Vierzehntes Kapitel (32. Gegenstand).

Die Tätigkeit des königlichen Goldschmieds an der Marktstraße.[129] 1

Der königliche Goldschmied soll das Silber und das Gold der Stadtbürger und der Landleute durch seine WerkstattgesellenA1 verarbeiten lassen. Indem ihnen Zeit und Leistung genau vorgeschrieben ist, sollen sie die Arbeit machen. Ohne Vorschrift der Zeit da, wo das Werk selber die Entschuldigung abgibt.2

Verabsäumen sie die Zeit, dann erhalten sie ein Viertel weniger Lohn und zweimal soviel Strafe.3 Machen sie die Arbeit anders (als vorgeschrieben, oder: verkehrt), dann verlieren sie den (ganzen) Lohn und zahlen das Doppelte als Strafe.

Wie auch immer das ihnen (zur Verfertigung der bestellten Gegenstände) anvertraute Material (nikshepa), das sie entgegennehmen, nach Güte und Menge beschaffen ist, genau das Gleiche sollen sie (verarbeitet den Bestellern) abliefern. Und auch nach Verfluß einer (längern) Zwischenzeit sollen sie (d.h. die Auftraggeber) alles genau ebenso wieder empfangen, abgesehen von dem, was weggenutzt oder weggekrümelt ist.

Was die Arbeiten seiner Werkstattarbeiter in bezug auf das Goldmaterial, auf die Einzelgegenstände (die sie herstellen) und auf deren besondere Eigenart4 betrifft, so soll er in jedem Falle von jeder Einzelheit Kenntnis nehmen.5

[130] Was geläutertes Silber und Gold anlangt (wenn diese beide dem Goldschmied zur Verarbeitung überlassen werden), so soll ihm bei Gold ein Abfall von einer kākaṇī (d.h. der 64. Teil, als nicht wiederauszuliefernde Menge) eingeräumt werden.

Eine kākaṇī Farbessenz (tīkshṇa, für Gold), eine doppelte für Silber, das ist der (zu stellende) Farbzusatz. Davon der sechste Teil ist Verlust.6

Bei einem Ausfall in der Qualität (der vom Goldschmied gelieferten Edelmetall- oder Juwelensachen), der mindestens den Wert eines māsha beträgt, die erste Sāhasastrafe; ist das Gewicht (um mindestens einen māsha) geringer, dann die mittlere; bei einem Betrug mit Wage und Gewichtsteinen die höchste; ebenso bei einem Betrug in bezug auf die hergestellte Ware.7

Wer hinter dem Rücken des königlichen Goldschmieds oder anderswo (als in seiner Werkstatt) eine Bestellarbeit (prayoga) verfertigen läßt, bezahlt 12 paṇa Strafe. Der Verfertiger das Doppelte. Dies, wenn er sich entlasten kann (vom Verdacht des Diebstahls). Kann er sich nicht entlasten, dann soll er vors Strafgericht geführt werden. Und der Verfertiger soll dann eine Strafe von 200 paṇa erleiden oder die Fingerverstümmelung (s. Buch IV, Kap. 10, Sanskrittext 224, 10).

Die Wagen und die Gewichtsteine sollen sie beim Eichmeister (pautava) kaufen. Sonst eine Buße von 12 paṇa.

[131] Massives (wie z.B. Ringe), Massiv-Hohlräumiges (wie z.B. Gefäße), Überziehen (saṃyūhya), Überschmieren (avalepya), Zusammenfügen (saṃghātya)8 und Auftragen (mit Hilfe von Sand und Zinnober) (vāsitaka), das sind die verschiedenen Arbeiten der Handwerker (in Edelmetall).

Unredlichkeit mit der Wage, Wegnahme (apasāraṇa), Abzapfung (visrāvaṇa), das »Körbchen« (peṭaka) und die Pichung (die Klebung, piṅka), das sind die Mittel zu stehlen.

Falsche Wagen sind folgender Art: sich zu leicht herabsenkend,9 ausgehöhlt (d.h. an einer Seite und da mit etwas anderm, sei es leichter oder schwerer als das Wagbalkenmaterial, ausgefüllt), oben mit einem Spalt versehen,10 mit einem Nebenhals ausgestattet,11 mit fehlerhafter Wagschalenschnur, mit betrügerischen Wagschalen, herumschwankend und von einem Magneten beeinflußt.

Zwei Teile Silber und ein Teil Kupfer gibt tripuṭaka (»dreifaltig«). Wenn mit dessen Hilfe12 Berggold weggenommen (d.h. wenn damit dieses Gold ersetzt) wird, so heißt das Wegnahme (oder Ersetzung) durch tripuṭaka; wenn mit Hilfe von Kupfer, dann Wegnahme durch Kupfer;13 wenn mit Hilfe von vellaka (einer Legierung aus halb Silber und halb Eisen), dann Wegnahme durch vellaka; wenn mit Hilfe von Gold, das mit ebensoviel Kupfer gehärtet worden ist, dann Wegnahme durch Gold (heman).

[132] Der »stumme Schmelztiegel«,14 die Scheinschlacke15 der Krähenschnabel,16 Röhre, Beißzange, joṅganī,17 Natron, Salz und das betr. Gold selber (aber solches von geringerer Güte), das sind die Mittel, Gold wegzunehmen. Oder vorher darunter getaner Sand (der sich mit dem flüssigen Edelmetall zusammengeklumpt) wird nach dem (absichtlich herbeigeführten) Bersten des Schmelztiegels später aus dem Feuer herausgeholt.18

Wenn bei der Zusammenpackung oder während der (durch den Besteller erfolgenden) Prüfung von einem ganzen Haufen Sachen ein silbernes StückA2 mit einem goldenen vertauscht wird, oder auch (mit Gold) zusammengeklumpter Sand mit Sand, der mit unedlem Metall zusammengeklumpt ist, so heißt das Abzapfung.

