Elftes Kapitel (29. Gegenstand).

Prüfung der Edelsteine und Perlen, die in den Schatz gebracht werden sollen.

[106] Der Oberaufseher des Schatzes soll die in den Schatz einzuführenden Edelsteine und Perlen und das wertvolle und minderwertige Rohmaterial, geleitet von den Ämtern für das betreffende Fach,1 entgegennehmen.

Vom Flusse Tāmraparṇi, von der Landschaft Pāṇḍyakavāṭa, vom Flusse Pāçikā, vom Fluß Kulā, vom Flusse Cūrṇā, vom Berge Mahendra,2 vom [106] Flusse Kardamā, vom Flusse Srotasī, von einem See3 und vom Himālaya kommend – das sind die Arten der Perlen.

Ihr Ursprung: 1. die Perlenmuschel, 2. die gewöhnliche Muschel (çaṅkha), 3. verschiedenartig (prakīrṇaka, zerstreut).4

Linsenförmig, von der Gestalt der dreieckigen Erbse (tripuṭaka), schildkrötenförmig, halbmondartig, panzerbedeckt, gedoppelt, löcherig (kartaka), rauh, getropft,5 wasserkrugförmig, dunkelbraun, dunkelblau und schlecht durchbohrt – das sind die nicht geschätzten Perlen.

Dick, rund, ohne gerade Flächen (nistala), leuchtend, weiß, schwer, glatt und an der rechten Stelle durchbohrt – das sind die geschätzten.

Der »Köpfler« (çīrshaka), der »Nebenköpfler« (upaçīrshaka),6 der »Zweig«,7 der »Abfüger« und der gegen einen (wohl in der Mitte befindlichen) Rubinen Gereihte8 – das sind die Arten von Perlenschnurschmuck.9

Ein Halsschmuck aus 1008 Schnüren heißt Indralust (Indracchanda). Einer mit halb so vielen Siegeslust.10 Einer mit 100 Götterlust.11 Einer mit 64 Halbentzücker.12 Einer von 54 Strahlenbündel. Einer von 32 Blütenbüschel (guccha). Von 27 Sternenkranz (nakshatramāla). Von 24 Halb-Blütenpüschel (ardhaguccha). Von 20 ein »Bübchen« (māṇavaka). Mit der Hälfte davon ein »Halbbübchen«. Diese haben einen Edelstein in der Mitte; [107] daher heißen sie māṇavaka.13 Mit einer Hauptperle in der Mitte und aus lauter Perlen gemacht ist der Entzücker (hāra). Gleicherweise steht es bei den übrigen. Einen Edelstein in der Mitte aber hat das »Halbbübchen«.14 Drei Täfelchen oder fünf Täfelchen15 hat der »Täfelchen-Entzücker«. Eine einzige Schnur heißt Einzigkette (ekāvalī), wenn sie aus lauter Perlen besteht.16 Eben dieselbe, wenn sie einen Edelstein in der Mitte hat, Gerte (yashṭi). Ist sie bunt von Gold und Edelsteinen unterbrochen, Edelsteinkette (ratnāvalī).17 Abwechselnd aus Gold, Edelsteinen und Perlen besteht der Abwender.18 Goldschnüre dazwischen hat (der Halsschmuck, den man) das Treppchen (nennt, sopānaka). Oder ist ein Edelstein in der Mitte (der einzelnen Schnüre), dann ist es ein Edelsteintreppchen.19

Damit sind auch die verschiedenen Arten von Gürteln, Schnüren und Netzgebinden um Kopf, Vorderarm (hasta), Fuß und Hüften erklärt.

Edelsteine kommen von Koṭī, von Mālā20 und von jenseits des Meeres.21

Rubine sind: der von der Röte des Lotos, der von der Röte des anavadya,22 der von der Farbe der Blüten des Korallenbaumes (Erythrina Indica), der der aufgehenden Sonne gleichende; die Berylle: der von der Farbe des blauen Lotos, der der Blüte der Acacia sirissa gleichende, der wasserfarbige, der von der Färbung des (grünen) Bambusrohrs, der von der Farbe des Papageiengefieders,23 der von der Farbe der Gelbwurz (pushya), der ochsenurinähnliche, der ochsenfettige,24 der von dunkelblauen Strahlenstreifen durchzogen; die [108] Saphire: der von der Farbe der Blüte der kalāya-pflanze, der tiefblaue, der einer (reifen) Jambufrucht gleichende, der wie eine (dunkle) Wolke erscheinende, der »Erfreuer« (nandaka), der aus seinem Kern eine Flüssigkeit hervorbringende. Der Bergkristall, der mūlāṭa farbige, der einen kühlen Regen von sich gebende (d.h. der Mondstein) und der Sonnenstein25 – das sind die Edelsteine.

Sechseckig, viereckig oder rund, von kräftiger Farbenwärme, hart,26 klar, glatt, schwer, strahlenvoll, begabt mit innerlicher Leuchtkraft und das eigene Licht an andere Gegenstände abgebend27 – das sind Vorzüge der Edelsteine.

Matt an Farbe und Leuchtkraft, körnig, in der »Blüte« zersprungen,28 rissig (khaṇḍa), schlecht durchbohrt und mit Kritzen bedeckt – das sind Fehler.

Vimalaka (fleckenlos), sasyaka (saatfeldhaft, kornfarbig?) añjanamūlaka (gleich der Kollyriumwurzel), pittaka (gallig, gelb), sulabhka (leicht zu erlangen), lohitaka (rötlich), mṛitāmçuka (totstrahlig),29 jyotīrasaka (einer Feuerflüssigkeit ähnlich, oder: flüssiges Feuer enthaltend), maileyaka,30 [109] āhicchatraka (aus dem Land Ahicchattra stammend), kūrpa, Stinkūrpa,31 wohlriechender kūrpa, kshīrapaka (Milchtrinker),32 çukticūrṇaka (Perlmuschelstaub oder perlmuschelstaubhaft),33 çilāpravālaka (Steinkoralle), pulaka (Tropfen)34 und çukrapulaka (heller Tropfen) – das sind Zwischenarten (also von geringerem Wert).

Die übrigen sind Glimmerarten (kācamaṇi »Glasjuwelen«).

