Drittes Kapitel (21. Gegenstand).

Herstellung einer Burg.

[64] In allen vier Himmelsgegenden soll er an der Landesgrenze für den Fall der Kriegsnot bestimmte Burgen, da wo die Natur des Geländes dafür gesorgt hat, einrichten lassen: als Wasserburg eine drinnen im Wasser gelegene Insel oder erhöhtes Land, das durch Niederungen abgesperrt ist; als Bergfestung ein Gefelse oder eine Höhle; als Wüstenburg eine Gegend, wo das Grasgebüschel wasserlosen Bodens wächst oder eine Alkaligegend; als [64] Waldburg ein Gelände, das aus Moor1 und Wasser besteht oder voll Waldwirrnis und Dickicht ist. Unter diesen ist die Fluß- und die Bergfestung eine Schutzstätte für das Landvolk, die Wüsten- und die Waldfestung eine Stätte für die Waldstämme oder eine Zuflucht im Unglück.2

Mitten im Land lege er als Sammelstätte eine Kreisstadt (einen Amtssitz, sthānīya) an, an einem Orte, der als Baustelle3 gelobt wird, an der Vereinigung von zwei Flüssen oder an der Seite eines nicht austrocknenden Sees, Teiches oder Weihers;4 rund, länglich oder viereckig, je nach der Natur der Baustelle; das Wasser nach rechts,5 eine Marktstadt,6 die mit einer Straße für Lastträger und einer zu Wasser versehen ist. Um diese lasse er drei Gräben machen, je einen daṇḍa7 von einander entfernt, vierzehn, zwölf[65] und zehn daṇḍa breit, um ein Viertel weniger oder um die Hälfte weniger tief als breit, mit einem Boden, der nur dreiviertel (der oberen Weite) mißt; unten mit viereckigen Steinen bedeckt oder die Seitenwände aus Steinen oder Backsteinen gemauert; mit Wasser am Ende (das man hineinfließen lassen kann)8 oder gefüllt mit herbeigeführtem Wasser, mit einer Vorrichtung, das Wasser hinein- und hinausströmen zu lassen9 und mit »Lotosgreifern«.10

Vier daṇḍa entfernt vom (innersten) Graben, sechs daṇḍa hoch, fest abgeschlossen,11 zweimal so breit wie hoch, lasse er aus dem Ausgegrabenen einen Wall machen, emporgeschichtet, mit einem bettartigen12 Rücken oder wie ein Krug hinausgebaucht, von Elefanten oder von Rindern festgestampft, (an den Seiten) übersponnen von stachlichem Gebüsch und Giftrankengeschling. Oder mit irgend einer Art Erde fülle er die Löcher des Baues aus.

Oben auf dem Wall lasse er eine Mauer errichten, zweimal so hoch wie breit, aus Backsteinen, von zwölf hasta an in ungerader oder gerader Zahl aufwärts bis zu vierundzwanzig hasta (Höhe).13 Die Durchfahrt14 für den Wagenverkehr soll er aus Steinen aufführen lassen, mit einem tālaboden, am oberen Teil bedeckt mit »Frauenbrüsten« und »Affenköpfen«15 oder mit [66] breiten Steinplatten versehen; nicht aber aus Holz gemacht; denn in diesem wohnt lauernd der Feuergott.16

Er lasse die Türme viereckig in ihren Ausdehnungen, ausgestattet mit hinablaßbaren, der Höhe entsprechenden Leitern (oder: Treppen) machen,17 dazu in einem Abstand von dreißig daṇḍa voneinander.18 Mitten zwischen zwei Türmen lasse er einen mit oberen Gemächern19 versehenen zweistöckigen Torbau (pratolī) machen, zwei und einen halben (daṇḍa) in der Breite.

Zwischen je einem Turm und einem Torbau lasse er als Standort für je drei Bogenschützen einen Balkon mit einer Überdachung und durchlöcherten Bohlen machen,20 am Ende zwei hasta breit, an den Seiten viermal so lang.21

[67] Die Mauer entlang lasse er einen »Götterpfad« von acht hasta Ausdehnung machen.22

Gänge (oder: Straßen) soll er anbringen lassen, einen daṇḍa breit oder zwei daṇḍa breit.23 An einer uneinnehmbaren Stelle, einen Weg zum Dahinstürmen und ein Ausfallstor.24

Außen lasse er einen Weg machen, der bedeckt ist mit »Kniebrechern,25 verschiedenen Arten von Dreizacks26 mit Fanggruben, Stachelgeflecht,27 [68] Schlangenhinterteilen«,28 »Palmblättern«, Dreiecken, »Hundezahn«,29 Riegeln, »Draufspringschuhen«,30 Röstgruben31 und Wasserbrunnen.

Nachdem er in die Mauer von beiden Seiten her ein rundes Loch von ein und einem halben daṇḍa (im Durchmesser)32 hat machen lassen, lege er, innen mit sechs Torbaubalken versehen, ein Tor an;33 viereckig (mache er es dann) durch eine Vergrößerung, die von fünf daṇḍa an immer um eins bis zu acht daṇḍa hinaufsteigt, um ein Sechstel oder um ein Achtel über die Länge hinausgehend.34 Von fünfzehn hasta an immer um eins bis zu achtzehn hasta hinaufsteigend, das ist die Höhe der oberen Fläche.35

[69] Der Umfang eines Pfeilers ist sechs (d.h. ein Sechstel) von der Länge, zweimal soviel (wie der Umfang beträgt) eingegraben; ein Viertel (der Länge misst der Umfang der) Spitze (cūlikā).36

Das Anfangsstockwerk (d.h. das untere Stockwerk, des Torbaues) hat fünf Teile: Halle, »Teich« und Grenzhaus, dann: zwei einander gegenüberliegende Plattformen, die je ein Zehntel einnehmen. Und nebenan das Eckhaus,37 mit einer Bodenfläche halb so weit (im Geviert) wie die Höhe; die Bindung mittels Pfeilern (d.h. die Wände aus Pfeilern bestehend). Das, obere Gemach,38 das die Hälfte der (ganzen) Baufläche (des Torbaues) mißt oder drei Viertel an Weite,39 mit Backsteinen gebunden (d.h. ausgemauert). Links eine nach rechts gewundene Treppe, nach der anderen Seite eine Treppe mit versteckten Wänden. Der Torbogenkopf misst zwei hasta.