Sowohl das feste wie das herausnehmbare Körbchen19 wird beim Überziehen, Überdecken (»Überschmieren«, avalepya) und beim Zusammenfügen (saṃghātya) gemacht. Wenn ein Stück aus Blei mit einer Schicht (pattra, Blatt, Platte) Gold überdeckt (»überschmiert«) und der Zwischenraum mit [133] Harz (oder Lack, ashṭaka) verklebt wird, so heißt dies das feste Körbchen. Dieselbe Überdeckung, aber so, daß die (Goldschichten nur als) Decken (das Blei) umfalten (und das Harz nicht dazwischen getan wird), heißt das heraushebbare Körbchen.20 Eine anklebende oder eine gedoppelte Schicht (Platte von Gold) wird bei überdeckten (»überschmierten«) Sachen verwendet. Kupfer oder Silber wird beim Zusammengefügten (saṃghātya) zum Inneren zwischen den Platten gemacht. Ein Stück aus Kupfer, mit einer Goldplatte zusammengefügt (zusammengeschmiedet? saṃhata), blank poliert und die Seite (wohl: die Außenseite) schön gemacht, oder ein Stück aus Kupfer mit einer doppelten Goldplatte (also Goldplattierung) zusammengefügt und gut poliert, oder ein Stück aus Kupfer und Silber (und ebenso behandelt), das sind Muster (Beispiele) für Weiteres (für ähnliche Kunststücke).21

Diese beiden (Arten von Körbchen) erkenne er durch Erhitzen und mit Hilfe des Probiersteins oder an dem Fehlen des (richtigen) Tons und durch Aufkratzen (d.h. Hineinschneiden mit etwas Scharfem). Das heraushebbare Körbchen (d.h. den Gegenstand, der in dieser betrügerischen Art zusammengefügt ist) stecken sie in die Säure der Frucht des Judendorns oder in Salzwasser.22 Soviel vom Körbchen.

An einem massiv-hohlräumigen Stück aber bleibt Golderde oder eine Paste aus mālukā und Zinnober, wenn erhitzt, fest hangen. Oder auch an einem Stück mit fester Unterlage (vāstuka) bleibt mit Sand gemischter Lack oder eine Paste aus Mennig in erhitztem Zustand fest hangen.23 In beiden Fällen geschieht die Entfernung durch Erhitzen oder durch Abschlagen. An einem mit einer Einfassung versehenem Stück aber (also an Schmuck mit gefaßten Edelsteinen) bleibt Salz fest hangen, wenn man es mit einem Feuerbrand zusammen mit »Prickelkieselstein« (kaṭuçarkarā)24 erhitzt hat. Die [134] Reinigung davon geschieht durch Auskochen (mit dem starken Safte des Judendorns und Wasser, nach Bhaṭṭ.).

Ein Überzug aus Mica25 wird mit Hilfe von Lack (Harz ashṭaka) sogar26 auf ein Stück mit doppeltem Untergrund geheftet (badhyate). Wird ein solcher, auf dessen Untergrund Glimmer (kāca) aufgelegt ist, in Wasser getaucht, dann sinkt die eine (d.h. die glimmerlose) Seite tief ein, die andere nicht. Oder es wird mit einer Nadel in die Zwischenräume am Micaüberzug hineingestochen. Ob nun Edelsteine, Silber oder Gold – an massiv-hohlräumigen Sachen wird die Pichung ausgeübt.27

Die Säuberung davon geschieht durch Erhitzen oder Abschlagen. Dies vom Pichen.

Daher28 soll er dann bei den einzelnen Stücken, handle es sich nun um Diamant, Edelstein, Perle oder Koralle, sich Kenntnis verschaffen von Art, Gestalt, Qualität (Farbe, varṇa), Größe und Gewicht, von dem einzelnen Ziergegenstand (zu dem die betr. Edelsteine usw. verwendet werden) und den besonderen Merkmalen.

Bei der Prüfung verfertigter Waren und bei der Wiederherstellung von alten gibt es vier Mittel zu stehlen: Wegklopfen, Ausschneiden, Herauskratzen und Abreibung.

Wenn sie unter dem Vorwand eines »Körbchens« von einem Zierstück mit Kügelchen, von einem Schnurschmuck (einem Gehänge, einem Gürtel usw.) oder einem Behälter (Kistchen, Becher usw. piṭakā) rings abschlagen, dann ist dies das Wegklopfen. Wenn sie aber bei Sachen, die aus Doppelböden (d.h. aus Doppellagen von Gold oder Silber) bestehen, in ein Zierstück ein (vergoldetes oder versilbertes) Stück Blei (oder mehrere) hineintun und dafür die (ursprüngliche) Zwischenschicht herausschneiden, so ist das die Ausschneidung. Wenn sie (Edelmetall) in massiven Gegenständen mit einem scharfen Werkzeug herauskratzen, so ist das die Herauskratzung. Wenn [135] sie mit irgend einem der folgenden Pulver: Auripigment, Realgar oder Zinnober oder mit einem Pulver aus kuruvinda29 ein Stück Zeug überdecken und (einen Gegenstand aus Edelmetall damit) abreiben, so ist das die Abreibung. Durch diese werden silberne oder goldene Waren dünner gemacht, und es wird ihnen gar nichts abgebrochen.

Wo an überzogenen Sachen (saṃyūhya) etwas abgeschlagen, lückig (also: herausgeschnitten) oder abgerieben ist, da ziehe er den Schluß (auf den Umfang des Verlustes) mit Hilfe eines gleichen (aber unangetasteten) Stückes. Bei überdeckten (»überschmierten«, avalepya) Sachen30 lasse er so viel, wie abgespalten ist (von einem gleichen Zierstück) abspalten (und erschließe so den Verlust). Die umgearbeiteten31 aber soll er oft erhitzen und in (scharfem) Wasser heftig reiben lassen.