Diamanten kommen von Sabhārāshṭra (im Vidarbhaland), von Madhyamarāshṭra (im Koçalaland), vom Kaçmakarāshṭra (Kāçīland, Reich von Benares),35 von Çrīkaṭanaka, vom Berg Maṇimanta,36 von Indravāna (Kalingaland).

Ihre Erzeugungsorte sind: Gruben, Ströme und mancherlei andere.

Und die Farben der Diamanten sind: gleich dem Auge einer Katze, gleich der Blüte der Acacia sirissa, gleich dem Ochsenurin, gleich dem »Ochsenfett« (gomedaka), gleich einem Bergkristall, der Mūlāṭīblüte ähnlich oder gleich der Farbe von irgend einer anderen der Edelsteinarten.

Ist er groß, schwer, widerstandsfähig gegen (darauf geführte) Schläge, gleicheckig, in Gefäße einschneidend, wie eine Spindel schießend37 und leuchtend, so ist er geschätzt. Ist er der Ecken beraubt, ohne scharfe Kanten und an den Seiten abgerundet,38 so ist er nicht geschätzt.

Die Korallen aus Ālakanda und aus Vivarṇa sind rot, von der Farbe der Lotosblume, tief rot und ohne Wurmfraß und Fehler im Inneren.39

Der Sandel. Sātana ist rot und riecht wie Erde; goçīrshaka (»Kuhkopf«) ist schwarzkupfrig und hat einen Fischgeruch; haricandana (»gelber Sandel«) hat die Farbe der Papageienfedern und riecht wie eine Mangofrucht, ebenso ist tārṇasa;40) der von Grameru ist rot oder rotschwarz und riecht wie [110] Ziegenbocksurin;41 daivasabheya42 ist rot und riecht wie eine Lotosblume; ebenso ist jāpaka (»rosenhaft«, von japā, chines. Rose);43 joṅgaka44 ist rot oder rotschwarz und glatt; ebenso taurūpa;45 der von Mālā ist blaßrot; kucandana (»schlechter Sandel«, d.h. der Sandel von Pterocarpus santalinus) ist schwarzfarbig und riecht wie Rindsharn; der vom Schwarzen Gebirge ist rauh, schwarz wie Aloeholz, rot, rotschwarz oder anavadyafarbig;46 der vom Berge Koçākāra ist schwarz oder schwarzbunt; der vom Fluß Çītodakā sieht wie die Taglotosblume aus oder schwarzölig; der vom Schlangengebirge (Nāgaparvata) ist rauh oder von der Farbe der Wasserpflanze çaivala (Blyxa octandra); der vom Çākalaland ist rotbraun.

Leicht, glatt, nicht knollend, salbig wie Schmelzbutter und Öl, angenehm von Geruch, sich die Haut entlang schmiegend, unaufdringlich,47 seine Farben-und Duftkraft nicht verlierend, der Hitze (der Haut) widerstehend, die Glut wegnehmend, angenehm zu fühlen – das sind die Vorzüge des Sandels.

Das Adlerholz (aquilaria agallocha). Joṅgaka ist schwarz, schwarzbunt oder rundfleckig; dunkelbraun (çyāma) ist doṅgaka; das überseeische ist von buntem Aussehen, riecht wie uçīra (die wohlriechende Wurzel von Andropogon muricatus) oder wie die Blüte von Jasminum sambac.

Schwer, glatt, zartriechend, weithin duftend,48 schön brennend, ungetrübt von Rauch,49 gleichmäßig riechend, sich zerreiben lassend – das sind die Vorzüge des Adlerholzes.

[111] Duftende Salböle.50 Das Salböl von Açokagrāma51 ist fleischfarbig und duftet wie der Taglotos (padma, Nelumbium speciosum); joṅkaka52 ist rotgelb und duftet wie die blaue Lotosblume (Nymphaea caerulea) oder wie Rindsurin; das von Grāmeru ist zart und riecht wie Rindsharn; das von Suvarṇakuḍya (»Goldwand«) ist rotgelb und riecht wie Zitronen; das von Pūrṇadvīpa (»Insel der Fülle«) riecht wie die Taglotosblume oder wie frische Butter; das von Bhadraçrī53 und das von jenseits des Brahmaputra hat die Farbe der jātī54 das vom Flusse Antaravatī hat die Farbe von uçīra (der wohlriechenden Wurzel des Andropogon muricatus), und diese beiden riechen wie Costus speciosus; kāleyaka55 wird in Svarṇabhūmi56 erzeugt und ist glänzend gelb, das vom Nordgebirge (Himālaja) ist rotgelb. Das sind die wertvollen.

Sie geben sich her zu Bällchen, Absuden und Räucherungen, verlieren nicht Farbe und Duft (avirāgin) und fügen sich der Verbindung mit anderen Stoffen, und ihre Eigenschaften sind wie die des Sandels und des Adlerholzes.

Die Felle von Kāntanāva und von Praiya kommen vom Nordgebirge.57 Die von Kāntanāva sehen aus wie der Hals eines Pfaus, die von Praiya haben dunkelblaue, gelbe und weiße Streifen und sind bunt von Tupfen.58 Diese beiden sind acht aṅgula (also einen halben Fuß) lang. (Die Felle) bisī und mahābisī (Großbisī) kommen beide von Dvādaçagrāma.59 Bisī ist von undeutlicher Farbe, doppelt gestreift60 oder bunt. Mahābisī ist rauh und vor [112] herrschend weiß. Beide sind zwölf angula (9 Zoll) lang. (Die Pelzarten:) Çyāmika, kālika, kadalī, candrottarā und çākulā kommen aus Āroha (»Anstieg, Aufstieg«; liegt nach dem Comm. im Himalaja). Çyāmika ist rotbraun oder tupfenbunt, kālikā rotbraun oder taubenfarbig.61 Beide sind acht angula lang. Kadalī ist rauh und 24 angula (11/2 Fuß) lang. Diese Art heißt candrottarā (»mit Mondbeigabe«), wenn sie bunt ist von mondgleichen Flecken, Çākulā ist dreiviertel62 so lang wie kadalī, bunt von großen runden Flecken wie sie sich beim koṭha-Aussatz zeigen, und wenn sich Wülste daran gebildet haben, bunt wie Antilopenfell.63 Sāmūra, cīnasī und sāmūlī kommen von Balkh. Sāmūra ist 36 angula (27 Zoll) lang und schwarz wie Kollyrium, cīnasī rotschwarz oder hellschwarz (pāṇḍurakāla, kaum: weiß und schwarz), sāmūlī weizenfarbig. Sātinā, nalatūlā und vṛittapucchā (rundschwänzig) sind die Arten der Otterfelle. Sātinā ist schwarz, nalatūlā hat die Farbe der Blütenwimpern des Rohrschilfs,64 vṛittapucchā ist rotbraun. Dies sind die Arten der Felle.

