Neunundzwanzigstes Kapitel (46. Gegenstand).

Der Rinderaufseher.

[201] Der Rinderaufseher soll sich Kenntnis verschaffen 1. von den Herden, die um Lohn übernommen sind, 2. von denen, die »Hand gegen Hand« übergeben sind, 3. von solchen, die als brüchige Ware ausgeschieden sind (bhagnotsṛishṭa), 4. von solchen, die um einen Anteil (an dem, was halt dann der Ertrag von ihnen sein mag) unter die Herde aufgenommen sind, 5. von der Gesamtzahl der Hürden (oder: Herden), 6. von verlorenen, 7. von zugrunde gegangenen Tieren, 8. von dem Gesamterzeugnis an Milch und Butter.1

Wenn Rinderhirten, Büffelhüter (piṇḍāraka), Melker, Butterer und Jäger säugende Kühe (dhenu) zu je hundert Stück um Bezahlung in Geld hüten – bekämen sie ihre Bezahlung in Milch und Butter, dann würden sie die Kälber verkürzen –, so heißt das »um Lohn übernommen«.2

Wenn ein Mann hundert Stück Vieh,3 die zu gleichen Teilen aus alten Kühen, säugenden oder Milchkühen, Trächtigen, Erstlingen4 und Kalben bestehen,[201] hütet und dem Eigentümer als Jahressteuer acht vāraka Schmelzbutter, sowie (von gestorbenen Tieren) eine Schwanzgebühr von einem paṇa und die gebrandmarkte Haut abliefert, so ist das »Hand gegen Hand übergeben«.5

Wenn die Betreffenden hundert Stück Vieh, die zu gleichen Teilen aus kranken, verkrüppelten, sich von sonst niemand (als dem einen) melken lassenden, schwer zu melkenden und ihre eigenen Kälber tötenden Kühen bestehen, hüten und ihren Abgabeteil in den betreffenden Erzeugnissen leisten, so heißt das »als brüchige Ware ausgeschieden«.

Wenn von Vieh, das aus Furcht vor Feindesheer oder vor Waldstämmen unter die Herde (des Königs von ihren Besitzern) eingereiht worden ist, sie (die Besitzer) für die Pflicht des Hütens den zehnten Teil (der Erzeugnisse) geben, so heißt das »um einen Anteil eingereiht«.6

[202] Stierkälber, Jährlinge,7 Einzugewöhnende, schon Ziehende, Sprungbullen und alte Stiere, das sind die männlichen Rinder.8 Zweispännig Gewöhnte und Karrenziehende, Sprungbüffel, Schlachtbüffel und Büffel, die mit Rücken und Schulter ziehen, das sind die männlichen Büffel. Kuhkälber, Kalben, Erstlinge, Trächtige und Milchkühe, Gelte und Unfruchtbare, das sind die Kühe und die weiblichen Büffel.9A1 Vor einem Monat oder vor zwei Monaten Geborene, die von diesen (genannten weiblichen Tieren zur Herde) Hinzugeborenen, das sind die Stierkälber und Kuhkälber.10

Die vor einem Monat oder vor zwei Monaten Geborenen soll er brandmarken. Auch was überständig ist hinaus über einen Monat oder zwei Monate [203] soll er brandmarken.11 Die Erkennungszeichen: Brandmal, natürliche Merkzeichen, Farbe und Weite zwischen den Hörnern,12 soundso zur Herde hinzugeboren13 – das soll er einschreiben lassen.

(All) das (eben Aufgeführte) bildet das Gesamtverzeichnis der Herden.

Was Diebe oder Räuber genommen haben, was sich unter eine fremde Herde gemischt oder verschlupft hat, heißt verloren.

Was durch Sumpf, unebenen Boden, Krankheit, Alter oder ein Gewässer14 zugrunde gegangen, was von einem Baum, von einem einen Abhang herabstürzenden Holz15 oder Stein erschlagen, was durch Gewittersturm,16 Raubtier, Schlange, Krokodil oder Waldbrand umgekommen ist, das ist das Zugrundegegangene. Dafür sollen die Hirten aufkommen, wenn es durch ihre Unachtsamkeit geschehen ist. So soll er Kenntnis haben von der Stückzahl.

Wer (unter den Angestellten) selber ein Rind tötet oder jemand veranlaßt, es zu töten, es wegnimmt (stiehlt) oder einen anderen veranlaßt, es wegzunehmen, ist mit dem Tode zu strafen. Wer fremdes Vieh durch (Zeichnung [204] mit) des Königs Brandmal in seine Herde überführt,17 der soll für jedes Stück die niedrigste Sāhasastrafe zahlen.

Wer Vieh von Leuten des eigenen Landes, das von Dieben oder Räubern weggenommen worden ist, wiederbringt, soll das Stück Vieh (aus der betr. Herde), auf das man sich geeinigt hat, bekommen. Wer Vieh von Leuten eines anderen Landes befreit, soll die Hälfte (der geretteten Herde oder ihres Wertes) erhalten.18

Junge, alte und kranke Tiere sollen die Rinderhirten ärztlich behandeln.A2

Sie sollen das Vieh in den Wald treiben, den sie nach Maßgabe der Jahreszeiten (d.h. je nachdem diese oder jene Strecke zu einer bestimmten Jahreszeit besondere Vorteile bietet) einteilen und verwenden, und in dem Jäger und Hunderudelbesitzer die Gefahr der Schädigung durch Räuber, reißende Tiere und Feinde beseitigen.

Schlangen und RaubtiereA3 zu schrecken und damit man es (gleich) erfährt, wenn die Tiere auf der Weide verfolgt werden, soll man den furchtsamen Glocken und andere Instrumente anhängen.19

[205] Sie sollen das Vieh (zur Tränke und zur Kühlung) zu Gewässer hinuntersteigen lassen, zu dem der Abstieg ebenmäßig, breit und fest, und das frei ist von Morast und packenden Wassertieren, und sollen sie dabei bewachen.

Ist ein Stück von Räubern, von einem reißenden Tiere, einer Schlange oder einem Krokodil gepackt worden, oder durch Krankheit oder Alter zugrunde gegangen, so sollen sie es melden; sonst sind sie für den Preis des Tieres haftbar. Als Beweismittel20 sollen sie von einem gestorbenen Rind oder Büffel die gebrandmarkte Haut, von Ziegen und Schafen das Ohrzeichen (d.h. das Ohr mit seinem Zeichen), von Pferden, Eseln und Kamelen den Schwanz und die gebrandmarkte Haut,21 und (zu nützlicher Verwendung von all den verschiedenen Tieren) Schwanzhaare, Haut, Blase, Galle, Sehnen, Zähne, Hufe, Hörner und Knochen bringen.A4

Das Fleisch sollen sie frisch oder getrocknet verkaufen. Die Buttermilch sollen sie mit Wasser den Hunden und Ebern geben. Etwas mögen sie im Melkeimer für ihr eigenes Essen mitnehmen. Die gekäste Milch ist dazu da, die Ölkuchen (für das Vieh) anzufeuchten.22

Der Verkäufer eines Tieres muß eine Stückgebühr von einem viertel paṇa bezahlen.23

[206] Die Regenzeit, den Herbst und den Winter hindurch sollen sie zu beiden Zeiten (morgens und abends) melken, die Tauzeit, den Frühling und den Sommer hindurch nur zu einer Zeit (am Abend). Wer sie da zweimal milkt, dem wird zur Strafe der Daumen abgeschnitten.