Abfallhaufen, Gewichtstein, Feuer, Holzblock, Gerätkasten, Amboß, Pfauenwedel, Schnur, Gewandbauschung, Kopf, Schoß, Fliege, Nachsehen am eigenen Körper, Blasebalg, Wasserschüssel und Feuerpfanne – diese (alle) soll er als Mittel zu mausen kennen und untersuchen.32

[136] Von Silbersachen soll er das was muffig (oder: wie rohes Fleisch) riecht, Schmutz leicht annimmt, uneben, zu hart33 und mißfarb ist, als verfälscht erkennen.

So möge er (wohl der Goldaufseher) die neuen und die alten (und wiederhergestellten oder aufgefrischten), sowie auch die umgearbeiteten Waren untersuchen und die Bußen bei ihnen, wie sie angegeben worden sind, verhängen.34

Fußnoten

1 Oder ist viçikhā etwa = vaṇigvīthī Bazar? Dann müßte man das Wort 85, 12 ebenso auffassen, was nicht recht angeht. Gaṇ. freilich scheut nicht vor der Folgewidrigkeit zurück, sagt, hier sei viçikhā = sauvarṇikavipaṇi,A3 übersetzt es aber dort mit rathyā.


2 Also da, wo gut Ding Weile haben will. Der Text ist vollkommen richtig und darf nicht nach Sham.'s Vorgang geändert werden. Durch diese Schlimmbesserung wird alle Logik zerstört und Kauṭ. zum Stilpfuscher gemacht. Im folgenden Satz erst nimmt er die Verfehlung betreffs der Zeit und des Arbeitsergebnisses auf. Apadeça ist bei ihm ja nicht nur Vorwand, sondern auch »Entschuldigung« (wie z.B. 218, 13), und apadiçati »abweisen, von sich weisen« braucht er wiederholt von der Verteidigung eines Angeklagten oder eines verdächtig Gewordenen.A4 Ebenso Manu VIII, 54; Nār. Einleitung I, 60.


3 Doppelt soviel als der Betrag des verscherzten Viertels? Das schiene dem Folgenden zu entsprechen, und so faßt es Sham. und nach ihm auch Jolly auf. Aber die wörtliche Übersetzung lautet: »erhalten sie einen um ein Viertel verminderten Lohn und das Zwiefache davon als Strafe«. Also doppelt soviel Strafe wie der wirklich empfangene Lohnbetrag. Gewissermaßen gibt das einen noch größeren Triumph ausgeklügelter Entsprechung der beiden Strafen. Ebenso 200, 17 ff.


4 Wörtlich: »die kennzeichnenden Merkmale« (lakshaṇa).


5 Er soll also genau Bescheid wissen über die ihm anvertraute Menge (oder Art) Gold, die daraus gefertigten oder zu fertigenden Einzelgegenstände (pudgala) und alle näheren Charakteristika bei allem, was seinen Arbeitern durch die Hände geht (prayoga). Wegen des Instrum. vgl. z.B. 194, 1. Wörtlicher: »Was die Verwendung und die Herrichtung oder Herstellung durch seine Werkstattgesellen in Bezug auf ... angeht.« Prayoga ist ja auch das in Gang Setzen, dann die Verwirklichung (MBh. XII, 114, 9), das Umsetzen des Gedachten ins Greifbare, daher auch die Praxis im Gegensatz zur Theorie. Eine Bestätigung dieser Auffassung bietet Bhaṭṭ.'s Umschreibung mit parivartana. Dies bedeutet wohl einfach Umsetzung, also Verarbeitung und ist von Sham. mißverstanden worden. Was hat denn hier auch »rate of exchange«, wie es Sham. wiedergibt, oder Jollys »Tauschwert« zu suchen? Bhaṭṭ. beschenkt uns mit zwei Erklärungen des Satzes, von denen die erste (»durch seine Werkstattgesellen soll er bei den Arbeiten in Bezug auf ... jede Einzelheit erforschen«) zwar grammatisch natürlicher als meine, in der Sache aber unmöglich ist, obgleich Sham. und Jolly ihr folgen. Woher sollte sich der Goldschmied nach den Angaben seiner Gesellen richten können, wenn er herausbringen will, ob diese etwas wegstibitzt haben! Sind ja doch die Metallarbeiter in Altindien überhaupt so unehrlich, daß sogar immer ihre geheimeren Teile auf Schmuggel untersucht werden müssen. Was aber Streitigkeiten zwischen dem Goldschmied und dem Auftraggeber anlangt, so hätte der Geprellte doch nie die Zeugenschaft der Spießgesellen des Betrügers anerkannt. Wozu waren endlich die Bücher des Bureaus da, das doch die peinlichste Überwachung ausübte? Da stand alles schwarz auf weiß. Die zweite Auslegung des Bhaṭṭ. verstehe ich nicht recht. Jetzt aber scheint mir, als träfe sie mit meiner zusammen.


6 Vgl. 88, 11, wo wir schon gehört haben, daß vom Farbstoff eine kākaṇi oder 1/64 der zu färbenden Goldmenge nötig ist. Bei Silber braucht es, wie wir jetzt erfahren, 1/32. Meine Übersetzung, bei der ich der auch von Sham. verzeichneten Variante rūpyadviguṇā gefolgt bin, weil Bhaṭṭ. und Gaṇ. so lesen, scheint nun klar zu beweisen, daß der Farbstoff (rāga) für Gold und Silber der gleiche gewesen sei, nämlich das tīkshṇa von 88, 10. Aber am Ende hat vielleicht doch Sham.'s rūpyadviguṇo Recht; denn aus diesem konnte wohl leicht rūpyadviguṇā entstehen, weil man, wie ja Bhaṭṭ. selber, von vornherein jenes tīkshṇa auch dem Silber zuteilte und weil so ein glatterer Satzbau zustande kam. Möglich wäre also auch: »Eine kākaṇī (beträgt die Dosis) Goldfarbessenz (tīkshṇa). Für Silber das Zwiefache ist der Farbzusatz.« Freilich wäre da rūpyasya dviguṇo deutlicher gewesen. Non liquet.