Von den Fellen sind die weichen, glatten und reich behaarten am besten.

Wollenzeug kann sein: unvermischt weiß, unvermischt rot oder teils rot (teils weiß), und zwar: durch Drauftun bunt gemacht, schon bunt gewoben aus (verschiedenfarbigen) Stücken zusammengefügt oder im Faden (Aufzug) unterbrochen (Schleiergewebe?)65

Aus Schafwolle sind auch: grobe Wolldecken, kaucapaka, kulamitikā saumitikā, Pferdedecken, farbige Wolldecken, obere Bettdecken, Roßhaargewebe, [113] paristoma und samantabhadraka.66 Und die gleichsam schlüpfrig feuchten, feingewobenen und weichen sind die kostbarsten.

Die aus acht Zeugstückchen (ploti oder plauti) zusammengefügte schwarze bhiṅgisī, eine Schutzdecke gegen den Regen, der »Abrinner« genannt, ist ein Erzeugnis von Nepal.67

Sampuṭikā (etwa »Zusammenwickler«, Art Hose oder Gamasche) caturaçrikā (»die Viereckige«, nach dem Schol. ein viereckiges Stück Zeug ohne Fransen an den Kanten, zum Schutz gegen die Kälte), »Hänger« (lambarā, eine Art Umhängetuch), kaṭavānaka (»Mattengeweb«, wohl wegen des gröberen Gewebes so genannt, ein Umschlagetuch), Überwurf (oder Mantel, prāvarakaA1) und sattalikā (nach dem Schol. eine Art Teppich oder Decke) – diese sind aus dem Haar von Waldtieren (mṛigaroman) gemacht.

Aus Bengalen kommt das weiße, glatte Gewebe dukūla,68 aus dem Land der Puṇḍra (in Bengalen und Bihar) das dunkle und wie Edelsteine glatte, aus Suvarṇakuḍya (in Assam) das sonnenfarbene.

Die drei Webearten sind: das Juwelenglattwassergewebe, das Viereckgewebe und das gemischte Gewebe.69

[114] Zu diesen (dreien) gehört: einfädiges, anderthalbfädiges (adhyardha), zweifädiges, dreifädiges und vierfädiges Gewebe.70

Damit (mit dem dukūla) ist auch das aus dem Kāçiland (Benaresland) und dem Puṇḍraland stammende Linnen (kshauma) erklärt.

Von Magadha (südl. Bihar), vom Puṇḍraland und von Suvarṇakuḍya kommen die Gewebe aus gebleichter Seide (pattrorṇā). Der Schlangenbaum (nāgavṛiksha), der likuca (Artocarpus lacucha), der bakula (Mimosus Elengi) und der indische Feigenbaum sind der Ursprung (des dazu verwendeten Materials oder der Cocons).71

Gelb ist das Gewebe, das vom Schlangenbaum stammt, weizenfarbig das vom likuca, weiß das vom bakula; die übrigen haben die Farbe frischer Butter. Unter diesen ist das von Suvarṇakuḍya das vorzüglichste.

Was von diesem, das gilt auch vom Seidengewebe und den chinesischen Zeugen, die im Chinesenlande gemacht werden.

Unter den Baumwollgeweben sind die von Madhurā, Aparānta (von der Westküste d.h. nach dem Komm. von Koṅkana, an der westlichen Küste des Dekhans), von Kaliṅga, von Kāçi (Benaresland), von Vanga (Bengalen), vom Vatsaland (in der Gegend des heutigen Allahabad) und vom Lande der Māhisha die besten.

Auch der anderen kostbaren Waren72 Maß und Gewicht, Preis, Merkmale, Art und Aussehen soll er (der Oberaufseher des Schatzhauses) [115] kennen, sowie ihre Aufbewahrung und Bearbeitung, wenn sie neu sind.

Ferner (soll er kennen) die Wiederherstellung der alten, das heimliche Verfahren (sie zu fälschen usw.), die Werkzeuge (sie herzurichten), ihren richtigen Gebrauch je nach Ort und Zeit, und die Gegenmittel gegen alles, was ihnen schädlich ist.73

Fußnoten

1 Tajjāta von der betr. Art, für die betr. Art (vgl. tajjātika). Bhaṭṭasv. umschreibt es hier sinngemäß mit tatra nipuṇa.A2


2 Bhaṭṭasv. sagt: »von der dortigen Küste«, wie auch bei den Flüssen wohl immer die Mündung ins Meer zu verstehen ist. Vgl. Raghuv. IV, 50.


3 Nach Bhaṭṭasv. ist ein bestimmter, auch Çrīghaṇṭa genannter See in einer Meersgegend in Barbarakula (»Barbarenheim«) gemeint.


4 Nach Bhaṭṭasv. »aus dem Kopf des Elefanten usw.«. Die Inder glauben nämlich, daß im Kopf des Elefanten Perlen seien, auch in dem von bestimmten Schlangen. Siehe z.B. meine Hindu Tales (Luzac & Co., London 1909 p. 277). Gaṇ. führt Verse an, nach denen auch die Zähne von Ebern und Löwen Perlen bergen.A3


5 Siktaka (nach Gaṇ. sikthaka) »gegossen, getropft,« also wohl unregelmäßig, mit einem Schwänzchen, wie sie manche erhitzte Stoffe beim Tropfen in kaltes Wasser bilden.


6 Beim ersten ist nach Bhaṭṭasv., den ich im Folgenden nach Sorabji und Sham. benutze, die vorzüglichste Perle (»der Kopf«) in der Mitte, dann folgen lauter Perlen von der gleichen Gattung, beim zweiten aber kommen die fünf vorzüglichsten (vier als »Nebenköpfe« oder »Beiköpfe«) in die Mitte. Gaṇ. versteht Bhaṭṭasv. so, daß diese zweite Beschreibung sich auf den »Zweig« beziehe.