Wer die Melkzeit versäumt, erleidet zur Strafe den Verlust der betreffenden Frucht.24

Damit ist auch das Nötige gesagt über die Zeiten für den Nasenring, die erste Eingewöhnung, das Zusammenjochen (mit einem geschulten Tier) und das Herumdrehen.25

Auf ein droṇa Milch von Rindern gibt es einen prastha Butter, um ein Fünftel mehr von Büffelkühen, um die Hälfte mehr von Ziegen und Schafen.A5

Dvibhāga habe ich also wie das schweizerische »ein Zweitel« verstanden. Am natürlichsten hieße es: »um das Doppelte mehr.« Aber ich glaube nicht, daß dies in der Sache richtig wäre. Gaṇ. sagt: »ein halbes kuḍumba über einen prastha«. Das wäre um zwei Sechzehntel mehr. Faßt er also bhāga = kalā? Doch bhāga wird meines Wissens überhaupt nicht so gebraucht, und vollends hier geht es gar nicht, da ja auch Gaṇ. das unmittelbar vorhergehende pañcabhāga mit pañcamabhāga erklärt. Aus unserer Stelle springt also hervor, daß auch die Milch des Schafes verwertet, wenigstens verbuttert wurde. Nach Çukran. IV, 2, 239f. muß auch sie versteuert werden. Nach der Smṛiti freilich war sie dem brahmanischen Bewußtsein anstößig. Verboten ist da die Milch von Schafen, Kamelen, Einhufern, wilden Tieren, wobei aber M. V, 39 ausdrücklich die des wilden Büffels gestattet, und von Frauen. B. I, 5, 137 (= I, 5, 12, 11); Ā. I, 5, 17, 22, 23; Vas. XIV, 34; G. XVII, 24; M. V, 8–9; Vish. LI, 38; Y. I, 170; MBh. XII, 36, 25. Erlaubt ist nur die von Kuh, Büffel, Ziege. Aber auch diese unterliegt dem Bann die ersten zehn Tage nach dem Gebären. B. I, 5, 135 (= I, 5, 12, 9); Ā. I, 5, 17, 24 Vas. XIV, 35; M. V, 8; Vish. LI, 38–39; Y. I. 170; MBh. XII, 36, 26. Biestmilch birgt so viel magisches Verderben, daß ein Kind Ohrfeigen kriegt, wenn es sie trinkt. Nītiv. 32, 7. Ebenso ist nicht koscher die Milch von Tieren, deren Milch von selber herausfließt (syandinī), oder von Tieren, die in der Brunst stehen (sandhinī), oder die Zwillinge gebären. B. I, 5, 136; Ā. I, 5, 17, 23; Vas. XIV, 34; M. V, 8; G. XVII, 25; Vish. LI, 40; Y. I, 170. Unheimlich ist auch die von solchen, deren Junges gestorben oder vielleicht sonst von ihnen getrennt ist (vivatsā). B. I, 5, 136; Vas. XIV, 34; M. V. 8; G. XVII, 26; Vish. LI, 40; Y. I, 170. Nicht minder die Milch der Pflichtvergessenen, die ein fremdes Junges säugt. B. I, 5, 136. Das ist nämlich sehr schmählich für eine Kuh. MBh. XIII, 94, 41. Auch die Milch einer solchen, die Unreines (amedhya) frißt. Vish. LI, 41.

Oder auch die Butterung entscheidet bei allen, denn von besonders gutem Boden, Futter und Wasser kommt eine Zunahme an Milch.

Wer einen Herdenbullen durch einen Bullen (im Kampfe) niederstoßen läßt, der zahlt die niedrigste Sāhasastrafe, wer ihn so töten läßt, die höchste.

Abgesondert nach der Farbe (oder: nach der Art, Rasse, varṇa) sollen je zehn zusammen gehütet werden.

Die Bestimmung des Ortes der Lagerung erfolgt nach der Natur der Weide oder nach Maßgabe der Kraft der Tiere und nach der Fähigkeit (der Hirten), sie zu beschützen.26

[207] Ziegen und Schafen lasse der Rinderaufseher die Wolle nehmen, wenn sie sechs Monate alt ist.

Damit ist auch alles Nötige gesagt betreffs der Pferde-, Esel-, Kamel- und Eberherden.

Für Stiere, die Nasenringe und die Schnelligkeit und die Zugkraft vorzüglicher Pferde haben, eine halbe Tracht grünes Futter, doppelt soviel Heu (ṭriṇa), eine tulā Ölkuchen, zehn āḍhaka innere und äußere Reishülsen (kaṇakuṇḍaka), fünf pala Steinsalz, einen kuḍumba Öl als Mittel für die Nase, einen prastha Trank, eine tulā Fruchtfleisch,27 ein āḍhaka saure Milch, ein droṇa Gerste oder halbgar gekochte Bohnen, ein droṇa süße Milch oder ein halbes āḍhaka Likör (surā), einen prastha Öl, zehn pala Zucker und zehn pala Ingwer (zusammengemischt) als Krafttrank.28 Um ein Viertel weniger für Maulesel, Kühe und Esel, das Doppelte für Büffel und Kamele. Arbeitsstieren und zum Säugen (der Kälber) dienenden Milchkühen die Futterration (oder vielleicht: Beifutterration) je nach der Arbeitszeit und dem Milchertrag.29 Allen [208] aber Heu (tṛiṇa) und Wasser, daß sie satt werden; Damit ist die Viehzucht dargelegt.

Er soll es so einrichten, daß in einer Herde von hundert Eseln oder Pferden fünf Hengste, in einer von hundert Ziegen oder Schafen zehn Böcke, in einer von hundert Rindern, Büffeln oder Kamelen vier BullenA6 sind.

Fußnoten

1 Saṃjāta bedeutet: das Zusammengekommene, Gesamterzeugnis, Gesamteinnahme. Vgl. 61, 3; 62, 4, 12, 128, 12; 152, 17, 204, 13.


2 Oder vielleicht eher: »mit einer in festem Lohn bestehenden Vergünstigung verbunden«. Vgl. aupagrāhaṇika »Vergünstigung, jemandes guten Willen zu gewinnen« 114, 10.


3 Rūpa. Vgl. gorūpa, das freilich neben ḍimbharūpa Kind, dikkarūva youngster, dāsarūva Sklave hergeht. Siehe Hindu Tales 127. Bāṇarūpāṇi Pfeile steht Rām. VI, 99, 40.A7


4 Erstlinge nennt der Bauer junge Tiere, die zum ersten Male gekalbt haben. Die ursprüngliche Form ist jedenfalls prashṭhauhī, wie Bhaṭṭ. liest. Dies Wort findet sich z.B. auch MBh.A8 XIII, 93, 32 (K 141, 16). Vatsatarī Kalben dagegen sind solche, die noch zu jung sind zum Kalben (heifers).


5 Karapratikara. D.h. wohl unter fester greifbarer Abmachung. Oder sind es in Pflege gegebene ausgetauschte Tiere? Die »Schwanzbuße« soll wohl ein weiterer Antrieb für die Rinderhirten sein, ja recht sorgfältig darüber zu wachen, daß kein Tier sterbe. Auch im Siamesisch-Malayischen heißt es »Zwei Schwanz Ochsen« (englisch two head of cattle). Hans Morgenthaler, Matahari (Zürich 1921) S. 277.A9 Vgl. rūpa Stückgebühr, Einzelgebühr 129, 17 und wegen der Brandmalhaut 130, 8.