7 Wenn er sie anders macht, als vereinbart ist, vertauscht und dgl. mehr, natürlich immer um etwas zu »lukrieren«. Die Goldschmiede gelten ja in der indischen Literatur als reich und diebisch.A5


8 Nach Bhaṭṭ. von Gürteln usw. Der Ausdruck, wörtlich etwa »das Zusammenzuschlagende«, könnte auf Zusammenschmieden deuten.


9 Saṃnāmanī. Bhaṭṭ. sagt: »aus weichem Metall gemacht, so daß man es nach Gutdünken biegen kann.« Aber die Wagen müssen ja vom königlichen Eichmeister bezogen werden, wurden auch öfters inspiziert Also wird wohl ein anderer Kniff gemeint sein, der es dem Unredlichen ermöglichte, die Wagschale sinken zu machen. Natürlich könnte ja Kauṭ. überhaupt seine Kenntnisse auftischen, more Indorum die wirklichen oder auch nur denkbaren Möglichkeiten herzählen wollen. Aber mir erscheint schon an und für sich dieser Wagbalken aus weichem Metall als ein Unding.


10 Nach dem Komm.: »so daß der Wind hineinwehen und hinunterdrücken kann«, was ja nicht undenkbar ist. Vgl. Nār. I (IV), 276.


11 Upakaṇṭhī. Das wäre wohl an den Enden des Wagbalkens, wo die Wagschalenschnur befestigt wird. Bhaṭṭ. liest upakarṇikā »mit Nebenohren versehen«, erklärt dies aber durch granthibahulā »ganz voll von Knoten oder Höckern«. Die müßten dann wohl aus etwas bestehen, was am Wagbalken aufgeklebt ist. Diese Lesart sowohl, wie auch die Erklärung ist mindestens so alt wie Kshemendra; denn er hat dafür granthimatī Kalāv. VIII, 7. Im folgenden lese ich çakaṭakakshyā. Dasselbe çakaṭa = kapaṭa findet sich auch 364, 9; 369, 9; 375, 10. Diese häufige Wiederkehr läßt es doch recht zweifelhaft erscheinen, daß man kapaṭa dafür setzen müsse. Wenn aber wirklich, dann wohl auch hier. Sakaṭukakshyā, das auch Gaṇ. hat, ließe sich kaum hinreichend mit Wilsons kaṭu an improper act, a scandal erklären. Der Sinn ist auf jeden Fall der angegebene.


12 Wörtlich eher: »um dieses« d.h. unter Vertauschung (Ersetzung) mit diesem.


13 Darum heißt das Feuer des Goldschmiedes Kalāv. VIII, 10 »voll von vorher hineingetanem Kupferpulver«.


14 Ein Tiegel mit versteckter »Falte« oder »Tasche«, wohl am ehesten mit zwei Böden und einem Zwischenraum zwischen beiden, weniger wahrscheinlich mit einer hohlen Doppelwandung. Durch eine kleine Öffnung fließt Gold in den hohlen Zwischenraum, in das sampuṭa des Bhaṭṭ. Eine Bestätigung meiner Annahme des Doppelbodens (oder der Doppelwandung) finde ich jetzt bei Kshemendra (Kalāv. VIII, 6). Sein dvipuṭa (»mit einer Doppeltasche oder einem Doppelhohlraum versehen«) zeigt auch, daß die Glosse sasampuṭā mindestens so alt ist wie er.A6


15 Die Verwechslung von prati und pūti ist uns schon einmal begegnet (77, 8). So wird man hier pratikiṭṭa statt pūtikiṭṭa setzen müssen, also: »Gegenschlacke«, d.h. für sie eintretende, sie ersetzende Schlacke, mithin falsche Schlacke. Vgl. bes. pratipurusha Ersatzmann, Scheinmann; pratiyoddhar Ersatzkämpfer; pratibimba, pratisūrya usw. Auf jeden Fall gibt der Goldschmied vor, ein Stück Edelmetall sei eine Schlacke, wirft es weg und hebt es dann später heimlich auf.


16 Gaṇ. liest karaṭakamukha. Nach Sham.'s Text wäre es »Schnabel des numidischen Kranichs«. Oder ist vielleicht karaṭakamukha = karaṭamukha oder karaṭāmukha die Öffnung auf der Schläfe des Elefanten, wo der Brunst- oder besser Mustsaft herausfließt (MBh. IV, 22, 60; XIV, 75, 9 usw.)? All diese Möglichkeiten weisen auf betrügerischen Ausfluß durch eine Öffnung (oder auch mehrere) an der Seite. Der Vogelschnabel könnte auch eine regelrechte Tülle oder Schnaube sein, die der Goldschmied so zu handhaben weiß, daß ihm selber Gold zurinnt. Wurmfraß oder Löcherigkeit heißt kāraṭa 78, 1. Bhaṭṭ. freilich sagt, das Wort sei = cullimukha Ofen- oder Herdöffnung. Das wird kaum stimmen. Oder heißt sein culli hier Schmelzofen, Schmelzgefäß?


17 Jeglicher sprachliche Anhalt fehlt, und die Erklärungen von Bhaṭṭ. und Sorabji sind nicht richtig.


18 Ich lese: mūshābhedād agnisḥthā uddhriyante paçcāt. Bandhana usw., im wesentlichen also wie Gaṇ., nur daß ich nicht, wie Bhaṭṭ. und Gaṇ., den Punkt nach uddhriyante setze. Sham.'s agnishṭhād »aus der Feuerpfanne herausgeholt« geht ebenfalls gut. Am Ende hätte ich doch wie Bhaṭṭ. und Gaṇ. interpungieren sollen. Dann im folgenden: »Wenn bei späterem Zusammenpacken«, d.h. wenn der Besteller die Sachen nicht gleich mitnimmt, sondern sich später schicken läßt.


19 Wir kennen meines Wissens nur diese Bedeutung von peṭaka, keineswegs aber die von Sham. und nach ihm von Jolly angenommenen »Falten, Zusammenschieben«. Das »Körbchen« ist die wertvolle Hülle um den minderwertigen Inhalt, wir haben bleierne Äpfel in goldener Schale. Ein Körbchen oder Kästchen (wie man peṭaka auch übersetzen kann) ist ja dazu da, daß man etwas hineintut.