7 Prakāṇḍa, vgl. yashṭi »die Gerte« = Perlenschnur. »In die Mitte kommt eine Lotosperle (oder: eine aus dem Wasser stammende Perle), und von da an alle möglichen Perlen von immer abnehmender Güte.« Bhaṭṭasv. Nach Gaṇ. wäre dies der »Abfüger«. Der »Abfüger« (avaghātaka) ist »ganz aus Perlen der gleichen Größe gemacht«, geht also glatt oder ebenmäßig hinab. Nach Gaṇ. wäre dies die Beschreibung des taralapratibandha.


8 Tarala heißt sonst der Mittelstein einer Halsschnur, hier wohl Rubin. Nach Gaṇ. ist der taralapratibandha eine Schnur aus lauter Perlen von gleicher Größe.


9 Yashṭipradeçāḥ »die Orte, wo die einzelnen Perlen hinkommen«, also die Aufreihungen? Oder: die einzelnen Punkte, die Beispiele? In beiden Fällen kommt man auf »Arten«. NB. Gaṇ. hat das leichtere -prabhedāḥ »Unterarten«.


10 Oder »Lust des Vijaya« (des Sohnes des Indra).


11 Fehlt bei Shaṃ., steht bei Gaṇ.


12 Hāra, gewöhnlich Perlenschnur, ist hier offenbar in seiner etymologischen Bedeutung zu nehmen. Seltsam kommt es einem vor, daß der »Entzücker« (hāra) nicht vorhergeht. Dieser hat 108 Perlen. Er mag ausgefallen sein.


13 Also »Edelsteinler«! Denn māṇavaA4 wird ja hier von maṇi abgeleitet!


14 Ebenso ja das »Bübchen«! Die ganze Zeile (76, 11) erregt Argwohn.


15 Phalaka die »Brettchen« oder Blättchen bestehen nach Bhaṭṭasv aus Gold und sind mit Edelsteinen besetzt. Diese Goldtäfelchen werden dann unter die Perlen eingereiht.


16 Sūtram ekam ekāvalī wäre natürlicher. Schon das folgende saiva beweist, daß ekāvalī, nicht sūtra der Name dieser Art Perlenschnur ist.


17 Es könnte auch heißen: »Ist sie bunt von Goldkügelchen (hemamaṇi), dann Edelsteinkette.« Aber dann begriffe man den Namen nicht recht.


18 An und für sich wäre auch möglich: »Abwechselnd aus Goldkügelchen und Perlen besteht der Abwender.« Der Name kommt wohl daher, daß er besonders kräftig ist, magische Einflüsse abzuwehren.


19 Goldschnüre sind wohl Schnüre aus Goldkügelchen (hemamaṇi). Diese Goldschnüre werden zwischen die Perlenschnüre gelegt und vereinigen sich mit diesen zu einem mächtigen Halsschmuck, dessen einzelne Ringe die Stufen einer Treppe oder die Sprossen einer Leiter (sopāna) bilden. Und auf dieser Treppe oder Leiter steigt wohl Kāma empor. Antara hier, wie eben vorher = Zwischenraum; also: »Goldschnurzwischenräume habend, Goldschnüre dazwischen habend« (kaum: »auf eine goldene Schnur gereiht«).


20 So nach der Lesart des Bhaṭṭasv., nach dessen Erklärung beides Gegenden im Malayagehirge an der Küste von Malabar sind.


21 Pārasamudrika doch wohl = pāresamudrika. Nach Bhaṭṭasv. »von Ceylon«.


22 Anavadya bedeutet offenbar etwas Rotes, wie auch 78, 8. Nach Bhaṭṭ. zu 82, 8 wäre es = Saffran.A5


23 Diese etwas wunderliche Farbenbestimmung kehrt 78, 4 und sonst wieder und bedeutet wohl gelb.


24 Beides also gelbe Arten. Pushyarāga (dies und nicht pushparāga ist richtig, siehe Zachariae, WZKM 27, 413)A6 vielleicht eher »der Topas«. Gomedaka ist ebenfalls zugleich Name eines Edelsteines von weißer, roter, gelblicher oder blauer Farbe. Nīlāvalīāya, bildet wohl eine neunte Art des Berylls (vaiḍūrya) und gehört nicht zum Folgenden. Ich glaube also die kecit, deren von seiner eigenen abweichende Auslegung Gaṇ. anführt, haben Recht (auch mit ihren sechs Arten Saphir). Unter dem nīlāvalīya stelle ich mir einen Stein vor, durch den dunkelblaue Schimmerbalken, Lichtzüge dahinzittern. Diese Ansicht scheinen auch Gaṇ. zu haben und die anye bei Bhaṭṭasv., denn nach ihnen wäre dieser Stein licht oder weiß mit vielen wellenartigen blauen Streifen. Der »Erfreuer« (nandaka) ist nach Bhaṭṭasv. »innen hell oder weiß, außen blau«. Kalāya heißt eine dunkelblau blühende Hülsenfrucht. Kalāyapushpavarṇa ist MBh. VII, 23, 62 auch eine Pferderasse. Von der letztgenannten Art des Saphirs (sravanmadhya) meldet Bhaṭṭasv.: »seine Strahlen gleichen fließendem Wasser«.


25 Nach Gaṇ.'s Text. Vielleicht aber eher: »Bergkristalle sind: der mūlāṭa farbige« usw. Der mūlāṭa farbige sieht nach Gaṇ. wie entrahmte saure Milch aus. Der Mondstein (candrakānta) soll im Mondschein eine Feuchtigkeit ausschwitzen, der Sonnenstein in der Sonnenglut Feuer von sich geben.


26 Saṃsthāna ist hier wohl »Konsistenz, Dichte, Härte«. Bhaṭṭasv. sagt, »dazu tauglich, als Schmuck verwendet zu werden«, was jedenfalls nur törichte Raterei ist. Saṃsthāna bedeutet auch Zusammenstellung, Gestalt, Schönheit. Aber das alles paßt nicht recht.


27 Wörtlich: »mit Licht salbend«. Die Fähigkeit der Edelsteine, auch die dichteste Finsternis hell zu erleuchten, kommt ungezählte Male in der indischen Literatur vor und kehrt z.B. bei den mittelalterlichen Schriftstellern Europas wieder. Hier aber scheint nur daran gedacht zu sein, daß sie an Gegenstände, auf denen sie liegen oder in deren Nähe sie sind, einen Licht- und Farbenschimmer abgeben.