[70] (Dann kommen): Zwei sich zusammenfügende Torflügel, die drei Fünftel (des ganzen Torbaues in der Breite) einnehmen; zu jedem Torflügel zwei Querriegel; (dazu) ein »Indrakeil«, eine Elle lang;40 ein Seitentor von 5 hasta (d.h. sieben und einem halben Fuß) Weite;41 (zu diesem) vier Elefantenriegel.42 Damit man hineinkommen kann,43 ein Aufbau, der Elefantenklaue heißt, und der der Toröffnung entspricht,44 und eine Brücke, die entweder entfernbar ist oder aus Erde besteht, da wo kein Wasser ist.45

Das »Kuhtor« (gopura) lasse er so machen: zuerst den Anfang, daß er der Mauer entspricht, und dann drei Viertel wie das Maul eines godhā.46

[71] (Oben) mitten in die Mauer soll er einen »Langteich«, einen »Lotosweiher«47 machen lassen (und dann weiter): ein mit einem Tor und vierfacher Halle versehenes Balkenhaus,48 dessen Vorderseite innen einen und einen halben (daṇḍa) mißt, ein Eisenhaus49 von zwei Stockwerken und mit einem eisernen Tor, oder, wenn es Platz und Material so an die Hand geben, waffenbergende Kanäle von einer Länge, die um drei Viertel hinausragt (über die Breite).50

[72] In diese (Kanäle) sind zu tun: Steine, Spaten, Äxte, Pfeile51 in verschiedenen Formen,52 musṛiṇṭhīs, Streithämmer, Keulen, Wurfscheiben, Kriegsmaschinen und Hunderttöter.53

Dazu von Schmiede gemachte Dreizacks und Bambusrohre, die mit scharfer Spitze verwunden,54 kamelhalsige Waffen,55 Feuervorrichtungen56 und alles, was in der Gestaltung des Materials möglich ist.57

Fußnoten

1 Das dunkle khañjana, das sich noch 388, 15 findet und auch dort zusammen mit udaka, bedeutet offenbar Sumpf, Morast, Moor. Mit Bachstelze hat es wohl kaum etwas zu tun, kaum auch etwas mit khañj hinken (»Hinkerei«, also »Waterei«). Stamba = Dickicht nach ind. Lex. So wohl hier.


2 Apasāra, wörtl. eine Entweichung, ein Ausweichen, dann ein Ort, wohin man, vor allem natürlich der König, entweichen kann. Apasṛi und apasāra sind t. t. bei Kauṭ. für das Weichen aus dem Kampf oder das dem Kampf Ausweichen, ihn Vermeiden, auch Desertieren; apasāra dann auch Notausgang. Siehe z.B. 30, 9; 58, 9, 11; 214, 2; 281, 14; 289, 13; 306, 16; 307, 17; 329, 20; 334, 10, 15.


3 Oder: »von der Bauwissenschaft«, oder: »von Baukundigen« (vāstuka).


4 Oder: eines Reservoirs (taṭāka).


5 d.h. wo ein Gewässer nach rechts hin biegt. Die rechte Seite ist ja die glückliche. Aber das hieße dann doch wohl: nach Süden. Und der Süden ist unheilvoll. Nach Gaṇ. mit einem Gewässer (Fluß) das nach rechts hin fließt.


6 Über die Etymologie von puṭabhedana hat Charpentier gute Bemerkungen gemacht (ZDMG. 70, 237 ff.). Weshalb er aber puṭa Falte, Tüte usw. von dem hier vorliegenden Wort trennen will, ist nicht recht einzusehen. Puṭa (von puṭ brechen, zerstoßen, mahlen) bedeutet Bruch und davon weiterhin völlig natürlich sowohl Falte, wie auch Biegung. Puṭabheda nun ist als »Biegung« (vakra) durch die ind. Lex. bezeugt, als »Ort, an dem der Fluß hervorbricht« aber nur von Gelehrten erschlossen. So dürfte es besser sein, auch hier puṭabheda, und -bhedana als »Faltenbruch« also Flußbiegung, Seebiegung usw. zu fassen. Puṭabhedana wäre also zunächst eine Ortschaft oder eine Stadt an einer Flußbiegung (vgl. amerikanische Städtenamen wie South Bend). Auch zu pulina (aus puṭina) paßt wohl Umbruch, Falte, Tasche (eines Flusses usw.) sehr gut, sei es daß sich, an ein solches Flußknie leicht eine Flußanschwemmung anschmiegt, sei es wegen der sinnlichen Anschauung, die freilich am Ufer eines Meeres stärker hervortritt, und die den Anstoß gegeben hat zu Coleridges Beschreibung der braunen, faltenreichen Hand des alten Matrosen:


I fear thee, ancient Mariner!

I fear thy skinny hand!

And thou art long, and lank, and brown,

As is the ribbed sea-sand.


The Rime of the Ancient Mariner,

Anfang von Part. IV.

Vgl. z.B. Kirāt. IV, 6; VII, 16.


7 Der daṇḍa (Rute, Stange, vgl. die englischen Maße rod, rood, pole) mißt 96 aṅgula. Er heißt auch dhanus »Bogen(länge)« 106, 20. Vom dhanus nun sagt Kauṭ., als Weg- und Mauermaß sei es 108 aṅgula lang (ein aṅgula ist = 3/4 Zoll). Da hier von Befestigungen die Rede ist, sollte an unserer Stelle wohl dies dhanus gemeint sein. Nicht völlig sicher aber ist es, ob nun auch da dhanus und daṇḍa austauschbar sind.