Ein vāraka Schmelzbutter ist = 84 kuḍumba, wie wir 105, 20 gehört haben. Das wäre etwa 9 Liter. 72 Liter von allen Tieren schiene lächerlich wenig. Also wohl von jeder der hundert Kühe. Das gäbe 7200 Liter von der ganzen Herde. Diese enthält nun 20 leistungstüchtige Kühe, deren Milch dazu noch etwa zwei Monate lang für die Kälber nötig ist. Kalben geben keine, Erstlinge und alte Kühe wenig, Trächtige nicht die ganze Zeit Milch. Man kann also ungefähr 50 regelrechte Kühe als Durchschnitt der Herdenstärke ansetzen. Nach Kauṭilyas eigenem Ansatz, den wir bald erfahren werden, wären für 7200 Liter Butter 115200 Liter Milch nötig. Da kämen auf jede der 50 durchschnittlich 2304 Liter Milch als Jahresleistung. Rechnen wir etwa 240 Milchtage aufs Jahr, denn die Tiere müssen doch im besten Fall etwa zwei Monate trocken stehen und ungefähr zwei Monate säugen, so gäbe das durchschnittlich zehn Liter Milch auf den Tag. Nun ist eine rechtschaffene altindische Kuh kāṃsyadohanā, d.h. sie gibt einen Messingeimer voll Milch. Wieviel so ein Eimer freilich hält, kann ich nicht sagen. Vielleicht hätte ich auch etwa 60 regelrechte Milcherzeugerinnen und für die Kälber etwas weniger Milch ansetzen sollen. Aber andererseits sind die acht Monate wohl reichlich viel in Anbetracht der oft ungünstigen Verhältnisse. Eine heutige indische Kuh gibt gewöhnlich fabelhaft wenig Milch. Vielleicht stand es aber in der Umwelt des Kauṭilya damit weit besser. Auf jeden Fall wird der Pfleger so einer Herde gehörig Blut schwitzen müssen, seine Abgabe zusammenzubringen. Da muß er wenigstens feste Entlohnung und nicht einen Anteil vom Erzeugnis bekommen.A10 Vgl. die Nachträge. Kühe, die buchstäblich ihre eigenen Jungen töten, gibt es wohl nicht. Es werden also solche gemeint sein, deren Leibesfrucht vor oder nach der Geburt stirbt (solche, die »verwerfen«).


6 Die königlichen Hürden und Weiden boten bestimmte Vorteile, vor allem den einer größeren Geschütztheit, so daß öfters andere Leute ihr Vieh dort unterbrachten, sei es nun um Lohn für die Pflege und Hut, sei es um einen Anteil am Ertrag, sei es um andere Vergütung. Die Bezahlung bestand am natürlichsten in Vieh. Als Rinderweide erscheinen in der altindischen Literatur besonders die Wälder und Wildnisse. Die oben genannten Jäger sind natürlich zum Schutze das Viehes auch gegen Räuber und räuberische Waldstämme da, nicht nur gegen sonstige Feinde und gegen Tiere. Auch die Helden des MBh. glänzen zum Teil als große Viehdiebe, gleich denen des Homer, wie besonders ein längerer und lebhafter Abschnitt des MBh., das goharaṇa (in K. etwas vornehmer gograhaṇa), zeigt (IV, 25–69).


7 Entspricht nicht genau. Vatsatara ist ein junges männliches Tier nach der Entwöhnung, hier bis hinauf zu der Zeit, wo es zum Ziehen eingewöhnt werden soll.


8 Ich habe ukshan nach der Erklärung Bhaṭṭ.'s übersetzt, dem auch Gaṇ. folgt, bezweifle aber sehr, daß diese richtig sei, und glaube, richtig wäre: »und als Sprungbullen dienende Stiere, das sind die männlichen Rinder«. S. 172, 11 wird vorgeschrieben, daß auch die ukshāṇo govṛishās straflos in die Felder laufen dürfen. Mir scheint, da heißt es deutlich: »die als Sprungbullen dienenden Stiere«. Immerhin mag bei der Tierfreundlichkeit der Hindn gerade auch der alte ausgediente Stier besondere Vergünstigung genießen.A11


9 Die Karren oder Lastwagen (çakaṭa) wurden also von einem Büffelstiere gezogen. Ein Tier dazu einzugewöhnen, ist schwieriger, als es im Zweigespann (yugavūhana) ordentlich gehen lehren.


10 Das nur hier und drei Zeilen später vorkommende upajā wird wohl diesen Sinn haben. Cāprajātā birgt zwei Schwierigkeiten. Zunächst ca, das hier befremdet, denn ca scheint hier ganz überflüssig und verstößt gegen den Bau der vorhergehenden Sätze. Nach diesen zu urteilen, wäre hier die Aufzählung zu Ende und wäre das folgende Wort Gattungsname. Dann müßte abermindestens ca prajātā gelesen und dieses in dem Sinne von »weibliches Tier« gefaßt werden. Diese Bedeutung ist mir unbekannt und wird auch kaum möglich sein (dann wäre angegliedert: »dazu die unfruchtbaren (gelten) weiblichen Rinder und Büffel«). Aprajātā hieße regelrecht: »noch nicht geboren habend«. Als besondere Klasse hat das keinen Sinn, denn wenn vatsatarī, wie doch anzunehmen ist, dem vorhergehenden vatsatara entsprechend gebraucht ist, dann bezeichnet es das junge weibliche Tier von der Entwöhnung an bis hinauf zu der Zeit, wo es zu seinen Kuhpflichten herangereift ist. Die vatsatarī wäre also die aprajātā, so wie die prashṭauhī das weibliche Gegenstück zum damya bildet die garbhinī etwa das zum vahin und die dhenu zum Sprungbullen. Ist nun der ukshan wirklich der alte, untauglich gewordene Stier, dann wäre aprajātā »die nicht mehr gebärende Kuh« der Gipfelpunkt an Symmetrie und auf jeden Fall recht wahrscheinlich. Freilich könnte ja vatsatarī schließlich auf das Tier beschränkt sein, das jünger ist als die aprajātā, die von Gaṇ. als vijananārhavayo'nadhirūḍhā definiert wird. Aber warum kommt sie dann nicht früher, d.h. vor der prashṭauhī (oder doch nach ihr, wenn wir die indische Erklärung dieses Wortes annehmen)? Dort gehörte sie unbedingt hin. Andererseits aber wäre auch dhenuç ca prajātā »die säugende Kuh, die geboren hat« wunderlich. Also hat die Übersetzung im Text noch das meiste für sich. »Gelt« ist nach dem mir von Jugend auf geläufigen Sprachgebrauch eine Kuh, die in dem betreffenden Jahr nicht trächtig ist. Freilich könnte vandhyā, nach seiner gewöhnlichen Bedeutung überhaupt »unfruchtbar«A12, auch heißen: »in diesem Jahr unfruchtbar«. Aber aprajātā bedeutet natürlicherweise einfach »nicht geboren habend«. Nach unserer Stelle zu urteilen, wurde also das Rind überhaupt nicht geschlachtet, und auch die Büffelkuh nicht, sondern nur der Büffelstier.


11 Paryushita heißt auch bei Kauṭ. sonst »überständig«. Solche überständige, d.h. nicht zur richtigen Zeit gebrandmarkte Tiere werden wohl aus diesem oder jenem Grunde, z.B. wegen eines Unglückes oder sonstigen Hindernisses, das dem Hirten zugestoßen ist, nicht zur richtigen Zeit zur Brandmarkung herbeigebracht worden sein. Nun aber bedeutet parivasati 172, 10 »durchnächtigen, über Nacht dableiben«. Danach wäre möglich: »Tiere die einen oder zwei Monate dageblieben sind«, d.h. solche, die sich von anderswoher in des Königs Herden verlaufen haben, und deren Eigentümer sie nicht geholt haben. Solch eine rasche Aneignung stünde zwar nicht im Einklang mit der Smṛiti, wohl aber mit Zeile 10 und mit 190, 4–5. So verstehen die Inder die Stelle. Sie mögen Recht haben.A13


12 Oder eher: Die Verschiedenheit der Hörner, d.h. die besondere Eigenart der Hörner?


13 Oder: hinzugekommen. Upajā muß für den Nom. plur. masc. stehen. Denn eine Art Kühe kann es nicht bezeichnen nach Ausweis der sechsten Zeile. Also muß man evamupaja annehmen: »soundso hinzugeboren« d.h. zu der und der Zeit geboren, wohl auch: von der und der Mutter, und in gar manchen Fällen wahrscheinlich auch: von dem und dem Vater. Das gliche unserer heutigen Buchführung über die Rassentiere. Es wäre ja auch allzu sonderbar, wenn bei sonst so genauen Eintragungen das Alter (und die Abstammung) nicht verzeichnet würde. Vgl. evamoja 370, 18, aber auch die Nachträge.A14


14 Toyādhāra. Ādhāra = Wasserbehälter erscheint 166, 3. Nach der Lesart toyāhāra, die auch Gaṇ. hat und die wohl als die richtige gelten darf, aber: »durch ein Gewässer oder durch die Nahrung« (d.h. verkehrte oder zu wenig oder zu viel).