20 Da steckt das Blei also gewissermaßen nur in einer Hose oder Gamasche (sampuṭikā 80, 11) Wörtlich etwa: »dasselbe in (einfachen) Decken-Taschen oder Deckenzusammenfaltungen«; denn puṭ heißt ja falten und puṭa Falte, Tasche, Hohlraum usw. Nach der gewöhnlichen Bedeutung von sampuṭa freilich eher: »in Decken-Kästchen«. Der Sinn ist kaum zweifelhaft.


21 Zwar kommt man auch mit uttaravarṇakaḥ, das auch Gaṇ. hat, zurecht. Vgl. 93, 16 sasyavarṇakaḥ die (verschiedenen Muster, d.h.) Arten von Getreide (cf. 94, 2). Aber uttaravarṇakāḥ wäre besser, wenn anders ich die Stelle richtig verstanden habe. Gaṇ.'s Interpunktion halte ich für schlechter als die in Sham.'s Text.A7


22 Und entdecken so den Betrug. Eine andere Lesart ist sādhayati statt sādayati, eine Vertauschung, die nicht ohne Beispiel im Kauṭ. dasteht. Man dürfte also wohl in gutem Deutsch getrost übersetzen: »dem heraushebbaren Korb kommen sie auf die Spur«.


23 Diese beiden Sätze erscheinen sowohl in allen Texten als auch in den Übersetzungen sonderbarer Weise mit einer falschen Abteilung ihrer Bestandteile, die aus völliger Nichtbeachtung der entspringt. Ich lese also: suvarṇamṛid (oder -mṛin) mālukāhiṅgulakakalko vā und vālukāmiçram jatu gāndhārapaṅko vā. Sham. und nach ihm Sorabji ändern in suvarṇamṛidvālukā. Aber auch Gaṇ., der da sagt, »Golderde« (suvarṇamṛid) und mālukā seien zwei Mineralien, hat mālukā. Suvarṇamṛidvālukā »Goldsand« nimmt sich auch höchst verdächtig aus. Statt »eine Paste aus Mennig« (gāndhārapaṇka) wäre es doch wohl sicherer, bei »Gandharerschlamm« zu bleiben, einerlei was das nun sein mag.


24 »Prickelkieselstein« (katuçarkarā) ist nach Bhaṭṭ. ein weicher Stein. Könnte es »scharfer Zucker« bedeuten?


25 Mica ist Katzengold oder Katzensilber.


26 Wahrscheinlich ist diese an unserer Stelle sonderbare Wiedergabe von falsch und müssen wir einen Ausfall annehmen. Oder: »beliebig«, d.h. entweder auf ein Stück mit einfachen oder mit doppeltem Untergrund? Vgl. 103, 16 mit Bhaṭṭ.'s Erklärung; 120, 9 usw.


27 Piṅka kann nicht, wie Sham., Jolly und Gaṇ. annehmen, Vertauschung bedeuten, sondern muß nach Kauṭilyas Beschreibung die Auftragung eines äußeren Anwurfs bezeichnen. In dem rätselhaften Gesellen piṅka glaube ich den alten treuen Bekannten Pech zu erkennen, d.h. pix, picis und πίσσα, das wir auch in Fichte haben. Die Wurzel piñc ist wohl eine Nebenform oder doch eine Verwandte von piñj verbinden. Von diesem piñj haben wir bei Kauṭ. piṅgana das Zusammenspannen (eines einzugewöhnenden oder halb gewöhnten Tieres mit einem geschulten) 130, 20; sodann auch piñjula, puñjila 133, 9. Die Kollateralen ñj und ñc, sowie ṅg und ṅk finden sich gelegentlich auch sonst, Jāt. III, 389 sogar piṅka = piṅga, wenn auch in anderem Sinn als das unsrige. Piñc aber ist ja nur eine Weiterbildung von pic. Der Anwurf beim piṇka, bei der Pichung oder Klebung, muß natürlich dem Untergrund täuschend ähnlich sehen, hat an sich wenig oder keinen Wert, macht aber den Gegenstand schwerer. Da kann der edle Goldmauserich sich die entsprechende Menge der echten Ware selber zu Gemüte führen.


28 Oder: »Danach« d.h. dadurch angeleitet, dem entsprechend, wie 85, 5.


29 Kuruvinda ist Rubin oder schwarzes Salz, oder vielleicht etwas anderes. Vastra (Stück) Zeug hat Kauṭ. auch 367, 1.


30 Die auf den ersten Blick sehr bestechliche Lesart avalekhyānām muß abgewiesen werden, denn dies kann ja nicht »abgekratzt« heißen, wie Jolly meint. Man müßte schon mindestens in avelekhitānam ändern.


31 Virūpa. Nach Bhaṭṭ. hieße es »verfälscht«. Aber obschon diese Bedeutungsentwicklung möglich scheint, so heißt doch virūpa gewöhnlich verändert, umgestaltet, auch bei Kauṭ., dann entstellt, durch Veränderung unkenntlich gemacht, hier umgearbeitet. Gefälscht ginge zwar hier, wäre aber in Zeile 9 sinnlos, und auch an der vorliegenden Stelle paßt »umgearbeitet« besser in den Zusammenhang hinein. Ebenso wird virūpa gebraucht 201, 21 in dem langen Einschub aus B, da ebenfalls bei Gelegenheit der Goldschmiede; ferner wohl 212, 19.


