichnet nun an anderen Stellen, wo es vorkommt, allem Anschein nach ein Gelb. Da stünde also die Farbe im besten Einklang. Gewiß ist mir jedoch nur dies, daß alle anderen Erklärungen falsch, nicht aber, daß meine richtig ist.


33 Wörtlich: »er nehme ein Muster«, also: mache einen Versuch im Kleinen. Mit prativarṇikā vgl. varṇikā 86, 11 und prativarṇaka 62, 14; 110, 13, sowie varṇaka 86, 9–10.


34 Wörtlich wohl: »auf die Herrichtung« (saṃskāra). Das schlösse jedenfalls auch die Prüfung ein. Nur diese scheint Bhaṭṭ. hier zu sehen, wenn anders sein çodhana, »Reinigung«, aber auch »auf die Probe Stellen«, von Sham. richtig verstanden wird. Nun bedeutet tīkshṇa, das wohl 83, 9 und 84, 3, kaum aber hier Eisen bezeichnen wird, auch Salpeter. Könnte also tīkshṇatāmrasaṃskāra, dessen tāmra vielleicht eine falsche Lesart darstellt, eine Goldprüfungsart sein, ähnlich der unserigen mit Salpetersäure, d.h. mit dem Königswasser? Daß der Goldaufseher sich auch auf die ganze Behandlung von Kupfer und Eisen verstehen müßte, scheint eine unnötige Forderung zu sein. Denn soweit in der Goldschmiedekunst Kupfer zur Verwendung kommt, ginge es wohl ganz gut ohne solche eingehende Fachkenntnis von Kupfer, und Eisen spielt da gar keine weitere Rolle. Sodann sind Kupfer und Eisen und alles, was mit denen zusammenhängt, doch Sache des Anfsehers über die unedeln Metalle (lohādhyaksha 84, 3 f.).


35 Oder: »danach.« Bhaṭṭ. sagt wohl richtig: »nach dem Beispiel des Goldes«; d.h. was Kauṭ. vom Gold gesagt hat, ist Anleitung auch für die Edelsteine usw.


36 Ein Blick schon auf apaneyiman lehrt, daß es von apanayati »wegnehmen« kommt. So sagt denn auch Bhaṭṭ., es sei = apanītatva, womit uns freilich nichts geholfen ist. Der erste Bestandteil apaneya gibt die zwei Möglichkeiten an die Hand: 1. Wegnehmbarkeit, Abziehbarkeit, 2. Notwendigkeit des Wegnehmens oder Abziehens. Im Text habe ich es im zweiten Sinn gefaßt, weil es sich so am besten in den Zusammenhang fügt und auch sonst am ehesten zu passen scheint. Hat es die erste Bedeutung, dann muß es wohl heißen: er soll wissen, was, wieviel usw. die Betrüger bei Edelsteinen und den ihnen verwandten Dingen wegnehmen, fälschen, vertauschen, unterschieben können. So versteht es offenbar Gaṇ. Auch rūpyasuvarṇabandha hat seine Tücken. Man könnte auch übersetzen: »wieviel Bindung (Festigungszusatz) es braucht bei Waren aus Silber und Gold«. So erklärt es Gaṇ. Aber eine solche verengende Einzelheit scheint hier nicht am Platze zu sein. Das auch von Jolly gebrauchte »Herstellung« schließt jenes mit ein.


37 Wörtl.: »gleiche Paare oder Gegenstücke habend«.


38 Asaṃpīta, wörtl. etwa: »unverwässert, undurchtränkt.« Vgl. pāyita durchtränkt 415, 4.


39 Abhinīta. Nach den indisch. Lex. sollte das wohl etwa mit »vorzüglich hergerichtet« übersetzt werden. Vgl. aber das PW unter abhinī, ferner nīta, nīti und vinaya. Dem entsprechend also: feine Bildung des Geistes und sittliche Selbstkultur verratend, also auch frei von Aufdringlichkeit, keusch, nicht nur geistvoll.


A1 Mit saṃyūhayati vgl. nijjūhiūṇa zurückweisend (Uttarajjh. XXXV, 20). Dies könnte man von einem Denom. niryūthayati »aus des Herde hinaustun« ableiten. Aber zu XXXVI, 256 sagt der Kommentar, nijjūhaṇa (= tyāga) komme von niryūhana. Unsere Kauṭilyastelle gibt ihm Recht. Freilich ließe sich auch annehmen, die Wurzel yūh beruhe auf falscher Sanskritisierung.


A2 In Raghuv. VI, 79 lesen wir: Ratnaṃ samāgacchatu kāñcanena. Das könnte nun bedeuten: »Die Perle geselle sich einer Goldunterlage.« Aber es wird wohl einfach heißen: »dem Golde«, wie es die ind. Komm, verstehen.

Quelle:
Das altindische Buch vom Welt- und Staatsleben. Das Arthaçāstra des Kauṭilya. Leipzig 1926, S. 122-129.
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Große Erzählungen der Hochromantik

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Zwischen 1804 und 1815 ist Heidelberg das intellektuelle Zentrum einer Bewegung, die sich von dort aus in der Welt verbreitet. Individuelles Erleben von Idylle und Harmonie, die Innerlichkeit der Seele sind die zentralen Themen der Hochromantik als Gegenbewegung zur von der Antike inspirierten Klassik und der vernunftgetriebenen Aufklärung. Acht der ganz großen Erzählungen der Hochromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe zusammengestellt.

390 Seiten, 19.80 Euro

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