15 Oder vielleicht eher: »durch einen Abhang, ein Holzstück« (zurechtgesägten Block usw.). Baum, Abhang, Holz und Stein sind als herabstürzend gedacht. Gaṇ.'s Lesart vṛikshātaṭa paßt nicht in den Zusammenhang. Den »Abhang« haben wir uns als Uferabsturz vorzustellen. Schon wegen der heftigen Regengüsse können überhängende oder sonst unsichere Uferteile sich leicht ablösen.


16 Īçāna ist besonders ein Name für Rudra-Çiva, den vernichtenden Sturmgott der älteren Zeit. Sham. und Gaṇ. sagen, es bedeute Blitz. Aber das wird mindestens nicht genug sein. Bei den oft sehr heftigen Gewitterstürmen Indiens kann sehr wohl durch Nachlässigkeit des Hüters auch sonstwie ein Stück Vieh umkommen. Die vor Frost und vor dem Ungewitter zitternden Rinder im Wald bilden einen stehenden Vergleich im Epos und anderwärts.


17 Wörtlich: »vertauscht, eintauscht«. Die Fälle waren gewiß nicht selten, wo ein Hirt für ein Stück Vieh, das ihm verloren ging, ein fremdes wegnahm und es für eins von seiner Herde ausgab.


18 Wegen paṇita vereinbart, gewonnen durch Markten, erfeilscht vgl. 282–284; 295, 7; 399, 15 ff. Rūpa bedeutet in unserm Kapitel öfters das einzelne Stück Vieh (z.B. 128, 16; 129, 13, 15; 130, 7); einzelner Sklave 190, 6; ein einzelnes Stück oder Arbeitserzeugnis der Goldschmiedekunst 91, 7 ff. Bei dieser Auffassung macht sich auch der Unterschied in der Belohnung am natürlichsten. Nur corahṛitaṃ geraubtes Vieh, d.h. geraubte Herde (oder doch Anzahl von Stücken) erregt leise Bedenken. Nun aber hatten wir 128, 17 paṇikam pucchaṃ, und 130, 15 erscheint pādikaṃ rūpam, beide in ziemlich gleichlaufenden Sätzen. Paṇika, dvipaṇika, pādika usw. finden wir öfter, wo der Betrag einer Gebühr, Strafe u. dgl. mehr angegeben wird (vgl. z.B. 156, 12; 190, 6 ff.). So liegt es sehr nahe, auch hier paṇikaṃ statt paṇitaṃ zu lesen. Dies hat Gaṇ. auch wirklich, womit freilich nicht bewiesen wird, daß es richtig sei. Aber 130, 15 muß rūpa etwa Stückgebühr, Vergütung für das einzelne Stück Vieh bedeuten. Strafe oder Geldbuße jedoch, was Gaṇ. hier annimmt und was 172, 6; 193, 1, 4 das Wort auch wirklich heißt, wird es hier nicht bedeuten. Wohl aber bezeichnet es, wie wir gesehen haben, nicht selten eine Abgabe oder eine Gebühr an den König und wird da sonst von mir mit »Formgebühr« übersetzt, obwohl an und für sich »Sondergebühr« oder »Einzelgebühr« kaum minder gut passen würde. Von einer Vergütung an Privatpersonen aber wird es sonst nicht gebraucht Auch haret deutet auf eine obrigkeitliche Gewalt. Darum muß ich Sham.'s »reward« anzweifeln, also auch meine Übersetzung: »eine vereinbarte Stückgebühr (Gebühr für jedes einzelne Stück Vieh«). Deshalb nun und weil ein paṇa für eine Privatperson zu wenig Belohnung wäre, muß bei der Lesart mit paṇikaṃ, die freilich in dem ardhaṃ von Zeile 18 eine Dunkelheit bietet, sonst aber sehr viel für sich hat, der Rinderaufseher Subjekt sein, der dann auch eine Art Oberhirt aller Rinder seines Gebietes wäre. Dann also: »Hat er von Räubern genommene Tiere Einheimischer wiedergebracht, dann soll er eine Stückgebühr von einem paṇa erheben. Befreit er Tiere Fremder, dann soll er die Hälfte (des Wertes der Tiere, als Gebühr) erheben«A15. Kaum: »die Hälfte der vorhergenannten Gebühr«, also einen halben paṇa. Grammatisch läge das am nächsten, in der Sache aber ist es undenkbar.


19 Wörtlich: »Glocke und Instrument«. Ca beweist, daß ghaṇṭām zu lesen ist. Auch wäre »Glockeninstrument« gar zu breitspurig. Nach der ersten Auffassung, die einem kommt, und die Bhaṭṭ. und Gaṇ. auch wirklich vertreten, müßte man übersetzen: »damit man weiß, wo sie auf der Weide hinlaufen« (ohne daß man immer dabei ist, oder auch ohne daß man sie sieht). So hat man es in meinen Kindertagen bei uns im amerikanischen Hinterwald auch gemacht. Ja, ich kannte eine Frau mit etwa einem Dutzend Kindern, die auch ihren Kleinen Glocken umhängte und sie dann abends im Walde zusammensuchte genau wie ihre Kühe. Aber erstens ist anupāta »Hinlaufen über eine Strecke« wohl denkbar, aber meines Wissens nicht belegt. Und sodann begreift man da nicht, weshalb gerade die furchtsamen Tiere die Schellen anhaben sollen. Diese tragen sie deshalb, weil sie gleich davonrennen und einen Heidenlärm machen, wenn Fremde oder sonst Gefährliches auf der Bildfläche auftauchen.A16


20 Lies kāraṇaṃ mṛitasya, obwohl auch Gaṇ. kāraṇamṛitasya, hat, und vgl. wegen des wohlbekannten kāraṇa »Beweis« 151, 3.


21 Das Stück Haut, das das Brandmal trägt.


22 Ob die Hirten etwas Milch in ihren Messingeimern (kāṃsya) mitnehmen dürfen, oder nur Buttermilch, ist nicht klar. Nach dem Zusammenhang die Buttermilch. Kāṃsya aber ist besonders der Melkeimer, freilich durchaus nicht allein. Gaṇ. liest: kūrcikām senābhaktārtham āhareyuḥ »Sie sollen die gekäste Milch herbringen als Nahrung für das Heer«. Kūrcikā, von der es nach dem PW zwei Arten gibt, ist offenbar eine Art Schottenkäse (cottage cheese). Besonders bei diesem Text tritt stark zutage, daß kilāṭa »gekäste Milch« doch nicht richtig sein kann. Wenn also die indische Autorität im PW unter kilāṭa angibt, dies Wort bezeichne die Klumpen oder Ballen der gekästen Milch (kūrcikā), so zeigt wohl unsere Stelle, daß dies falsch ist. Auch die Sache selber verlangt, daß wir übersetzen: »Die Molke (kilāṭa) ist dazu da, die Ölkuchen anzufeuchten«. Aber ich trug doch Bedenken, so ohne weiteres dies in den Text zu setzen.