32 Kāca »Glas, Glimmer, Katzengold« muß hier etwa Betrug, Kniff, Mittel zu täuschen bedeuten. Avakshepa »Wegwurf«, also Abfall, vgl. avakara. »Wegwerfen« ergäbe wesentlich denselben Sinn. Adhikaraṇī erscheint auch 210, 5–6, dort als Gerät des Falschmünzers. Ob es Amboß oder Ofen, oder vielleicht gar sonst etwas bezeichnet, kann ich nicht sagen. Der Pfauenwedel (piccha) hat für gewöhnlich wohl den Zweck, Heißes schneller abzukühlen. Flederwisch, auf das auch ich zuerst verfiel, kommt mir minder wahrscheinlich vor. »Schnur« bezieht sich vermutlich auf die Schnüre, mit denen Halsgehänge, Gürtel usw. gefertigt werden. Stellt man sich etwa einen Knäuel oder ein Bündchen davon vor, so kann der Goldarbeiter leicht darin oder darunter Gold, Edelstein und dgl. mehr zeitweilig wegstecken. Vor allem als zeitweilige Verstecke denke ich mir auch die meisten übrigen hier genannten Gegenstände, wobei ich wenigstens die Frage stelle, ob nicht mūshikā Schmelztiegel für makshikā Fliege eintreten sollte. Aber schon dem Kshemendra hat makshikā vorgelegen. Aus den verschiedenen Lesarten cellam bollanaṃ (das Gaṇ. als richtig annimmt), cellabollanaṃ und cellajollanaṃ scheint sich mir als das wahrscheinlichste cellacollanaṃ zu ergeben. Es bedeutet wohl Gewandbauschung, Gewandfalte. Vgl. collaka etwas Gebauschtes, Bündel, Pack Hindu Tales 216, note 4. Freilich schon Kshemendra hat offenbar bollanam vor sich gehabt und daher sein kathā citrā »vielfaches Reden« (Kalāv. VIII, 11). Vgl. bollaka Schwätzer und bola Rede, Gerede im Prākṛit (z.B. Karpūram. ed. Konow S. 39, Zeile 4). Dann also: »Gewand, langes Reden«. An den Kopf fährt sich der Stibitzer und kraut sich da, versteckt aber dabei ein Stück Gold oder einen Stein im Haar; am Schoß macht er sich zu tun und praktiziert was in die geheimen Körperteile; seinen Körper, an dem er plötzlich etwas Bedenkliches oder Unbequemes verspürt, untersucht er, hat ihn aber mit etwas Klebrigem beschmiert, so daß er das Gemauste dort ankleben kann; eine Fliege wehrt er ab und macht dabei das Gleiche (diese drei letzten Wörter nach Gaṇ. erklärt, der wohl auf Bhaṭṭ. fußt). Auch in der Feuerpfanne, im Feuer und im Schmelztiegel, falls wirklich mūshikā zu lesen sein sollte, macht der Schlauberger etwas verschwinden. Aus dem Wassergefäß trinkt er sehr angelegentlich (oder kühlt da etwas ab?), läßt aber etwas Kostbares hineinfallen bis auf einen gelegeneren Augenblick. Kshemendra hat nämlich salilapātrabhaṅga, das man sicherlich getrost in salilapātrasanga ändern darf (Kalāv. VIII, 12).


33 Prastīna, von styai, wohl wörtlich: »fest geworden, verdichtet, hart geworden«. Bhaṭt. umschreibt es mit kaṭhina.


34 Nachträglich habe ich das 8. Kap. des Kalāvilāsa verglichen und gesehen, daß viel Licht, wenn auch noch nicht genug von Kauṭ. auf diesen Teil des »Lustgärtleins der Kniffe« fällt. Zwar hat R. Schmidt sich der kitzlichen Aufgabe unterzogen, den ganzen Kalāvilāsa zu übersetzen, hat die vier ersten Gesänge in der Festgabe an seinen Lehrer Ernst Mehliß, Eisleben 1914 und die übrigen in der WZKM. 28, S. 406 ff. dargeboten. Aber gerade das Goldschmiedkapitel war allzu knifflich. So stehe hier eine Übertragung der für uns wichstigsten Verse (5 ff.). Die fünf Kniffe mit den Steinen der Wage, je nach der Verschiedenheit der Anwendung, sind diese: der eindringenden Feuchtigkeit ausgesetzt, zum Schwitzen gebracht, obwohl mit Wachs versiegelt, doch hauptsächlich aus (betrügerisch hineingefülltem) Sand bestehend (oder: dazu mit Wachs gezeichnet, hauptsächlich aus [außen anklebendem] Sand bestehend) und der Hitze ausgesetzt (vgl. Kauṭ. 103, 13 f.). Doppelbodig (Doppelhohlräumig), beim Garkochen berstend, das flüssige Gold wegtrinkend (d.h. wohl es teilweise ausrinnen