28 Pushpacchidra ist nach Gaṇ. = Tropfen im Innern bergend.


29 Statt lohitaka hat auch Gaṇ. lohitāksha »rotaugig«, und er erklärt es durch: »rot an den Enden, schwarz in der Mitte«. An Stelle von mṛitāṃçuka (wie ich lese) findet sich auch bei ihm mṛigāçmaka »gazellengesteint«, d.h. einer gefleckten Antelope ähnlich, mithin schwarz und weiß. Der »Stein mit dem flüssigen Feuer« hat nach seiner Angabe eine blaßrote Farbe und der »fleckenlose« eine weißgrüne.


30 Maileyaka erinnert an mauleyaka und māleyaka 76, 17 und wird wohl dasselbe sein. Jedenfalls bezieht der Name sich auf die Herkunft. Bhaṭṭasv.: »sieht wie Teufelsdreck aus«A7.


31 Kūrpa ist »sandig gekörnt«. Statt pratikūrpa, das freilich auch Gaṇ. hat, und das etwa »falscher kūrpa« bedeuten könnte, schlägt Shaṃ. pūtikūrpa vor. »Sieht aus wie Wachs.« Der wohlriechende kūrpa »besitzt die Farbe der Bohnen des Phaseolus Mungo«. Vgl. 91, 4, wo die zwei Lesarten pūtikiṭṭa und pratikiṭṭa vorliegen und pratikiṭṭa richtig zu sein scheint.


32 Ist natürlich »wie Milch«.


33 »Nicht von einer Farbe.« Gaṇ.


34 »Schwarz im Innern.«A8


35 So nach dem Zitat aus Bhaṭṭasv. bei Sorabji. Aber auch Gaṇ. hat Kāstīrarāshṭraka »von Kāstīrarāshṭra stammend«.


36 Nach Gaṇ. »ein im Norden gelegener Berg«. Ist vielleicht maṇimanthaka »vom Juwelenbuttrer« zu lesen?A9


37 Vielleicht: »spindelwirblig leuchtend« (tarkubhrāmibhrājishṇu). Auf jeden Fall muß sich wohl der Vergleich mit der Spindel auf die schießenden Strahlen beziehen. Sham.'s Text ließe sich verbessern in -lekhikaṃ kubhrāmi und kubhrāmin könnte vielleicht bedeuten: »schlecht zu schleifen« (bhrāma Schleifen, vgl. bhrama Schleifstein). Aber Gaṇ. wird das Richtige haben. Gaṇ. sagt: Wenn man einen Diamanten in ein glattes, mit Wasser gefülltes Messinggefäß tut und herumtreibt, macht er Kratze in das Gefäß.


38 Pārçvāpavṛitta. Nach Gaṇ.: »an einer Seite hinauslaufend«.


39 Nach Bhaṭṭasv.'s Erklärung von karaṭa und garbhiṇikā (auch Gaṇ. liest karaṭagarbhiṇikāvarjam). Das zweite ist nach dem Scholiasten »ein dicker Stab (yashṭi) im Innern« der Koralle.


40 Wohl vom Flusse Triṇasā (»die Grasreiche« kommend. So finde ich es nun auch bei Gaṇ. Nach diesem kommen der Sātana und der Goçīrsha von den Ländern oder Gegenden, die diesen Namen tragen.


41 Grāmeru liegt nach Bhaṭṭasv. in Assam. Der Bocks-, sowie auch der Rindsurin riecht, wenn er »gereift« ist, sehr schön, was Bhaṭṭasv. als eine »bekannte Sache« erwähnt.


42 Nach Gaṇ. »von Devasabhā stammend«.


43 Gaṇ. liest jāvakaṃ und sagt, dieser komme aus dem Land Jāvaka.


44 Ist sonst Aloeholz.


45 »Von Turūpa, dem Land an der Turū stammend«? Turū »die Rasche, Beißende« wäre ein guter Flußname. Mālā liegt in dem wegen seines Sandels berühmten Malayagebirge an der Malabarküste.


46 Der Text ist nicht in Ordnung, wie er selber und Bhaṭṭasvāmins Glossen zeigen. Stellt man beide zusammen, dann ergibt sich: kucandanaṃ kālavarṇakaṃ gomūtragandhi. Kālaparvatakaṃ rūkshaṃ agurukālaṃ raktaṃ raktakālam anavadyavarṇam vā. Zwar kennt weder Bhaṭṭasv. noch Gaṇ. dies anavadyavarṇaṃ. Aber daß so etwas ausfällt, geschieht leichter, als daß es eingefügt wird. Anavadya als Bezeichnung irgend eines roten Gegenstandes haben wir schon gefunden.


47 Anulbaṇa »nicht üppig, nicht übermäßig, nicht frech usw.« also: bescheiden, zart. Açyāna »nicht knollend«, eigentlich »nicht gefrierend, nicht zusammenstarrend«, faßt Bhaṭṭ. als »rasch trocknend«. Es müßte gerade umgekehrt heißen: »nicht rasch trocknend«. Avirāgin ist kaum nur: »sich nicht entfärbend«, sondern rāga Glut scheint hier Energie zu bedeuten. So wird Bhaṭṭasv. recht haben, wenn er erklärt: »seine Farbe und seinen Duft nicht verändernd«.


48 Nirhārin »hinausziehend«. Vgl. meine Hindu Tales S. 141, note 2 und dazu Rām. VI, 75, 2 (nirhāra Hinausziehen gegen den Feind, Ausfall); MBh. XII, 184, 28; XIV, 50, 42, wo beide Male nirhārin vom Geruch steht: durchdringend, stark. Bhaṭṭ. darum treffend: dūranirgatasthāyigandha.A10


49 Wörtl. »unverschwemmten Rauch habend«, also wohl so brennend, daß Rauch und Flamme unvermischt sind. Agnisaha, das man natürlicherweise als »widerstandsfähig gegen Feuer« verstehen würde (wie Sham. und Gaṇ.), muß übersetzt werden: »zu Feuer tauglich«, also gut brennend. Das gleich folgende vimardasaha »das Reiben ertragend«, also scheinbar: sich nicht leicht von der Haut abreibend usw. (wie es Sham. und Gaṇ. denn auch verstehen), heißt in Wirklichkeit: »tauglich zum Zerreiben«. Dies erhellt besonders aus piṇḍakvāthadhūmasaha (79, 3): »sich zu Ballen (zum Zusammenballen), Absuden und Räucherungen hergebend, sich dazu eignend«. Vgl. auch āyatikshama 98, 14. Danach wird vielleicht auch von ushṇasaha »der Hitze widerstehend« die genauere Übersetzung sein: »sich erhitzen lassend«.