23 Das ist die natürliche Auffassung des Wortlauts. Vgl. 171, 6 wegen pādika rūpa. Aber zunächst wundert man sich, daß die Hirten überhaupt die Erlaubnis hätten, ein Stück Vieh zu veräußern. Zwar haben wir ja eben gehört, sie sollten das Fleisch frisch oder getrocknet verkaufen. Wessen Fleisch? Nach dem Zusammenhang wäre es das Fleisch der durch Alter, Krankheit usw. gestorbenen Tiere. Aber dem Wildaufseher wird doch eingeschärft, daß nichts Krepiertes verkauft werden dürfe. Anders war es gewiß auch nicht bei den zahmen Tieren des Königs. Also jedenfalls das Fleisch der geschlachteten Tiere. Daß die Hirten aber auf eigene Faust ihre Pflegebefohlenen hätten schlachten und verkaufen dürfen, läßt sich nicht glauben, außer man denkt sich als Subjekt die Aufseher der einzelnen Hürden. So einer könnte auch der hier erscheinende Viehverkäufer sein. Soll er einen viertel paṇa entrichten als Gebühr dafür, daß er jetzt der Sorge für dies Tier enthoben ist? Oder einfach, weil der König von jedem Handel in seinem Reich seine Prozente kriegen muß, sogar wenn sein eigenes Vieh verkauft wird? Weit natürlicher wäre da, daß der Käufer dieses rūpa leisten müßte. Aber ich wage nicht paçukretā zu lesen. Oder ist der Rinderaufseher Subjekt und soll er, wenn er ein Stück Vieh von der Herde wegverkauft, diese Vergütung leisten? Und wem? Oder muß jede Privatperson im Reich bei jedem Viehverkauf diese Gebühr dem Viehaufseher erlegen? Ich sehe jetzt, daß Gaṇ. wohl die Sache so versteht.


24 Vgl. 115, 17, wo ebenfalls tatphalahānam daṇḍaḥ steht, und 131, 16 phala = Milchertrag. Gemeint ist, wer die richtige Melkzeit vorübergehen läßt, verscherzt die betr. Milch oder seinen Anteil an der betr. Milch oder den Lohn, je nach dem Dienstverhältnis.


25 D.h. auch hier muß die richtige Zeit genutzt werden; sonst setzt es Strafe. Piṅgana, von piñj verbinden, ist die richtige Lesart. Für parivartana »Herumdrehen« teilt Bhaṭṭ. zwei verschiedene Erklärungen mit, die aber weder Sham. noch Sorabji verstanden zu haben scheint. Für medhi ist methi zu lesen. Es wäre da also das im Kreise Herumgehen des Tieres gemeint, das man an den in der Mitte der Dreschtenne befindlichen Pfosten gebunden hat – »der Ochse, der da drischet«. Aber wohl bedeutend schwieriger ist es, das junge Tier an das richtige Einwenden, d.h. die Drehung am Ende des Ackers zu gewöhnen. Und so mag das Wort vielleicht eher diese zweite Bedeutung haben. Irre ich nicht, so ist für das hier recht dunkle prātaḥpracāraṇa des Bhatṭ. prāntapracāraṇa zu lesen: »das Gehenmachen (oder das Richtigverfahrenmachen) am Ende« (des Ackers).


26 Wörtlich wohl: »die Bestimmung der Weltgegend der Lagerung«. Mit Lagerung (upaniveça) ist jedenfalls das Hirtenlager, die Hirtenansiedelung auf längere oder kürzere Zeit gemeint, kaum aber, wie ich zuerst übersetzte und wie Bhaṭṭ. und Gaṇ. zu glauben scheinen, der Rastplatz für die einzelne Nacht. Dieser fällt aber wohl mit der Hirtenstation zusammen, wenigstens im gewöhnlichen Lauf der Dinge. Dabei lese ich – vibhāgo gopracarād balānvayato vā. Diese Besserung wird durch Gaṇ. bestätigt. Auch vibhāge wäre zur Not möglich: »in bezug auf die Himmelsrichtung...« (soll es gemacht werden), nach der Natur usw. Ja, vibhāge mag vielleicht ein verstümmeltes vibhāgena und gopracarān ganz in Ordnung sein. Dann: »Nach der Bestimmung (Einteilung, Lage) der Lagerplätze soll man die Weidegänge einrichten oder auch im Anschluß an die Kraft der Kühe und nach der Fähigkeit« usw. Sonderbar scheint es doch, daß nichts darüber gesagt sein sollte, wie weit die Tiere hinausweiden dürfen, und es ist natürlicher, daß sich die Weidegänge den Lagerplätzen anbequemen müssen, als umgekehrt. Upaniveçadigvibhāga möchte ich gerne in dem Sinne von upaniveçadeçavibhāga verstehen oder gar dieses dafür einsetzen. Aber beides scheint gewagt zu sein. Digvibhāga, kehrt gleich 132, 11 wieder und hat da seine gewöhnliche Bedeutung.A17


27 Māṃsa. Die Bedeutung Fruchtfleisch kann ich nicht belegen. Doch es scheint nicht wohl annehmbar, ist freilich auch nicht unmöglich, daß wirkliches Tierfleisch gemeint ist. Aber 9 Pfund!! Was für ein »Trank« (pāna) hier in Frage kommt, weiß ich nicht.A18 Nach den Parallelstellen 133, 5 und 136, 20 läge es nahe, an Zuckerrohr- oder Fruchtsaft zu denken. Nur versteht man dann nicht, daß diese den Pferden doch gleichstehenden Stiere viermal weniger davon bekämen als die Rosse. S. 132, Zeile 13 kriegt die Stute, die eben geboren hat, einen prastha Schmelzbutter als »Trank«. Doch das ist ein Ausnahmefall. – Ein bhāra (»Tracht«) = 20 tulā (104, 4). Ist wirklich eine tulā = 9 Pfund (4 Kilo 550 Gramm), was freilich schon bei den Ölkuchen und vollends beim māṃsa allzuviel scheint, dann kann natürlich die hier gemeinte »Tracht« trotz Gaṇ. nicht jener von 20 tulā gleichstehen. Denn wir werden doch annehmen müssen, daß die Futtermenge für einen Tag gemeint sei. 1361/2 Kilo Heu und Grünfutter für einen einzelnen Stier aber ergibt ein Unding. Eher wäre »Tracht« das, was man auf einmal in den Armen tragen kann. Vgl. 133, 9. Also ist auch hier der Rede Sinn mehrfach dunkel.


28 Pratipāna, wörtlich wohl: Ersetzungstrank, Wiederherstellungstrank (Kräftigungs- und Heilungstrank; vielleicht Ersatztrank, Nebentrank). Auch die Pferde und Elefanten bekommen dieses Stärke- und Anregungsmittel, das in Milch oder in Likör mit Beimischung besteht. Vgl. 119, 15; 132, 14; 133, 6; 136, 9; 137, 2. Der »prastha Öl« stimmt weder hier noch später bei den Pferden genau. Gemeint sind mit sneha alle Fette, wie wir schon gehört haben. Bei den Futterrationen der Tiere kommen wohl besonders Sesamöl und Schmelzbutter in Betracht.A19 »Fett« in der Übersetzung wäre aber wahrscheinlich zu irreführend.


29 Gaṇ.'s Text, mit mehreren Verschiedenheiten, kann weit leichter aus einer Gestalt, wie sie Sham. darbietet, entstanden sein, als umgekehrt. Auch die Interpunktion bei ihm vermag ich nicht gutzuheißen. Der Punkt gehört hinter mahishoshṭrāṇām; ca und dhenūnām sind nicht durch einen Punkt zu trennen. Schon das Fehlen des ca hinter karmakarabalīvardānām zeigt, daß Gaṇ. auf dem Holzweg ist. Vidhā »Fütterung, Futter« ist auch hergerichtetes (halbgar gekochtes usw.) Beifutter oder Kraftfutter. Siehe 133, 12, 13; 135, 16; 387, 19. Wegen pāyana »Tränken« vgl. 117, 13. Das Öl wird als Heil- und Sänftigungsmittel in die Nasenlöcher eingeführt.A20 – Zu diesem Kapitel vgl. auch Manu VIII, 229 ff. und die Nachträge.