8 Da reichen die Gräben also bis zu einem Wasser hin.


9 Saparivāha, vgl. 169, 14.


10 Das dunkle Wort padmagrāha scheint mir etwa ein Schließwerk zu bedeuten, das packt und losläßt und dessen Gestalt an den Lotos erinnert, also eine mechanische Vorrichtung, die zum Abstellen und Zulassen des Wassers dient. Es wird ja hier dargelegt, wie die Gräben hergerichtet werden sollen. Vgl. Stein 34–41 zu diesem Kapitel und lies daçeti daṇḍān vistirṇāḥ und caturaçrapāshāṇopahitaḥ. Steins Änderungen S. 37, Anm. 2 entspringen aus Mangel an Verständnis der Stelle. Unten am Boden sind die Gräben enger, damit sie weniger leicht einfallen, wie jeder weiß, der in seinem Leben Gräben gemacht hat.


11 Das wird wohl heißen sollen: so fest gemacht, daß keine Erde herabfällt, wie Gaṇ. erklärt. Aber warum dann dies unbestimmte Wort avaruddha oder uparuddha? Zur Veranschaulichung trägt wohl die ebenfalls mögliche Übersetzung bei: »in seiner sechs daṇḍa betragenden Höhe (Empordämmung, Emporhebung) fest zusammengeschlossen«.


12 Oder: »plattformartigen«. Nach Gaṇ. heißt es: »nach oben spitzer zulaufend (ūrdhvacaya) oder unten und oben gleich dick (mañcapṛishṭha) oder in der Mitte hinausgebaucht«. Das sieht vorzüglich aus. Nur begreife ich nicht recht, wie ūrdhvacaya und namentlich wie mañcapṛishṭha zu dieser Bedeutung käme. Im Folgenden hat er pāṃsuçesheṇa »mit dem Rest der Erde«.


13 Sie wäre also 18–36 engl. Fuß hoch und 9–18 Fuß dick!


14 Oder: »die Durchfahrten«, denn es werden jedenfalls mehrere in Betracht kommen. Kauṭ. hat ja besonders in diesem Kapitel oft die Einzahl, wo die Mehrzahl gemeint oder doch im Deutschen einzusetzen ist. Saṃcāra heißt bei Kauṭ. gewöhnlich Hinübergehen, Hinüberschaffen, Weiterleitung, Transport, Passage, Durchgang. Rathacaryā könnte auch = rathavartman Wagenstraße sein, wie z.B. MBh. VI, 50, 45, was wesentlich auf das Gleiche hinausliefe.


15 Oder: »Aus Steinen soll er sie (die Mauer) aufführen lassen mit Wegen für den Wagenverkehr, mit einem tāla-Boden« usw. wie im Text. Diese Übersetzung hat sprachliche Schwierigkeiten, zunächst in den schon besprochenen saṃcāra, dann darin, daß die Mauer jetzt auf einmal aus Steinen gemacht ist ohne ein vā. Endlich: warum dann nicht sarathacaryāsaṃcāram, um dem armen Leser die Sache etwas zu erleichtern? Es sollte da also heißen: Çailaṃ vā sarathacaryāsaṃcāram ... pṛithuçilāsaṃhitaṃ vā kārayet. Diese meine ursprüngliche Übertragung wage ich doch nicht im Texte stehen zu lassen, obgleich ich sie jetzt bei Gaṇ. wiederfinde. Wie ich denkt sich auch er den Wagenverkehr oben auf der Mauer, so luftig die Höhe auch sein mag. Caryā ist im Rām. allem Anschein nach eine Straße oben auf der Befestigungsmauer; Häuser oder doch Häuschen sind an sie hingebaut. Rām. VI, 59, 33; 60, 13; 61, 34; 67, 82, 109; 75, 6. Die sprachlichen Schwierigkeiten stören Gaṇ., wie es scheint, sehr wenig. Er sagt einfach: aishṭikavilakshaṇam çilāmayaṃ vā kārayed, arthāt prākāram. Der Sinn scheint in der Tat diese souveräne Mißachtung der Grammatik zu fordern. Denn woher all diese Sorgfalt in den Angaben über die rathacaryāsaṃcāra, einerlei wo diese nun sein mögen, und dagegen so wenig von der Mauer selber? Und dann sollte doch in dem folgenden Satz: »nicht aber aus Holz« von der Mauer die Rede sein. Welch ein Ruck, wenn dazwischen etwas anderes abgehandelt wird! Freilich ist es auch bei Durchfahrten wichtig, daß da nicht die ganze Geschichte durch Unvorsichtigkeit oder Tücke angezündet werden kann. So windet sich die arme Exegetenseele wie der Teufel im Weihwasser und ruft verzweifelt: »Es ist nicht klar!« Ferner: Was bedeutet tālamūla »mit einem tūla-Boden«? Ist mūla der Fußboden? Ist es die Wandverkleidung, der Rahmen? Vor allein: Was heißt tāla? Holz wird ja ausdrücklich verboten. Gaṇ. nun teilt ab: tālamūlamurajakaiḥ usw., und nach ihm muß die Übertragung lauten: »versehen mit Nachbildungen von Weinpalmenwurzeln, Nachbildungen von Trommeln und Nachbildungen von Affenköpfen«. Es handelt sich um Vorsprünge oben an der Mauer oder an den Durchfahrten. »Weinpalmenwurzeln« wären da merkwürdige Formen, auch Trommeln nicht recht natürlich, Frauenbrüste aber sehr. Und die Hauptsache: dann hätte Kauṭ. geschrieben: tālamūlair murajakaiḥ kapiçīrshakaiç ca. Was urajaka anlangt so ist es genau gebildet wie uraga, also eine Änderung in urojaka wohl unnötig.


16 Die Angst vor dem Feuer wird uns noch mehrfach im Arthaçāstra begegnen. Sie ist ein Beweis, daß der Bau und das Material der Häuser und anderer Bauten reichlich Anlaß dazu bot.


17 Wörtl.: »mit Hinabwurfsleitern (oder -treppen), die der Höhe gleich sind« (ebensolang).


18 Man setze den Punkt hinter triṃçaddaṇdāntaraṃ. Antara = das Dazwischenseiende, also Zwischenweite zwischen zwei Wänden, Säumen usw., mithin = Weite, Breite; 2. zwischen zwei Gegenständen, mithin Abstand, Entfernung; 3. das was dazwischen eingeschlossen ist, mithin das Innere. Diese drei Möglichkeiten machen einem auch bei diesem Festungskapitel bös zu schaffen.