50 Tailavarṇika = tailavarṇaka.


51 Dorf Kummerlos? Açokagehölz? Alle die von Kauṭ, genannten Salböle kommen nach Bhaṭṭasv. von Assam.


52 Von Joṅga stammend? Darum auch vom Adlerholz (78, 13) und vom Sandel dieses Namens (78, 6) so zu verstehen?


53 Bhadraçrīya bedeutet sonst Sandel. Der Scholiast läßt ein ganzes Heer von Erklärungen aufmarschieren. Wahrscheinlich aber ist Bhadraçrī »Schönglück« (Glückstadt) ebenfalls ein geographischer Name und in Assam zu suchen.


54 Jātī bedeutet Jasminum grandiflorum und Muskatnuß. Pāralauhityaka »von jenseits des Brahmaputra«? Das Meer Lauhitya findet sich MBh. XVII, 1, 33, und Nīl. sagt, es liege am Fuße des Sonnenaufgangsberges. Das wäre ein wenig vertrauenswürdiges Meer.


55 »Von Kālā kommend«? Sonst ein wohlriechendes Holz.


56 »Goldland«; soll Sumatra oder Birma sein. Siehe Sorabji.


57 Genauer, aber für uns ungeschickt wäre: »Die Felle vom Nordgebirge kommen von Kāntanāva und von Praiyaka«. Bhaṭṭasv. belehrt uns, daß alle Felle vom Himalayagebiet kommen.


58 Nach Gaṇ.'s Text aber: »sind blaugelb, weiß, bunt von Streifen oder bunt von Tupfen«.


59 »Die zwölf Dörfer« (liegen im Himālaya).


60 Rūpa »Aussehen«, hier also = Farbe, was mit dem Sprachgebrauch der Vaiçeshikaschriften übereinstimmt. Statt des dunkeln duhilitikā (oder duhilikā wie auch Gaṇ. hat) lese ich unter Umstellung der Buchstaben dulihitikā = dvilikhtikā »mit Doppelstreifen versehen«, habe aber wenig Vertrauen zu diesem Notbehelf. Die Scholien sind bloße Raterei. »Stark behaart« geht nicht als Merkmal dieser einen Pelzart, schon nicht im Hinblick auf 80 3.


61 Kapotavarṇa. Wird als bleigrau erklärt. MBh. XVI, 2, 8 heißt dieser Toten-, also Unglücksvogel pāṇḍura graulicht; Rām. IV, 13, 23 erscheint der Rauch eines Feuers als kapotavarṇa. Danach wäre wohl ein rötlicher Schimmer in dem Grau. Wie ein kapota sieht der Verprügelte aus. Darpadal. II, 87.


62 Nach Sham. und anderen: »ein Drittel«. Das deckt sich mit den acht angula Bhaṭṭasvāmins. Aber tribhāga ist bei Kauṭ, öfter dreiviertel. Auch hätte dann Kauṭ, wohl eher ashtāṇgulā gesetzt wie eben zweimal vorher oder die çākulā nach der kālikā eingereiht. Noch andere meinen, sie sei dreimal so lang wie die kadalī, also 3 hasta lang.


63 Diese Übersetzung ist sehr unsicher. Wülste (granthi) sind kaum ein Vorzug eines Fells. Vielleicht ginge doch das am nächsten liegende: »Flecken wie Lotossamenkapseln an gesetzt habend« für kṛitakarṇika.


64 Nalatūla. So nach Bhaṭṭasv. Nach Gaṇapatisastri ist nalatūla eine Grasart. »Rispe (oder Samenwolle) des Rohrschilfs«A11?


65 So etwa, wenn hier die Rede ist von den Farben der betr. Gewebe der vierten Art. Khacita würde dann vielleicht dadurch zustande gebracht, daß man beim Färben die Stellen, die weiß bleiben sollen, fest umbände (khacayati nach dem Dhātup. = binden). Oder khacita, gewöhnlich »eingelegt, ausgelegt«, (mit Steinen usw.), könnte »bestickt«A12 heißen. Das Rote würde also dann darauf gestickt. Nach Gaṇ. aber sind durchweg verschiedene Arten des Webens gemeint. Mir bleibt die Stelle sehr dunkel. Zu beachten ist, daß hier nur von Wollzeugen die Rede ist. Lesen muß man mit Bhaṭṭ. und Gaṇ. paksharaktam statt padmaraktaṃ.


66 Statt kaucapaka liest Bhaṭṭ. kucelaka und Gaṇ. kecalaka, und sie erklären dies als eine Schutzdecke der Waldbewohner. Kulamitikā (oder kathamitikā) soll ein Tuch sein, den Kopf zu schützen, saumitikā eine Elefantensatteldecke. Für talicchaka hat Bhaṭṭasv. talindharutalpaka. Dies habe ich als talaṃdharatalpaka gefaßt: »die die obere Fläche einnehmende Bettdecke«. Die vāravāna oder Roßhaargewebe haben wohl den Namen von ihrer Grobheit. Nach Bhaṭṭasv. wäre es ein kañcuka (Wams, Jacke, Panzer). Paristoma, von stu ursprünglich »stoßen«, ist wohl was ringsum eingestoßen wird, also eine Art Bettdecke, aber er wird auch in anderer Weise verwendet. Siehe PW und z.B. MBh. III, 162, 33; VI, 57, 26; Rām. IV, 1, 8. Der paristoma scheint sehr farbenprächtig zu sein. Samantabhadra bedeutet »durchweg herrlich oder glückbringend« und bezeichnet nach Bhaṭṭasv. eine Elefantendecke.


67 Apasāraka »der da wegfließen macht«.


68 Dukūla ist, wie Böhtlingk im PW sagt, keineswegs Seidengewebe, wie gewöhnlich erklärt wird. Kaut, gibt ihm Recht. Denn er unterscheidet kançeya deutlich von dukūla (z.B. 81, 3; 112, 18; 114, 9). Ferner geht aus der vorliegenden Stelle klar hervor, daß es ein Faserngewebe ist.