A1 Wegen des ca nach vandhyāç wäre die wörtliche Übers.: »Das sind die weiblichen Rinder. Ebenso die weiblichen Büffel.«


A2 Über die Behandlung der Rinderkrankheiten verbreitet sich Agnipur. Kap. 292. Mehrere Kenntnisse und Fertigkeiten des Rinderhirten nennt MBh. IV, 3, 8ff. Ebenso hören wir in Majjh.-Nik. I, 220, 222, was ein Viehhirt wissen und tun muß.


A3 Das Los des Viehes im Walde ist kein allzu schönes. Insekten, reißende Tiere und andere Unheilsdinge setzen ihm da zu, wie wir öfters hören. Ist der Stier der Herde getötet, dann irren die Kühe in einsamer Wildnis. MBh. VII, 92, 5. In Jāt. I, 388 treibt der Viehhirt eines seṭṭhi dessen Kühe zu der Zeit, wo rings alle Felder voll reifenden Korns stehen (kiṭṭhasambādhasamaye; vgl. I, 143 und wegen kiṭṭha auch Majjh. I, 115f.; Therag. 446; Aṅgutt. III, 393) in den Wald, baut ihnen einen Stall (gopallika) und liefert dem Eigentümer von Zeit zu Zeit die Milch ab. Aber gopallikā heißt wohl doch eher: »eine Hirtenhütte«, und fast immer mußten die Tiere des Unterschlupfs entbehren, wie schon aus M. XI, 114 und Vish. L., 21 hervorgeht. Besonders das MBh. redet oft davon, daß die Rinder im Wald vom tosenden, peitschenden Regen, noch öfter davon, daß sie durch die Kälte, die häufig den Regen begleitet oder ihm folgt (MBh. K XIII, 33, 8), gepeinigt werden und keinen Schutz finden (z.B. VI, 50, 43–40; 118, 18; 121, 28; VII, 8, 17; 125, 49). Wer also einen Schuppen für die Rinder baut, der sie vor dem kalten Regen schützt (çītavarshasaha), der errettet damit in jener Welt seine ganze Familie bis ins 7. Glied. MBh. XIII, 66, 30f.; 40f. Auch war die Weide in der Waldwildnis natürlicherweise oft kärglich. Darum erklärt MBh. XII, 34, 31: »Waldschwendung (vanadāha), die zum Besten der Rinder geschieht (jedenfalls damit sie mehr Weide bekommen), bildet kein Vergehen.«


A4 vgl. N. VI, 17 und besonders M. VIII, 134 eine etwas stümperhaft zusammengedrängte Darstellung, die auf Kauṭ. oder eine ähnliche Schrift zurückgeht.


A5 Bekanntlich geben die weiblichen Büffel mehr und fettere Milch als die weiblichen Rinder. Darum ist eine Büffelkuh in Çukran. IV, 2, 193 anderthalb Rindskühe, laut Inschriften um 1000 n. Chr. deren drei wert, oder auch sechs Mutterschafe, also wohl, nach Mookerjis und Sarkars Angaben berechnet, zwei kāsu oder karsha, d.h. gut einen halben Dollar! Siehe Mookerji, Loc. Gov. 106, 152 note; Sarkar, Pol. Inst. 66, 224, note 7. Sarkar nimmt nämlich an, der Silberkarsha sei gleich dem paṇa. Nach dem Arthaçāstra bestimmt, wäre das wohl richtig. Besonders geschätzt aber scheint ein guter Zugstier (anaḍuh) zu sein. Wenigstens heißt es in MBh. K XIV, 103, 6–8, ein solcher sei als Geschenk an einen Brahmanen zehn Kühen gleich. Ähnlich ist das Wertverhältnis in Çukran. IV, 2, 191, 194f.


A6 Die vier Bullen auf 100 Kühe befremden etwas, schon weil Kauṭ. selber uns gesagt hat, es sollten immer je zehn Kühe (oder Rinder) zusammen gehütet werden; und ohne Stier ist ja nach indischer Vorstellung eine Herde ganz verloren. Ein Stier auf zehn Kühe scheint auch nach der Smṛiti das Regelrechte zu sein. So werden zehn Kühe und ein Bulle von B. IV, 1, 10 als Lehrerhonorar genannt. Dagegen scheint in M. IX, 124 und G. XXVIII, 15 ein Stier auf 15 Kühe als besonders vorzüglich erachtet zu werden.


A7 Wegen rūpa Stück Vieh (Stier, Roß, Ziege, Schaf) vgl. auch B. II, 2 (3), 4: varaṃ rūpam; I, 10, 13–14: paraṃ rūpam; G. XVIII, 11: dhanarūpa einzelnes Stück der Hinterlassenschaft; N. Pariç. 21: rūpaṃ pratipādayet der Dieb soll den gestohlenen Gegenstand zurückgeben oder vergüten.


A8 Hinter der MBh.-Stelle füge ein: Prashṭhavah ist ein Stier, der eben erst zieht oder eingespannt wird, dem entsprechend das fem. prashṭhauhī ein weibliches Tier, das zum erstenmal seine Aufgabe erfüllt, d.h. ein Kalb zur Welt bringt und Milch gibt. Vgl. das von den Komm, so verschieden gedeutete vehat, das z.B. auch in G. VII, 14; Vas. XXI, 22 vorkommt. Allein richtig ist wohl »trächtige Kuh«, und es wird ebenfalls mit vah zusammenhängen. In MBh. III, 179, 17 ist es neben anūna Beiwort zum ukshan, heißt da also zug- oder leistungstüchtig.


A9 Auch andere Völker sagen: »Er hat so und so viel Schwanz Rinder« usw. So z.B. die polnischen Bauern in Reymonts großem Bauernroman.


A10 Einen droṇa Milch, also etwa sechs quarts oder Liter geben die Kühe in dem Musterreich des Pṛithu Veṇasohn. MBh. XII, 29, 140. Das gilt mithin als sehr viel. Dabei ist nicht einmal sicher, wenn auch höchst wahrscheinlich, daß aufs eine Mal, nicht auf den Tag gemeint sei. Nach Haradatta zu G. XII, 39 beläuft sich der Milchertrag einer guten Kuh auf einen droṇa den Tag. Nur einen prastha Milch gibt eine geringere Kuh in Çukran. IV, 2, 188. Wegen der Größe des prastha s. da II, 779f. Pran Nath setzt, jedenfalls geleitet von heutigen Verhältnissen, zehn prastha, also etwa vier quarts, als den einer »besten unter gewöhnlichen Kühen« an (Tausch und Geld 36). Vielleicht aber halfen die glückherbeilockenden und übelscheuchenden svastika-Figuren, die des Hirten Gattin oder Tochter, auf die frische Butter machte, wie uns Subandhus Vasavadattā ed. Jibananda Vidyāsagara (Calcutta 1874), S. 98, Z. 3 des Textes von unten, mitteilt. Wie der Hüter für das Vieh sorgen und es verteidigen, wann und wieviel Ersatz er leisten muß für zu Schaden kommendes, und wann ihn, wann den Eigentümer des Viehs oder den des betr. Feldes die Verantwortlichkeit trifft bei Ungebührlichem, das die Tiere anstellen, sowie anderes hierher Gehöriges setzen näher auseinander N. VI, 10–17; XI, 28–42; M. VIII, 229–244; auch XI, 109–116; Bṛ. XVI, 19–20; Y. II, 159–167; Vish. V, 137–150; auch L, 16–24; G. XII, 21–26; Ā. II, 11, 28, 3. Die Smṛiti enthält nun auch Angaben über die Entlohnung des Hirten, wenn diese in Milch erfolgt, was gewiß das Gewöhnliche war. M. VIII, 321 schreibt vor: »Der Hirt, dessen Lohn in Milch besteht, soll von je zehn Kühen die beste (für sich) melken«. Bṛ. XVI 19 billigt ihm von allen Kühen zusammen die Milch jedes achten Tages zu, wobei er etwa gleich gut fährt. N. VI, 10 hat dieselbe Vorschrift, sagt aber, er solle dazu noch von 100 Kühen oder Rindern jedes Jahr eine Kalbe bekommen, von 200 eine Milchkuh.