19 Harmya Dach oder Dachzimmer?


20 Oder wohl doch eher: »Balkone mit verschlußversehenen durchlöcherten Bohlen«. Das entspräche der gewöhnlichen Bedeutung von apidhāna. Auf jeden Fall aber werden diese Balkone auch von oben her bedeckt gewesen sein.


21 Solch ein Schießbalkon (indrakoça) wäre also ein längliches Viereck, 3 Fuß breit und 12 Fuß lang. Die Bogen müßten da, ähnlich den altrömischen, ziemlich kurz gewesen sein, wenigstens in der Umwelt Kauṭi lyas oder in seiner Quelle. Sein Längenmaß dhanus oder Bogen beträgt zwar 6 Fuß. Doch ist das ein äußerst unsicherer Anhalt. Antareshu kann kaum richtig sein, oder es müßte doch auch pārçveshu stehen. Es ist wohl statt des richtigen ante ca durch die vielen antara in der Nähe hereingekommen. Der Sinn bliebe freilich auch bei antareshu, derselbe. Der Punkt ist nach caturāyāmam zu setzen, obgleich auch Gaṇ. ebenso abteilt wie Sham.


22 Also 8 hasta oder 12 Fuß breit? Āyata heißt sich erstreckend, 1. in die Länge, 2. in die Breite; āyāma 1. Länge, 2. Breite. Der »Götterweg« wäre also ein Gang oben auf dem Wall die ganze Mauer entlang. Weil er so in freier Luft dahinführt, mag er wohl Götter- oder Luftpfad genannt worden sein. Nun aber bedeutet āyata am natürlichsten lang und āyāma auch bei Kauṭ. sonst Länge, und 8 hasta wäre reichlich breit für solch einen Mauergang (anuprakāramA1 oben über die ganze Mauer hin?). Wohl aber stimmen diese 8 hasta oder 12 Fuß mit den 8 hasta, die ein Schießbalkon lang ist. So möchte doch an einen schmalen, freien Gang im Innern des Schießbalkons gedacht sein. Vgl. Sorabji zu der Stelle. Nur sieht man da nicht recht, weshalb der Verfasser eines sutraähnlichen Werkes diese dann ja selbstverständliche, weil schon mitangegebene Länge überhaupt noch erwähnt. Auch antareshu »on the inside« ist da äußerst verdächtig. Gaṇ. zieht nach Sham.'s Vorbild und der an und für sich natürlichsten Auffassung antareshu ... caturguṇāyāmam zum devapatha. Da wäre die Übersetzung: »... Bohlen machen. In den Zwischenräumen (zwischen Mauertürmen, Torbauten und Schießbalkons) soll er die Mauer entlang einen Götterpfad machen lassen, 2 hasta breit, an der Seite (der Mauer) viermal so lang (d.h. 8 hasta lang).« Daraus, kann ich mir keinen Vers machen.


23 Caryā ist die richtige Form. Das werden Gänge oder Straßen sein oben auf der Mauer, genau wie in den angeführten Stellen des Rām., nicht aber Gelegenheiten zum Hinaufsteigen auf die Mauer und zum Hinabsteigen (wie Gaṇ. erklärt).


24 Nishkura erscheint auch 402, 16. Ich vermute, es bedeutet Ausfallstor. Gaṇ. liest nishkuha (eig. Loch in einem Baum) und sagt, es sei ein Ausguckloch. Pradhāvitikā bezeichnet nach seiner Glosse einen kleinen Wall, hinter dem sich die Soldaten vor feindlichen Pfeilen bergen. Beide Erklärungen sind sehr bedenklich. Warum wären diese zwei Sachen denn da gerade an einer uneinnehmbaren Stelle? Meine Konjektur agrāhye finde ich bei Gaṇ. wieder.


25 Man muß natürlich jānubhañjanī lesen, wie auch Gaṇ. hat. Hier wie im folgenden ist wenig Licht über all diese Abwehrmittel bei ihm zu holen. So gut raten wie die altindischen Kommentatoren können in manchen Fällen auch wir. Es ist klar, daß eine Vorrichtung gemeint ist, die dem Opfer, das hineingeriet, die Knie brach oder doch brechen sollte.


26 Gaṇ. hat das bessere -prakara-. Also lieber: »Mengen von Dreizacks«.


27 Oder: »Dornengeflecht« Kaṇṭakapratisara hieße nach der uns bekannten Bedeutung etwa: »Dornen-(oder Stachel-)amulettschnur«. Der pratisara wird MBh. III, 309, 4 auch rakshāpratisara genannt und ist nach Nīl. zu der Stelle oft nur aus Durvāgras gewunden. Ob hier an diesen pratisara gedacht werden darf, weiß ich nicht. Aber es gäbe einen guten Sinn. Wie der gewöhnliche pratisara gegen überirdische oder gegen zauberische Gewalten, so schützt dieser gegen gewöhnliche Feinde. Nach Gaṇ. wäre es ein Stacheldraht (»Art eiserner Stricke, die mit Stacheln besetzt sind«).


28 Oder: »Schlangenrücken« (ahipṛishṭha). Gaṇ. gibt nichts Ordentliches, auch nicht über die »Weinpalmenblätter«. Ihre Form erhellt aus den Namen, und daß sie aus Eisen waren, ist wohl möglich.


29 »Hundezahn« (çvadaṃshṭrā) ist nach Ausweis von 368, 14 eine besonders für die Elefanten schlimme Stachelpflanze. Gaṇ. 's Glosse wird also leere Raterei sein.


30 Upaskandanapādukā. Das mögen eine Art Fußfallen sein. Nach Gaṇ. haben wir zwei Wörter: upaskandana »Hölzer, um den Feind straucheln zu machen« und pādukā »Schlammgruben, in die nur ein Bein hineingeht«, also jedenfalls eng und tief, etwa »Kanonenstiefel« (top-boots).