69 Das Edelsteinglatt-Wasser-Gewebe (vgl das eben genannte Zeug vom Puṇḍraland, das so glatt ist wie ein Edelstein) könnte seinen Namen ganz wohl daher haben, daß es so glatt ist wie ein geschliffener Edelstein und so durchsichtig wie Wasser. Man denkt sogleich an jene Hofdame des Aurangzib, die sieben solcher Gewänder übereinander anhatte und sehr entrüstet war, als der fromme und darum grausame Mogul sie wegen ihrer Nacktheit rügte.A13 Kein Wunder da und eine herrliche Sache für den Verliebten, daß solch ein Sommergewand von einem Seufzer weggeweht werden kann. Raghuv. XVI, 43. Hier noch eine hübsche altindische Geschichte: Bei einem Zollhaus zwischen Rājagṛiha und Campā stand ein Yakshaheiligtum, bei dem eine Glocke aufgehängt war. Ging jemand vorüber, dessen Ware nicht verzollt war, so läutete die Glocke von selber. Einmal war nun in Campā ein Brahmane, dessen Frau sich von einem geschickten Weber ein so feines »Doppelgewand« (yamalī, d.h. Leibchen und Rock) weben ließ, daß ihr Mann es in die Höhlung seines Stockes tat und von Stadt zu Stadt zog, indem er es für tausend kārshāpaṇa feilbot. Als er nun mit seiner Karawane von der Zollstätte wegzog, läutete die Glocke, obwohl die Karawane ihre Sachen verzollt hatte. Man rief sie zurück, untersuchte, ließ sie wieder frei. Aber die Glocke läutete aufs neue. Da teilte man die Leute der Karawane immer wieder, bis schließlich alle anderen, von der Glocke unangeklagt, ihres Weges gezogen waren. Als dann aber der allein zurückgbliebene Brahmane seinen Wanderstab weitersetzen wollte, da klang die Glocke. Der Zollwächter sicherte ihm zu, daß er nicht zu verzollen brauche; nur die Ehre des Gottes, durch dessen Macht die Glocke läutete, solle gerettet werden. Jetzt nahm er sein feines Gewebe aus dem Stock hervor. Divyāvadāna ed, Cowell & Neil (1886) p. 276 f. Bhaṭṭasvāmin aber erklärt, das Material werde in Wasser eingeweicht und dann mit Edelsteinen abgerieben. Ob die »Viereckweberei« gesteintes, auf deutsch: karriertes Zeug gibt, weiß ich nicht. Gaṇ. sagt nur, es seien unvermischt einfarbige Stoffe. Der Name kommt allem Anschein nach von der Art des Webeverfahrens. Wegen der »gemischten Weberei« sind die Erklärer wieder verschiedener Meinung, indem sie den Ausdruck vom Webeverfahren, vom gemischten Material oder von den gemischten Farben herleiten. Der Ausdruck selber weist am ehesten auf eine Verbindung der zwei vorhergehenden Arten.


70 Einfädiges Gewebe ist so: Aufzug 1 Faden, Einschuß 1 Faden. Da zählt mithin der Aufzug als 1/2 und der Einschuß als 1/2 Anderthalbfädiges hat demnach im Aufzug einen Faden, im Einschuß zwei Fäden, oder umgekehrt. So nach Bhaṭṭasv., der da forfährt: »Das Gleiche ist auf die anderen anzuwenden«. Nähme man diese Worte genau, so müßten sie wohl heißen: Zweifädiges z.B. ist also so: Aufzug (bzw. Einschuß) 2 Fäden, Einschuß (bzw. Aufzug) 4 Fäden. Aber man wird aus dem ungenauen Ausdruck »anderthalb« nicht eine solche Künstlichkeit heraus und in die anderen natürlich klingenden Ausdrücke hineinspinnen dürfen. Beim zweifädigen besteht mithin der Aufzug wohl aus 2 Fäden, der Einschuß aus zweien, beim dreifädigen beide aus 3 Fäden usw. So deutet es auch Gaṇ. Klar ist von vornherein, daß das einfädige das feinste Gewebe ist, und daß von ihm an die Gröbe immer fortschreitet.


71 Pattrorṇā heißt wörtlich: »Blattwolle«. Gaṇ. sagt: »Die auf den Blättern der genannten Bäume aus dem Speichel von Würmern gemachten Wollfäden sind der Ursprung des Seidenfadens« (der zu diesen vier Arten von Seidenzeug gebraucht wird)A14.


72 Ratna bedeutet hier wohl nicht nur Edelstein, sondern auch Kleinod, Juwel, etwas sehr Kostbares.


73 Karma guhyam upaskarāt, »das heimliche Werk in bezug auf die Verderbnis« wäre zwar möglich. Aber t und n am Ende werden in unserem Text öfters vertauscht, und Kaut. braucht upaskara sonst nicht in diesem Sinn. So ist Gaṇ.'s und Jollys upaskarān sicher richtig.


A1 Der pravāraka mag wohl dem pravaraṇa gleich oder doch ähnlich sein. Dies wird nach B. I, 6, 14 (= I, 6, 13, 14) sowohl zum Umschlagen (parihata) wie auch zum Draufliegen (adhirūḍha) gebraucht.


A2 Wegen der kostbaren Waren dieses Kapitels vgl. auch MBh. V, 51 und 52; wegen der Edelsteine und Perlen auch Çukran. IV, 2, 79–170ff.


A3 Acht Erzeuger (yoni) von Perlen gibt z.B. Mall, zu Kirāt. XII, 40 an: Wolke, Elefant, Fisch, Schlange, Bambusrohr, gewöhnliche Muschel, Eber und Perlmuschel. In Çukran. IV, 2, 117. fehlt der Elefant. Die indische Spruchpoesie redet sehr schön davon, daß ein Wassertropfen, der unter glücklichen Sternenverhältnissen aus der Wolke ins Meer und in eine Perlmuschel sinkt, zur Perle, ein anderer, der in den Pfützenkot fällt, zu Schmutz wird. Was vollends die Perlen im Kopf des Elefanten anlangt, so können sich die indischen Dichter gar nicht genug tun, im Preise auch dieser Elefanteneigentümlichkeit. Hier nur eine Stelle: So viel Perlen sind in eines Elefanten Stirnknollen, daß sie, wenn solch einer in der Schlacht von einem Waffenhieb gespalten wird, hervorsprühend den Himmel wie mit einem Netz von Sternen übersprenkeln. Çiçup. XVIII, 44. Der Eber trägt die Perlen in seinen Zähnen. Das gleiche wird vom Löwen gefabelt. Vgl. auch Gaṇ. zu der Stelle.