machend, vgl. Kauṭ. karaṭakamukha 91, 4), vertraut mit dem Kupferkniff (d.h. Kupfer dem Gold beizumischen), darauf erpicht, Bleischmutz (d.h. das dem Edelmetall heimlich beigemischte entwertende Blei) und das Katzengoldpulver zu empfangen, hat der Schmelztiegel sechs Kniffe. Sechzehn Kniffe sitzen in den Wagen: sie sind krummendig (biegen sich leicht am Ende des Wagbalkens), haben unehrliche Wagschalen, hohle Oberstücke (sushiratalā, Kauṭ. bhinnamastakā), sind mit Quecksilber gefüttert, weich (und biegen sich also), haben Flügel an der Hüfte (Seite, d.h. fahren so rasch hin und her, als ob sie Flügel hätten, sind parivellī), sind voll Knotenbuckel, wohlvertraut mit dem Wachskniff (d.h. wohl haben Buckel von dem darauf gepichten Wachs; oder gefälschte Wachssiegel des Eichmeisters?), haben vielfältige (Wagschalen)schnüre (verschiedene, je nach dem), neigen sich nach vorne (also mit ausgesuchtester Höflichkeit, oder: neigen sich vorne nieder), schwanken vom Wind, sind dünn oder dick (je nachdem es dem Goldschmiede dient), nehmen dem heftigen Wind seinen Staub ab (der dann das Gewogene schwerer wiegen macht); leblos sind sie (regen sich nicht, wenn es der Goldschmied so braucht) und voll Leben (voll Beweglichkeit in anderen Fällen) ... Fragen, vielfältiges Reden, sich Kratzen (weils angeblich juckt), Herumzerren am Gewand (weil dieses vorgeblich Unbequemlichkeiten verursacht), Ausschauen nach der Tageszeit und nach dem Sonnenstand, tolles Gelächter, Fliegenwegjagen (ākshepa und ākshepaṇa öfters im Epos Schlag, Hieb, Wegreißen usw.), Zeigen von merkwürdigen Dingen, häufiges Gezänk mit den eigenen Leuten, inbrünstiges Hangen am Wassergefäß (salilapātrasaṅga) und oftmaliges Hinausgehen – das sind die zwölf in Tätigkeiten bestehenden Kniffe (die der Goldarbeiter als Deckmantel benutzt, etwas zu stibitzen). An der Oberfläche der fertiggestellten Ware bringt Erhitzen in gelindem Kuhmistfeuer unter Bestreichung mit Ätzkali und Salz Vorzüglichkeit der Leuchtkraft künstlicher Färbung hervor. Und weil ihre Wagschale ebenfalls aus Eisen besteht (wörtl. »infolge der aus dem gemeinsamen Eisen bestehenden Wagschale) eilt die Wage mit ihrem (küssenden) Munde los auf die Fläche des ›geliebten Eisens‹ (d.h. des Magnets), das darunter in der Erde verborgen ist, und zwar immer wieder, gleich als wäre sie reich angefüllt, obwohl sie leer ist (die tulā oder Wage ist also eine Schöne, die zum Liebsten eilt, aber ihre ›Liebe‹ beruht auf Schwindel, sie ist liebeleer, wobei noch eine ungeschickte Anspielung auf die bekannte Lehre, daß man nicht mit leeren Händen zum Weibe kommen solle, mit unterlaufen mag) ... Sowohl beim Schmelzen als zu der Zeit, wo sie mit dem Probierstein hantieren, ist es für sie sehr leicht zu machen, etwas (unbeobachtet) zu Boden fallen zu lassen, und reiche Betätigung der leichten Geschicklichkeit im Vertauschen bei verschiedenen einander ähnlichen Schmucksachen ist ihnen eigen. Beim Empfang des vollen Maßes und bei der Verfertigung (des Bestellten) haben sie keine Augen (d.h. da wollen sie nicht sehen), daß sie genug Material empfangen haben, und achten nicht darauf, daß ehrlich und ordentlich gearbeitet werde; nur eine Bohne wenden sie dran (an die bestellten Sachen und behalten das übrige Material für sich); sie verstehen es, Glanz zu verleihen, sie versäumen die Zeit und das Abliefern, sie verlangen Nachfüllung (mehr Material), sie üben viel Anklebung (Pichung oder piṅka).« Zum Schlusse ruft der Verfasser: »Darum brächten die Könige der Erde, wenn es keine Giftmischer, Diebe und Räuber mehr gäbe, es nicht fertig, auch nur einen einzigen Goldschmied in jeder Weise und immerzu im Zaum zu halten.« Vgl. meine Übersetzung von Kshemendras Samayamāṭrikā S. LIV.