31 Ambarīsha. Vgl. MBh. III 15, 16, in einem für die Verteidigung der befestigten Stadt wichtigen Kapitel. In diese Gruben wie auch in die Wasserbrunnen sollen die Feinde hineinstürzen. Ambarīsha heißt gewöhnlich Röst- oder Bratpfanne. Nīl. sagt dort: bhrāshṭra iti Viçvaḥ, guptāgnir ity anye. So werden wir uns Gruben mit feuergefüllten Pfannen denken müssen, wie Gaṇ. sagt. Noch wahrscheinlicher wären es wohl Gruben mit glühenden Kohlen, die lang fort lebendig bleiben, und woher sie selber »Röstpfannen« heißen.


32 Nach Gaṇ.'s Text käme hinzu: »oder zwei daṇḍa«.


33 Oder: »das Haupttor an«. Tulā bezeichnet einen Wagbalken, dann, soweit ich weiß, nur einen wagerechten oder querliegenden Balken, vielleicht ein Gebälke (oder ein Gerüst, wie es im P.W. genannt wird), nicht aber eine Säule, wie Gaṇ. sagt, der dabei noch das masc. tula annimmt. Auch dies, daß man erst ein rundes Loch schlagen und selbiges dann viereckig machen solle, mutet absonderlich an. Nun liest Gaṇ. maṇḍapakam statt maṇḍalakam. Da wäre wohl zu übersetzen: »Nachdem man an beiden Seiten an die Mauer dran eine Laube von 11/2 daṇḍa oder von zwei daṇḍa (Länge) gemacht hat, lege man innen, mit Torbausechsergebälk versehen, das Haupttor an, von 5 daṇḍa an immer um eins anwachsend bis zu 8 daṇḍa hinauf, um ein Sechstel oder um ein Achtel über die Länge hinausgehend.« Eine andere mögliche, aber aus mehreren Gründen unwahrscheinliche Übersetzung wäre: »sechs tulā von der pratolī entfernt«. Wie ein »Torbausechsergebälk« aussieht, wüßte ich nicht, noch auch, ob diese Auffassung oder auch nur der Text richtig ist.


34 Wohl an Breite und Höhe.


35 Gaṇ. liest tulotsedhaḥ und faßt auch hier tulā (nach ihm tula) = stambha. Da, wie gesagt, meines Wissens tulā nicht einen Pfeiler bezeichnet, so scheint mir diese Lesart unrichtig zu sein. Auf jeden Fall aber könnten dann nur die Torpfeiler gemeint sein und kämen wir zu demselben Ergebnis; auch dann müßten wir in den 15–18 hasta die Höhe des Tordurchganges sehen. Wir hätten mithin, selbst wenn wir den hier wohl nicht gemeinten und dann um 3/4 Fuß oder 1/8 zu kleinen gewöhnlichen daṇḍa zugrunde legen, als Tor einen mächtigen Tunnel durch die gewaltige Mauer, der im Höchstmaß 48 Fuß weit, 27 Fuß hoch und 40 Fuß lang ist, im Mindestmaß 30 Fuß breit, 27 Fuß hoch und 261/4 Fuß lang. Das ergäbe nach der nächstliegenden Annahme eine Mauerdicke von 40, bzw. von 261/4 Fuß! Habe ich richtig gesehen, so mißt die Mauerdicke (auf Seite 52, Zeile 1–2) 9–18 engl. Fuß. Aber der Bau mag ja an beiden Seiten vorstehen. Bei Gaṇ,'s Text schwindet vielleicht diese Schwierigkeit. Nimmt man seinen offenen Vorbau (maṇdapaka) an beiden Seiten, den ich etwa im schweizerischen Sinne des Wortes Laube genannt habe, hinzu, so bekommt man weitere 18, bzw. 24 Fuß Länge. Das ergäbe ein Mindestmaß von 27 Fuß Länge, ein Höchstmaß von 42, stimmte also so ziemlich. Aber nur nach dem gewöhnlichen daṇḍa gerechnet! Bei meiner Auffassung erheben sich nun zwar noch mehrere Schwierigkeiten. Aber sie wird dem Wortlaut weit besser gerecht als die von Sham. und Sorabji. Lies shadbhāgam āyāmād.


36 Stambha in diesem Satz erweckt einen gewissen, freilich nicht hinreichenden Anschein, daß in dem vorhergehenden tulā wirklich Säulen zu suchen seien. Ich lese parikshepaḥ shaḍāyāmād ḍviguṇo. Mit dem shaḍāyāmī von B, wobei ebenfalls parikshepaḥ nötig ist, ergibt es die gleiche Übersetzung. Gaṇ. hat genau denselben Text wie Sham., bringt jedoch denselben Sinn heraus wie ich mit Hilfe meiner Textänderung, aber ich vermag die Möglichkeit des Plurals stambhasya parikshepāḥ für »den Umfang eines Pfeilers« nicht einzusehen noch auch die Zulässigkeit der Erklärung: »shaḍāyāma = ein Sechstel von der Länge (d.h. der Pfeilerhöhe) betragend«. Endlich scheint mir seine Auslegung von cūlikāyāç caturbhāgaḥ: »tasya āyāmaḥ parikshepāyāmacaturbhāgaḥ« schon der Sprache etwas Gewalt anzutun. Natürlicherweise laufen stambhasya und cūlikāyāḥ parallel und ist also bei cūlikāyāḥ unser pariksḥepaḥ zu ergänzen. Das Säulenkapitäl ist dicker als die Säule selber. Ist aber parikshepāḥ shaḍāyāmā, das auch Jolly hat, richtig, so bleibt doch meine Übertragung.