A11 Vṛishā ukshāṇas wäre also = dem vedischen vṛi shabhāsa ukshāṇas. In der späteren Literatur werden hohe Belohnungen dem versprochen, der einem Brahmanen einen ukshan schenkt. Siehe z.B. Vish. XC 16; MBh. XIII, 79, 21–23. An der letztgenannten Stelle ist der ukshan offenbar ein junges, stolzes Tier, also ein Bulle. Ein altes, ausgedientes hätte den Brahmanen auch wenig behagt.


A12 Ganz unfruchtbare Kühe sind übrigens bei uns eine Seltenheit. In Altindien scheinen sie häufiger vorzukommen, obschon es dort wunderbare Bullen gab. Wenn eine sonst unfruchtbare Kuh an deren Urin roch, bekam sie ein Kalb (MBh. IV, 3, 12).


A13 Wenn es in MBh. III, 240, 5 heißt: Aṅkayamāsa vatsāṃç ca jajñe copasṛitāṃs tv api so dürfte das zweite da wohl kaum nur bedeuten: »er erkundete die Zugelaufenen«, sondern wohl: er erkannte sie sich selber zu, nahm sie in Besitz.


A14 Die Buchung gerade wie bei unseren Rassentieren ist für Altindien durch Nīl. zu MBh. III, 139, 4 bezeugt. Sprachlich am natürlichsten, besonders wegen des ca nach çṛingāntaraṃ, wäre es, entweder upajān oder, was wohl weit besser ist, upajāṃ zu lesen, upajā beide Male als »Hinzugeburt, Zuwachs, Nachwuchs« zu fassen und zu übersetzen: »Erkennungszeichen sind: Brandmal, natürliche Merkzeichen, Farbe und die unterscheidende Eigenart der Hörner (oder: der Abstand der Hörner). So (danach) soll er den Zuwachs eintragen.« Upajā ist also mit prajā zusammenzustellen. Upaja oder upajā in demselben Sinn findet sich auch in G. XII, 36: Kusīdaṃ, paçūpajalomakshetraçadavāhyeshu nātipañcaguṇam: »Zins in Gestalt des Nachwuchses von Vieh, der Wolle (der Schafe), des Feldertrags und der (Arbeitsleistung der) Zugtiere darf nicht über das Fünffache hinausgehen.« Die bisherige Auffassung: »Der Zins von Erzeugnissen, der Haustiere« usw. hat zwei sprachliche Bedenken gegen sich: 1. Upaja »Erzeugnis« ist nicht recht natürlich, wohl aber »Zuwachs«, »Nachwuchs«. 2. Çada bedeutet sonst die zu erwartende Fruchtmenge eines bestellten Feldes. Am nächsten hierher gehört also M. VIII, 151: »Wo es sich um (Zins in Gestalt von) Getreide, Feldertrag, Schur oder Zugtier(leistung) handelt, steigt er nicht über das Fünffache hinaus.« Dhānye scheint übrigens da nicht richtig zu sein; denn 1. wird doch eben der çada das dhānya sein; wozu also die Tautologie? 2. Der Zins auf Getreide oder dhānya wird von der übrigen Smṛiti au das Dreifache eingeschränkt. Siehe Vas. II, 44; N. I, 107; Vish. VI, 12; Y. II, 39. Also wohl: dhānyaçade »auf (zu erwartenden) Getreideertrag«. Dhānya an sich = gedroschenes Getreide. Allein und nicht verdachtlos steht das »viermal so viel« des Bṛ. (XI, 13) da. Wegen des Zinses in Gestalt des Nachwuchses von Sklavinnen und Tieren vgl. N. I, 107; Vish. VI, 15; Y. II, 39. Siehe auch M. VIII, 146; Bṛ. XI, 6 und Jollys Anmerkung dazu sowie Bühlers Anmerkung zu G. XII, 35 und 36. Die am letztgenannten Orte mitgeteilte Erklärung des Haradatta widerspricht N. Einleit. II, 36. Einige Schwierigkeit machen die Hörner, wenn der »Zuwachs« ein oder zwei Monate alt ist und gerade dieser eingetragen werden soll. Entweder muß also diese Einzelheit immer erst gebucht werden, wenn die Hörner später dann gewachsen sind, was zusammen mit den sonstigen Eintragungen betreffs der frisch Hinzugeborenen geschähe. Oder es ist in lottriger Weise an die schon größeren Tiere gedacht, die sonst zur Herde hinzugekommen sind. Zwar redet Vish. L, 38f. von zweijährigen und dreijährigen Kälbern. Damit ist aber nur gemeint, daß die Tiere bis zu diesem Alter als »Kinder« betrachtet werden. Mit drei Jahren steht die Kuh auf der Höhe ihrer Kraft. MBh. IV, 17, 11. vgl. III, 240, 6. Zur Zeichnung mußten offenbar besonders die Ohren herhalten, wie wir aus Pāṇini VI, 3, 115 erfahren, und zwar schlitzte man, wie der Komm, erkennen läßt, sie ein-oder zweimal durch, schnitt sie bis auf eine bestimmte Länge ab, versah sie, wohl durch Brandmarkung, mit mancherlei Zeichen, wie z.B. mit der Bezeichnung der Zahlen 5 und 8, dem svastika oder Hakenkreuz usw. oder stutzte sie so zu, daß sie wie diese Figuren aussahen, oder wie eine Sichel, ein Löffel u. dgl. mehr. Sogar Kügelchen (maṇi) scheinen den Ohren an- oder eingefügt worden zu sein. Eine gute Schilderung, wie Duryodhana und seine Genossen zur Besichtigung, Brandmarkung und Buchung der gewaltigen königlichen Rinderherden in den Wald ziehen und von da auf die Jagd, enthält MBh. III, 239–240. Sie werden begleitet von einem großen Heer mit Lastwagen, Waren, Dirnenhaufen, Kaufleuten, Lobsängern usw. Die ganze Handlung heißt smāraṇam kṛi »ein Memorandum machen«. Smāraṇa bedeutet dabei, wie Nīl. sagt, das Aufschreiben von Zahl, Alter, Farbe, Rasse und Namen der Rinder. Da heißt es 240, 4ff.: »Der Fürst sah sie (die Rinder, gāvas) nach ihren Brandmalen und Kennzeichen alle nach und brandmarkte die Kälber (oder: die jungen Tiere vatsān) und nahm auch Kenntnis von den zugelaufenen Tieren, und er zählte auch die Kühe zusammen, die junge Kälber hatten. Als nun der Kurusohn die Besichtigung und Aufzeichnung ausgeführt und (besonders) die dreijährigen nachgesehen hatte, vergnügte er sich, umgeben von den Hirten, mit Freuden ... Darauf machten gesangkundige Hirten, geschickt im Gesang und im Spiel musikalischer Instrumente, dem Sohne des Dhṛitarāshṭra ihre Aufwartung, und auch schön geschmückte Mädchen. Von der Frauenschar umgeben, spendete der Fürst erfreuten Sinnes den Hirten reiches Gut, je nach Verdienst, und verschiedenartige Speisen und Getränke.«