A4 Ob māṇavaka wirklich »Bübchen« heißt, ist übrigens auch nicht sicher. Es könnte auch bedeuten: Von den Māṇava kommend, ihnen eigentümlich. Über die Māṇava werden wir besonders im fünften Kapitel des vierten Buchs mehr hören.


A5 Bhaṭṭ. hat Recht. Die Blüte des kuṅkuma ist rot, und die ist gemeint. Von roten Blumen sollen nur sie und die von Wasserpflanzen als Opfer dargebracht werden. Vish. LXVI, 9. Ein prächtiger Rubin ist der Hauptschmuck des königlichen Diadems. Raghuv. XVII, 23. Die alten Inder schätzten nämlich vor allem den Rubin hoch; auch den Saphir (indranīla und mahānīla Raghuv. XVI, 69; XVIII, 42). Wenn Çukran. IV, 2, 81f.; 94ff. den Diamanten allen anderen weit voranstellt, so wird das europäische Beeinflussung verraten.


A6 Auch in Raghuv. XVIII, 32 muß, wie das Wortspiel beweist, pushyarāga gelesen werden, obgleich die Ausgaben und die Kommentare pushparāga bieten.


A7 Lies: Sieht wie Zinnober aus.


A8 Der pulaka findet sich auch in Çiçup. XVII, 25: pulakabhṛitaḥ sadasilatāḥ »mit dem Edelstein p. gezierte edle Schwerter«, wo freilich Mall, sagt: pulaka = chāyā und dann ckāyā wohl Schimmer, Schönheit hieße.


A9 Aus indischer Quelle hat Marco Polo wohl auch seine Geschichte von den Diamanten. Aber aus welcher? Er erzählt: Die Diamanten liegen unten in tiefen, von schrecklichen Schlangen bewohnten Gebirgstälern. Man wirft Fleisch hinunter. Adler holen es her auf und verzehren es. Da verjagt man sie und sammelt die Diamanten, die an dem Fleisch kleben geblieben sind. Oder man holt die Steine von den Adlernestern aus den Exkrementen. Wehe aber, wenn sie so ein Stück Fleisch hätten fallen lassen! Denn wo ein Diamant (vajra!) niederfällt, da zerbricht er alles. Chavannes, Cinq cents contes II, 95.


A10 Wie nirharati, so wird auch viharati im Sinne von »hinausziehen« gebraucht. So von Yājñavalkya, der »in die Hauslosfgkeit hinauszog« (Bṛ. -Up. IV, 5, 15, Schluß). Daher vihāra Kloster?


A11 Richtig wohl: Samenbüschel, Samenwolle des Rohrschilfs. Diese ist sprichwörtlich wegen ihrer Entzündlichkeit. Chānd.-Up. V, 24, 3; B. II, 7, 15.


A12 Khacita »bestickt« wäre dann wohl = kārmika und karmakṛita N. IX, 15; Y. II, 180, wenn die Mitāksharā recht hätte, die da erklärt, es würden dabei Räder oder Kreise (cakra), Hakenkreuze (svastika) und andere Figuren, jedenfalls lauter solche, die Glück bringen, auf gewobenes Tuch gestickt. Vgl. z.B. das haṃsalakkhaṇa sāḍaya der Jainaschriften (also das cakra der Mit. = cakravāka?). Die Mitāksharā ist aber auf dem Holzweg, wie der Zusammenhang an beiden Stellen deutlich zeigt. Auch kārmi ka;und karmakṛita bezeichnen ein Webeverfahren. Vielleicht aber wurde da von dem Zeug der Eindruck erweckt, als sei es bestickt (worked) und hat es daher den Namen.


A13 Eine Priesterin in Rom, die so feines Zeug aus Kaliṅga anhatte, wurde der Nacktheit beschuldigt. Mookerji, Indian Shipping 145, note. Solche Gewänder werden wohl auch die Huri im Paradiese tragen. Der Selige wird nämlich in ein Haus mit 70 Betten geführt, auf jedem Bett liegen 70 Polster, auf jedem Polster 70 Gattinnen, d.h. Huri, jede bekleidet mit 70 Festgewändern, die aber so durchsichtig sind, daß auch das Mark der Schenkel durchscheint. M. Horten, Die relig. Gedankenwelt des Volkes im heutigen Islam (Halle 1917), S. 377. Jeder Mann hat dort nun zwar die Kraft von 100 Männern. Trotzdem müssen die armen 343000 Gattinnen eines so Begnadeten gehörig fasten, sogar wenn hier auf Erden die Männer alle Muhameds wären, was sie doch wahrlich nicht sind. Der Prophet besaß nämlich die Potenz von 40 Männern, ja von 40 Seligen des Himmels. Er besuchte in einer einzigen Stunde der Nacht alle seine elf Frauen. Horten S. 44.


A14 Man lese S. 115, 8–9 lieber: »des dazu verwendeten Materials oder des Gespinstes der betr. Würmer«. Mir ist darüber nichts zur Hand als der Bericht Lassens, Ind. Altertumsk.2, Bd. I, S. 369ff. Lassen redet da von 12 verschiedenen Arten in Indien einheimischer Würmer, deren Gespinst zu Seidengeweben verwendet wird, und von den Bäumen, auf denen einzelne Arten leben. Die gewöhnlichste nährt sich nach ihm am häufigsten von der badarī oder Zizyphus jujuba, eine andere von eraṇḍa oder Ricinus communis, eine dritte vom Laub der Ficus religiosa. »Ihr Gespinst hat die feinsten Fäden und sehr starken seidenen Glanz, fühlt sich sehr sanft an« (S. 371).

Quelle:
Das altindische Buch vom Welt- und Staatsleben. Das Arthaçāstra des Kauṭilya. Leipzig 1926, S. 106-116.
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