37 Ich lese antaram aṇiharmyaṃ: »und angrenzend das Eckhaus (Seitenhaus)«. Āṇidvāra Seitentür haben wir 166, 19 und aṇidvāra gleich 53, 16. Aṇi und āṇi sind austauschbar. Ist das »Eckhaus« oder »Seitenhaus« vielleicht eine Art Schilderhaus? NB.: Ich sehe jetzt nachträglich, daß Gaṇ. wirklich die von mir erschlossene Lesart verzeichnet, während er in den Text antaram aṇiḥ. Harmyaṃ usw. setzt. Aber ca hinter harmyaṃ und das Fehlen eines ca hinter pratimañcau scheinen darauf zu deuten daß das āṇiharmyaṃ nötig ist als fünfter Teil des »Anfangsstockwerks«: Also hätten wir: 1. Schuppen (oder Saal, çālā), 2. »Teich« (vāpī), 3. »Grenzhaus« (dies soll nach Gaṇ.'s Glosse ein viereckiges Vorratshaus sein), 4. die Doppelplattform (als eins gezählt, weil beide Plattforms ganz gleich sind), 5. āṇiharmya. Aber es mögen vielleicht doch die zwei pratimañca als zwei Abteilungen gerechnet und das aṇiharmya nur ein Anbau sein. Die Lesart āṇiḥ harmyam nötigt wohl auch, mit Gaṇ. drei Stockwerke anzusetzen. Aber Kauṭ. hat ja gesagt, es seien deren nur zwei in der pratolī. Freilich mag das toraṇaA2 ein andersartiger Bau sein. Dann möchte es heißen: »Nebenan das Seitentörchen (vgl. Zeile 16). Und dann das obere Stockwerk (harmya) mit einer Bodenfläche ... Das oberste Stockwerk (uttamāgāra), das die Hälfte« usw. Aber das wäre ein sonderbarer oberer oder zweiter Stock. Gaṇ. sagt nun zwar: »dies zweite Stockwerk halb so hoch wie das untere.« Aber ich kann das nicht aus dem Text herauslesen. Da müßte er doch mindestens lauten: samucchrayeṇārdham āditalāt. Auch ist harmya, wenn es ein Stockwerk bezeichnet, sonst das oberste.


38 Oder: »der obere (oberste) Stock« (uttamāgara, vgl. 389, 9–10).


39 Oder: »an Flächeninhalt« (antara).


40 »Indrakeil« (indrakīla) ist der Keil, der unter die zwei mächtigen Torflügel, da wo sie zusammenkommen, getan wird, damit sie mehr Halt haben. So heißt ein Keil, der dazu dient, das Banner des Kriegswagens festzuhalten, im MBh. indrakīlaA3 (VI, 59,122).


41 Dieses Nebentor ist nötig, damit man die ungefügen Haupttore nicht immer zu öffnen braucht. Aṇi, im P.W. in keiner seiner Bedeutungen belegt, findet sich MBh. I, 108, 8 als Spitze eines Pfahls; VII, 202, 7 als Lünse oder Achsennagel. In der Bedeutung Hausecke, Seite (Grenze) haben wir es hier, dann 166, 19 und wohl 53, 11. Gaṇ. sagt, das aṇidvāra sei ein kleines Tor mitten im großen Tor. Dann wäre »Nebentor« statt »Seitentor« zu setzen.A4


42 Warum sie so heißen, läßt sich nur mutmaßen. Sham. meint: »beams to shut the door against elephants«; Sorabji: »gates large enough to admit elephants«. Aber parigha bedeutet gewöhnlich und bedeutet in der vorhergehenden Zeile Riegel. Gaṇ. jedoch schließt sich an Sorabji an; er faßt gajārgala (= hastiparigha) als metonymischen Ausdruck für gajagatidvāra und sagt dann weiter, der Sinn sei der, daß die ganze Torlaubenweite vier Elefanten nebeneinander Raum bieten solle. Der Text aber macht auf mich keineswegs den Eindruck, als ob so etwas völlig disparat nach all den anderen Sachen am Ende nachgehinkt kommen könnte, von anderen ganz zu schweigen.


43 Lies praveçārtham. Zwar hat auch Gaṇ. praveçārdham, aber sehr zum Schaden des Verständnisses, wie seine eigene widersprüchliche Erklärung zeigt.


44 Wohl an Breite. Oder: auf die gleiche Höhe mit der Toröffnung hinaufführend. Wahrscheinlich beides.


45 Die »Elefantenklaue«, wegen deren man Çiçup. III, 68 vergleiche, ist auch hier wohl einfach ein aus Erde gemachter Aufbau oder Damm, allmählich ansteigend, ähnlich den »Brücken« nordamerikanischer Scheunen, nur unvergleichlich gewaltiger. Muß sie doch zu dem Rücken des 36 oder höchstwahrscheinlich sogar 401/2 Fuß hohen Walls hinaufführen! Die »Brücke« (saṃkrama) verbindet diese »Elefantenklaue« mit dem Eingang des Tores und ist bei Wasserfestungen eine Art Zugbrücke. Lies saṃkramaḥ saṃhāryo. Freilich hat auch Gaṇ. asaṃhāryo. Darum lautet der vollständige Text vielleicht: saṃkramaḥ saṃhāryo 'samhāryo vā »entfernbar oder unentfernbar, oder aus Erde, wo kein Wasser ist«. Warum aber dieser Unterschied? Auch ohne Wasser wäre eine gähnende Kluft mit »Zugbrücke« eine treffliche Einrichtung. So scheint es fast, als liege die »Brücke« saṃkrama weiter draußen als die »Elefantenklaue« und führe von der ebenen Erde auf diese hinauf. Dann kann am Anfang, statt am Ende der »Elefantenklaue« die Absperrung stattfinden, wo die »Brücke« entfernbar ist.


46 Oder: »und dann ein Drittel wie das Maul einer godhā«. Godhā bezeichnet eine große Eidechsenart. Ist gopura (»Kuhburg«, »Kuhtor«) ein Torbau, der so hoch ist wie die Mauer und auf diese hinaufführt? So scheint es Stein (S. 35) zu verstehen. Da begreift man das »Eidechsenmaul« nicht. Sorabji möchte tribhāgam adhomukham lesen: »The gopura is to be in three parts and with its entrance below. The gopura here seems to be a sort of upper turret over the gateway«. Mit dem zweiten Satz stimmt Sham. überein. Gaṇ. versteht unter dem gopura ein »Stadttor« und sagt: »einen an Größe der Stadtmauer entsprechenden Ausgang (nihsaraṇa, wohl = mukha) hergestellt habend, mache man ein eidechsenmaulgestaltiges Tor hinein, das ein Drittel (tribhāga) so breit ist wie diese Öffnung (mukha).« Wozu da die zwei übrigen Drittel der Öffnung?


