7. Demut und Weisheit

[70] Als Meister Kung einst in Muße weilte, sprach er mit einem tiefen Seufzer: »Ja, wenn damals Tung-ti Bo-hua11 nicht gestorben wäre, so wäre die Welt heute wohl in Ordnung!«[70]

Dsï Lu sprach: »Ich möchte gerne hören, was das für ein Mann gewesen ist.«

Der Meister sprach: »In seiner Jugend war er rasch von Auffassung und dem Lernen zugetan, erwachsen war er mutig und unbeugsam. Im Alter hatte er den Sinn (Tao) erkannt und verstand es, sich unter die Menschen herunterzugeben. Wer diese drei Eigenschaften hat, wie könnte es dem schwerfallen, die Welt in Ordnung zu bringen?«

Dsï Lu sprach: »Daß er in der Jugend dem Lernen zugetan war, daß er, erwachsen, mutig war, das war recht. Daß er aber im Alter den Sinn (Tao) besaß und sich unter die andern heruntergab – unter wen konnte er sich denn heruntergeben?«

Der Meister sprach: »Yu, du verstehst das nicht. Es heißt doch, wenn man in der Überzahl ist und eine Minderzahl bekämpft, so siegt man unbedingt; wenn man vornehm ist und sich unter die Niedrigen heruntergibt, so gewinnt man sie unbedingt. Der Fürst von Dschou war einst auf dem hohen Platz des Reichsverwesers und beherrschte die ganze Welt, und dennoch ließ er sich herab zu den Männern unterm Strohdach, täglich empfing er 170 von ihnen. Hat er etwa nicht den Sinn (Tao) besessen? Er wollte jedoch die Dienste dieser Männer gewinnen. Wie sollte es nicht einen Edlen geben, der den Sinn (Tao) besitzt und sich nicht unter die Welt heruntergibt?«

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Tung-ti Bo-hua ist Yang Sche Hi. Über ihn vergl. Buch der Sitte S. 315, wo mit ähnlichen Worten über ihn geurteilt wird.

Quelle:
KKungfutse: Gia Yü, Schulgespräche. Düsseldorf/Köln 1961, S. 70-71.
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