A1 Statt »seine Werkstattgesellen« wäre das hier auf das gleiche hinauslaufende: »seine Handwerker« wohl genauer. Āveçana, das sich auch in 144, 19 und M. IX, 265 findet, bedeutet Werkstätte (eines Handwerkers). Āveçanin bezeichnet also aller Wahrscheinlichkeit nach einen Werkstattbesitzer, dann einen Handwerker. So übersetzt auch Mookerji, Loc. Gov. 90ff. das āvesanin der Inschrift mit »artisan«.


A2 So nach Bhaṭṭ.'s Erklärung, der pātra für pattra setzt. Aber dann müßte man wohl pātra lesen. Ācitakapattraparīkshāyām mag ganz wohl heißen: »bei der Prüfung von Sachen, auf die (Gold)platten aufgelegt sind«.


A3 Das ist vielleicht kein Widerspruch. Denn vipaṇi ist nach Amara = paṇyavīthikā (Raghuv. XVI, 41). Die Warenläden sind ja in der Straße.


A4 Ja, apadeça ist auch einfach = Grund, Ursache. Vas. I, 38.


A5 Ihre Schändlichkeit ist um so größer, als ja Golddiebstahl zu den scheußlichsten Verbrechen zählt. Wird es vollends einem Brahmanen entwendet, dann ist der Greuel aller Greuel fertig. Ihm überhaupt Gut zu stehlen zieht den Verlust der Kaste nach sich (B. II, 1, 2, 13 usw.). Freilich läßt sich in der bekannten Diebskatharsis der Smṛiti eine Entwicklung eigentümlicher Art wahrnehmen. In B. II, 1, 15–16 heißt es einfach: »Mit aufgelöst fliegendem Haar, eine Keule auf der Achsel, soll der Dieb zum König gehen und ihn bitten: ›Damit töte mich!‹ Ob ihn nun der König strafend tötet oder ihn freiläßt, er ist seiner Schuld ledig. Straft ihn aber der König nicht, dann geht die Sünde (des Diebes) auf ihn über.« Wesentlich das gleiche dann A. I, 9, 25, 4; G. XII, 43f.; M. VIII, 314–16; N. Pariç. 46 (= M. VIII, 314). Bei Vas. XX, 41 aber ist der Verbrecher mit den fliegenden Haren ein Brahmanengolddieb (brāhmaṇasuvarṇaharaṇe). Vishṇu LII, 1–2 und Y. III, 257 haben die malerischen Haare nicht, dafür aber Vish. den Golddieb und Y. den Brahmanengolddieb. Besonders bei Vas. taucht nun die Frage auf, ob nicht brāhmaṇaḥ statt brāhmaṇa- zu lesen sei. Denn M. XI, 100f., wo ebenfalls die Haare fehlen, ist es ein goldstehlender Brahmane (vgl. B. I, 10, 18). Daß die letztgenannten Stellen bei Vas., M., Vish. und Y. nur eine Umformung der vier, bzw. fünf ersten sind, zeigt schon die Vergleichung von Vas. XX,. 41 mit M. XI, 100f., Vishṇu LII, 1–2 und Y. III, 257, von M. XI, 101, dessen sak ṛid dhanyāt auffällt, mit Ā. I, 9, 25, 4b und von Vas. XX, 42; M. XI, 102–103; Vish. LII, 3 mit Ā. I, 9, 25, 6–8. Ernst eindrucksvoll ist da Vas. XX, 42: »Oder nackt (nishkālaka), schmelzbutterbeschmiert, soll er mit einem Kuhmistfeuer, von den Füßen anfangend, sich selber verbrennen. Durch den Tod wird er rein. So steht im Veda.« Nach der vorliegenden Gestalt der Texte und nach der Strafentwicklung, die wir in Indien anderwärts verfolgen können, zu urteilen, wird also ursprünglich jeder Dieb, dann der Golddieb, dann der Brahmanengolddieb so streng bestraft. Endlich muß der Golddieb selber ein Brahmane sein, solche Härten zu rechtfertigen. Wie eisern streng die Anschauung der ältesten Rechtslehrer vom Selbernehmen ist, zeigt Ā. I, 10, 28, 1ff. gegenüber M. VIII, 339, 341; N. XVIII, 37, 39; Y. II, 166; G. XII, 28. vgl. auch M. VIII, 337; N. Pariç. 51 (während G. XII, 15–17 kaum so ausgelegt werden kann). Nur Vas. macht da Schwierigkeiten. Bloß er und Y. haben den Brahmanengolddieb, also eine der ältesten und eine jüngere der wichtigsten Rechtsschriften. Vas.'s Text ist jedoch in verwahrlostem Zustand, und das ungehörige, nach späterer indischer Ansicht aber nötige brāhmaṇasuvarṇa – oder doch brahmaṇa – mag hineingeschaltet worden sein. Denn die Stelle selber macht einen altertümlichen Eindruck. Freilich eine geradlinig aufsteigende Entwicklung fehlt auch hier. Denn bei B. I, 10, 18 wird der goldstehlende Brahmane gebrandmarkt und verbannt. – Gold ist ja auch den Indern das Sinnbild der Wahrheit und Reinheit und ihnen ein Reinigungs- und Heiligungsmittel, dies um so mehr, als es nach altindischer, von den Vaiçeshikaschriften sogar philosophisch begründeter Lehre aus dem Feuer entstanden ist. Ja, es ist selber gleich Agni. Vas. XXVIII, 16; Vish. XCII, 13; M. V, 113; MBh. III, 200, 128; V, 114, 1; XIII, 84, 43ff.; 85, 83ff.; K. XIII, 235, 23–26. Kein Wunder da, daß M. IX, 292 verordnet: »Den schlimmsten der Reichsschädlinge, den Goldschmied, der auf krummen Wegen geht, soll der Fürst mit Messern in kleine Stücke zerschneiden lassen.«


A6 Vgl. auch Pāli kacchapuṭavāṇija Jāt. I, 110f. Das ist ein Hausierer mit einem Kasten mit (inneren) Abteilungen oder »Taschen«, nicht aber ein »dealer in pots and pans«, wie der Übersetzer und Fick meinen, auch nicht einer mit einem sling-basket oder Pingo, wie im neuen Paliwörterbuch steht. Dies hieße doch kācapuṭa oder kājapuṭa. Es entspricht dem vom PW. verzeichneten kacchapuṭa der Bṛihatsaṃhitā, einer prakritischen Form für kakshapuṭa. Ich finde dies wieder in MBh. XIV, 65, 16: »Der Schutzbehälter (rakshaṇam) für all diese (schatzbergenden) Gefäße war ein großer karapuṭa.« Von karapuṭa sagt Nīl., es sei ein karapuṭākāraṃ dvidalabhājanam ushtrādivāhyaṃ saṃdūkha iti prasiddham. Das ist wohl verkehrte Raterei. Karapuṭa könnte etwa nur heißen: »eine Tasche mit Griff«. Ich glaube aber, man muß kacchapuṭa oder kakshapuṭa lesen: »eine Kiste mit Fächern«. Einen Kochtopf mit Doppelwandung oder Doppelbauch, ebenfalls zur Täuschung verwendet, finden wir bei Chavannes, Cinq cents contes II, 433–437 in der auch in Divyāv. 495ff. erzählten Geschichte von den zwölf buhlerischen Schwiegertöchtern, die den blinden Schwiegervater vergiften wollen, aber gerade dadurch sehend machen.


A7 Da aber dem Anschein nach Bhaṭṭ. die Stelle ebenso verstanden und Gaṇ. nur dessen Erklärung übernommen hat, so folge hier eine etwas andere Wiedergabe, die in der Sache schier besser, sprachlich aber weit weniger angeht. Denn da sollte nach tad eva ein stehen und macht sich ca vor uttaravarṇaḥ nicht gut. Dieser Sing. aber paßt dann vollkommen. »Eine anklebende oder eine doppelte Schicht (Platte von Gold an der einen oder an beiden Außenseiten) wird bei überdeckten Sachen verwendet. Kupfer und Weißsilber ist innen drin. Bei Zusammengefügtem wird ein Stück aus Silber mit einer Goldplatte zusammengefügt, schön poliert, mit schönen Seiten. (Oder) das gleiche wird mit einer Doppelplatte (aus Gold) zusammengefügt (und poliert). Und ein Kupferweißsilberstück ist Beispiel für werteres.« Vom Sinn des letzten Satzes gibt Bhaṭṭ. zwei Erklärungen. Danach würde ein Stück aus Eisen oder sonstigem billigen Metall mit Kupfer oder Weißsilber überdeckt. Oder es heißt: Ein Stück aus Kupfer, mit Weißsilber überdeckt, ist Beispiel für weitere Betrügerkniffe. Diese zweite Auffassung, die Gaṇ. zu verwerfen scheint, ist dem Ausdruck nach die natürlichere.

Quelle:
Das altindische Buch vom Welt- und Staatsleben. Das Arthaçāstra des Kauṭilya. Leipzig 1926, S. 129-137.
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