47 Vāpi bedeutet auch schlechthin eine Grube, eine Vertiefung. Siehe 58, 1. Dort ist sie viereckig. »Lotosweiher« ist, wie mir scheint, ein zweiter Name für diese Vertiefungen.


48 Kumārīpura. Vgl. 136, 2 und lies dvāracatuḥçālam (zu caṭuhçāla vgl. 58, 8). Da nach Bhaṭṭasv. zu 136, 2 kumārī = tulā ist, so wäre genauer: »Querbal kenhaus« oder »Gebälkhaus«.


49 Diese Auffassung von muṇḍa und muṇḍaka nach einer von ind. Lex. angegebenen Bedeutung.A5 Es wird dann damit eine bestimmte Art Eisen gemeint sein. Die Komm, sind geteilter Meinung über den Sinn. Gaṇ.'s Text zeigt mehrere Verschiedenheiten in diesem Satz. Ich kann mich ihm aber nicht anschließen. Nach seiner Erklärung hätten wir in diesem Satz drei neue Arten von Toren, genannt: pushkariṇīdvāra, kumārīpura und muṇḍakadvāra.


50 Möglich und der Sache nach wahrscheinlicher wäre: »um drei Teile (dreimal) länger als breit«. Aber vorher (51, 12) bedeutet tribhāga (sonst gewöhnlich: ein Drittel) offenbar drei Viertel. Bhāṇḍa (wie unser »Zeug« jetzt noch in Zeughaus) = Waffen, Rüstung (= yuddhopaskara MBh. VI, 196, 10). Mir scheinen also oben in die Mauer eingelassene Mulden gemeint zu sein. Wegen (oder) haben wohl die anderen Räumlichkeiten, die hier genannt sind, und die ebenfalls oben in die Mauer hineingebaut, d.h. eingelassen, hineingesenkt sind, denselben Zweck wie diese kulyā (Kanäle, Mulden), d.h. es sind Waffenstapelstätten. Darum befinden sie sich oben »mitten in der Mauer« und bei dem Tor; so konnte man sich rasch bedienen, wenn Gefahr drohte. Dabei müssen wir es uns schon wegen so denken, daß nicht immer alle, sondern bald diese, bald jene eingebaut sind. Auch der »Lotossee«, der schon so viel Kopfzerbrechen gemacht hat, ist also nicht mit Blumen angefüllt, sondern mit dem Bedarf zur »gastlichen Ehrung« des Feindes, wie der Kampf im Epos so oft genannt wird, d.h. mit Waffen. Ich stelle mir die Sache also so vor, daß ein allmählich ansteigender mächtiger Damm zu dem Rücken des 36 oder eher 401/2 Fuß hohen und doppelt so breiten Erdwalls, mithin zum Fuße der Mauer empor- und in das Tor hineinführt. Die durch die Mauer gebrochene Toröffnung wird zu drei Fünfteln von den zwei großen Torflügeln ausgefüllt. Neben diesen befindet sich dann das Seitentor oder Nebentor (aṇidvāra). Oben drauf gesetzt ist das zweistöckige (vielleicht dreistöckige) toraṇa (Torbau), dessen verschiedene Teile ja schon besprochen worden sind. Bei diesen sind sīmāgṛiha und aṇiharmya einander in der Wortbedeutung so ähnlich, daß man sich versucht fühlt, sie zu identifizieren und zu übersetzen: »Das untere Stockwerk hat fünf Teile: ›Schuppen‹, ›Teich‹ und Grenzhaus (Eckhaus), (dann:) zwei einander gegenüberliegende (einander entsprechende) Plattformen. Und das anstoßende Eckhaus ist halb so weit wie hoch. Und die Bindung besteht aus Pfeilern.« Aber das ca macht da einige Schwierigkeit. Dies ganze Kapitel bildet ja das Fürchterlichste all des Fürchterlichen im zweiten Buch. Vieles ist vorderhand ganz unsicher. Ja man wird vielleicht immer mit dem Faust seufzen müssen: »Zu Schanden haben wir uns schon gedacht. Da liegt der Stein! Man wird ihn liegen lassen müssen.«


51 Kāṇḍa.


52 Kalpanā ist vielleicht eine Schneidewaffe, vgl. kalpanī Schere. Musṛiṇṭhi wird sogar die ursprünglichere Form von musuṇṭhi und dies = bhusuṇdi oder bhuçuṇdi sein. Wo MBh. VIII, 52, 3 bhuçuṇḍī, hat, liest K. musuṇṭhī (also der »südliche Text«!) Diese Schleuderwaffe (kaum: Schleudermaschine) kommt öfters im Epos vor. S. bes. MBh. I, 227, 25; VIII, 52, 3; Rām. VI, 60, 39 und Comm. An der zweiten Stelle wird sie als mudyaraviçesha erklärt.


53 Eine im Epos oft genannte Waffe von mächtiger Wirkung, wohl nur eine Schleuderwaffe, nicht eine Schleudermaschine. Auch als eine mit Eisenspießen besetzte Stange oder Keule wird es erklärt.


54 Oder zusammengelesen: »vom Schmied hergerichtete Bambusrohre mit einer Spitze, die durch einen (eingefügten) Spieß (çūla) verwundet«? Āvedhana = āvedha Verwundung MBh. K. XII, 48, 47. Nach Gaṇ.'s Text wäre unbedingt dies das Richtige. Aber ca steht im Wege.


55 Ist etwa çakti zu ergänzen (kamelhalsige Speere)? Es ist wohl dieselbe Waffe, die MBh. III, 15, 7 usḥṭrikā heißt. Nīl.'s Erklärung paßt da gar nicht, wohl aber zu Kauṭ. 411, 14; 416, 4.


56 Agnisaṃyoga wohl = agniyoga. S. bes. 402f. Es wären also Mittel, Feuer unter die Feinde zu senden.


57 Wörtl.: »und was die Grenze (das Äußerste) ist in der Materialherrichtung«. Gaṇ. liest yo vidhiḥ: »und was es für Herrichtung im Verfahren mit Material gibt«.