A15 Hinter »erheben« füge ein: Diese Auffassung stünde im besten Einklang mit Ā. II, 11, 28, 1ff.: »Wenn ein Pflüger kīnāça, Beisasse, Art Höriger auf dem Lande) eigenwillig (d.h. ohne dringende Not, lies vaçinaḥ statt avaçinaḥ) die von ihm übernommene Arbeit liegen läßt, soll er mit einem Stock ausgeprügelt werden. Ebenso ein Viehhirt (wenn er nicht auf seine Tiere aufpaßt). Und er (d.h. des Königs dafür angestellter Beamter) soll sie einsperren (also verwahren, da sie ja ohne Aufsicht sind). Wenn sie ihre Hürde verlassen und (Feldfrucht) abfressen, soll er die Tiere eintreiben (statt karçayet lies karshayet zusammenbringen, sammeln und vgl. MBh. III, 61, 11; B. I, 5, 84 = M. III, 66) und soll sie nicht verabsäumen (wegen atipātayati vgl. Kauṭ. 39, 4. Vielleicht nātipātayet ›soll sie nicht zu weit wegirren lassen‹). Hat er Vieh eingesperrt und läßt es dann sterben oder verloren gehen, dann soll er es den Eigentümern wiedererstatten. Wenn er Vieh sieht, das man aus Nachlässigkeit in den Wald hat laufen lassen (oder sprachlich wahrscheinlicher: im Wald allein gelassen hat), soll er es ins Dorf führen und es den Eigentümern wieder zu stellen. Bei neuer Fahrlässigkeit noch einmal, nachdem er es eingesperrt hat. Von da ab soll er sich nicht mehr darum kümmern.« In 6 kann unmöglich der mittellose Viehhüter Subjekt sein. Ā. sagt uns ja selber, daß man den nur durch Stockprügel strafen solle, selbstverständlich deshalb, weil man ihm kein Geld oder Gut abnehmen kann. Vgl. auch Çukran. IV, 3, 196; 7, 347f. Auch sprachlich geht Bühlers Übersetzung an mehreren Stellen gar nicht an. Hier haben wir also deutlich einen Oberaufseher über das Vieh im Lande, einen Beamten mit vielen Unterstellten, dessen Verantwortlichkeit ähnlich ist wie die der Polizeibeamten in Ā. II, 10, 26, 4–7 und sonst in der Rechtsliteratur. Ob sich aber der Rinderaufseher Kauṭ.'s mit dem Viehvogt des Ā. deckt, ist gar sehr die Frage. Auf jeden Fall ist er zunächst Oberleiter der königlichen Viehzucht.


A16 Zu dem von Kauṭ. genannten Grunde, weshalb man den Kühen Glocken anhängt, dürfte noch hinzukommen, daß nach indischem Glauben alles Getöne Böses verscheucht und Gutes herbeizieht. Gerade die Glocke ist, wie in manchen anderen Ländern, zaubermächtig. Hier nur ein Beispiel aus wer weiß wie vielen: Als der kleine Prinz Siddhārtha, der spätere Buddha, am 7. Tage seines Lebens nach Kapilavastu übergeführt wird, gehen in dem Festzug 5000 Brahmanen mit Glocken in den Händen vor ihm her und lassen deren segensvolle Klänge ertönen. Lalitav. ed. Lefmann p. 98 unten bis 99. So ist denn des Glocken-und Glöckchengebimmels kein Ende in Altindien. Die Büßer und die Büßerinnen tragen Glocken, alle Reit-und Zugtiere, die Wagen, auf denen man fährt, die Schiffe, alles, was man in der Schlacht braucht: die Pferde, die Elefanten, die Keulen, die Speere, die Bogen, die Schilde natürlich, wie denn der Schild des Tydeus, eines der »Sieben gegen Theben« ebenfalls von gellenden Glöckchen tönte. Besonders den Tempeln und dem Dienste verschiedener Götter und übermenschlichen Wesen, vor allem solcher, die eigentlich Totenseelen sind, dürfen sie selbstverständlich nicht fehlen. Denn nicht nur hat Gott und Geist Freude an deren Klang, sondern Götterdienst ist ja auch eine Art Zauber, der die Kraft des Gottes selber die und seines Verehrers mehrt, und die Glocke scheucht dabei von beiden magisch-dämonische Einflüsse.


A17 Dagegen heißt digvibhāga in Kirāt. XVI, 34 wirklich diganta. Gopracāra ist gewöhnlich = Weide (Y. II, 166); gopracārabhūmi das Weideland des Dorfes (S. I. I. Vol. II, Part. I, No. 22, zit. von Mookerji, Loc. Gov.231). Vgl. auch Stenzler, Übers, von Pārask.-Gṛih. S. 94 unten bis 95.


A18 Auch bei Law, Studies in Anc. Hindu Pol. p. 23 finde ich: »The fleshy part or pulp of fruits«. Trotz allem wird jedoch gewöhnliches, d.h. tierisches Fleisch gemeint sein. Auch die anderen Tiere des Königs bekommen es, wie wir sehen werden. Sven Hedin erzählt in seinem Transhimalaya (1909) Bd. I, S. 171, daß die kleinen tibetischen Pferde gern Yak-und Schaffleisch fräßen. Die Tibeter versicherten ihm, daß sie diese Kost zäh und ausdauernd mache. Er sah, wie sie zu ihrem Herrn liefen und von ihm große Stücke steifgefrorenen Antilopenfleisches erbettelten, das sie wie Brot mit großer Gier aus der Hand fraßen. In der übersibirischen Kälte ist das schon begreiflich. Im heißen Indien aber scheint Fleisch für Grasfresser ein starkes Stückchen der Gewöhnung oder »widernatürlichen« Verlangens zu sein. Aber auch Çukran. IV, 7, 272f. befiehlt, den Rossen des Königs oder genauer: denen im Heer Fleisch (māṃsāni) zu füttern, und zwar gut gedämpftes. Wildpret- oder Fleischbrühe und Rauschtrank hebt alle Übel des Pferdes nach Çukran. IV, 281.


A19 Doch auch das Öl der Früchte des pīlu, des iṅguda und der çamī wird gebraucht, Haustiere wohlgenährt zu machen. MBh. II, 51, 4. Der Çamībaum hat dazu noch leicht eine mit öliger Masse getränkte Rinde und ist deshalb schwer zu besteigen (snehānu baddhā durārohā). MBh. K IV, 7, 10.


A20 Vidhāna das Futter des Elefanten finden wir in Çiçup. V, 51. Das tägliche Futter eines Rindes bespricht nach Kauṭ.'s Angaben auch Pran Nath, Tausch und Geld S. 30. Wenn er aber aus den vier māshaka Strafe, die bezahlt werden müssen bei einem Rind, das sich im Saat- oder Erntefeld satt frißt, den Schluß zieht, also könne ein droṇa Gerste nicht mehr als die Hälfte wert sein, so wäre in keinem Lande der Welt ein Bauer sehr erbaut von solcher Logik eines Gesetzes. Denn ein Tier zerstört doch in einem Getreidefeld unendlich viel mehr als seine tägliche Zubilligung. Dabei sind ja die Körner nur ein ganz geringer Teil seiner Nahrung! Ausführlich behandelt N. N. Law in seinen Studies in Ancient Hindu Polity, S. 16–67 die Rinder-, Pferde- und Elefantenkapitel. Eine Menge Einzelheiten über diese Tiere, besonders über die Elefanten und noch mehr über die Pferde bietet Çukran. IV, 7, 64–353.

Quelle:
Das altindische Buch vom Welt- und Staatsleben. Das Arthaçāstra des Kauṭilya. Leipzig 1926, S. 201-209.
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