A1 Lies anuprākāram.


A2 Toraṇa und pratolī sind zwei verschiedene Dinge. Wegen der pratolī vgl. JRAS. 1906, S. 539ff.; Stein, Megasthenes und Kauṭilya S. 36, Anm. 4. Toraṇa, das Nīl. zu MBh. III, 15, 5 als bahirdvāra definiert, ist auch an unserer Stelle nur Torbogen, wie ich es übersetzt habe. In der Märchenstadt Laṅka sind die toraṇa aus Gold mit langen Rankengewinden (latāpaṅkti, das zu Kauṭ. Übers. 67, 26ff. zu vergleichen wäre) geschmückt, die pratolī hochemporragend und weiß. Rām. V, 2, 17–18. Mit Recht schreibt der Scholiast die Weiße dem dazu gebrauchten Stuck zu, erklärt aber dennoch, ebenso wie Nīl. z.B. zu MBh. III, 15, 6, pratolī sei = rathyā!


A3 Der indrakīla erscheint als wichtiger Teil des Stadttors in den Pariçishṭa des Atharvaveda ed. Bolling & Negelein 58b, 4, 2; 64, 4, 1; 73, 3, 10. Aber über seine Beschaffenheit und Verwendung erfahren wir da nichts. B. II, 3, 34 (= 11, 3, 6, 13) heißt es: Puradvārīndra – (wohl zu lesen: puradvārendra -) kīlaparighāntareṇa nātiyāt »er (der snātaka) gehe nicht zwischen dem indrakīla und dem Querriegel des Stadttors durch.« Mit Govindas Glosse: Indrakīlaḥ puradvāre sthāpitaḥ kāshṭhaviçeshaḥ ist uns wenig geholfen. Vergleichen ließe sich B. II, 3, 35 (= II, 3, 6, 14): Preṅkhayor antareṇa na gacchet, was nach Govinda bedeutet: »Er gehe nicht zwischen den zwei Hölzern (d.h. Pfosten) durch, an denen eine Schaukel befestigt ist.« vgl. Ā. I, 11, 31, 16. Natürlich ist solch ein Zwischendurchgehen magisch gefährlich. Dann wäre wohl, wenn das Tor geöffnet ist, der Querriegel und der indrakīla, der eine nahe dem anderen, auf den Boden gelegt oder gestellt. Im Pārask.-Gṛihy. II, 7, 6 wird dem snātaka das sandhisarpaṇa, d.h. wohl das Durchkriechen oder Durchzwängen durch Fugen, durch Stellen, wo zwei Tür- oder Torflügel oder sonstige Dinge zusammen kommen, verboten. Danach hätten wir, wenn meine Auffassung von indrakīla richtig ist, an das Durchzwängen durch das nicht völlig geschlossene Tor zwischen dem Torriegel oben und dem Stützkeil unten zu denken. Vgl. M. IV, 73; Y. I, 140. Nun fand ich, nachdem ich im Anschluß an MBh. VI, 59, 122 zu meiner eigenen Übersetzung gelangt war, Sham.s Zitat unter seinem Text und die Glosse bei Gaṇ.: Indrakīlaḥ kavāṭadhāraṇārthatḥ pradhānaḥ kilaviçeshaḥ. Beide Erklärungen scheinen genau meiner Auffassung zu entsprechen. Aber das Schol. zu karṇakīla im dritten Satze des achten Kapitel des dritten Buchs lautet bei Gaṇ.: Karṇeshu koṭishu kīlāḥ nikhātāḥ sthūṇāḥ karṇakīlaḥ. Ob dies stimmt, ist eine andere Frage. Gewiß aber ist also, daß nach der indischen Ansicht kīla auch Pfosten bedeuten kann, und indrakīla in MBh. VI, 59, 122 möchte, der Sache nach zu urteilen, am allerehesten die Bannerstange bezeichnen, nicht einen Keil, sie festzumachen, wie ich annahm. So ist der indrakīla am Stadttor doch vielleicht eher ein Pfosten, wohl genauer: Pfahl, was auch am besten zu B. II, 3, 34–35 passen dürfte. Sowohl nach meiner unabhängig gewonnenen Anschauung, wie nach Sham.'s Zitat und gewiß auch nach Gaṇ. befindet sich der indrakīla mitten im Tordurchgang. Ist das etwas verdächtige aratnir richtig und ist indrakīla wirklich ein Pfosten oder Pfahl, dann könnten die geschlossenen Torflügel nicht auf ihm aufstehen, denn da wäre unten ja ein Spalt von einer Elle Höhe, sondern es müssen die Torflügel wohl in anderer Weise mit diesem Stützholz verbunden werden. Werden dazu die Querriegel (parigha) durch den i. durchgesteckt? Wenn die Torflügel geöffnet sind, hängen die Riegel wohl an ihnen herab. Aber ich tappe halt sehr im Dunkeln.


A4 Gaṇ. denkt an die heutige Sitte, »the small door which is found in all Indian town-gates and left open after the gates have been shut.« Bühler zu B. II, 3, 6, 13.


A5 Muṇḍaka Baumstamm, Pfosten findet sich in N. I, 261. Vielleicht wäre es doch weit sicherer, »Baumstammhaus«, »Pfostengemach« zu übersetzen. Auch eine Tür aus Baumstämmen wäre möglich, obwohl befremdend.

Quelle:
Das altindische Buch vom Welt- und Staatsleben. Das Arthaçāstra des Kauṭilya. Leipzig 1926, S. 64-73.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Kleist, Heinrich von

Die Hermannsschlacht. Ein Drama

Die Hermannsschlacht. Ein Drama

Nach der Niederlage gegen Frankreich rückt Kleist seine 1808 entstandene Bearbeitung des Hermann-Mythos in den Zusammenhang der damals aktuellen politischen Lage. Seine Version der Varusschlacht, die durchaus als Aufforderung zum Widerstand gegen Frankreich verstanden werden konnte, erschien erst 1821, 10 Jahre nach Kleists Tod.

112 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.

428 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon